OLG Frankfurt vom 28.01.2011 (4 UF 67/10)

Stichworte: Stufenklage, Zwischenfeststellungsklage, Teilurteil, Ehevertrag, Sittenwidrigkeit;
Normenkette: 254, 256, 301 ZPO,BGB 138
Orientierungssatz:
  • Bei einer Stufenklage ist bereits in der ersten Stufe, damit die Entscheidung hierüber nicht zu einem unzulässigen Teilurteil (-beschluss)führt, mit der Zwischenfeststellungsklage zu verbinden, sofern zwischen den Parteien ein Umstand streitig ist, der sich auf die Entscheidung aller Stufen auswirkt.
  • Um einen solchen Fall der notwendigen objektiven Klagehäufung handelt es sich, wenn der Beklagte einer Stufenklage auf Zugewinnausgleich einwendet, die Ehegatten hätten Gütertrennung vereinbart, da dies sowohl den Auskunftsanspruch des § 1379 BGB als auch den Zahlungsanspruch nach § 1378 BGB ausschließt.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    U R T E I L

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richter am Amtsgericht (abg.) Dr. Fritzsche als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2011 für Recht erkannt:

    Die Berufung wird zurückgewiesen.

    Es wird festgestellt, dass die Parteien seit Eheschließung am 30.09.1988 infolge ihres Ehevertrages vom 22.09.1988, geschlossen zu Protokoll des Notars X., im Güterstand der Gütertrennung leben.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Gründe:

    I.

    Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Antragstellers zur Auskunftserteilung im Rahmen einer im Verbund mit dem Scheidungsverfahren der Parteien von der Antragsgegnerin betriebenen Stufenklage auf Zugewinnausgleich sowie ferner um die Feststellung, in welchem Güterstand sie während ihrer Ehe leb(t)en.

    Die Parteien - die Antragsgegnerin geboren am x.x.1959 und studierte Kunsthistorikerin, der Antragsteller geboren am x.x.1950 und Dipl.- Kaufmann - haben am 30.09.1988 vor dem Standesbeamten in Kaufbeuren die Ehe geschlossen. Bereits am 22.09.1988 schlossen sie vor dem Notar X zu dessen UR.-Nr. xxx/1988 einen Ehevertrag, in dem sie Gütertrennung sowie den Ausschluss des Unterhaltes vereinbarten, sofern innerhalb von drei Jahren Antrag auf Scheidung gestellt werden sollte. Weitere Regelungen nahmen sie nicht auf. Vorausgegangen war die Übereinstimmung der Parteien, zumindest Gütertrennung zu vereinbaren. Sie verfügten beide nicht über erhebliches Anfangsvermögen.

    Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin hegten bei Eheschließung beide Parteien Kinderwunsch; insofern wurde am x.x. 1989 der erste Sohn geboren. Am x.x.1991 folgte der zweite Sohn. Zur Geburt des ersten Sohnes hatte die Antragsgegnerin, die erst zur Zeit der Eheschließung überhaupt eine Erwerbstätigkeit aufnahm, diese vereinbarungsgemäß wieder aufgeben.

    Am 22.11.2006 wurde der Antragsgegnerin der Scheidungsantrag des Antragstellers zugestellt.

    Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, der Ehevertrag benachteilige nur einseitig und erheblich sie; zudem seien Teilregelungen desselben unwirksam, und zwar die Unterhaltsregelung, weil sie auch den Trennungsunterhalt erfasse und insoweit gegen die §§ 1361 Abs. 4, 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB verstoße, und der (befristete) Ausschluss des nachehelichen Unterhaltes auch den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB tangiere und deswegen sittenwidrig sei. Diese Teilnichtigkeit wirke sich auf den gesamten Vertrag, also auch die Vereinbarung der Gütertrennung, aus.

    Die Antragsgegnerin behauptet, ihr sei erst am Tage der Protokollierung der Vertragstext bekannt gegeben worden, fernerhin habe der Antragsteller ihr gedroht, ohne Vertragsschluss werde er die für den x.x.1988 fest geplante Eheschließung "platzen" lassen.

