OLG Frankfurt vom 22.08.2019 (4 UF 86/17)

Stichworte: interne Teilung; „neues“ Anrecht; aktuelle Rechnungsgrundlagen; „Test-Achats“-Entscheidung
Normenkette: VersAusglG 10 Abs. 1; VersAusglG 11
Orientierungssatz:
  • Bei dem im Wege der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG auf den Ausgleichsberechtigten zu übertragenden Anrecht handelt es sich nicht um ein „neues“ Anrecht, das bis auf den ermittelten Ausgleichswert unabhängig von den rechtlichen Grundlagen der ehezeitlich bestehenden Anwartschaft des Ausgleichspflichtigen ausgestaltet ist. § 10 Abs. 1 VersAusglG sieht vielmehr die teilweise Übertragung eines bestehenden Anrechts im Sinne eines echten Real-Splittings vor, deren Modalitäten sich im Einzelnen nach § 11 VersAusglG richten (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2019, 876-880). Daher besteht auch für das zu übertragende Anrecht vollumfänglich eine Bindung an die Grundlagen der zu teilenden Anwartschaft.
  • Bei einem Anrecht aus einer privaten Rentenversicherung ist eine vergleichbare Wertentwicklung i. S. d. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG regelmäßig nur dann gewährleistet, wenn der Garantiezins und die Sterbetafeln/Ausscheideanordnungen für das Anrecht der ausgleichspflichtigen und der ausgleichsberechtigten Person identisch sind (Anschluss an BGH FamRZ 2015, 1869-1873). Die in der Teilungsordnung eines Versorgungsträgers wörtlich oder sinngemäß enthaltene Regelung, wonach auf das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person „die aktuellen Rechnungsgrundlagen“ oder ein aktueller Tarif anwendbar sind, verstößt daher nicht nur im Hinblick auf den unterschiedlichen Rechnungszins, sondern auch im Hinblick auf den Ersatz früher verwendeter Sterbetafeln durch aktuelle (geschlechtsneutrale) Sterbetafeln gegen den Halbteilungsgrundsatz (vgl. Senat FamRZ 2017, 878). Dem steht ungeachtet der sog. „Test-Achats“-Entscheidung des EuGH (NJW 2011, 907-909) nicht entgegen, dass für neue Anrechte keine geschlechtsspezifischen Tarife mehr angewandt werden dürfen.
  • Das bei Durchführung des gesetzlichen Versorgungsausgleichs nach den Zielen des Gesetzgebers des VAStrRefG auch zu berücksichtigende Ziel einer möglichst geringen Belastung der Versorgungsträger wird erreicht, wenn im Rahmen der internen Teilung bei Anwendung der früheren Rechnungsgrundlagen die alten geschlechtsspezifischen Tarife in der Lebensversicherung lediglich „gedoppelt“ werden müssen.
  • 403 F 3423/15
    AG Frankfurt/Main, Außenstelle Höchst

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 23.03.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst vom 15.02.2017 am 22. August 2019 beschlossen:

    Die angefochtene Entscheidung wird zu Ziffer II. 3. abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der X Pensionskasse AG (Vers.-Nr…) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 4.929,02 €, bezogen auf den 31.10.2015, übertragen.

    Die Übertragung erfolgt gemäß der Ordnung für die Teilung von Lebensversicherungen aufgrund des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (Teilungsordnung) in der Fassung vom 01.01.2012 sowie nach Maßgabe des Tarifs VGR3U(PE) mit der Maßgabe, dass

    -abweichend von Ziffer 3 lit. b) und in Konkretisierung von Ziffer 3 lit. e) der Teilungsordnung der Ausgleichswert in dem Zeitraum zwischen dem 01.01.2014 und dem Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung an einer etwaigen biometrischen Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts teilhat,

    -der auf die Bezugsgröße Deckungskapital entfallende Ausgleichswert für den Zeitraum zwischen dem 01.01.2014 und dem Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung mit einem Zinssatz von 3,25 % p.a. aufzuzinsen ist,

    -abweichend von Ziffer 5 lit. c) aa), bb) und cc) der Teilungsordnung die aktuellen Tarife mit den Rechnungsgrundlagen der Tarifgeneration des ausgleichspflichtigen Vertrages für das neue Anrecht zur Anwendung kommen, insbesondere hinsichtlich der zugrundeliegenden Sterbetafeln und des zugrundeliegenden Rechnungszinses,

    -abweichend von Ziffer 5 lit. c) aa) die aktuellen Versicherungsbedingungen des Tarifs VGR3U zu den jeweiligen Tarifen nur insoweit zur Anwendung gelangen, wie sie nicht im Widerspruch zu den vorstehenden Maßgaben stehen.

