OLG Frankfurt vom 25.08.2004 (5 UF 102/04)

Stichworte: Versorgungsausgleich, Ausschluß, lange Trennung
Normenkette: BGB 1587c
Orientierungssatz: Eine längere Trennung kann zusammen mit anderen Umständen dazu führen, daß der Versorgungsausgleich zum Teil oder ganz auszuschließen ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Held als Einzelrichter auf die Berufungs-beschwerde des Antragsgegners gegen das Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Frankfurt/Main vom 4.3.2004 am 25.8.2004 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 924,60 EUR.

Gründe:

Das Amtsgericht hat mit dem aungefochtenen Scheidungsverbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich , der in Höhe von monat-lich 77,05 EUR zu Lasten der Antragstellerin hätte durchgeführt werden müssen, gemäß § 1587c Ziff. 1 BGB wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner zulässigen Beru-fungsbeschwerde.

Sie bleibt ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat von einer Durchführung des Versorgungsausgleichs wegen der besonderen Umstände des vorliegenden Falles zu Recht abgesehen (§ 1587 c Nr. 1 BGB). Auf die zutref-fende Begründung des Urteils wird Bezug genommen. Das Beschwerdevorbringen veranlasst keine andere Entscheidung.

Die Antragstellerin betreut den 10-jährigen Sohn X. der Parteien , ist seit dem 15.6.2000 zu 80% schwerbehindert. Die Eheleute haben sich schon im April 1997 getrennt. Die von der Antragstellerin in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften beruhen zu einem erheblichen Teil auf Kindererziehungszeiten und Pflichtbeiträgen wegen Arbeitslosigkeit. Dem-gegenüber war der Antragsgegner überwiegend selbständig tätig und hat kaum eigene Anwartschaften begründet.

Schon die im Verhältnis zur gesamten Ehezeit von November 1993 bis 31.10.2002 kurze Zeit des Zusammenlebens der Parteien (ca. 3 1/2 Jahre) schließen es hier aus, dass der Versorgungsausgleich ungeschmälert durchgeführt wird. Zwar führt eine Trennung nicht dazu, dass der versorgungsausgleichsrechtliche Zuerwerb der Eheleute nicht mehr auszugleichen wäre. Allerdings ist die innere Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs nicht in gleicher Weise mehr vorhanden; zusammen mit anderen Umständen kann dies dazu führen, dass ein Ausgleich nach § 1587 c Abs. 1 BGB auszuschließen ist. Der BGH (FamRZ 2004, 1181-1183) führt dazu aus.:

"Wie der Senat be-reits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinsacht schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11. Februar 2004 -XII ZR 265/02 -FamRZ 2004, 601, 605, das ausführt, dass der Versorgungsausgleich seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunterhalt verstanden werden kann). Aus diesem Grund werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung der Eheleute aufgehoben ist (vgl. etwa BGHZ 74, 38, 47 und 83; BGH 75, 241, 269 ff.; Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 -IVb ZB 503/80 -FamRZ 1981, 130, 131; vom 9. Dezember 1981 -IVb ZB 569/80 -FamRZ 1982, 475, 477; vom 13. Oktober 1982 -IVb ZB 648/80 -FamRZ 1983, 36, 38; vom 15. Februar 1984 -IVb ZB 577/80 -FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 -IVb ZB 928/80 -FamRZ 1985, 280, 281 und vom 28. Oktober 1992 -XII ZB 42/91 -FamRZ 1993, 302, 303 (in dieser Entscheidung erstmals ausdrücklich für Trennungszeiten nach dem Juli 1977). Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben (§ 1587 BGB). Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Insbesondere sollte dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (vgl. BGHZ 75 a.a.O. 269; BT-Drucks, 7/4361 S. 36). Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit mit einer wirtschaftlichen Verselbstständigung.......... schon für sich genommen den (teilweisen) Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB rechtfertigen (vgl. bereits BGHZ 75, a.a.O. 271 und die Senatsbeschlüsse vom 12. Dezember 1984 a.a.O. 282 und vom 28. Oktober 1992 a.a.O. 303)."

Neben der langen Zeit der Trennung fällt hier aber noch ins Gewicht, dass die Antragstellerin wegen der Betreuung des Kindes und der um 80% reduzierten Erwerbstätigkeit auf absehbarer Zeit keine nennenswerten Rentenanwartschaften zu begründen vermag, während der Antragsgegner einen in versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis steht (OLG Nürnberg, FamRZ 2000, 891). Unter diesen Umständen wäre es grob unbillig und würde den Zielen des Versorgungsausgleichs widersprechen, wenn der Antragsgegner, der wegen Leistungsunfähigkeit keinen Ehegattenunterhalt und nur einen geringfügigen Kindesunterhalt erbringen muss (Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Frankfurt/Main vom 2.12.1997 -35 F 6160/97-57) an den geringfügigen Rentenanwartschaften (derzeit insgesamt 13,7726 EP) wenn auch nur teilweise noch partizipieren würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Wertfestsetzung aus § 17a GKG.

Held