    Mit ihrer am 25.01.2010 im Verbund erhobenen Stufenklage beantragte die Antragsgegnerin,

    den Antragsteller zu verurteilen,

    der Antragsgegnerin bezogen auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages (22.11.2006) Auskunft über sein Endvermögen durch Vorlage eines geschlossenen Verzeichnisses, getrennt nach Aktiva und Passiva, zu erteilen.

    Die einzelnen deklarierten Positionen sind mit geeigneten Urkunden zu belegen.

    Soweit eine Bewertung einzelner Positionen erforderlich ist, sind sämtliche Wertanknüpfungstatsachen mitzuteilen und zu belegen (§ 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB).

    Ein entsprechendes Verzeichnis mit Anlagen und Wertanknüpfungstatsachen ist von dem Antragsteller auch bezogen auf den Zeitpunkt der Eheschließung (30.09.1988) vorzulegen.

    Der Antragsgegner beantragte,

    die Klage abzuweisen.

    Mit Teilurteil vom 26.03.2010 hat das Familiengericht die Auskunftsklage mit der Begründung abgewiesen, der Ehevertrag sei wirksam und die Parteien lebten im Güterstand der Gütertrennung. Es hat zudem in den Gründen einen Elementartrennungsunterhaltsanspruch der Antragsgegnerin von ca. EUR 4.300,00 sowie einen Vorsorgeunterhalt von ca. EUR 1.000,00 je monatlich festgestellt.

    Dieses Urteil wurde der Antragsgegnerin am 01.04.2010 zugestellt. Aufgrund ihrer am 20.04.2010 eingelegten und - nach eingeräumter Fristverlängerung - am 01.07.2010 begründeten Berufung kündigte die Antragsgegnerin zunächst an zu beantragen,

    unter Aufhebung des Teilurteils vom 26.03.2010 den Antragsgegner zu verurteilen,

    der Antragsgegnerin in der ersten Stufe Auskunft über sein Endvermögen, bezogen auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages (22.11.2006) durch Vorlage eines geschlossenen Verzeichnisses, getrennt nach Aktiva und Passiva, zu erteilen.

    Die einzelnen deklarierten Positionen sind mit geeigneten Urkunden zu belegen.

    Soweit eine Bewertung einzelnen Positionen erforderlich ist, sind sämtliche Wertanknüpfungstatsachen mitzuteilen und zu belegen (§ 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB).

    Ein entsprechendes Verzeichnis mit Anlagen und Wertanknüpfungstatsachen ist von dem Antragsteller, auch bezogen auf den Zeitpunkt der Eheschließung (30.09.1988) vorzulegen;

    sie hat jedoch in der heutigen mündlichen Verhandlung lediglich beantragt,

    den Rechtstreit unter Aufhebung des Teilurteils vom 26.03.2010 an das Familiengericht zurückzuverweisen.

    Der Antragsgegner beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen,

    sowie widerklagend,

    zwischenfestzustellen, dass die Parteien aufgrund des Ehevertrages vom 22.08.1988, geschlossen zu Protokoll des Notars X., seit dem 30.09.1988 im Güterstand der Gütertrennung leben.

    Die Antragsgegnerin beantragt,

    die Widerklage abzuweisen,

    sowie hilfsweise

    zwischenfestzustellen, dass die Parteien seit dem 30.09.1988 im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben.

    Der Antragsteller beantragt,

    die Hilfswiderwiderklage abzuweisen.

    Der Antragsteller, der den Ehevertrag für wirksam erachtet, behauptet, bereits längere Zeit vor Eheschließung sei der komplette Inhalt desselben zwischen den Parteien erörtert worden. Zudem sei ein Ausschluss des Trennungsunterhalts beiderseits nicht gewollt gewesen.

    II.

    Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, §§ 517, 519, 520 ZPO, Berufung hat in der Sache, jedenfalls nachdem der Antragsteller Zwischenfeststellungswiderklage erhoben hat, keinen Erfolg.

