OLG Frankfurt vom 02.03.2017 (4 UF 73/16)

Stichworte: beitragsfreie Weiterversicherung
Normenkette: BetrAVG 18 Abs 2, VBLS 80
Orientierungssatz:
  • Die Bewertung des im Rahmen einer beitragsfreien Weiterversicherung geführten Anrechts der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes richtet sich unmittelbar nach § 18 Abs. 2 BetrAVG (Anschluss an BGH NVwZ-RR 2014, 147-151).
  • 21 F 198/14
    AG Alsfeld

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    weitere Beteiligte:

    Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Hans-Thoma-Str. 19, 76133 Karlsruhe,

    Beschwerdeführerin

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder A.d.ö.R. vom 09.03.2016 gegen den am 19.01.2016 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Alsfeld, Az. 21 F 198/14, am 02.03.2017 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Wertausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (dritter Absatz des Beschlusstenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Versicherungsnummer ...) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 12,48 Versorgungspunkten, bezogen auf den 30.04.2014, nach Maßgabe der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in der Fassung der 20. Satzungsänderung übertragen.

    Im Übrigen bleibt es bei dem vom Amtsgericht angeordneten Wertausgleich.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Von der Erhebung von Gerichtskosten und der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 1.050,- Euro.

    Gründe:

    I.

    Mit dem angefochtenen Verbundbeschluss schied das Amtsgericht auf den am 23.05.2014 zugestellten Scheidungsantrag hin die am 04.04.1986 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin und führte den Versorgungsausgleich durch.

    Dabei ordnete es zu Gunsten der Antragsgegnerin die interne Teilung des Anrechts des Antragstellers aus der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im Folgenden: Beschwerdeführerin) mit einem von dieser nicht vorgeschlagenen Ausgleichswert € 5.227,80 an. Dies entsprach dem von der Beschwerdeführerin angegebenen korrespondierenden Kapitalwert des Ausgleichswertes, den diese mit 12,00 Versorgungspunkten beziffert hatte.

    Mit ihrer am 10.03.2016 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihr am 16.02.2016 zugestellten Beschluss weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Bezugsgröße der bei ihr bestehenden Versorgung des Antragstellers satzungsgemäß Versorgungspunkte seien, anhand derer eine interne Teilung zu erfolgen habe.

    Das Anrecht des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin besteht nach den Ermittlungen des Senats als beitragsfreie Weiterversicherung im Sinne des § 80 der Satzung der Beschwerdeführerin, die erstinstanzlich Auskunft über den ehezeitlichen Umfang dieses Anrechts mit 22,62 Versorgungspunkten erteilt hatte. Auf Hinweis des Senatsberichterstatters, dass die Bewertung des Anrechts nach § 18 II BetrAVG zu erfolgen habe, erteilte die Beschwerdeführerin am 23.09.2016 eine geänderte Auskunft dahingehend, dass der Ehezeitanteil 23,50 Versorgungspunkte betrage; sie bezifferte zugleich den Ausgleichswert auf 12,48 Versorgungspunkte.

    Die übrigen Beteiligten sind der Beschwerde nicht entgegen getreten.

    II.

    Die Beschwerde ist zulässig, §§ 58 ff. FamFG, in der Sache begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

    Das Anrecht des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin ist entsprechend der bei ihr gültigen Bezugsgröße, die nach ihrer Satzung insoweit Versorgungspunkte vorgibt, intern zu teilen, §§ 9 ff. VersAusglG.

    Das Anrecht des Antragstellers unterliegt, da es „nur“ in einer beitragsfreien Weiterversicherung im Sinne des § 80 der Satzung der Beschwerdeführerin besteht, nicht der Bewertungsproblematik im Hinblick auf ungültig festgelegte Startgutschriften; vielmehr hat eine Bewertung entsprechend § 18 II BetrAVG zu erfolgen (BGH NVwZ-RR 2014, 147-151; Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Stand 01.04.2015, § 80 VBLS, Rz. 7).

    Diesen Anforderungen kam die Beschwerdeführerin mit der am 23.09.2016 im Laufe des Beschwerdeverfahrens erteilten Auskunft nach, wonach nunmehr der Ehezeitanteil des Antragstellers 23,50 Versorgungspunkte umfasst. Ausgehend hiervon ist – entsprechend des Vorschlags der Beschwerdeführerin – ein Ausgleich in Höhe von 12,48 Versorgungspunkten vorzunehmen. Dies erfolgt entsprechend der Satzung der Beschwerdeführerin, dort insb. § 32a, in der aktuellen Fassung der 20. Satzungsänderung.

    Abweichende Bedenken seines Berichterstatters zur Bewertung des Anrechts und des Ausgleichswertes macht sich der Senat im Hinblick auf seine Beschlüsse vom 21.12.2016, 4 UF 215/16, und 09.02.2017, 4 UF 45/16, nicht zu Eigen.

    Allerdings ist die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Celle (FamRZ 2014, 305) und des 6. Familiensenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (FamRZ 2014, 755) zur Frage der Berechnung des Ausgleichswerts von Anrechten der Pflichtversicherung der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung und die diesbezüglich ausstehende Rechtsbeschwerdeentscheidung zuzulassen (§ 70 Abs. 2 Ziffer 2 FamFG).

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 1 und 4 FamFG. Eine Belastung der Beteiligten mit den durch die Beschwerde verursachten Gerichtskosten oder die Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander wäre im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde unbillig.

    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 50 Abs. 1 FamGKG. Da Gegenstand der Beschwerde zwei Anrechte ist, sind als Wert zwanzig Prozent des von beiden Ehegatten im Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens in Ansatz zu bringen.

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statthaft. Gemäß § 71 FamFG ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht -Bundesgerichtshof, Herrenstrasse 45a, 76133 Karlsruhe - einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

    1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und

    2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.

    Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

    Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 S. 5 und 6 der ZPO gilt entsprechend. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

    1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge),

    2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar

    a. die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;

    b. soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

    Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt (§ 114 Abs. 2 FamFG) oder unter den Voraussetzungen des § 114 Abs. 3 FamFG durch eine zur Vertretung berechtigte Person, die die Befähigung zum Richteramt hat, vertreten lassen.

    Diehl Dr. Schweppe Dr. Fritzsche