OLG Frankfurt vom 07.07.2017 (4 UF 53/16)

Stichworte: rückstellungsfinanzierte Anrechte, Tod eines Ehegatten
Normenkette: VersAusglG 31
Orientierungssatz:
  • Ein Anspruch auf Wertausgleich nach § 31 VersAusglG besteht jedenfalls auch in den Fällen, in denen der zwischenzeitlich verstorbene Ehegatte im Wesentlichen über rückstellungsfinanzierte Anrechte verfügte, sofern diese auch eine Hinterbliebenenzusage zu Gunsten von Ehegatten vorsehen. In diesem Fall entspricht es aber billigem Ermessen, vorrangig umlagefinanzierte und nur ergänzend und quotal rückstellungsfinanzierte Anrechte für den Ausgleich heranzuziehen.
  • 471 F 17018/13
    AG Frankfurt/Main

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Versorgungsausgleichssache betreffend die Anrechte/Anwartschaften des

    zwischen dem 21.04.2012 und 27.04.2012 verstorbenen …,

    Ehemann,

    weitere Beteiligte:

    4. Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer K.d.ö.R., …

    Beschwerdeführerin

    5.

    6. Pricewaterhouse Coopers AG WPG, …

    hat das Oberlandesgericht, 4. Senat für Familiensachen, Frankfurt am Main, am 07.07.2017 beschlossen:

    Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 25.02.2016 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main vom 22.01.2016, Az. 471 F 17018/13 VA, abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

    Zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer …, wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 2,2389 Entgeltpunkten, bezogen auf den 30.06.2006, auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund , Nr. …, übertragen.

    Zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei dem Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer K.d.ö.R., Az. WPV: …, wird im Wege der Internen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht im Umfang eines Ausgleichswertes von 40,3714 Beitragsfaktoren und 0,0749 Vertrauensschutzfaktoren, jeweils bezogen auf den 30.06.2006, übertragen.

    Zu Lastend des Anrechts des Ehemannes bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG wird im Wege externer Teilung ein Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf deren Versicherungskonto Nr. … im Umfang von € 4.467,00, bezogen auf den 30.06.2006, begründet. Dieser Betrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen. Die Pricewaterhouse Coopers AG WPG wird verpflichtet, einen Betrag in Höhe des genannten Ausgleichswerts mit Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung an die Deutschen Rentenversicherung Bund zu zahlen.

    Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt. Für die erste Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung aus dem angefochtenen Beschluss.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Die Antragstellerin schloss am 23.05.1997 vor dem Standesbeamten des Standesamtes der Stadt Frankfurt am Main die Ehe mit Herrn … (im Folgenden: Ehemann), geb. 01.06.1966, der zwischen dem 21.04.2012 und 27.04.2012 verstarb.

    Am 07.08.2000 und 22.02.2005 gebar die Antragstellerin jeweils ein Kind, die Erben und Hinterbliebenen. Sie beziehen aus den Anrechten des Ehemannes Hinterbliebenenversorgungen.

    Mit Schriftsatz vom 22.06.2006 beantragte sie die Scheidung der genannten Ehe. Dieser Schriftsatz wurde dem Ehemann am 27.07.2006 zugestellt. Aufgrund der am 19.06.2007 durchgeführten mündlichen Verhandlung trennte das Familiengericht das – zunächst von Amts wegen eingeleitete – Versorgungsausgleichsverfahren aus dem Verbund ab und verkündete am gleichen Tag ein Urteil, in dem es die am 23.05.1997 geschlossene Ehe schied. Dieses Urteil ist seit 03.08.2007 rechtskräftig.

    Mit Beschluss des Familiengerichts vom 07.07.2008 wurde das Ruhen/die Aussetzung des abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahrens angeordnet „… bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Antragstellerin Rentenempfängerin wird…“.