    Von der Erhebung gerichtlicher Kosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 1.500 €.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Ausgleich eines Anrechts der privaten Altersvorsorge.

    Das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt/Main, Außenstelle Höchst, hat auf den am 12.11.2015 zugestellten Scheidungsantrag mit insoweit rechtskräftigem Beschluss vom 15.02.2017 die am 14.12.1984 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Ausgleich ihrer insgesamt sieben Versorgungsanrechte durchgeführt. Zuvor hatten die Eheleute mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10.09.2014 eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich getroffen, nach der nach dem 31.12.2013 erworbene Anrechte dem Ausgleich nicht unterfallen sollten. Auf den weiteren Inhalt der Urkunde (UR-Nr. 129/2014 der Notarin Z. in Wiesbaden) wird verwiesen.

    Mit der Entscheidung vom 15.02.2017 ordnete das Familiengericht unter anderem die interne Teilung eines Anrecht der Antragstellerin aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der X Pensionskasse AG mit einem Ehezeitanteil von 10.058,03 € vor Abzug der Teilungskosten von 200 € mit dem vom Versorgungsträger vorgeschlagenen Ausgleichswert (Kapital) von 4.929,02 € nach Maßgabe des Tarifs VGR3U(PE) und der Teilungsordnung in der Fassung vom 01.12.2012 an, bezogen auf den 31.10.2015. Die mit der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommene Teilungsordnung berücksichtigt weder die Wertentwicklung des Anrechts nach Ehezeitende - der für das auszugleichende Anrecht maßgebliche Rechnungszins beläuft sich auf 3,25 % p. a. - noch die Wertungen der dem auszugleichenden Anrecht zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen E 70 (AVK), Stand Juli 2002.

    In der Teilungsordnung des Versorgungsträgers in der Fassung vom 01.12.2012 heißt es zum Ausgleichswert unter Ziffer 3. lit. b)

    „Der Ausgleichswert beträgt die Hälfte des ermittelten Ehezeitanteils.“

    und unter lit. e)

    „Ordnet das Gericht eine Verzinsung an, wird der Ausgleichswert nach Abzug der Kosten entsprechend der Entscheidung des Familiengerichts verzinst. Die Verzinsung erfolgt ab Ende der Ehezeit bis zum Ersten des Monats, in dem die Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts eintritt.“

    Zur Ausgestaltung der Versicherung der ausgleichsberechtigten Person bei interner Teilung enthält die Ordnung unter Ziffer 5 u. a. folgende Regelungen:

    „a) Welche Versicherungsart wird eingerichtet?

    Mit dem Ausgleichswert abzüglich der hälftigen Kosten gem. Ziffer 3 Absatz c) zuzüglich Zinsen gem. Ziffer 3 Absatz e) wird für die ausgleichsberechtigte Person grundsätzlich eine Versicherung in Form einer beitragsfreien aufgeschobenen auf das Leben der ausgleichsberechtigten Person eingerichtet; ...

    b) Welche Risiken sind versichert?

    Der Risikoschutz wird gem. § 11 Abs. 1 Nr. 3, 2. Halbsatz VersAusglG auf eine Altersversorgung beschränkt. Soweit in der Versicherung der ausgleichspflichtigen Person weitere Risiken abgesichert sind, die auszugleichen sind (z. B. Hinterbliebenenabsicherung) erfolgt der erforderliche Ausgleich bei der Altersversorgung. Der Anteil des Ausgleichswerts, der für die Aufrechterhaltung des weiteren Risikoschutzes benötigt würde, führt auf diese Weise zu einer entsprechenden Erhöhung der Altersversorgung der ausgleichsberechtigten Person.“

    c) Welche Regelungen kommen zur Anwendung?

    aa) Welche Allgemeinen Versicherungsbedingungen kommen zur Anwendung?

    Es werden die aktuellen Versicherungsbedingungen zu den jeweiligen Tarifen angewendet.

    bb) Welche Tarife kommen zur Anwendung?