    1. Der heute gestellte Antrag der Antragsgegnerin, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Sache an das Familiengericht zurückzuverweisen, ist zulässig, d.h. insbesondere hinreichend, um erkennen zu lassen, welche Abänderung des Teilurteils begehrt wird. Zwar muss es grundsätzlich durch die Antragstellung dem Berufungsgericht möglich gemacht werden, unter Berücksichtigung der Anfechtungsgründe materiell-rechtlich eine eigene Entscheidung treffen zu können, indes ist es anerkannt (BGH WPM 1990, 2129), dass bei der erfolgten Antragstellung zu vermuten ist, dass der Rechtsmittelführer mit diesem Antrag sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt, zumal dies auch den in der Berufungsbegründung angekündigten Anträgen entspricht. Der Antragswechsel in der heutigen mündlichen Verhandlung beruhte erkennbar auf dem Hinweis des Senats, dass die angefochtene Entscheidung ein unzulässiges Teilurteil, § 301 ZPO, darstellt und deswegen der Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO auch ohne Antrag einer Partei unterliege.

    2. Indes ist der Zurückverweisungsantrag der Antragsgegnerin nicht begründet. Der Zurückverweisungsgrund des § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO liegt nicht (mehr) vor. Zwar wurde das Teilurteil vom 26.03.2010 vom Familiengericht in unzulässiger Weise erlassen, indes ist dieser Mangel durch die, auch im Berufungsverfahren zulässigerweise, § 533 ZPO, vom Antragssteller erhobene Zwischenfeststellungswiderklage, § 256 Abs. 2 ZPO, geheilt worden. Eine solche Heilung ist auch im Rechtsmittelverfahren möglich (BGH NJW 2001, 1650ff.).

    a) Das angefochtene Teilurteil wurde deswegen unzulässig erlassen, weil nach § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO vorausgesetzt wird, dass bei mehreren in einer Klage erhobenen Ansprüche nur einer (oder ein Teil eines solchen) von mehreren zur Entscheidung reif sein darf. Teil dieser erforderlichen Entscheidungsreife (Musielak, FS Lüke, 1997, S. 564ff., 568) bzw. eigenes ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal (Zöller-Vollkommer, § 301 ZPO, Rz. 7 m.v.w.N.) ist das Gebot, dass Widerspruchsfreiheit zwischen den Gründen der Teil- und der Schlussentscheidung besteht (BGHZ 170, 180ff., 182, Rz.8). Diese Gefahr wurde hier vom Familiengericht indes nicht berücksichtigt, da die Gründe der angefochtenen Entscheidung zur Negierung des antragsgegnerseits klageweise verfolgten Auskunftsanspruches nach § 1379 BGB die von den Parteien vereinbarte Gütertrennung als wirksam heranzogen, indes der Richter des Betragsverfahrens an diese Beurteilung nicht gebunden ist. Diese fehlende Bindung ergibt sich dabei daraus, dass nach § 322 Abs. 1 ZPO die Rechtskraft eines Urteils nur insoweit wirkt, als über den erhobenen Anspruch - nicht seine Tatbestandsmerkmale - entschieden wurde (Zöller-Vollkommer, vor § 322 ZPO, Rz. 34 m.w.N.). Bei Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung - wie auch beim singulären Zuerkennen des erhobenen Auskunftsanspruchs - hätte daher die Möglichkeit bestanden, dass bei Bezifferung der Leistungsstufe durch die Antragsgegnerin der dann berufene Richter - in welcher Instanz letztlich auch immer - zur gegenteiligen Beantwortung der den beiden Anspruchsgrundlagen der §§ 1378 Abs. 1 und 1379 BGB gemeinsamen Vorfrage des Bestehens des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft (oder der Gütertrennung) gelangt.