    Am 17.01.2013 nahm das Familiengericht das Verfahren wieder auf. Es ermittelte, dass der Ehemann zwischenzeitlich verstorben und von den in der Ehe geborenen Kindern beerbt worden war. Die weiteren Beteiligten erteilten Auskünfte zu dem beiderseitigen ehezeitlichen Anrechten wie folgt:

    1. für die Antragstellerin

    a) ein Anrecht bei der Kirchliche Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen A.d.ö.R, dessen Mindestversicherungszeit nicht erfüllt ist;

    b) ein Anrecht bei der … Ärzteversorgung K.d.ö.R. im Umfang von 5,5903 Punktwerten, wobei ein Ausgleichswert von 2,7952 Punktwerten mit einem korrespondierenden Kapitalwert von € 13.621,01 vorgeschlagen wurde;

    c) ein Anrecht bei der … Pensionskasse AG im Umfang eines Deckungskapitals von € 1.720,32,00, wobei – unter Verlangen externer Teilung - ein Ausgleichswert von € 860,16 vorgeschlagen wurde.

    2. für den Ehemann

    a) ein Anrecht bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG im Umfang eines Barwertes von € 13.235,00, wobei – unter Verlangen externer Teilung - ein Ausgleichswert von € 6.618,00 vorgeschlagen wurde;

    b) ein Anrecht bei dem Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer K.d.ö.R. im Umfang von 119,6232 Beitragsfaktoren und 0,2218 Vertrauensschutzfaktoren, wobei ein Ausgleichswert von 59,8116 Beitragsfaktoren und 0,1109 Vertrauensschutzfaktoren mit einem korrespondierenden Kapitalwert von € 37.936,23 vorgeschlagen wurde.

    Das bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG bestehende Anrecht wurde ursprünglich zu Gunsten des Ehemannes bei der Angestellten-Versorgung der Treuarbeit e.V. entsprechend deren Richtlinien vom 03.12.1991 als Unterstützungskassenleistung begründet und von Pricewaterhouse Coopers AG WPG übernommen. Sie ist rückstellungsfinanziert; der Berechnung des Barwertes seitens Pricewaterhouse Coopers AG WPG liegt ein Abzinsungszinssatz von 5% p.a. zugrunde. Die Zusage gewährt an den Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung von 60% der Altersrentenleistung, § 17 1. der genannten Richtlinien.

    Die Finanzierung des Anrechts des Ehemannes bei dem Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer K.d.ö.R erfolgt im Offenen Deckungsplanverfahren, § 38 der Satzung des Versorgungsträgers. Auch dieses Anrecht sieht eine Hinterbliebenenversorgung an den Ehegatten von 60% des Rentenanspruchs des Versicherten vor, § 19 I der Satzung der Beschwerdeführerin.

    Ggf. Anrechte des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung, die die Deutsche Rentenversicherung Bund am 29.11.2006 mit einem Ehezeitanteil von € 117,00 mtl. beauskunftet hatte, ermittelte das Familiengericht nicht (neu).

    Mit auf den 22.01.2016 datierten und der Geschäftsstelle ausweislich des Erledigungsvermerks bzgl. der Versendung einer Beschlussabschrift an die Beteiligten am 28.01.2016 dort vorliegenden Beschlusses führte das Familiengericht den Versorgungsausgleich dahingehend durch, dass es zu Gunsten der Antragstellerin im Wege interner Teilung ein Anrecht bei der Beschwerdeführerin „… im Umfang eines korrespondierenden Kapitalwertes von 30.073,06 € …“ übertrug.

    Nach Zustellung des Beschlusses an die Beschwerdeführerin am 30.01.2016 richtet sich hiergegen deren am 26.02.2016 beim Familiengericht eingegangene Beschwerde, mit der sie eine interne Teilung des bei ihr bestehenden Anrechts auf Basis von Beitrags- und Vertrauensschutzfaktoren erstrebte. Zugleich machte sie geltend, dass der Ehemann über Anrechte bei der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt haben muss, deren Aufklärung die gerichtliche Ermessensentscheidung über den Ausgleich beeinflussen könne.

    Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die Beschwerde im Hinblick auf § 31 VersAusglG „Klammerwirkung“ besitze und eine Aufklärung aller beiderseitiger Anrechte geboten sei. Nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 23.09.2016 erwarb der Ehemann dort ein ehezeitliches Anrecht von 4,4778 Entgeltpunkten, dessen Ausgleichswert auf 2,2389 Entgeltpunkte mit einem korrespondierenden Kapitalwert von € 12.793,70 beziffert wurde.

    Die Antragstellerin, die bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu Versicherungsnummer … ein eigenes Versicherungskonto unterhält, hat diesen Versicherungsträger als Zielversorgungsträger im Falle der externen Teilung des Anrechts bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG benannt; diese hat ihre Zustimmung erklärt.

    Der Senat hat ferner darauf hingewiesen, dass die Heranziehung der Anrechte des Ehemannes bei der der Deutschen Rentenversicherung Bund umfänglich sowie bei der Beschwerdeführerin und der Pricewaterhouse Coopers AG WPG je anteilig zur Durchführung des Versorgungsausgleichs ermessensgerecht sein dürfte.

    Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige, §§ 58 ff. FamFG, Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 26.02.2016 führt dazu, dass unter Beachtung des § 31 VersAusglG der Wertausgleich in Ausübung des Ermessens des Senats umfänglich neu regeln ist. Im Einzelnen:

    Auf das Verfahren findet das seit 01.09.2009 geltende materielle und Verfahrensrecht Anwendung, Art. 111 IV FGG-RG, § 48 VersAusglG, da das zunächst als Folgesache zum Scheidungsverfahren vor dem 01.09.2009 eingeleitete Versorgungsausgleichsverfahren durch Beschluss des Familiengerichts vom 19.06.2006 abgetrennt und sodann durch weiteren Beschluss vom 07.07.2008 zum Ruhen gebracht bzw. ausgesetzt worden war. Nach Wiederaufnahme richtet sich dieses nunmehr nach den seit 01.09.2009 gültigen gesetzlichen Regelungen, und zwar als selbständiges Verfahren, Art.111 IV 2 FGG-RG.

    Insofern ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin, da das Familiengericht ein bei ihr bestehen sollendes Anrecht des Ehemannes teilweise auf die Antragstellerin übertrug, zulässig, insb. die Beschwerdeführerin in eigenen Rechten unmittelbar tangiert, § 59 I FamFG. Sie kann, ohne dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der familiengerichtlichen Entscheidung endgültig feststehen, daher aus eigenem Recht geltend machen, der Ausgleich des bei ihr bestehenden Anrechts sei nicht im Einklang mit den gesetzlichen Regeln durchgeführt worden (vergl. BGHFamRZ 2012, 851 Rn. 8 ff.). So verhält es sich hier, weil die Beschwerdeführerin geltend macht, die interne Teilung des bei ihr bestehen sollenden Anrechts habe – als Bezugsgröße, § 39 VersAusglG – im Umfang einer näher benannten Anzahl von Beitrags- und Vertrauensschutzfaktoren zu erfolgen. Auch ansonsten begegnen der Beschwerde, nachdem die Beschwerdeführerin die Vollmacht der am 25.02.2016 die Beschwerdeschrift unterzeichnenden Person nachgewiesen hat, §§ 9 III, 11 FamFG, keine Bedenken.

