OLG Frankfurt vom 13.01.2000 (5 UF 177/98)

Stichworte: Versorgungsausgleich, Ehezeitende, Scheidungsantrag Anwalt, Postulationsfähigkeit Prozessführung, Genehmigung
Normenkette: ZPO 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2, BGB 1587 Abs. 2
Orientierungssatz: Die Zustellung eines Scheidungsantrags, der von einem nicht im Bezirk des Familiengerichts (Landgerichtsbezirk) zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt worden ist, kann das Ehezeitende im Sinne des Versorgungsausgleichs nicht herbeiführen; Die Genehmigung der bisherigen Prozessführung durch einen zugelassenen Rechtsanwalt wirkt nicht zurück.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

Verfahrensbeteiligte:

Landesversicherungsanstalt Hessen - LVA Hessen -, Städelstraße 28, 60591 Frankfurt am Main, (Vers.-Nr. 14 141065 R 528 - Antragstellerin - Vers.-Nr. 12 210657 M 002 - Antragsgegner - ),

Beschwerdeführerin,

hat der 5. Senat für Familiensachen des 0berlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der verfahrensbeteiligten Landesversicherungsanstalt Hessen - LVA Hessen - gegen das Verbundurteil des Amtsgericht - Familiengericht - Büdingen vom 08.05.1998 am 13.01.2000 beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich zu Ziff. 3 abgeändert.

Von dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Hessen - Vers.-Nr. 14 141065 R 528 - werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Hessen - Vers.-Nr. 12 210657 M 002 - Rentenanwartschaften bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.04.1998 in Höhe von monatlich 15,73 DM übertragen. Dieser Betrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bleiben außer Ansatz (§ 8 GKG); außergerichtliche Kosten werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben (§ 93 a ZPO).

Der Beschwerdewert wird gem. §§ 14, 17 a GKG auf 1.000,00 DM festgesetzt.

G r ü n d e :

Nachdem Rechtsanwalt T. aus Schlitz für die Antragstellerin unter dem 07.02.1997 einen Antrag auf Scheidung der am 11.04.1995 geschlossenen Ehe der Parteien beim Amtsgericht - Familiengericht - Fulda eingereicht und dieses das Verfahren formlos im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren zuständigkeitshalber an das Amtsgericht - Familiengericht - Büdingen, bei dem Rechtsanwalt T. nicht zugelassen ist, abgegeben hat, hat das Amtsgericht - Familiengericht - Büdingen nach Bewilligung der Prozeßkostenhilfe den Scheidungsantrag dem Antragsgegner am 11.04.1997 zugestellt.
BR In der mündlichen Verhandlung vom 08.05.1998 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Büdingen hat dann Rechtsanwalt R. aus Büdingen als bei diesem Familiengericht vertretungsberechtigter Rechtsanwalt für die Antragstellerin den Scheidungsantrag gestellt.

Daraufhin hat das Amtsgericht - Familiengericht -Büdingen durch am 08.05.1998 verkündetes und der verfahrensbeteiligten Landesversicherungsanstalt Hessen am 23.07.1998 zugestelltes Urteil die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, daß Rentenversicherungsanwartschaften vom Versicherungskonto des Antragsgegners in Höhe von monatlich 6,89 DM auf das der Antragstellerin übertragen werden. Dieser Entscheidung lagen Auskünfte der Landesversicherungsanstalt Hessen bezogen auf eine Ehezeit vom 10.04.1995 bis zum 31.03.1997 über monatlich 83,78 DM für den Antragsgegner und über monatlich 70,01 DM für die Antragstellerin zu Grunde. Gegen diese Entscheidung über den Versorgungsausgleich wendet sich die verfahrensbeteiligte Landesversicherungsanstalt Hessen mit ihrer am 04.08.1998 eingelegten und mit Eingang am 17.08.1998 begründeten Beschwerde und macht geltend, daß entsprechend einer unter dem 07.05.1998 erteilten Auskunft die Rentenanwartschaften der Antragstellerin unter Berücksichtigung des ab 01.07.1998 geltenden Rentenversicherungsrechtes bezogen auf die vorgenannte Ehezeit nicht mit monatlich 70,01 DM, sondern mit 95,31 DM zu bewerten seien.

Diese befristete Beschwerde (§ 621 e ZPO) ist zulässig und begründet. Sie führt zu einer Abänderung der angefochtenen Versorgungsausgleichsentscheidung.

Denn das Familiengericht ist von einer unzutreffenden Ehezeitberechnung ausgegangen. Da der die Antragstellerin vertretende Rechtsanwalt T. aus Schlitz nicht beim Amtsgericht Büdingen bzw. bei dem übergeordneten Landgericht Gießen als Rechtsanwalt zugelassen und damit in dem Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Büdingen nicht nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, S. 2 ZPO postulationsfähig war, konnte die Zustellung des von ihm gefertigten Scheidungsantrags, der damit unzulässig war, durch das örtlich zuständige Familiengericht Büdingen nicht das Ende der Ehezeit i. S. § 1587 Abs. 2 BGB herbeiführen. Erst durch die Antragstellung durch den beim Familiengericht Büdingen postulationsfähigen Rechtsanwalt R. in der mündlichen Verhandlung vom 08.05.1998 trat das Ehezeitende i. S. § 1587 Abs. 2 BGB ein (vgl. 0LG Celle FamRZ 1996, 297). Die damit verbundene förmliche Genehmigung der bisherigen Prozeßführung wirkt nicht zurück (OLG Stuttgart FamRZ 1981, 789; 0LG Celle a. a. 0.; BGH NJW 1984, 926).
BR Aus diesem Grund ist dem Versorgungsausgleich zwischen den Parteien eine Ehezeit nach § 1587 Abs. 2 BGB vom 01.04.1995 (Eheschließung am 11.04.1995) bis zum 30.04.1998 zu Grunde zu legen.

Die auf dieser Grundlage im Beschwerdeverfahren eingeholten Auskünfte der Landesversicherungsanstalt Hessen ergaben folgende berücksichtigungsfähige Anwartschaften der Parteien i. S. § 1587 a Abs. 2 Ziff. 2 BGB nach derzeit geltendem Rentenversicherungsrecht:

- für die Antragstellerin (Auskunft vom 22.04.1999) monatlich 148,25 DM

- für den Antragsgegner (Auskunft vom 24.02.1999) monatlich 116,80 DM.

Danach ist der Versorgungsausgleich gem. § 1587 b Abs. 1 BGB in der Weise durchzuführen, daß Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes der beiderseits erworbenen Rentenanwartschaften, nämlich in Höhe von monatlich 15,73 DM (148,25 DM ./. 116,80 DM = 31,45 DM; : 2= 15,725 DM oder aufgerundet: 15,73 DM) vom Rentenversicherungskonto der Antragstellerin auf das des Antragsgegners übertragen werden.

Insoweit ist auf die Beschwerde der Landesversicherungsanstalt Hessen die angefochtene Entscheidung über den Versorgungsausgleich abzuändern.

Die Anordnung der Umrechnung folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB.

Dr. Hartleib Meinecke Held