    Grundsätzlich wird eine aufgeschobene Rentenversicherung nach dem Tarif VGR3U(PE) gebildet. …

    gg) Welche Rechnungsgrundlagen kommen zur Anwendung?

    Es kommen die aktuellen Rechnungsgrundlagen zur Anwendung…

    ii) Wann wird die Versicherung eingerichtet?

    Die Versicherung wird mit Wirkung zum Ersten des Monats, in dem die Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich eintritt, eingerichtet.“

    Gegen den seiner Bevollmächtigten am 27.02.2017 zugestellten Beschluss des Familiengerichts wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 23.03.2017 bei dem Amtsgericht eingegangenen Beschwerde, mit der er vor allem rügt, es sei bereits nicht ersichtlich, welchem Tarif des Versorgungsträgers das ausgeglichene Anrecht bei der X Pensionskasse AG nunmehr unterfalle, aber auch, dass durch die in Bezug genommene Teilungsordnung nicht gewährleistet werde, dass der Ausgleichsberechtigte in gleicher Weise an der Wertentwicklung des Anrechts teilhabe wie die Ausgleichspflichtige.

    Die X Pensionskasse AG hat daraufhin ihre Bereitschaft bekundet, den Ausgleichswert in dem Zeitraum zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung mit dem für das auszugleichende Anrecht geltenden Garantiezins von 3,25 % p. a. aufzuzinsen, ist dem Rechtsmittel im Übrigen aber mit der Begründung entgegen getreten, die Einrichtung eines aus ihrer Sicht neuen Vertrages unter Berücksichtigung „ehemaliger“ Rechnungsgrundlagen, insbesondere im Hinblick auf Sterbetafeln, Kosten und die inzwischen geltenden Unisextarife, sei nicht möglich. § 33 Abs. 5 AGG gebiete die Verwendung geschlechtsneutraler Tarife. Die Übertragung sonstiger biometrischer Grundlagen des auszugleichenden auf das vermeintlich neu zu begründende Anrecht würde dem Gebot der Aufwandsneutralität für den Versorgungsträger widersprechen, weil sich durch die Führung zweier Verträge das ursprünglich versicherte Risiko erhöhe. Dem könne man nur dadurch gerecht werden, dass für die neu zu versichernde Person die aktuellen Rechnungsgrundlagen, insbesondere die aktuellen Sterbetafeln, zur Anwendung gelangten. Zudem führe die Durchführung der Teilung mit den alten Rechnungsgrundlagen, die für Neuverträge von ihr nicht mehr vorgehalten würden, zu extremen Zusatzaufwendungen. Den Aufwand beziffert die X Pensionskasse AG mit drei Personentagen und einem Kostenaufwand von 1.500 €, für die spätere manuelle Verwaltung des Vertrags mit weiteren 2.000 €.

    Dem hat sich die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31.05.2017 angeschlossen, der Antragsgegner (Beschwerdeführer) besteht dagegen auf einer Regelung, die nicht nur hinsichtlich der Verzinsung, sondern auch hinsichtlich einer etwaigen biometrischen Wertentwicklung eine gleichmäßige Teilhabe am auszugleichenden Anrecht gewährleistet. Er zweifelt ferner die Plausibilität der Kostenschätzung des Versorgungsträgers an.

    Der Senat hat die X Pensionskasse AG mehrfach auf Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit derjenigen Bestimmungen der Teilungsordnung hingewiesen, nach denen zum einen für das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person ein anderer Tarif zur Anwendung gelangt als der des auszugleichenden Anrechts und zum anderen dem zu übertragenden Anrecht die aktuellen Rechnungsgrundlagen zugrunde gelegt werden. Der Versorgungsträger hat dazu die Auffassung vertreten, die Anforderungen an die interne Teilung geböten es nicht, neben dem gleichen Rechnungszins auch die Kostenstruktur und die der ehemaligen Vertragskalkulation zugrunde liegenden Annahmen, insbesondere die vormals gültigen Sterbetafeln, auf das neue Anrecht anzuwenden. Ebenso wenig sei es gerechtfertigt, den neuen Vertrag mit einem geschlechtsspezifischen Tarif einzurichten, da dieser seit dem 21.12.2012 bei Neuverträgen nicht mehr verwendet werden dürfe.