    Im Hinblick darauf, dass der Ehemann nach Eintritt der Rechtskraft des am 19.06.2006 verkündeten Scheidungsurteils, aber vor Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich im April 2012 verstarb, ist der Versorgungsausgleich gemäß § 31 I VersAusglG dahingehend durchzuführen, dass der überlebende Ehegatte (hier die Antragstellerin) ihren Anspruch auf Wertausgleich nach Maßgabe der §§ 9 ff. VersAusglG gegen die Erben (und Hinterbliebenen) zu richten hat, wobei sie nicht besser stehen darf, als wenn der Ausgleich auch ihrer ehezeitlich erworbenen Anrechte erfolgt wäre, § 31 II 1 VersAusglG, was indes im Hinblick auf den Tod des Ehemannes unterbleibt, § 31 I 2 VersAusglG. Sind danach mehrere Anrechte auszugleichen, ist nach billigem Ermessen zu bestimmen, welche Anrechte zum Ausgleich herangezogen werden, § 31 II 2 VersAusglG.

    Insoweit ist anerkannt, dass § 31 VersAusglG „Klammerwirkung“ in Bezug auf alle dem Versorgungsausgleich unterliegende Anrechte besitzt, auch wenn sich die Beschwerde nur auf ein Anrecht – im Sinne eines grundsätzlichen abtrennbaren Teil des gesamten Verfahrensgegenstandes – bezieht (BGH FamRZ 2016, 1062f., Rz. 15ff.).

    Danach erstreckt sich das Beschwerdeverfahren auch auf weitere Anrechte des Ehemannes, wobei der Senat ermitteln konnte, dass dieser in der Ehezeit, § 3 I VersAusglG, vom 01.05.1997 bis 30.06.2006 (Eheschließung: 23.05.1997, Zustellung des Scheidungsantrages: 27.07.2006) auch ein Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund im Umfang von 4,4778 Entgeltpunkten bei einem vorgeschlagenen Ausgleichwert von 2,2389 Entgeltpunkten mit einem korrespondierenden Kapitalwert von € 12.793,70 erwarb.

    Insgesamt ergibt sich unter Einbeziehung der (korrespondierenden) Kapitalwerte aller Ausgleichswerte im Sinne der §§ 2 ff. VersAusglG, auch der geringfügigen im Sinne des § 18 VersAusglG (BGH, Beschluss vom 22.03.2017, XII ZB 385/15, Rz. 12 ff.), folgende Saldierungsbilanz im Sinne des § 31 VersAusglG:

    Antragstellerin

    … Pensionskasse AG

    Ausgleichswert (Kapital): 860,16 Euro

    Anrecht bei der kirchlichen Zusatzversorgungskassen Rheinland-Westfalen, nicht auszugleichen, da noch verfallbar, § 19 VersAusglG

    Die … Ärzteversorgung, vertreten durch die …,

    Kapitalwert: 13.621,01 Euro

    Ausgleichswert: 2,7952 Versorgungspunkte

    Summe der Kapitalwerte: 14.481,17 Euro

    Ehemann

    Die Deutsche Rentenversicherung Bund, Kapitalwert:12.793,70 Euro

    Ausgleichswert: 2,2389 Entgeltpunkte

    Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

    Ausgleichswert (Kapital): 6.618,00 Euro

    Das Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer (Beitragsfaktoren und Vertrauensschutzfaktoren), Kapitalwert: .37.936,23 Euro

    Summe der Kapitalwerte: 57.347,93 Euro

    Differenz der beiderseitigen Kapitalwerte (Ausgleichswerte), § 31 II 1 VersAusglG

    (€ 57.347,93 - € 14.481,17=) 42.866,76 Euro

    Diese Anrechte sind auch sämtlichst in die Ausgleichsbilanz einzustellen. Der Senat hatte zwar erwogen, die Anrechte des Ehemannes bei der Beschwerdeführerin und der Pricewaterhouse Coopers AG WPG aufgrund seines Ablebens im April 2012 von der Saldierung und einem Ausgleich auszunehmen mit der Folge, dass zu Gunsten der Antragstellerin kein Ausgleich mehr durchzuführen gewesen wäre, weil dann die Kapitalwerte ihrer Anrechte den Kapitalwert des Anrechts des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung übertroffen hätten; indes erachtet der Senat letztlich doch eine Einbeziehung dieser Anrechte für geboten.