    b) Diese Widerspruchsmöglichkeit ist auch nicht als die einer Stufenklage immanent innewohnende Gefahr hinzunehmen, die der Gesetzgeber mit der Schaffung des aus § 254 ZPO abzuleitenden Gebotes der getrennten Verhandlung und Entscheidung (siehe Zöller-Greger, § 254 ZPO, Rz. 7 m.w.N.) über die hiernach verbundenen Ansprüche eröffnete. Denn vielfach dient der zunächst verfolgte Auskunftsanspruch gerade der Vorbereitung des unbeziffert rechtshängig gemachten Leistungsanspruchs, ohne dass der Auskunftsanspruch von - streitigen - Vorfragen des vorbehaltenen Leistungsanspruchs abhinge, es mithin überscheidende Vorfragen beider Ansprüche gibt. Jedenfalls wenn aber im Rahmen der Auskunftsstufe bereits Vorfragen streitig werden, die den Grund beider Ansprüche in ausschließender Weise tangieren, wie hier die Frage des Güterstandes für die Ansprüche aus den §§ 1378 Abs.1 und 1379 BGB, ist es nach Ansicht des Senats geboten - und nach BGH (ZIP 1999, 447 ff.) auch möglich - bereits die Auskunftsstufe mit der Zwischenfeststellungs-(wider-)klage über dieses vorgelagerte Rechtsverhältnis zu verbinden. Hierdurch wird auch der Kläger nicht unzumutbar (mit Kosten) belastet, da diese Vorfrage ohnehin bereits auf der ersten Stufe als notwendiger Teil des dortigen Anspruchs zu behandeln ist und mit Einreichung der Stufenklage sich deren Wert von Anfang nach dem unbezifferten, mutmaßlichen Interesse des Klägers an der späteren Leistungsstufe bemisst, § 44 GKG = § 38 FamGKG, worin der Wert der Zwischenfeststellungsklage, da wirtschaftlich nicht eigenständig, aufgeht, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG = § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG.

    3. Die Berufung war zurückzuweisen, weil das Familiengericht zu Recht den von der Antragsgegnerin erhobenen Auskunfts- und Belegvorlageanspruch des § 1379 Abs. 1 BGB wegen der von den Parteien vereinbarten Gütertrennung abgewiesen hat; dieses seit der Eheschließung vom 30.09.1988 zwischen den Parteien gültige Rechtsverhältnis war zudem auf die Widerklage des Antragstellers hin festzustellen.

    a) Auch wenn im Falle der Stellung des Scheidungsantrages § 1379 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich bestimmt, dass sich die Parteien im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft befinden müssen, so ergibt sich dies aus dem Umstand, dass § 1379 BGB zu dem mit "Untertitel 1. Gesetzliches Güterrecht" überschriebenen Bereich des BGB gehört. Demgegenüber gehört die Gütertrennung nach § 1414 BGB in Kapitel 2. von "Untertitel 2. Vertragliches Güterrecht".

    Nach § 1408 BGB sind die (zukünftigen) Ehegatten berechtigt, ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag zu regeln, insbesondere den Güterstand zu ändern. Dieser Vertrag bedarf notarieller Beurkundung, §§ 125, 128, 1410 BGB, die vorliegend eingehalten wurde, anderenfalls Nichtigkeit einträte.

    Hinsichtlich seines hier relevanten Inhalts ist der Vertrag der Parteien vom 22.09.1988 dahingehend auszulegen, dass Gütertrennung im Sinne von § 1414 BGB vereinbart wurde.

    Diese güterrechtliche Regelung, die die Zugewinngemeinschaft ausschließt, ist auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam:

    b) Die Nichtigkeit ergibt sich nicht aus Anfechtung, § 142 Abs. 1 BGB. Weder hat die Antragsgegnerin ausdrücklich den Vertrag gegenüber dem Antragsteller als Vertragspartner angefochten, § 143 Abs. 1 und 2 BGB, noch ist ihr dies während des laufenden Rechtsstreites konkludent möglich gewesen. Vielmehr waren alle ggf. Anfechtungsfristen abgelaufen, §§ 123 Abs. 3, 121 Abs. 2 BGB.

