OLG Frankfurt vom 29.06.2000 (4 WF 24/00)

Stichworte: Zweitausbildunbg Auskunftspflicht Zusammenhamg, zeitlicher
Normenkette: BGB 1605, 1610
Orientierungssatz: Die Auskunftspflicht des Klägers entfiele nur dann, wenn die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen könnte (zu den Voraussetzungen der Unterhaltspflicht von Eltern für eine weitere Ausbildung aufkommen zu müssen (Modedesignerin /Bachelor of Arts)).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengerichts- Wiesbaden vom 23.12.1999 -Nichtabhilfebeschluß vom 28.3.2000- am 29.6.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Der Beklagten wird für die mit Schriftsatz vom 30.9.1999 erhobene Widerklage Prozeßkostenhilfe bewilligt und zur Wahrnehmung ihrer Rechte im ersten Rechtszug Rechtsanwalt Dr. XXX., 55252 Mainz-Kastel, beigeordnet. Raten sind nicht zu entrichten.

Gründe

Durch Scheidungsfolgenvergleich vom 1. Dezember 1988 (AG Groß Gerau, 7 F 617/88) ist der Kläger verpflichtet, an die Beklagte monatlichen Unterhalt von 360,-- DM zu zahlen. Mit seiner vorliegenden Abänderungsklage strebt er den Wegfall dieser Unterhaltsverpflichtung ab August 1999 an. Die 23 Jahre alte Klägerin, die am 19.5.1999 eine Ausbildung zur Modedesignerin abgeschlossen hat und sich seit August 1999 bei einem Fashion Institute of Technology in New York in Ausbildung mit dem Ziel eines Bachelor of art befindet, hat Stufen- Widerklage erhoben und hierfür die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt. Das Amtsgericht hat Prozeßkostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht verweigert und den Prozeßbevollmächtigten mitgeteilt, daß es die gegenwärtige Ausbildung der Beklagten für eine Zweitausbildung hält.

Die zulässige Beschwerde der Beklagten gegen die Verweigerung der Prozeßkostenhilfe ist begründet.
BR Durch die auf Anfrage des Senats hin erfolgte Stellungnahme der Beklagten im Schriftsatz vom 13.6.2000 ist klargestellt, daß die Beklagte mit der Stufen- Widerklage ggfs. die Abänderung des vorhandenen und nicht die Schaffung eines zweiten Unterhaltstitels anstrebt.

Der Beklagten steht jedenfalls ein Auskunftsanspruch gegen den Kläger zu (§ 1605 BGB). Die Auskunftspflicht des Klägers entfiele nur dann, wenn die begehrte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen könnte (Parlandt-Diederichsen, 59. Aufl., Rdnr. 9 zu § 1605 BGB), wenn also beispielsweise auch ohne Erteilung der Auskunft feststünde, daß die Beklagte vom Kläger keinen Unterhalt mehr bzw. keinen erhöhten Unterhalt beanspruchen könnte. Dies ist indessen nicht der Fall. Es steht keineswegs fest, das mit dem Abschluß der Ausbildung zur Modedesignerin die Unterhaltspflicht des Klägers erloschen ist. Zwar sind Eltern, die ihrem Kind eine seinen Neigungen und seiner Begabung entsprechende Berufsausbildung haben zukommen lassen, ihrer Unterhaltspflicht nachgekommen und nicht verpflichtet, die Kosten einer zusätzlichen Ausbildung zu tragen (§ 1610 Abs. 2 BGB). Von einer solchen Zweitausbildung, für die keine Unterhaltspflicht mehr besteht, ist jedoch eine solche Ausbildung zu unterscheiden, die als mit der bisherigen Ausbildung in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung anzusehen ist und für die die entsprechende Begabung im ersten Ausbildungsabschnitt deutlich wurde (BGH NJW 1995, 718 = FamRZ 1995, 416 = MDR 1995, 1143 mwN). Nach den Darlegungen der Beklagten handelt es sich bei der von ihr gegenwärtig absolvierten Ausbildung um eine solche Weiterbildung. Sie hat ausgeführt, daß sich nach dem fehlgeschlagenen Versuch der Ausbildung zur Produktdesignerin ihre Begabung für das Fach Modedesign herausgestellt hat, was durch das gute Abschlußzeugnis der Berufsfachschule für Mode und Industrielle Fertigungstechnik vom 19.5.1999 belegt ist. Sie hat ferner durch Vorlage einer Bescheinigung vom 16.12.1999 dargetan, daß in dieser Berufssparte eine Weiterbildung im Ausland empfehlenswert ist und durch eine Bescheinigung ihrer Ausbilderin beim Fashion Institute of Technology vom 8. Dezember 1999 belegt, daß sie diese Ausbildung in erfolgversprechender Weise absolviert. Sie hat ferner dargetan, daß ihre Bemühungen, nach Beendigung der Ausbildung zur Modedesignerin eine Anstellung zu finden, nicht von Erfolg gekrönt waren. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang ist bei einer Aufnahme der Weiterbildung 3 Monate nach Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes gewahrt.

Dr. Däther Lange Grabowski