    Hintergrund der genannten Überlegung des Senats war, dass nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2016, 775-781, Rz. 39) bei kapitalgedeckten Versorgungen sich mit Eintritt des Versicherungsfalles der versicherungsmathematische Barwert einer Versorgungszusage (als nunmehr konkreter Verpflichtung) loslöse von dem zu seiner Sicherung eingezahlten und durch Verzinsung erwirtschafteten Deckungskapital; gleiches gelte nach BGH (FamRZ 2016, 2000-2004, Rz. 21 bzw. auch schon FamRZ 2016, 775-781, Rz. 71) auch für rückstellungsfinanzierte Zusagen. Hintergrund ist, dass der Versorgungsträger mit dem Eintritt des Versicherungsfalles nunmehr diejenigen Geldmittel vorzuhalten habe, die zur Bedienung der konkretisierten Zusage nötig sind; infolge dessen sei der Versorgungsausgleich –auch wegen der für den Versorgungsträger gültigen Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs – darauf beschränkt, was zum Entscheidungsstichtag noch vorhanden sei. Hier lag es nun nahe, diese Annahme dahingehend weiterzuentwickeln, dass mit dem Ableben des Zusageberechtigten der Versorgungsfall insoweit eingetreten ist, als abschließend das Ausbleiben einer (weiteren) Altersleistung an ihn feststeht, verbunden mit dem Eintritt einer Hinterbliebenenleistungspflicht (sofern zugesagt). Insofern erscheint es einerseits konsequent, davon auszugehen, dass die Versorgungsträger ihre nunmehr nötigen Rückstellungen auf dasjenige beschränkten und beschränken durften, was zur Bedienung einer ggf. Hinterbliebenenversorgung nötig ist, zumal das Ausbleiben einer Leistungspflicht wegen Alters infolge frühen Ablebens des Berechtigten einkalkuliert ist und der Versichertengemeinschaft unmittelbar zu Gute kommt (vergl. BGH FamRZ 2016, 775 – 781, Rz. 41: „…Vereinfacht ausgedrückt wird bei einer großen Zahl gleichartig Leistungsberechtigter das für die früh Versterbenden angesammelte Deckungskapital auf die länger Überlebenden umverteilt. Auf diese Weise werden die laufenden Rentenzahlungen durch Biometriegewinne teilweise kompensiert. Deshalb wird nicht ein individuell angesammeltes Deckungskapital um die jeweils ausgezahlten Rentenauszahlungen bis letztlich auf null „verzehrt“, sondern es steht, sofern die biometrischen Gesamtrechnungsgrundlagen zutreffen, stets das für die noch zu erwartenden Zahlungsströme erforderliche Kapital zur Verfügung (Glockner/Hoenes/Voucko-Glockner/Weil Versorgungsausgleich 2. Aufl. § 16 Rn. 10). Das Deckungskapital wird nicht „aufgebraucht“; lediglich mindert sich derjenige Betrag, der zur Abdeckung der noch offenen Leistungsverpflichtungen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen erforderlich ist. Das notwendige und vorhandene Deckungskapital einer laufenden Versorgung entspricht somit stets dem Barwert der noch offenen Leistungsverpflichtung und wird durch entsprechende Deckungsrückstellungen abgebildet…“).