    Hiernach gilt, dass die Anfechtung wegen Drohung oder Irrtums nur innerhalb einer Höchstfrist von zehn Jahren seit Abgabe der anzufechtenden Willenserklärung möglich ist. Diese Frist lief jedoch bereits am 30.09.1998 ab.

    c) Der Ehevertrag ist auch nicht infolge Sittenwidrigkeit oder Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, §§ 138 Abs. 1, 134 BGB. Sofern dies wegen einzelner Teilbereiche desselben in Betracht kommen sollte, ist die Antragsgegnerin jedenfalls gehalten, sich auf diese mögliche Teilnichtigkeit nicht zu berufen, da sie sich nicht (mehr) im Schutzbereich der Norm befindet und sich eine Berufung auf diesen Grund als unzulässige Rechtsausübung darstellte, § 242 BGB.

    Im Einzelnen:

    aa) Der Vertrag ist nicht über § 139 BGB wegen Verstoßes gegen das Ausschlussverbot zukünftigen Trennungsunterhaltes, §§ 134, 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB nichtig. Eine solche Regelung für die Zukunft gibt der Vertrag nicht her.

    Da der Vertrag indes einheitlich nur von Unterhaltsausschluss spricht, besteht eine Auslegungsbedürftigkeit, wie weit die Regelung gehen soll.

    Zunächst ist ein Vertrag so auszulegen, §§ 133, 157 BGB, wie er von den Parteien übereinstimmend gewollt wurde, auch wenn sich dies aus dem Wortlaut nicht ergibt (Palandt-Heinrichs, § 133 BGB, Rz. 8). Vorliegend hat zwar die Antragsgegnerin behauptet, die Vertragserklärungen der Parteien enthielten einen solchen Unterhaltsausschluss, sie hat jedoch nicht behauptet, dies sei von den Parteien auch so gewollt gewesen, d.h. es habe die übereinstimmende Absicht bestanden, gerade diesen Trennungsunterhaltsausschluss zu wollen. Auf dieser ersten Stufe der Auslegung kommt es gerade nicht auf den Wortlaut an. Demgegenüber hat der Antragsteller erstmalig in seinem letzten Schriftsatz vom 25.01.2011 behauptet, es sei der übereinstimmende Wille der Parteien gewesen, den Trennungsunterhalt nicht zu regeln, so dass nach vorliegenden Grundsätzen dieser unbestritten gebliebene Vortrag des Antragstellers zu Grunde zu legen wäre, §§ 138 Abs. 3, 529 Abs. 1 Nr. 2, 621d ZPO, zumal die Antragsgegnerin nicht die Gewährung rechtlichen Gehörs beantragte, § 283 ZPO, mit der Folge des Fehlens einer Regelung, die der Norm des § 134 BGB überhaupt zugänglich wäre. Indes kann dahinstehen, ob hierin ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gewährung rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens zu Lasten der Antragsgegnerin läge, da auch bei Hinwegdenken dieses Vortrages der Vertrag so auszulegen wäre, dass der Trennungsunterhaltsausschluss nicht erfolgte.

    Lässt sich nämlich ein übereinstimmender Wille der Parteien nicht feststellen, so erfolgt die Auslegung eines Vertrages - auf der zweiten Stufe - ausgehend vom Wortlaut entsprechend der Erfordernisse von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Hier sprechen alle Umstände gegen einen Trennungsunterhaltsausschluss: Erstens belegt die vertragliche Bezugnahme auf einen Zeitraum von drei Jahren bis zur Stellung des Scheidungsantrages, dass ein scheidungsbedingter, also nachehelicher Unterhalt geregelt werden sollte. Zugleich ergibt sich aus dieser Bezugnahme, dass der Trennungsunterhalt deswegen nicht gemeint sein kann, weil zu Beginn eines schnellen Getrenntlebens zwar der Anspruch aus § 1361 BGB entsteht, jedoch noch nicht bekannt gewesen sein kann, wann die Stellung eines Scheidungsantrages erfolgt. Mithin bestünde bis zu diesem Zeitpunkt auch innerhalb der Dreijahresfrist jedenfalls ein Trennungsunterhaltsanspruch, danach indes nicht; für eine Trennung dieser Zeiträume in vor und nach Zustellung des Scheidungsantrages gibt der Vertrag aber nichts her. Andererseits nimmt die Laufzeit des Vertrages, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, Bezug auf die Regelung des § 1579 Nr. 1 BGB hinsichtlich des Unterhaltsauschlusses wegen kurzer Ehedauer. Letztlich aber ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsauslegung grundsätzlich dazu führen muss, möglichst einen wirksamen Inhalt festzustellen (gesetzeskonforme Auslegung). Da die §§ 134, 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB auch schon bei Vertragsschluss galten, ist nicht anzunehmen, dass die Parteien, zumal unter notarieller Mithilfe, eine Regelung vereinbarten, die offensichtlich gegen ein gesetzliches Verbot verstieß.

