OLG Frankfurt vom 18.12.2014 (5 UF 186/14)

Stichworte: Interessengegensatz; Beiordnung; Verfahrenskostenhilfe;
Normenkette: BRAO 43a Abs. 4; FamFG 76, 78; BGB 1666;
Orientierungssatz:
  • Im Verfahren nach § 1666 BGB kann ein Rechtsanwalt im Hinblick auf § 43a Abs. 4 BRAO jedenfalls dann nicht beiden Elternteilen im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe nach § 78 FamFG beigeordnet werden, wenn ein Interessensgegensatz der Eltern erkennbar ist.
  • 245 F 794/13
    AG Gießen

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Einzelrichter am 18.12.2014 beschlossen:

    Den Kindeseltern wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gewährt.

    Im Übrigen wird ihr Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe vom 19.05.2014 zurückgewiesen.

    Gründe:

    Der Antrag vom 19.05.2014 hat gem. § 76 Abs.1 S.1 FamFG i.V.m. § 114 Abs.1 S.1 ZPO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

    Hinsichtlich der begehrten Beiordnung von Rechtsanwalt ... war der Antrag zurückzuweisen. Dieser kann den Kindeseltern unter Berücksichtigung von § 43a Abs.4 BRAO nicht beigeordnet werden.

    Die Norm bezweckt die Wahrung des Vertrauensverhältnisses zum eigenen Mandanten und die Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit insoweit, als ein Rechtsanwalt, der sich zum Diener gegenläufiger Interessen macht, jegliche unabhängige Sachwalterstellung im Dienste des Rechtsuchenden verliert (vgl. BVerfGE 108, 150, Rn.40 ff., juris; OLG Hamm, FamRZ 2013, 567). Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen dient darüber hinaus dem Gemeinwohl in Gestalt der Rechtspflege, die auf eine Geradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung angewiesen ist (vgl. BVerfGE 108, 150, Rn.40ff., juris).

    Dabei kann dahinstehen, ob der Widerstreit der Interessen offenkundig sein muss oder ob der potentielle Interessengegensatz ausreichend ist (so OLG Hamm, FamRZ 2013, 567, Rn.13 bei juris). Denn im vorliegenden Verfahren ist ein Interessengleichlauf der Kindeseltern offensichtlich nicht gegeben. Jedenfalls sobald widerstreitende Interessen unüberwindbar aufscheinen, muss der Rechtsanwalt, der beide Beteiligte gemeinsam vertrat, das Mandat gegenüber beiden niederlegen (vgl. zur Vertretung in Ehesachen BGH FamRZ 2014, 35, Rn.10 bei juris).

    Die unterschiedlichen Interessen der Eltern verwischen häufig dann, wenn sich beide Eltern im Verfahren nach § 1666 BGB bei Fortbestand des ehelichen Zusammenlebens einem drohenden Entzug des Sorgerechts ausgesetzt sehen. In einer derartigen Konstellation kann es dringend angeraten sein, dass sich jeder Elternteil gleichwohl durch einen eigenen Rechtsanwalt vertreten lässt. Dies gilt etwa dann, wenn gerade der negative Einfluss eines Elternteils die befürchtete Gefährdung des Kindeswohls begründet erscheinen lässt. Der anwaltliche Berater ist dazu verpflichtet, stets schon zu Beginn eines Kindschaftsverfahrens zu prüfen, ob die gemeinsame anwaltliche Vertretung beider Eltern zu einer Vertretung von widerstreitenden Interessen führen kann. Gegebenenfalls hat der Rechtsanwalt auch in diesen Fällen darauf hinzuwirken, dass jeder Elternteil einen eigenen Rechtsanwalt beauftragt bzw. im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe eine entsprechende Beiordnung beantragt (Többen, jurisPR-FamR 23/2012 Anm. 6).

    Der Kindesvater führte bereits im Schriftsatz vom 23.04.2014 aus, ihm sei klar und eindeutig geworden, dass er sich zum Wohle der gemeinsamen Kinder von der Kindesmutter trennen muss. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 25.04.2014 teilte er mit, sich aufgrund der Trennung von der Kindesmutter in der Lage zu sehen, ... und ... zu betreuen. Ihm sei bewusst geworden, dass dies mit der Kindesmutter nicht funktioniere. Während er in der Vergangenheit bereit war, die erforderlichen Hilfen in Anspruch zu nehmen, läge bei der Kindesmutter keine Einsicht vor (Bl. 144 d. A.). Dies deckt sich mit dem das Verfahren einleitenden Bericht des Jugendamts des Landkreises G., wonach der Kindesvater der Inobhutnahme .. und .. zustimmte, während die Kindesmutter diese nicht genehmigte. Schließlich führte der Kindesvater in seiner Anhörung aus, er sei durch Gruppenzwang von der Kindesmutter und ihren Geschwistern verleitet worden, Drogen zu konsumieren (Bl.144 d. A.). Zudem brachten sowohl die Vertreterin des Jugendamts wie auch die Verfahrensbeiständin in der Anhörung vom 25.04.2014 zum Ausdruck, dass die weitere Perspektive der Kinder ... und ... maßgebend davon abhänge, ob der Kindesvater weiterhin getrennt von der Kindesmutter lebe. Der erstinstanzliche Verfahrensbevollmächtigte des Kindesvaters lehnte die gemeinsame Vertretung beider Elternteile dementsprechend ab (vgl. Bl. 145 d. A.).

    Dr.Bussian