    Im Erörterungstermin vor dem vorbereitenden Einzelrichter vom 25.05.2018 hat die X Pensionskasse AG angeboten, dem Senat eine neue Berechnung und einen neuen Ausgleichs- und Tenorierungsvorschlag vorzulegen, die im Ergebnis gewährleisten sollen, dass der Ausgleichsberechtigte in gleicher Weise an dem zu teilenden Anrecht partizipiert wie die Ausgleichspflichtige. Übersandt wurde daraufhin jedoch lediglich die bereits dem Familiengericht in erster Instanz erteilte Auskunft, ergänzt um einen die geforderte Verzinsung berücksichtigenden Entscheidungsvorschlag, jedoch mit höheren Teilungskosten. Mit seinen auf weiteren Hinweis des Senats erfolgten Stellungnahmen hat der Versorgungsträger die Auffassung vertreten, mit der von ihm befürworteten Teilung sei eine gleichmäßige Teilhabe des Ausgleichsberechtigten an dem Anrecht gewährleistet, zugleich aber mitgeteilt, die dieser Ansicht zugrundeliegende Kalkulation werde dem Senat nicht mitgeteilt, weil dazu keine Rechtspflicht bestehe.

    Die übrigen Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

    II.

    Die statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist mit der sich aus dem Tenor ergebenden Maßgabe zur Anwendung der Teilungsordnung der Versorgungsträger begründet.

    Die nach § 10 Abs. 1 VersAusglG durchzuführende interne Teilung des Anrechts der Antragstellerin bei der X Pensionskasse AG kann, anders als in der angefochtenen Entscheidung angeordnet, nicht uneingeschränkt nach den gemäß § 10 Abs. 3 VersAusglG grundsätzlich maßgeblichen Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht - hier die Teilungsordnung des Versorgungsträgers in der Fassung vom 01.12.2012 - erfolgen. Wegen der rechtsgestaltenden Wirkung der Entscheidung über den Wertausgleich sind die Familiengerichte gehalten, die rechtliche Vereinbarkeit der untergesetzlichen Teilungsordnung mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den gesetzlichen Vorgaben des § 11 VersAusglG, zu prüfen. Genügen die Bestimmungen des Versorgungsträgers den gesetzlichen Anforderungen - wie hier - nicht oder sind sie unklar oder mehrdeutig, sind sie vom Gericht durch geeignete Anordnungen bei Aufrechtechterhaltung im Übrigen an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen (vgl. BGH FamRZ 2015, 1869-1873; FamRZ 2011, 547-549; Senat, Beschluss vom 22. August 2017 – 4 UF 49/17 –, juris [= FamRZ 2018, 96 – LS] und FamRZ 2017, 878-879).

    Daher kann die X Pensionskasse AG auch nicht mit der von ihr vertretenen Rechtsauffassung gehört werden, bei dem auf den Antragsgegner hälftig zu übertragenden Anrecht der Antragstellerin handele es sich um ein „neues“ Anrecht, das bis auf den ermittelten Ausgleichswert weitgehend unabhängig von den rechtlichen Grundlagen der ehezeitlich bestehenden Anwartschaft des Partners ausgestaltet sei, selbstständig begründet werde und daher in vollem Umfang nicht nur der aktuellen Teilungsordnung des Versorgungsträgers, sondern (im Hinblick auf die vom Versorgungsträger zugrunde gelegten Unisextarife) auch ausschließlich der alleine den die für den Ausgleichsberechtigten zu begründenden Neuverträge betreffenden Gesetzgebung unterworfen sei. Diese Ansicht trifft nach Auffassung des Senats nicht zu, denn § 10 Abs. 1 VersAusglG sieht lediglich die teilweise Übertragung eines bestehenden Anrechts im Sinne eines echten Real-Splittings vor, deren Modalitäten sich im Einzelnen nach § 11 VersAusglG richten (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2019, 876-880; BeckOGK-Ackermann-Sprenger, 01.05.2019, § 10 VersAusglG, Rz. 6; jurisPKBGB-Breuers, 8. A. 2017, § 10 VersAusglG, Rz. 39; Holzwarth, Familienrecht, 6. A., § 10 VersAusglG, Rz. 1-3; Ruland, Versorgungsausgleich 4. A., Rz. 597; zu den Gesetzgebungsmaterialien BT-Drs. 16/10144, S. 54 f.), die Begründung eines neuen Anrechts also nur insoweit, als das bestehende Anrecht einem neuen Bezugsberechtigten zugeordnet und eine Einschränkung des Risikoschutzes gestattet wird (a. A. Erman-Norpoth/Sasse, BGB, 15. A., § 10, Rz. 2; MüKoBGB-Siede, 7. A., § 10 VersAusglG, Rz. 5; Borth, Versorgungsausgleich, Rz. 625).

