OLG Frankfurt vom 13.08.2008 (5 UF 185/07)

Stichworte: Befristung des nachehelichen Unterhalts, ehebedingte Nachteile, Übergangszeit von drei Jahren ehebedingte Nachteile, Befristung Tilgungsanteil des Hausabtrags
Normenkette: BGB 1572, 1573, 1578b Abs. 2
Orientierungssatz:
  • Zur Befristung des Unterhalts nach § 1573 BGB auf eine Übergangszeit von drei Jahren. Ehebedingte Nachteile liegen nicht vor, wenn die Zeit der Kindererziehung vor der Eheschließung gelegen hat und die Unterhalt begehrende Ehefrau während der späteren Ehezeit von knapp 8 Jahren keine beruflichen Nachteile erlitten hat.
  • Der Abzug eines im Hausabtrag enthaltenen Tilgungsanteils kann aus dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersversorgung (von bis zu 4 %) weiterhin in Betracht kommen (vgl. BGH FamRZ 2008, 963 ff., S. 966).
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    U R T E I L

    In der Familiensache

    hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Schwamb als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2008 für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Antragstellers wird das Teil-Anerkenntnisurteil und Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Offenbach am Main vom 29.06.2007 unter III. abgeändert.

    Der Antragsteller wird verurteilt, für die Zeit ab 01.01.2008, befristet bis 31.12.2010, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 815,-- Euro zu zahlen.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Antragstellers wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Gründe:

    Die Antragsgegnerin begehrt vom Antragsteller nachehelichen Unterhalt.

    Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Offenbach am Main Bezug genommen. Seit Dezember 2007 ist die zweckgebundene Förderung der Antragsgegnerin für die aufgenommene selbstständige Tätigkeit entfallen, zum Ende April 2008 hat sie diese Tätigkeit auf Verlangen der Arbeitsagentur einstellen müssen.

    Das Amtsgericht hat der Antragsgegnerin im Verbund mit der Scheidung monatlich 896,-- € nachehelichen Unterhalt unbefristet zugesprochen. Allein dagegen richtet sich die Berufung des Antragstellers, die weiterhin auf Abweisung der Unterhaltsklage zielt, hilfsweise auf eine Befristung von längstens einem Jahr. Die Klägerin verteidigt das Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Wegen der Einzelheiten des weiteren Parteivortrags wird auf die im Berufungs-verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2008 Bezug genommen. Nachdem die Berufungsbegründung der Antragsgegnerin am 02.11.2007 zugestellt worden ist, ist das nur bezüglich des Unterhalts angefochtene Urteil hinsichtlich der Scheidung (und der übrigen darin geregelten Folgesachen) seit 03.12.2007 rechtskräftig. Für Dezember 2007 hat der Antragsteller noch den Trennungsunterhalt gezahlt.

    Die Berufung ist teilweise begründet.

    Zwar teilt der Senat die Auffassung des Amtsgerichts, dass der Antragsteller grundsätzlich jedenfalls gemäß §§ 1569, 1573 Abs. 1, 2 BGB auch nach der Scheidung noch zum Unterhalt der Antragsgegnerin verpflichtet ist, weil nicht zu erwarten ist, dass die inzwischen über 50 Jahre alte Antragsgegnerin unter Berücksichtigung ihrer bisherigen beruflichen Entwicklung in Verbindung mit ihren gesundheitlichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt zeitnah eine auskömmliche Vollerwerbstätigkeit zu finden vermag, selbst wenn sich ihre in dem Gutachten aus dem Mai 2006 bestätigten psychischen und körperlichen Einschränkungen entsprechend den Erwartungen im Gutachten verbessern.

    Der Senat geht allerdings auch davon aus, dass sie bei entsprechenden Anstrengungen auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt einer Halbtagsbeschäftigung mit einem Bruttoeinkommen von etwa 9,- € je Stunde nachgehen könnte, was dann in etwa zu dem vom Amtsgericht zugrunde gelegten Nettoeinkommen aus der Zeit der zuletzt tatsächlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit führen würde; d. h. bei monatlich ca. 80 Stunden kann sie monatlich etwa 720 € brutto, entsprechend 581,70 € netto verdienen, die dann unterhaltsrechtlich nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen und einem Siebtel Erwerbstätigenbonus mit 473,70 € zu berücksichtigen sind. Zuzüglich fiktiver 44 € aus Kapitalvermögen sind hiernach monatlich 517,70 € auf Seiten der Antragsgegnerin in Ansatz zu bringen.