    bb) Der Vertrag ist auch nicht über § 139 BGB wegen möglicher Sittenwidrigkeit der Modifizierung des nachehelichen Unterhalts als unwirksam anzusehen, § 138 Abs. 1 BGB, da eine Berufung der Antragsgegnerin hierauf sich als unzulässige Rechtsausübung darstellt, die mit Treu und Glauben nicht vereinbar ist, § 242 BGB (zur grundsätzlichen Möglichkeit dieser Rechtsfigur: Palandt-Heinrichs, § 138 BGB, Rz. 21). Festzuhalten ist nämlich, dass sich die Antragsgegnerin nicht (mehr) im Schutzbereich der Norm des § 138 Abs. 1 BGB befindet, da sich in ihrem Fall im Hinblick auf die lange Ehedauer das Risiko gerade nicht verwirklichte, welchem mit der Änderung der Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Eheverträgen begegnet werden sollte. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist der Umstand, dass bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.02.2001 (NJW 2001, 957 ff.) jegliche Vereinbarungen von (künftigen) Eheleuten nach § 1585c BGB, auch den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB betreffend, selbst gemessen an § 138 Abs. 1 BGB als wirksam angesehen wurden (BGH NJW 1992, 3164ff. m.w.N.), allerdings war bereits damals anerkannt, dass einer Berufung des potentiellen Unterhaltsschuldners auf den vereinbarten Verzicht, gerade im Bereich des Betreuungsunterhalts, seinerseits der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen kann (z. B. BGH NJW 1992, 3164ff.). Damit gingen die Parteien bei Abschluss insoweit in gesellschaftlicher Übereinstimmung von einer Wirksamkeit aus, wobei sich nun erst nachträglich diese gesellschaftliche Anschauung durch die benannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wandelte. Dies geschah jedoch zu einer Zeit, zu der der Antragsgegnerin auch nach dem Vertrag sämtliche nachehelichen Unterhaltsansprüche zur Verfügung standen, so dass sich dieser Wandel der gesellschaftlichen Ansichten und der Rechtsprechung gerade nicht auf die Antragsgegnerin auswirkt(e). Letztlich geht es der Antragsgegnerin auch nicht darum, die durch den für sich genommenen möglicherweise sittenwidrigen Teil des Vertrages ausgeschlossenen Ansprüche zu beleben und zu verfolgen, da ihr ohnehin alle Unterhaltsansprüche offenstehen. Vielmehr verfolgt die Antragsgegnerin außerhalb dieses Teilbereichs liegende Zwecke, nämlich über § 139 BGB die Gesamtnichtigkeit des Vertrages zu erreichen, ohne von dem Wegfall der eigentlichen, vielleicht "gegen das Billigkeitsgefühl aller anständig und gerecht Denkenden" verstoßenden Vertragsregelung zum Unterhalt überhaupt profitieren zu können und zu wollen.