    Zunächst kann diese Frage aber dahinstehen, denn die interne Teilung hat gem. § 11 Abs. 1 VersAusglG ohnehin eine gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherzustellen. Diese ist jedoch (nur dann) gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht des ausgleichspflichtigen für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts mit vergleichbarer Wertentwicklung und grundsätzlich gleichem Risikoschutz übertragen wird.

    Wegen des sich aus §§ 1 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 bis 3, 10 Abs. 1 VersAusglG ergebenden Gebots der stichtagsbezogenen Halbteilung führt die vom Gericht zu treffende Gestaltungsentscheidung dazu, dass die Begründung des Anrechts des ausgleichsberechtigten Ehegatten und die Belastung des Anrechts des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf das sich aus § 3 Abs. 1 VersAusglG ergebende Ende der Ehezeit, hier also auf den 31.10.2015, zurückwirken (vgl. BGH FamRZ 2015, 1869-1873; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.11.2016 - 6 UF 115/16 -, juris). Daraus folgt, dass eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts nicht erst ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Anordnung der internen Teilung, sondern schon für den Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich gewährleistet sein muss. Dies betrifft sowohl die Teilhabe am Zinsertrag als auch an etwaigen biometrischen Gewinnen oder Verlusten, die dadurch entstehen, dass ein versichertes Risiko eintritt oder nicht eintritt (vgl. BGH aaO. und NZFam 2014, 1040-1043). Die nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG bei der internen Teilung geforderte vergleichbare Wertentwicklung ist bei einer Rentenversicherung – neben anderen Anforderungen – nur dann gewährleistet, wenn der Garantiezins des auszugleichenden und des neu zu begründenden Anrechts identisch ist (BGH FamRZ 2015, 1869-1873, Rz. 17; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 819-821).

    Dieser Anforderung wird eine Teilungsordnung, nach der für die ausgleichsberechtigte Person eine beitragsfreie aufgeschobene Rentenversicherung auf ihr Leben eingerichtet wird, bei der die aktuellen Rechnungsgrundlagen zur Anwendung kommen, nicht gerecht. Daran ändert auch die Regelung unter Ziffer 3. lit. e) der Ordnung nichts, dass der Ausgleichswert nach Abzug der Kosten entsprechend der Entscheidung des Familiengerichts verzinst wird, „sofern das Gericht eine Verzinsung anordnet“. Hier fehlt es bereits an der hinreichenden Bestimmtheit der Teilungsordnung, weil sie Einzelfragen des Ausgleichs unter die Bedingung stellt, dass zuvor eine die konkrete Frage regelnde gerichtliche Entscheidung ergangen ist. Den Anforderungen an eine vergleichbare Wertentwicklung wird der Versicherer nur durch die Beibehaltung des bisherigen Zinssatzes auch für das übertragene Anrecht gerecht (vgl. Senat, Beschluss vom 22.08.2017, Az. 4 UF 49/17 [= FamRZ 2018, 96; LS], und FamRZ 2017, 878; OLG Hamm, Beschluss vom 27.09.2017, Az. 7 UF 213/17; OLG Stuttgart FamRZ 2015, 584-586). Letztlich hat daher auch der Versorgungsträger mit Zustimmung der früheren Eheleute sein Einverständnis mit einer Aufzinsung des zu übertragenden Anrechts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft vorliegender Entscheidung um 3,25 % erklärt und mit einer Garantieverzinsung in entsprechender Höhe ab dem Eintritt der Rechtskraft. Eine Verzinsung des Anrechts hat, anders als vom Familiengericht angenommen, darüber hinaus auch für den Zeitraum zwischen dem von den früheren Eheleuten mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10.09.2014 wirksam vereinbarten Ende des Ausgleichszeitraums am 31.12.2013 und dem Ehezeitende zu erfolgen, weil andernfalls für diesen Zeitraum keine gleichmäßige Teilhabe der Eheleute an der seit diesem Zeitpunkt eingetretenen Wertentwicklung gewährleistet wäre.