    Insofern ist das Anrecht des Ehemannes bei der Beschwerdeführerin auch dergestalt ausfinanziert, dass vorgenannte Grundsätze hierauf Anwendung finden könnten; denn die Finanzierung der dortigen Anrechte aller Versicherten erfolgt im Offenen Deckungsplanverfahren, § 38 I der Satzung der Beschwerdeführerin. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass zwar einerseits Beiträge eingezahlt und aus diesen Zinsgewinne erwirtschaftet werden, andererseits erfolgt die Leistungszusage nicht ausschließlich nach dem individuellen Schicksal der einzelnen Beitragszahlung, sondern unter Berücksichtigung einer Gruppenäquivalenz. D.h. die insgesamt eingenommenen Beiträge und Zinsen müssen zur Finanzierung aller Zusagen ausreichen. Auch insofern wird aber von der Beschwerdeführerin für jeden Versicherten jährlich ein Leistungsbarwert ermittelt, dem ein Beitragsbarwert (aktueller Wert der eingezahlten Beiträge nebst Zinsen) gegenübergestellt wird, so dass sich eine individuelle Deckungsrückstellung ergibt (Wert des in der Anwartschaftsphase noch zu erwirtschaftenden Betrages, der zur Deckung des Leistungsbarwertes nötig ist, vergl. Schreiben der Beschwerdeführerin vom 22.08.2016).

    Gleiches gilt im Ergebnis auch für das Anrecht des Ehemannes bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG, welches als unmittelbare Leistungszusage rein rückstellungsfinanziert ausgestaltet ist. Diese hat die Verpflichtung aus dem ehedem bei der Angestellten-Versorgung der Treuarbeit e.V. als Unterstützungskasse (zu der Einbeziehung derartiger Zusagen: BGH FamRZ 2016, 775-781, Rz. 64) übernommen und als jetziger Versorgungsträger fortgeführt, der den Hinterbliebenen – ebenso wie die Beschwerdeführerin – Hinterbliebenenleistungen gewährt.

    Indes erachtet der Senat diese Annahmen im Falle des Wertausgleiches nach § 31 VersAusglG nicht für durchgreifend, auch wenn letztlich mit der Teilung eines (nicht mehr bestehenden) Anrechts dem Versorgungsträger ggf. eine zusätzliche Belastung auferlegt wird: Denn einerseits liefe § 31 VersAusglG in allen denjenigen Fällen leer, in denen – wie hier – die Altersvorsorge nicht maßgeblich umlagefinanziert ausgestaltet ist; dies würde die Bedeutung des Versorgungsausgleichs deutlich schmälern.

    Andererseits verdient jedenfalls der Versorgungsträger, der wie hier die Beschwerdeführerin und die Pricewaterhouse Coopers AG WPG auch eine Hinterbliebenenversorgung zu Gunsten eines Ehegatten zugesagt hat, auch keinen besonderen Schutz, weil sich die wirtschaftliche Mehrbelastung maximal im Rahmen desjenigen hält, womit er rechnen musste. Denn bei einer entsprechenden Zusage hat der Versorgungsträger weder einen Einfluss darauf, ob und wann der Versicherte eine Ehe schließt und ein potentieller Hinterbliebenenanspruch entsteht, noch ob und ggf. wann eine solche Ehe wieder geschieden und ein Versorgungsausgleich durchgeführt wird (oder auch nicht infolge einer Vereinbarung der Ehegatten). Einziger Fixpunkt ist insoweit, dass der Versorgungsträger diese Hinterbliebenenzusage aussprach und damit finanzielle Vorsorge treffen musste, ohne zu wissen, ob sich das damit geschaffene wirtschaftliche Risiko wirklich realisiert. Insofern bleibt der finanzielle Aufwand für den Versorgungsträger, der im Versorgungsausgleichsfall – gemessen am Barwert der Altersrentenzusage – nur 50% derselben beträgt, § 1 VersAusglG, sogar hinter dem für die Ausfinanzierung der Hinterbliebenenzusage zurück, die mit 60% der Altersrentenleistung beziffert wurde.

