OLG Frankfurt vom 15.07.2004 (5 UF 131/00)

Stichworte: Kindererziehungszeiten, grobe Unbilligkeit
Normenkette: BGB 1587a Abs. 2, 1587c
Orientierungssatz: Kindererziehungszeiten stehen nicht unter einem besonderen Bestandsschutz beim VA. Der Gesetzgeber will nur Nachteile ausgleichen, die infolge der Kindererziehung bei dem Aufbau einer Versorgung entstehen können.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerden der Parteien gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 04.05.2000 am 15.07.2004:

Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert.

Zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei Bundeseisenbahnvermögen, Az. BEV 1206 (7-430922), werden auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, VSNR 52 130140 Z 501, Rentenanwartschaften von monatlich 1.131,74 EUR bezogen auf den 31. 05. 1998 begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 1.000,00 DM

Gründe:

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß über den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien entschieden und zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei dem Bundeseisenbahnvermögen auf dem Rentenversicherungskonto der Antragstellerin Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 2.360,06 DM begründet. Gegen die Entscheidung richten sich die Beschwerden der Parteien. Der Antragsgegner beruft sich auf eine nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung erteilte Neuberechnung der ehezeitlichen Versorgungsanwartschaften durch das Bundesbahnvermögen. Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Ehezeitanteil ihrer Altersversorgung bei der BfA sei falsch berechnet; es seien voreheliche Anwartschaften zuunrecht einbezogen.

Die Beschwerden führen zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne des Tenors dieser Entscheidung.

Auf Seiten des Antragsgegners sind Anwartschaften gem. § 1587 a Abs. 2 Ziff. 1 BGB in Höhe von monatlich 2.359,84 EUR gemäß der neuerlichen Auskunft des Bundeseisenbahnvermögens vom 18.01.2001 (Bl. 127 ff GA) in die Ausgleichsbilanz einzustellen. Der Antragsgegner hat seine erstinstanzlich erhobenen Einwände gegen die Berechnung im übrigen fallen gelassen (Schriftsatz vom 14.02.2001). Die Berechnung entspricht nach Auffassung des Senats den gesetzlichen Vorschriften und berücksichtigt insbesondere die neuere Rechtsprechung des BGH zur Gestaltung der Ruhensberechnung nach § 55 BeamtVG (BGH FamRZ 2000, 746). Familienbestandteile sind zu eliminieren (BGH FamRZ 86, 975 und 95, 27). Für die Versorgung selbst ist die Begründung des letzten Beamtenverhältnisses durch den Antragsgegner ausschlaggebend. Daher nimmt er an den Vergünstigungen des Zweiten Haushaltsstrukturgesetzes nicht mehr teil, weil dieses Beamtenverhältnis erst am 01.04.1970, also nicht vor dem 01.01.1966 begründet worden ist (Schreiben des Bundeseisenbahnvermögens vom 31.03.2000). Die Auskunft der BfA über seine gesetzliche Rente vom 30.04.04 2002 (Ehezeitanteil der Versorgung: 160,69 EUR)ist ebenfalls berücksichtigt (Schriftsatz von RA X. vom 18.06.2004)

Auf Seiten des Antragsgegners ist keine weitere Versorgung (Zusatzversorgung) zu berücksichtigen (Auskunft der Bahnversicherungsanstalt vom 10.10.2000, Bl. 125 GA).

Die Rentenanwartschaften der Antragstellerin bei der BfA (257,04 EUR) sind zutreffend berechnet. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, daß Anwartschaften aufgrund freiwilliger Beitragszahlung für den Zeitraum 01.12.1956 bis 30.04.1961 (die Ehezeit beginnt mit dem 01.05.1961) in den Ehezeitanteil der Versorgung einbezogen worden sind. Dies entspricht § 1587 Abs. 1 BGB, denn die Beiträge, die zu diesen Rentenanwartschaften geführt haben, sind sämtliche während der Ehezeit nachentrichtet (Schriftsatz vom 05.07.2000, Bl. 119 GA). Damit handelt es sich um eine Versorgung, die in der Ehezeit begründet worden ist. Daß sie rentenrechtlich auf Zeiträume vor der Ehe bezogen sind, ändert daran nichts. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH seit seiner Entscheidung vom 03.07.1981, FamRZ 1981, 1169-1172 (Leitsatz Ziff. 2: Rentenanwartschaften, die in der Ehezeit durch Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für voreheliche Zeiten begründet worden sind, sind in den Versorgungsausgleich einzubeziehen).

Die Zurechnung von Kindererziehungszeiten stellt die Antragstellerin zum Teil so, wie wenn sie durch Erwerbseinkünfte Rentenanwartschaften erworben hätte. Damit gleicht der Gesetzgeber Nachteile von Frauen beim Aufbau einer eigenständigen Altersversorgung aus, die durch Zeiten der Kindererziehung eintreten können. Weiteres will der Gesetzgeber aber nicht erreichen. Die Antragstellerin kann sich nicht auf einen besonderen Schutz jener Anwartschaften im Versorgungsausgleich berufen. Dies könnte sie auch nicht, wenn sie stattdessen erwerbstätig gewesen und Pflichtbeiträge erworben hätte. Nur Nachteile wegen Ausfalls von Pflichtbeiträgen durch Kindererziehung sollen vermieden werden, nicht aber privilegierte Versorgungsanrechte begründet werden. Einer grobe Unbilligkeit durch diese Regelung kann nicht durch § 1587 c BGB begegnet werden, weil die Antragstellerin ausgleichsberechtigt ist. Der Senat kann eine Unbilligkeit auch nicht erkennen.

Es ergibt sich folgende Ausgleichsbilanz:....(Wird ausgeführt.)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO, die Wertfestsetzung aus § 17a GKG.

Dr. Hartleib Meinecke Held