    cc) Auch die singuläre Betrachtung der vereinbarten Gütertrennung hält einer Sittenwidrigkeitsprüfung stand, da diese Regelungen deutlich außerhalb des Kernbereichs des Scheidungsfolgenrechts liegen und der Dispositionsfreiheit der Parteien am Weitesten zugänglich sind. Dies macht auch die Antragsgegnerin nicht nachhaltig geltend, in dem sie selbst einräumt (S. 7 der Berufungs-begründung), dass im Vorfeld der Beurkundung die beabsichtigte Gütertrennung der eigentlich gewollte (einzige) Regelungsgegenstand gewesen sei. Insofern gibt es für sich betrachtet weder ein eklatantes Missverhältnis der Leistungen noch eine subjektive Zwangslage. Dass ihr möglicherweise nicht die vollständige Tragweite ihrer Erklärung in dem Sinne bewusst war, welche Rechtsfolgen mit der Gütertrennung gegenüber der Zugewinngemeinschaft verbunden sind, steht dem nicht entgegen. Denn wenn der Erklärende in dem Bewusstsein, den Inhalt und die Rechtsfolgen der Erklärung nicht zu kennen, diese abgibt, ist er hieran gebunden (Risikoerklärung), da das Gesetz nur den unbewussten Irrtum schützt, vergl. § 119 BGB. In diesem Zusammenhang ist auch irrelevant, ob der beurkundende Notar hinreichend belehrte, da eine fehlende Belehrung je gerade dazu führt, dass der Erklärende bewusst in Unkenntnis bleibt und sodann gleichwohl seine Erklärung abgibt.

    dd) Der Vertrag hält aber auch in einer Gesamtschau einer Inhaltskontrolle, bezogen auf den Abschlusszeitpunkt, stand.

    Da letztlich nur zwei konstitutiv wirkende Teilbereiche vorliegen (Gütertrennung und Unterhaltsverzicht bei kurzer Ehedauer) kann ein krasses Missverhältnis der wechselseitigen Zugeständnisse nicht erkannt werden. Die Einschränkung des Unterhalts folgt zur Klarstellung des § 1579 Nr. 1 BGB, berücksichtigt die damalige Anschauung der grundsätzlich mit der Eheschließung lebenslang erworbenen, eheangemessenen Lebensstandardsgarantie und modifizierte diese gerinfügig; die Einschränkung war zudem im Bereich des Betreuungsunterhalts einer Ausübungskontrolle zugänglich. Hinsichtlich des Ausschluss des Zugewinns stand im Hinblick auf das beiderseitige Fehlen von Anfangsvermögen - trotz einiger Berufsjahre des Antragstellers mit gehobenen Einkünften bestand offenbar keine ausgeprägte Vermögensbildungsneigung - somit auch wegen der besseren Erwerbsaussichten des Antragsstellers nicht zwingend fest, dass es überhaupt zu einer unterschiedlichen Entwicklung der Vermögensverhältnisse der Parteien kommt. Hierfür spricht auch, dass die Antragsgegnerin erhebliche, die relative Sättigungsgrenze übersteigende Elementar- und Vorsorgeunterhaltszahlungen seitens des Antragstellers erhält, mithin ihr eheangemessener Bedarf auf gehobenen Niveau liegt, also der Konsum mehr die Ehe prägte als die Vermögensbildung.

    d) Der Vertrag hält auch einer Ausübungskontrolle stand. Auch hierbei handelt es sich letztlich um die Heranziehung der Grundsätze über die unzulässige Rechtsausübung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

    aa) Die Geschäftsgrundlage des Vertrages, jetzt § 313 BGB, ist nicht weggefallen. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn die von den Parteien sich bei Vertragsschluss vorgestellten Umstände, Planungen und Risiken im Nachhinein unvorhersehbar anders entwickelt haben. Entsprechendes trägt die Antragsgegnerin nicht vor. Vielmehr hat sich gerade die Ehe der Parteien bis zu ihrem Scheitern so entwickelt (Geburt zweier Kinder, keine Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin) wie zumindest sie sich dies auch bei Vertragsschluss schon vorstellte.

    bb) Der Antragssteller beruft sich auch nicht unzulässiger Weise auf die vereinbarte Gütertrennung. Nach BGH NJW 2005, 2386 ff. liegt eine solche rechtswidrige Ausübung nur dann vor, wenn "...sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist ...".

