OLG Frankfurt vom 22.06.2021 (4 WF 82/21)

Stichworte: Überprüfungsverfahren; Verfahrenskostenhilfe, Formularzwang
Normenkette: FamFG 166 Abs. 3; FamGKG 31 Abs. 2 S. 1; ZPO 117 Abs 2, Abs. 4
Orientierungssatz:
  • Das Verfahren nach § 166 Abs. 3 FamFG zur Prüfung der erneuten Einleitung eines Kindesschutzverfahrens ist – auch kostenrechtlich - Teil des Ursprungsverfahrens und unter dessen Aktenzeichen zu führen. Es ist auch in Bezug auf etwaige Rechtsanwaltsgebühren keine besondere Angelegenheit; eine im Ursprungsverfahren erfolgte Beiordnung eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf das Überprüfungsverfahren.
  • Eine erneute Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kommt nur in Betracht, wenn das Familiengericht als Ergebnis der Prüfung nach § 166 Abs. 3 FamFG ein erneutes Verfahren zur Prüfung der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge nach § 1666 BGB einleitet.
  • Beantragt ein Beteiligter Verfahrenskostenhilfe für ein entsprechendes Verfahren, muss er bis zum Abschluss des Rechtszugs eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Verwendung des hierfür durch §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 4 ZPO, 1 Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 PKHVV festgelegten Formulars vorlegen. Eine Pflicht des Gerichts zum Hinweis auf das Erfordernis der Verwendung des Formulars besteht gegenüber einem anwaltlich vertretenen Beteiligten nicht.
  • 615 F 323/21
    AG Wetzlar

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    betreffend die elterliche Sorge für

    hier: Verfahrenskostenhilfe

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richter am Oberlandesgericht Schmidt als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters vom 14.5.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Wetzlar vom 10. Mai 2021

    am 22. Juni 2021 beschlossen:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Gründe:

    I.

    Der Beschwerdeführer begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beim Familiengericht anhängig gewesene Kindschaftssache.

    In einer bei ihm unter dem Aktenzeichen 615 F 547/17 SO anhängig gewesenen Kinderschutzsache sah das Familiengericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 17.9.2020 von der Ergreifung familiengerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge des Beschwerdeführers für die beiden betroffenen Kinder ab. Die Akte wurde dem zuständigen Richter des Familiengerichts im März 2021 zur Überprüfung nach § 166 Abs. 3 FamFG erneut vorgelegt. Dieser fertigte daraufhin folgenden Vermerk: „Das Überprüfungs- und Abänderungsverfahren nach § 1696 Abs. 2 BGB ist eine selbständige Angelegenheit. (vgl. BGH FamRZ 1992, 170; Palandt-Diederichsen, § 1696 Rn. 24) d. h. ein neues Verfahren.“ Er ordnete an, ein „neues SO-Verfahren (§ 1696 BGB)“ anzulegen und dieses dem hierfür zuständigen Dezernenten vorzulegen. Unter dem daraufhin vergebenen Aktenzeichen 615 F 323/21 SO schrieb er die Schule beider Kinder an, teilte dieser mit, dass das Familiengericht nach § 166 Abs. 3 FamFG seine Entscheidung vom 17.9.2020 überprüft und bat um Stellungnahme zur zwischenzeitlichen schulischen Entwicklung beider Kinder. Dem zuständigen Jugendamt und dem Kindesvater ließ er eine Abschrift der beiden an die Schule gerichteten Schreiben zukommen und bat das Jugendamt um Stellungnahme, ob der Beschluss vom 17.9.2020 geändert werden solle oder nicht.

    Mit Schreiben vom 6.4.2021 meldete sich der Verfahrensbevollmächtigte des Kindesvaters zur Akte und beantragte für seinen Mandanten die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter seiner Beiordnung. Zur Begründung des Verfahrenskostenhilfeantrags führte er aus, der Kindesvater sei nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Verfahrenskosten zu tragen. Einzusetzendes Einkommen sei ebenso wenig vorhanden wie Vermögens oberhalb des Schonvermögensbetrags. Sofern das Gericht weitere Glaubhaftmachung oder Darlegungen für erforderlich halte, werde um rechtzeitige Hinweise bzw. Auflagen gebeten. Eine Formularerklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kindesvaters oder irgendwelche Belege lagen dem Schreiben nicht bei.