    Allerdings ist nicht nur derselbe Rechnungszins, sondern sind insgesamt die Rechnungsgrundlagen der Tarifgeneration der Versicherung des Ausgleichspflichtigen beim Ausgleich beider Versicherungen anzuwenden (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. Dezember 2018 – 11 UF 815/18 –, juris; Senat, Beschluss vom 22.08.2017, Az. 4 UF 49/17). Die Rechnungsgrundlagen setzen sich aus den zugrunde gelegten kalkulatorischen Annahmen über die Zukunft, also den verwendeten Sterbe- und Richttafeln, dem bereits genannten Rechnungszins und den kalkulatorischen Kosten zusammen.

    Eine Verpflichtung zur Einrichtung eines geschlechtsneutralen Tarifs für das zu übertragende Anrecht besteht entgegen der Auffassung des Versorgungsträgers nicht. Nach der sogenannten „Test-Achats“-Entscheidung des EuGH (NJW 2011, 907-909) ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/113/EG (Gender-Richtlinie) das Ziel, dass Prämien und Leistungen in der Versicherungswirtschaft geschlechtsneutral bemessen werden. Der deutsche Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Entscheidung den Versicherern beim Abschluss neuer Rentenversicherungen mit Wirkung erst zum 21.12.2012, also für die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Neuverträge die Verwendung geschlechtsspezifischer Tarife untersagt (vgl. zur Relevanz für den Ausgleich von Anrechten bei der VBL und anderen Zusatzversorgungsträgern des öffentlichen Dienstes BGH FamRZ 2017, 870; FamRZ 2017, 871; FamRZ 2017, 863). Weder aus den Vorgaben des EuGH (vgl. dazu Höfer, DB 2011, 1334, 1335) noch aus der Rechtsprechung des BGH ergibt sich damit, dass die Verwendung geschlechtsspezifischer Versicherungstarife auch bei der Teilung von Altverträgen (aus der Zeit vor dem 21.12.2012 herrührend) ausgeschlossen wäre. Einen Eingriff in den Altbestand verlangt auch nicht § 33 Abs. 5 S. 1 AGG, denn die Unisex-Grundsätze gelten nur für Neuverträge (Staudinger-Serr, BGB, Bearbeitung 2017, § 33 AGG Rz. 21).

    Die X Pensionskasse AG beruft sich zwar - grundsätzlich auch zu Recht - auf den Grundsatz der Kosten- bzw. Aufwandsneutralität. Denn Art. 2 Abs. 1 GG schützt auch den Versorgungsträger vor hoheitlichen Eingriffen in bereits abgeschlossene Verträge und gewährleistet zudem seine wirtschaftliche Handlungsfreiheit (vgl. BVerfG FamRZ 1993, 1173, 1175; BGH FamRZ 2016, 775 Rn. 46). Für ihn dürfen daher durch den Versorgungsausgleich keine zusätzlichen Belastungen entstehen (vgl. BT-Drs. 16/10144, S. 43). Derartige Belastungen stehen vorliegend aber nicht zu befürchten.

    Der Senat hat sich mit dem Problem der vermeintlich fehlenden (wirtschaftlichen) Kostenneutralität bereits in seinem Beschluss vom 22.08.2017 (aaO.) bei vergleichbarer Fallkonstellation auseinandergesetzt, und dazu ausgeführt:

    „Da der Versorgungsträger Rückstellungen bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nur nach den biometrischen Rechnungsgrundlagen des ausgleichspflichtigen Ehegatten bilden muss, ist eine für den Versorgungsträger aufwandsneutrale Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der biometrischen Wertentwicklung dabei nur dann gewährleistet, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an der sich aus den biometrischen Rechnungsgrundlagen des Ausgleichspflichtigen ergebenden biometrischen Wertentwicklung und nicht an einer fiktiven biometrischen Wertentwicklung nach den biometrischen Rechnungsgrundlagen des Ausgleichsberechtigten teilhat. Dies gilt gleichermaßen für versicherungsförmige Zusagen wie für rückstellungsfinanzierte betriebliche Direktzusagen (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; Rdnr. 32-35).“

