OLG Frankfurt vom 10.06.2010 (5 UF 121/10)

Stichworte: Hauptsacheerledigung, Umgangsregelungsverfahren; Umgangsregelungsverfahren, Hauptsacheerledigung;
Normenkette: FGG 12; FGG 12;
Orientierungssatz:
  • Zur Hauptsacheerledigung eines Umgangsregelungsverfahrens
  • In Umgangsregelungsverfahren, die auf Antrag eingeleitet wurden, ist die Hauptsache erledigt, wenn der Antragsteller die Erledigung erklärt hat. Es bleibt dann aber Sache des Gerichts im Rahmen der Amtsermittlung die Erledigung festzustellen. Die Erledigungserklärung des Antragstellers kann auch als Antragsrücknahme auszulegen sein.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache betreffend den Umgang mit

    hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gießen vom 06.04.2010 am 10.06.2010 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

    Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Umgangsregelungsantrag des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.

    Gründe:

    Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung in dem seit April 2006 anhängigen Umgangsregelungsverfahren beschlossen, das Verfahren sei erledigt. Auf Anfrage des Gerichts vom 17.09.2009 habe die Kindesmutter mitteilen lassen, dass sie das Gerichtsverfahren mit der bei der Beratungsstelle getroffenen Vereinbarung als erledigt ansehe. Der Kindesvater habe mit Schriftsatz vom 01.10.2009 mitteilen lassen, dass er mit dem Stand der Dinge noch nicht zufrieden sei und die nächsten 3 Monate die Entwicklung beobachten wolle. Nachdem sich der Kindesvater bis 01.04.2010 nicht mehr geäußert habe, könne nicht angenommen werden, dass er noch auf einer gerichtlichen Regelung des Umgangs bestehe.

    Das Umgangsregelungsverfahren, das rechtlich von Amts wegen oder auf Antrag eingeleitet werden kann, ist nicht in der Hauptsache erledigt, weswegen der angefochtene Feststellungsbeschluss nicht bestehen bleiben kann. Das Amtsgericht hat vielmehr den Umgang zu regeln, weil das Regelungsbedürfnis durch die von der Beratungsstelle vermittelte Vereinbarung nicht obsolet ist.

    Eine allgemeine Regelung über die Erledigung der Hauptsache findet sich im FGG nicht. Vielmehr ist auf die Grundsätze zurückzugreifen, die in Rechtsprechung und Literatur zur Erledigung der Hauptsache entwickelt worden sind und die sich teilweise von den im Zivilprozess geltenden Regeln unterscheiden.

    In Umgangsregelungsverfahren, die auf Antrag eingeleitet wurden, wird die Auffassung vertreten, dass das Verfahren regelmäßig endet, wenn der Antragsteller die Erledigung erklärt hat. Es bleibt dann aber Sache des Gerichts im Rahmen der Amtsermittlung die Erledigung festzustellen (BayObLGZ 1978, 2 143, 246); anderenfalls wird die Auffassung vertreten, dass die Erledigungserklärung des Antragstellers als Antragsrücknahme auszulegen seien (BGH NJW 1982, 2505, 2506, Bumiller/Winkler, § 12 Rn. 29).

    Das Verfahren erledigt sich in der Hauptsache, wenn nach seiner Einleitung der Verfahrensgegenstand weggefallen ist, so dass die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, etwa weil eine Sachentscheidung wegen Erreichen der Volljährigkeit eines Mündels nicht mehr in Betracht kommt (BGH a.a.O.). In Umgangsregelungsverfahren, die auf Antrag eingeleitet wurden, wird die Auffassung vertreten, dass das Verfahren regelmäßig endet, wenn der Antragsteller die Erledigung erklärt hat. Es bleibt dann aber Sache des Gerichts im Rahmen der Amtsermittlung die Erledigung festzustellen (BayObLGZ 1978, 2 143, 246); anderenfalls wird die Auffassung vertreten, dass die Erledigungserklärung des Antragstellers als Antragsrücknahme auszulegen sei.

    Die Erklärung der Antragsgegnerin, sie sehe das Gerichtsverfahren wegen der bei der Beratungsstelle getroffenen Vereinbarung der Kindeseltern als erledigt an, kann jedenfalls nicht die Erledigung des Verfahrens herbeiführen. Hier besteht die Parallele zur Erledigungserklärung des Beklagten im Zivilprozess, der ebenfalls keine Bedeutung beigemessen wird. Die Erklärung des Kindesvaters (Antragstellers) im Schriftsatz vom 01.10.2009 ("Mit dem derzeitigen Stand der Dinge besteht noch keine Zufriedenheit. Es soll jedoch für die nächsten drei Monate die Entwicklung beobachtet werden") ist weder als "Erledigungserklärung" noch als Antragsrücknahme zu werten. Damit erklärt der Antragsteller seine Unzufriedenheit über den derzeitigen Stand des Umgangs und erklärt weiter, die Entwicklung für die nächsten drei Monate noch beobachten zu wollen. Unter diesen Umständen konnte das Gericht aus dem Schweigen des Antragstellers weder den Schluss ziehen, er wolle den Antrag auf Umgangsregelung zurücknehmen, noch konnte es die Auffassung vertreten, das Verfahren habe sich durch Wegfall des Regelungsbedürfnisses erledigt, ohne die Hintergründe von Amts wegen zu erforschen.

    Demnach harrt das Umgangsregelungsverfahren noch einer Entscheidung des Amtsgerichts, weswegen der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Verfahren zur Sachentscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen war. Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 131 Abs. 3 KostO gerichtsgebührenfrei. Über die Frage, wer nach Billigkeit außergerichtliche Auslagen im Beschwerdeverfahren zu tragen hat (§ 13 Abs. 1 Satz 1 FGG) wird das Amtsgericht mit seiner Endentscheidung zu befinden haben. Wert der Beschwerde: 3000 EUR, § 30 Abs. 2 KostO.

    Ostermöller Dr. Dürbeck Held