    Nachdem sowohl das zuständige Jugendamt als auch die Schule mitgeteilt hatten, dass aus ihrer Sicht keine Gefährdung des Kindeswohls gegeben sei, stellte das Familiengericht das Verfahren mit am 30.4.2021 zur Geschäftsstelle gelangten Beschluss vom 29.4.2021 ein, sah von der Erhebung von Gerichtskosten ab und ordnete an, dass jeder Beteiligte die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen selbst trägt. Der Beschluss enthält eine Begründung. Er ist sowohl dem zuständigen Jugendamt als auch dem Beschwerdeführer zugestellt worden.

    Dem Bevollmächtigten des Kindesvaters teilte das Familiengericht mit Schreiben vom 29.4.2021 mit, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe komme im Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 3 FamFG nicht in Betracht und räumte ihm Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ein.

    Mit der Stellungnahme seines Bevollmächtigten vom 7.5.2021 hielt der Kindesvater an seinem Verfahrenskostenhilfeantrag fest und verwies – neben Ausführungen zur Sache – auf den fortwährenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Auch dem Schreiben vom 7.5.2021 lagen weder eine Formularerklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kindesvaters noch irgendwelche Belege bei.

    Das Familiengericht wies daraufhin mit Beschluss vom 10.5.2021 den Verfahrenskostenhilfeantrag des Kindesvaters mit der Begründung zurück, im Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 3 FamFG, um das es sich hier handele, komme die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht.

    Gegen den seinem Bevollmächtigten am 12.5.2021 zugestellten Beschluss richtet sich die am 14.5.2021 beim Amtsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Kindesvaters, mit welcher er seinen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten weiterverfolgt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, das Familiengericht habe den Vorgang als neue Fallakte mit neuem Verfahrensaktenzeichen geführt und damit ein Überprüfungsverfahren nach § 1696 BGB eingeleitet.

    Nachdem der Kindesvater vom Einzelrichter darauf hingewiesen worden ist, dass der begehrten Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe die bis zum Abschluss des ersten Rechtszugs unterbliebene Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entgegenstehen dürfte, hat er einen aktuellen Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vorgelegt und vorgetragen, es sei gerichtsbekannt bzw. aktenkundig, dass er seit vielen Jahren ununterbrochen Leistungen nach dem SGB II beziehe und sich in einem Substitutionsprogramm (Methadon) befinde. Er spreche teilweise ungenau bzw. „verwaschen“; es sei ausgeschlossen, dass er einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Auch im Vorverfahren sei ihm Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. An seiner Kostenarmut hätten damit keine Zweifel bestanden; das Familiengericht habe das Fehlen von Unterlagen trotz der Bitte um diesbezügliche Hinweise auch nicht bemängelt. Ohnehin komme es beim Amtsgericht nicht selten vor, dass in Parallel- bzw. Folgeverfahren auf die Übersendung einer gesonderten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verzichtet werde, wenn die Kostenarmut wie hier feststehe bzw. zuvor dokumentiert worden sei.

    Der Kindesvater hat außerdem zur Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts vorgetragen.

    II.

    Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache im Ergebnis unbegründet und daher zurückzuweisen.

    Allerdings kann dem Beschwerdeführer die beantragte Verfahrenskostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden, eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe komme für das Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 3 FamFG nicht in Betracht.

    Dem Familiengericht ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die nach § 166 Abs. 3 FamFG durchzuführende Prüfung der Einleitung eines Abänderungsverfahrens im Sinne des § 166 Abs. 1 BGB nicht in Betracht kommt. Die Prüfung ist, wie sich aus § 31 Abs. 2 Satz 1 FamGKG ergibt, kostenrechtlich kein eigenständiges Verfahren, sondern Teil des Ursprungsverfahrens, unter dessen Aktenzeichen sie zu erfolgen hat. Eine im Ursprungsverfahren erfolgte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts erstrecken sich auch auf das Prüfungsverfahren; dieses ist auch in Bezug auf die Rechtsanwaltsgebühren keine besondere Angelegenheit (vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.1.2016 – 5 WF 20/16, FamRZ 2016, 926). Eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kommt daher nur in Betracht, wenn als Ergebnis der Prüfung nach § 166 Abs. 3 FamFG ein Abänderungsverfahren im Sinne des § 166 Abs. 1 FamFG eingeleitet wird, in welchem die Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge nach §§ 1666, 1666a BGB geprüft wird.

    Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht die Einleitung eines Abänderungsverfahrens im Sinne des § 166 Abs. 1 FamFG allerdings nicht bloß geprüft, sondern hat ein solches eindeutig eingeleitet. Dies ergibt sich bereits aus der Verfügung vom 24.3.2021, unter deren Ziffer 1 im Rahmen eines Vermerks festgehalten ist, dass es sich bei Überprüfungs- und Abänderungsverfahren nach § 1696 Abs. 2 BGB um eine selbständige Angelegenheit und damit um ein neues Verfahren handelt, und unter deren Ziffer 2 verfügt wird, ein neues „SO-Verfahren (§ 1696 BGB)“ anzulegen. Dieses ist dann unter einem neuen Aktenzeichen angelegt worden, und sowohl der Beschwerdeführer als auch das zuständige Jugendamt sind beteiligt worden. Das Verfahren endet mit einem Beschluss vom 29.4.2021, mit welchem das Verfahren eingestellt und eine Kostenentscheidung getroffen wird. Der Beschluss ist dem Beschwerdeführer und dem zuständigen Jugendamt zugestellt worden. In den Gründe:n des Beschlusses ist ausgeführt, weshalb keine Gründe:für die Ergreifung familiengerichtlicher Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB gegeben sind. Einer entsprechenden Sach- und Kostenentscheidung hätte es nicht bedurft, wenn kein Verfahren zur Prüfung der Ergreifung von Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB eingeleitet worden wäre. Dass die Verfahrensvorschriften der §§ 155, 157, 158, 159 und 160 FamFG nicht beachtet worden sind, lässt den Charakter als eigenständiges kindschaftsrechtliches Verfahren im Hinblick auf den vom Familiengericht durch die Verfügung vom 24.3.2021 und den Beschluss vom 29.4.2021 geschaffenen Rechtsschein nicht entfallen.

    Der beantragten Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe steht allerdings die unterbliebene Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO entgegen, für welche sich der Beschwerdeführer nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 4 ZPO des durch § 1 Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 PKHVV festgelegten Formulars bedienen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 14.10.2010 – V ZB 214/10, FamRZ 2011, 104; Beschluss vom 20.2.2008 – XII ZB 83/07, FamRZ 2008, 868).

    Die Vorlage einer entsprechenden Erklärung ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Beschwerdeführer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezieht. Nach § 2 Abs. 2 PKHVV befreit der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII (nicht SGB II) lediglich vom Ausfüllen der Abschnitte E bis J des Formularvordrucks, und zwar auch nur dann, wenn der Erklärung der letzte Bewilligungsbescheid des Sozialamts beigefügt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 29.11.2012 – III ZA 32/12, WuM 2013, 61).

    Dass der Beschwerdeführer in einem anderen – drei Jahre vorher eingeleiteten - gerichtlichen Verfahren eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat und ihm dort Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, befreit ihn nicht von der Pflicht zur Vorlage der Formularerklärung, die grundsätzlich sogar für jeden Rechtszug desselben Verfahrens gesondert vorzulegen ist und das für die Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag zuständige Gericht in die Lage versetzen soll, ohne weitere Nachforschungen zu entscheiden (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 29.11.2012 – III ZA 32/12, WuM 2013, 61; Beschluss vom 20.2.2008 – XII ZB 83/07, FamRZ 2008, 868; BGHZ 148, 66).

    Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Bezugnahme auf die in einem Parallelverfahren eingereichte Erklärung zulässig ist (vgl. insoweit OLG Karlsruhe, FamRZ 2018, 1100; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4.6.2013 – 5 Ta 82/13, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.6.2010 – 5 WF 131/10, juris), bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, weil eine solche Bezugnahme jedenfalls bis zum Abschluss des ersten Rechtszugs nicht erfolgt ist.