    Vorliegend enthält der Vortrag der Antragsgegnerin keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Vertrag nachträglich eine evident einseitige Lastenverteilung eingetreten ist. Mit Ausnahme des Zugewinnausgleichs kommt die Antragsgegnerin in den Genuss aller gesetzlichen Scheidungsfolgen, insbesondere wegen Unterhalt und Versorgungsausgleich, also zweier Materien, die die jeweilige Lebensgrundlage sichern. Demgegenüber ist die Vermögenspartizipation nachrangig. Im Übrigen würde eine solche zur erheblichen Einschränkung der Unterhaltsbedürftigkeit der Antragsgegnerin führen, § 1577 Abs. 1 BGB, mit der Konsequenz des Wegfalls des Unterhaltsanspruchs. Ferner tritt hinzu, dass die Antragsgegnerin nicht einmal einige Anhaltspunkte für eine unterschiedliche Vermögensentwicklung beider Parteien vorgetragen hat. Weder werden dem Antragsteller einige herausragende Vermögenspositionen zugeschrieben (z.B. Immobilien), noch legt die Antragsgegnerin für sich dar, vermögenslos zu sein.

    4. Die Widerklage wegen Zwischenfeststellung, § 256 Abs. 2 ZPO, ist - auch in der Berufungsinstanz erstmalig erhoben - zulässig, § 533 ZPO, und in der Sache begründet.

    a) Der Senat erachtet die Widerklage im Hinblick auf die bereits aufgezeigten Probleme zum erlassenen Teilurteil nicht nur als sachdienlich im Sinne von § 533 Nr. 1 ZPO, sondern geradezu als geboten. Zudem sind zu ihrer Entscheidung nur Tatsachen zu berücksichtigen, die nach § 529 ZPO ohnehin Eingang in den Rechtsstreit fanden, da für die Berufung maßgeblich.

    Die Widerklage konnte auch wirksam zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung erhoben werden, §§ 525, 261 Abs. 2 ZPO.

    b) Auch die Zwischenfeststellungswiderklage ist nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig; ein besonderes Feststellungsinteresse nicht nötig. Auch wird mit der Berufungsentscheidung nicht das gesamte Rechtsverhältnis der Parteien geklärt, so dass die begehrte Feststellung über den hiesigen Rechtstreitteil hinaus Bedeutung für die Parteien hat, insbesondere zur Klärung der Frage, ob der in der ersten Instanz gebliebene unbezifferte Leistungsanspruch besteht oder nicht.

    c) In der Sache ist die Widerklage auch begründet, da nach den obigen Ausführungen - auf die Bezug genommen wird - die Parteien seit der Eheschließung am 30.09.1988 aufgrund des Ehevertrages vom 22.09.1988 im Güterstand der Gütertrennung leben, § 1414 BGB.

    5. Demgegenüber war über die als Hilfswiderwiderklage bezeichnete, als Eventualwiderwiderklage zu behandelnde Zwischenfeststellungsklage der Antragsgegnerin nicht zu befinden.

    a) Zu Gunsten der Antragsgegnerin legt der Senat diese Klage nicht als Hilfsantrag zum Hauptantrag der Widerklageabweisung aus. Denn insoweit macht der Antrag keinen Sinn. Ergibt sich nämlich, dass dem Hauptantrag - Widerklageabweisung - nicht zu folgen ist, ist auch für den "Hilfsantrag" auf Feststellung des Bestehens einer Zugewinngemeinschaft kein Raum, weil nämlich gerade im Wege der Widerklage auf das Gegenteil (Gütertrennung) erkannt wurde. Insoweit stehen beide Anträge, da inhaltlich gleichgerichtet, nicht in einem Haupt-Hilfs-Verhältnis. Sinnhaftigkeit erlangt der Widerwiderklageantrag nur als Eventualantrag für den Fall der Widerklageabweisung; in diesem Fall besteht über das Aberkennen des Rechtsverhältnisses der Gütertrennung hinaus gerade Raum für die Feststellung, dass sich die Parteien im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (und nicht der auch möglichen Gütergemeinschaft) befinden.

    b) Indes war für die Bescheidung der so aufzufassenden Eventualwiderwiderklage kein Raum, da die hierfür nötige innerprozessuale Bedingung der Widerklageabweisung nicht eintrat.

    6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO.

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    Dr. Fritzsche