    Das maßgebliche Einkommen des Antragstellers stellt sich nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung wie folgt dar:

    Dem jährlichen Bruttoeinkommen von zunächst 60.045,76 € (55.395,23 € bis November 07 + 4.650,53 € im Dez. 07) sind für die PKW-Nutzung noch 3.308,64 € (3.032,92 € bis Nov. + 275,72 € im Dez. 07) zuzuschlagen. Nach Abzug der Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Kontoführungsbeträge und vermögens-wirksamen Leistungen (des Arbeitgebers) von insgesamt 32.148,80 € und Abzug weiterer 153,31 € Steuernachberechnung für Dez. 2007 verbleiben 31.052,29 €, entsprechend monatlich 2.587,69 € aus seiner Erwerbstätigkeit. Dieses Nettoeinkommen kann der Antragsteller um weitere 106,09 € für zusätzliche Altersversorgung, 124,08 € (5 % berufsbedingte Aufwendungen) und 336,79 € (1/7 Erwerbstätigenbonus) auf 2.020,73 € bereinigen. Für die selbst genutzte Wohnung nebst Garagenstellplatz ist gemäß dem in der Folgesache Zugewinnausgleich eingeholten Gutachten ein weiteres monatliches Einkommen von 497,50 € anzusetzen, das allerdings um den Darlehensabtrag von 370,69 € auf dann verbleibende 126,81 € bereinigt werden kann. Dem Antragsteller ist in diesem Zusammenhang zuzugeben, dass er bei dem zugrunde gelegten Bruttoeinkommen auch nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 05.03.2008 weiterhin den in dem oben genannten Hausabtrag enthaltenen Tilgungsanteil von 55,35 € neben den bereits berück-sichtigten 106,09 € - aus dem Gesichtspunkt der zusätzlichen Altersversorgung in Abzug bringen kann (vgl. BGH FamRZ 2008, 963 ff., S. 966, Rn. 23, 24).

    Damit sind auf Seiten des Antragstellers monatlich 2.020,73 € aus Erwerbs-einkommen + 126,81 € aus Vermögen = insgesamt monatlich 2.147,54 € den oben ermittelten fiktiven Gesamteinkünften der Antragsgegnerin von monatlich 517,70 € gegenüber zu stellen. Da auf beiden Seiten auch bereits der jeweilige Erwerbstätigenbonus abgezogen ist, beläuft sich der monatliche Unterhalts-anspruch der Antragsgegnerin auf die Hälfte der Differenz beider Beträge, mithin 1.629,84 € / 2 = aufgerundet 815, €.

    Dieser Anspruch ist allerdings vorliegend gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB in der seit 01.01.2008 geltenden Fassung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls auf eine Dauer von drei Jahren zu begrenzen. Der Bundesgerichtshof hat bereits zum alten Recht (vgl. BGH FamRZ 2007, 793 ff.) und nunmehr wiederholt seit 1.1.2008 zur Anwendung des neuen § 1578 b BGB entschieden, dass eine Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs zu erfolgen hat, wenn dem Verpflichteten gegenüber eine zeitlich unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung unbillig wäre und der oder die Berechtigte keine wesentlichen ehebedingten Nachteile erlitten hat, insbesondere auch unter Berücksichtigung von Zeiten der Kinder-erziehung während der Ehe und der Dauer der Ehe (BGH FamRZ 2008, 1325 ff.; BGH, Urt. vom 25.06.2008, XII ZR 109/07). Neu ist allerdings, dass die Befristung nach § 1578 b BGB nicht nur Ansprüche nach § 1573 BGB, sondern auch etwaige wegen Alters und Krankheit nach §§ 1571, 1572 BGB erfasst.

    Vorliegend ist ein wesentlicher Teil der Erziehung des gemeinsamen Kindes bereits vor Eheschließung im Jahre 1993 erfolgt. Nach der Eheschließung haben die Parteien nur noch etwa sieben Jahre zusammengelebt; nach acht Jahren Ehezeit ist das Scheidungsverfahren rechtshängig geworden. Nach ihrem eigenen Vortrag in der Antragsschrift der Folgesache Unterhalt vom 12.08.2002 hat die Antragsgegnerin in der Ehe regelmäßig ein eigenes Einkommen von 2.500 DM erzielt. Sie ist nach knapp zweijähriger Trennung der Parteien durch die Insolvenz ihrer früheren Arbeitgeberin im August 2002 arbeitslos geworden; besondere berufliche Nachteile wegen der Eheschließung sind deswegen jedenfalls nicht ersichtlich. Andererseits sind ihre psychischen Probleme und auch die körper-lichen Einschränkungen während der Ehezeit aufgekommen. Auch wenn laut amtsärztlichem Ergänzungsgutachten des Gesundheitsamtes vom 18.05.2006 die gesundheitliche Prognose "trotzdem als günstig einzuschätzen" ist, wird es aber, wie der in den letzten Monaten erfolglos unternommene Versuch einer Verselbstständigung gezeigt hat, noch erheblicher Anstrengungen der Antrags-gegnerin über einen weiteren Übergangszeitraum bedürfen, bis sie wieder ein eigenständiges Leben ohne Unterstützung des Antragstellers führen kann. Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände und Abwägung der beiderseitigen Belange hält es der Senat hiernach für angemessen, dass der Antragsteller im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin die finanzielle Unterstützung für eine Gesamtdauer von drei Jahren nach der Scheidung und damit bis zum Ende des Jahres 2010 im oben errechneten Umfang zukommen lässt. Das ist auch für ihn unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ein überschaubarer und noch zumutbarer Zeitraum.

    Die weitergehende, auf eine vollständige Abweisung der Klage gerichtete Berufung war deswegen als unbegründet zurückzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Es besteht keine Veranlassung, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, nachdem der Senat der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Befristung nachehelicher Unterhaltsansprüche für den vorliegenden Einzelfall gefolgt ist.

    Schwamb