    Auch im zweiten Rechtszug hat der Beschwerdeführer seine im Verfahren 615 F 547/17 SO des Familiengerichts vorgelegte Formularerklärung weder ausdrücklich bezeichnet noch eine Kopie derselben vorgelegt. Eine erst im zweiten Rechtszug erfolgte Bezugnahme auf eine in einem Parallelverfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse könnte der Beschwerde aber ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen, weil eine rückwirkende Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen bereits abgeschlossenen Rechtszug nur dann in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtszugs vorgelegen haben oder dem Antragsteller eine Nachfrist für die Vervollständigung seines Antrags gesetzt worden ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 8.2.2011 – 4 WF 7/11, www.hefam.de; Beschluss vom 23.1.2014 – 4 WF 264/13, www.hefam.de; Beschluss vom 17.6.2016 – 4 WF 104/15, nicht veröffentlicht; so auch BGH, FamRZ 2014, 196; OLG Lüneburg, FamRZ 2007, 295 m.w.N.; OLG Karlsruhe, FamRZ, 2006, 1852; Gottwald, FamRZ 2004, 384; Zöller/Schultzky, ZPO, Kommentar, 33. Aufl., 2020, § 117, Rdnr. 17 f. m.w.N.; BeckOK-ZPO/Reichling, Stand: 1.3.2021; § 117, Rdnr. 10 f. m.w.N.). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe einem bedürftigen Beteiligten eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überhaupt erst ermöglichen soll. Dieses Ziel kann nach Abschluss des Verfahrens nicht mehr erreicht werden. Das Institut der Verfahrenskostenhilfe dient insbesondere nicht dazu, dem Verfahrensbevollmächtigten eines Beteiligten nach Abschluss des Verfahrens einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen (vgl. BAG, MDR 2004, 415).

    Die beantragte Verfahrenskostenhilfe ist dem Beschwerdeführer auch nicht deshalb zu bewilligen, weil das Familiengericht eine ihm obliegende Hinweispflicht verletzt hat und davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer rechtzeitig – also vor Erlass des Beschlusses vom 29.4.2021 – eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht hätte, wenn das Familiengericht seiner Hinweispflicht genügt hätte. Eine entsprechende Hinweispflicht bestand nicht.

    Sowohl in Rechtsprechung und Literatur wird zwar vertreten, dass das Gericht im Rahmen seiner aus dem Gebot des fairen Verfahrens erwachsenden Fürsorgepflicht verpflichtet ist, einen um Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten auf das Erfordernis der Benutzung des Formularvordrucks hinzuweisen und Gelegenheit zur Behebung des Hindernisses zu geben (vgl. BGH, FamRZ 2019, 2015; OLG Saarbrücken, FamRZ 2012, 806; OLG Rostock, FamRZ 2003, 1396; BeckOK-ZPO/Reichling, Stand: 1.3.2021; § 117, Rdnr. 37; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe Beratungshilfe, 9. Aufl. 2020, Rdnr. 107; a. A. BGH, NStZ-RR 2015, 351). Eine entsprechende Hinweispflicht wird aber fast ausnahmslos nur gegenüber anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten angenommen, um so eine effektive Durchsetzung des mit dem Institut der Verfahrenskostenhilfe verfolgten Zwecks zu gewährleisten, Bemittelte und Unbemittelte in den Chancen ihrer Rechtsverfolgung gleichzustellen (vgl. BGH, FamRZ 2019, 2015). Gegenüber einem anwaltlich vertretenen Beteiligten besteht eine solche Hinweispflicht hingegen nicht. Einem Rechtsanwalt muss die sich eindeutig aus dem Gesetz ergebende Notwendigkeit der Einreichung einer formularmäßigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seines Mandanten als Voraussetzung für die beantragte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bekannt sein (so auch BAG, Beschluss vom 31.7.2017 – 9 AZB 32/17, juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.9.2019 – 4 W 3/18, BeckRS 2019, 22226; OLG Brandenburg, FamRZ 1998, 249; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe Beratungshilfe, 9. Aufl. 2020, Rdnr. 97). Nichts Anderes ergibt sich aus der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung des Einzelrichters des 3. Familiensenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12.7.2019 – 3 WF 106/19. Danach besteht eine Pflicht des Gerichts, einen Verfahrenskostenhilfe beantragenden Beteiligten auf unvollständige Angaben in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen, wenn dieser seine Angaben erkennbar für vollständig hält. Die Annahme einer Pflicht des Gerichts, einen anwaltlich vertretenen Beteiligten auf den sich aus §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 4 ZPO ergebenden Formularzwang hinzuweisen, lässt sich der Entscheidung hingegen nicht entnehmen.

    Auf die Frage, ob die in § 78 Abs. 2 FamFG normierten Voraussetzungen einer Anwaltsbeiordnung vorliegen, kommt es wegen des Fehlens der formalen Voraussetzungen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht an.

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer kraft gesetzlicher Anordnung zu tragen (§§ 1, 3 Abs. 2 FamGKG in Verbindung mit Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG)). Außergerichtliche Kosten der Beteiligten sind nicht zu erstatten (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

    Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO).

    Schmidt