OLG Frankfurt vom 28.06.1999 (5 UF 168/98)

Stichworte: Härte, Wohnungszuweisung, Verhältnismäßigkeit, Aufteilung
Normenkette: BGB 1361b
Orientierungssatz: Bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1361 b BGB sind auch die Belange gemeinsamer minderjähriger Kinder miteinzubeziehen und zu berücksichtigen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main - Abt. Höchst vom 9.6.1998 am 28.6.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird hinsichtlich gerichtlicher und außergerichtlicher Kosten kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 4.500,-- DM.

G R Ü N D E :

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme zu Recht durch den angefochtenen Beschluß, auf dessen Inhalt verwiesen wird, die Ehewohnung der Parteien, die im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehenden Einfamilienhaus gelegen ist, für die Dauer des seit 22.12.1997 währenden Getrenntlebens - die Antragstellerin war damals mit dem Sohn ausgezogen und hatte bei einer Bekannten eine Notunterkunft erhalten - gemäß § 1361 b BGB der Antragstellerin mit dem gemeinsamen 13-jährigen Sohn im Wege der einstweiligen Anordnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen.

Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners rechtfertigt keine anderweitige rechtliche Würdigung. Die Voraussetzungen des § 1361 b BGB liegen auf Seiten der Antragstellerin vor. Die getroffene Nutzungsregelung ist erforderlich, um eine schwere Härte für die Antragstellerin zu vermeiden. Zwar bedarf es keiner unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben zur Annahme einer schweren Härte, vielmehr sind bereits solche Beeinträchtigungen ausreichend, die ein weiteres Zusammenleben unter einem Dach unmöglich erscheinen lassen (vgl. Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., § 1361 b Rn. 10).

Vom Vorliegen solcher Beeinträchtigungen ist vorliegend auszugehen. Wie von der Antragstellerin glaubhaft vorgetragen und von den in erster Instanz vernommenen Zeugen bestätigt, hat der Antragsgegner ein Verhalten an den Tag gelegt, das sich massiv auf das seelische und körperliche Befinden der Antragstellerin und auch des Sohnes niedergeschlagen hat. Die Antragstellerin ist wegen der entstandenen schwierigen Situation im November 1997 arbeitsunfähig erkrankt. Aber auch auf den Sohn hat das krankhaftbedingte Verhalten des Antragsgegners negative Auswirkungen, die soweit gehen, daß der Sohn seinen Vater derzeit nicht sehen möchte, da ihm das Verhalten des Vaters aus seiner kindlichen Sicht unbegreiflich und beängstigend erscheint. Bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1361 b BGB sind auch die Belange gemeinsamer minderjähriger Kinder miteinzubeziehen und zu berücksichtigen (vgl. Johannsen/Henrich, a.a.O., Rn. 13).

Schließlich trägt die getroffene Regelung auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung. Eine Aufteilung des Hauses zwischen den Parteien kommt nicht in Betracht, da der Antragsgegner sein Verhalten derzeit aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht zu steuern vermag und bei einer Wohnungsaufteilung weiterhin die Gefahr der Beeinträchtigungen besteht. Im übrigen steht dem Antragsgegner seit etwa Mitte April 1999 die in seinem Alleineigentum stehende 3-Zimmer-Eigentumswohnung in Wiesbaden, Alexandra- straße, zur Verfügung, in die er auch beabsichtigt einzuziehen.

Unter Abwägung aller Umstände des Falles ist es dem Antragsgegner zumutbar trotz seiner Erkrankung einen eigenständigen Haushalt zu führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 HausrVO, die Wertfestsetzung auf § 21 Abs. 3 HausrVO (3 x den von den Parteien angegebenen Mietwert der Ehewohnung von monatlich 1.500,-- DM bei einer einstweiligen Regelung für die Zeit des Getrenntlebens).

Dr. Hartleib Schweitzer Meinecke