    Der in diesem Zusammenhang vom Versorgungsträger sinngemäß erhobene Einwand, die mit dem Versorgungsausgleich bezweckte möglichst geringe Belastung der Versorgungsträger werde nicht erreicht, wenn bei Anwendung der früheren Rechnungsgrundlagen alle Tarife in der Lebensversicherung „gedoppelt“ werden müssten, trifft also nicht zu, wenn lediglich die alten geschlechtsspezifischen Tarife zugrunde gelegt werden. Soweit der Versorgungsträger ferner sinngemäß meint, die Aufnahme des „Neu“-Vertrags in den nicht mehr verkaufsoffenen Altbestand sei technisch nur sehr schwer umsetzbar, vermag der Senat dieses Argument ebenfalls nicht nachzuvollziehen (vgl. ebenso OLG Nürnberg aaO.; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.07.2015, Az. 6 UF 16/15, juris [= NZFam 2015, 1018; LS, Kurzwiedergabe]). Im Übrigen würde es sich bei den für die Aufnahme in den Altbestand anfallenden Kosten um umlegbare Teilungskosten iSd. § 13 VersAusglG handeln. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der X AG für nötig befundene neue Zertifizierung.

    Soweit die X Pensionskasse AG darüber hinaus zutreffend angemerkt hat, das unternehmerische Risiko der sich erhöhenden Langlebigkeit liege grundsätzlich in der Sphäre des Versicherers, bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Erhöhung der Langlebigkeit sich bei einem der beiden Ehegatten in höherem Maße als bei dem anderen auswirken wird. Eine zu berücksichtigende Erhöhung des Risikos des Versicherers ist nicht erkennbar, wenn sich nach der Teilung des Anrechts das Risiko bei beiden Personen nur auf das halbe ehezeitliche Deckungskapital bezieht (ebenso OLG Nürnberg aaO.).

    Die gemäß § 13 VersAusglG in erster Instanz angesetzten Teilungskosten von 200 € schließlich begegnen keinen Bedenken. Dabei kann die Frage dahinstehen, ob einer Berücksichtigung der vom Versorgungsträger in zweiter Instanz angesetzten wesentlich höheren Teilungskosten das Verbot der reformatio in peius entgegen steht, weil damit eine Schlechterstellung zu Lasten des Beschwerdeführers (aber auch seiner früheren Ehefrau) verbunden wäre. Denn unter Ziffer 3 c) der Teilungsordnung werden die Teilungskosten fix mit 200 €, „höchstens 3 % des Ehezeitanteils“ beziffert, so dass der gewünschten Erhöhung dieses Betrages ohnehin die rechtliche Grundlage fehlen würde.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1, 81 Abs. 1 FamFG. Eine Beteiligung der früheren Eheleute oder eines der Versorgungsträger an den Kosten erscheint vor dem Hintergrund des der Einlegung des Rechtsmittels zugrundeliegenden, im Ergebnis berechtigten Wunsches nach einer Korrektur der durch das Familiengericht angeordneten Teilung des Anrechts des Antragsgegners unbillig.

    Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 50 Abs. 1 FamGKG.

    Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. In Rechtsprechung und Literatur ist bislang die Frage nicht abschließend geklärt, ob eine in der Teilungsordnung eines Versorgungsträgers wörtlich oder sinngemäß enthaltene Regelung, wonach auf das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person „die aktuellen Rechnungsgrundlagen“ oder ein aktueller Tarif anwendbar sind, nicht nur im Hinblick auf den unterschiedlichen Rechnungszins, sondern auch im Hinblick auf den Ersatz früher verwendeter Sterbetafeln durch aktuelle (geschlechtsneutrale) Sterbetafeln gegen den Halbteilungsgrundsatz verstößt und ob es sich bei dem im Wege der internen Teilung zu übertragenden Anrecht des Ausgleichsberechtigten um ein „neues“ Anrecht handelt, das bis auf den ermittelten Ausgleichswert weitgehend unabhängig von den rechtlichen Grundlagen der ehezeitlich bestehenden Anwartschaft des Ausgleichspflichtigen ausgestaltet ist oder ob auch für das zu übertragende Anrecht eine Bindung an diese Grundlagen besteht.

    Rechtsbehelfsbelehrung: …

    Schmidt Dr. Schweppe Dr. Kischkel

    Anmerkung: Die eingelegte und beim BGH unter dem AZ: XII ZB 439/19 registrierte Rechtsbeschwerde wurde vor einer Begründung zurückgenommen.