    Vorliegend ist die Situation nun von den reinen Zufälligkeiten geprägt, dass die Ehe der Antragstellerin und des Ehemannes zwar rechtskräftig geschieden wurde (und damit der entstandene Hinterbliebenenanspruch der Antragstellerin in Wegfall geriet), jedoch unmittelbar kein Versorgungsausgleich (nach- bzw. er-)folgte. Damit wurden die Versorgungsträger zwar von der Pflicht zu Hinterbliebenenleistungen zu Gunsten der Antragstellerin frei, infolge des ihnen bekannt anhängigen Versorgungsausgleichsverfahrens mussten sie indes damit rechnen, dass sich das Risiko aus der Hinterbliebenenzusage noch durch den nachzuholenden Versorgungsausgleich realisiert. Dies gilt uneingeschränkt für die schon nach dem bis zum 31.08.2009 gültigen Recht als unmittelbar am Verfahren zu beteiligende und beteiligte Beschwerdeführerin (immerhin hatte diese als öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger ein Quasisplitting nach § 1 II VAHRG zu vergegenwärtigen); dies gilt aber auch im Ergebnis für die nach dem bis zum 31.08.2009 gültigen Recht nur zur Auskunft verpflichtete Pricewaterhouse Coopers AG WPG (das dortige Anrecht war nur durch erweitertes Splitting im Sinne des § 3b VAHRG bzw. schuldrechtlich nach § 1 III VAHRG ausgleichbar). Denn auch ihr war das Versorgungsausgleichsverfahren aufgrund der eigenen Auskunft vom 01.11.2006 bekannt; nach dem 01.09.2009 musste auch sie infolge Art. 111 IV FGG-RG, § 48 VersAusglG nunmehr mit einer unmittelbaren Heranziehung rechnen, und zwar zu einer Zeit, bevor der Ehemann 2012 verstarb. Für beide bestand daher mit dem Ableben des Ehemannes keine Veranlassung, die Rückstellung auf dasjenige zu beschränken, was zur Finanzierung der Hinterbliebenenzusage an die beiden Hinterbliebenen (Kinder) nötig war. Vielmehr musste das noch schwebende hiesige Verfahren zu dem Handeln zwingen, die auch zur Finanzierung einer Hinterbliebenenzusage an einen Ehegatten kalkulierten Mittel weiter vorzuhalten, zumal der Umstand der Ehescheidung – wie ausgeführt – rein zufällig und nicht kalkulierbar eintrat.

    Ausgehend hiervon erachtet der Senat es für ermessensgerecht, vorrangig einen Ausgleich über das bei der Deutschen Rentenversicherung bestehende Anrecht durchzuführen, wobei der Kapitalwert des Ausgleichsbetrages € 12.793,70 umfasst. Damit mindert der Senat eine ggf. wirtschaftliche Mehrbelastung der anderen Versorgungsträger des Ehemannes ab und vermeidet auch eine übermäßige Belastung der verbliebenen Hinterbliebenen (Kinder), die anderenfalls infolge der Teilung des Ausgangsanrechts mit einer deutlicheren Kürzung der Bemessungsgrundlage ihrer Hinterbliebenenanrechte zu rechnen hätten. Damit minderte sich die Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte auf € 30.073,06.

    Dieser Teilausgleich ist für die Antragstellerin auch nicht wertlos, weil sie allein mit den übertragenen 2,2389 Entgeltpunkten die Wartezeit für eine eigene Leistung seitens der Deutschen Rentenversicherung von 60 Monaten erfüllt. Denn mit dem aus § 52 SGB VI sich ergebenden Divisor von 0,0313 Entgeltpunkten je Wartemonat bedeutet allein dieser Ausgleich einen Zeitraum von (2,2389 / 0,0313 =) 71,5 Wartemonate. Ob die Antragstellerin außerhalb der Ehezeit eigene Anrechte bei der Deutschen Rentenversicherung erwarb ist daher ebenso irrelevant wie der Umstand, dass sie als Zielversorgungsträger für das bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG bestehende Anrecht ebenfalls die Deutsche Rentenversicherung benannte.

    Hinsichtlich der übrigen Ausgleichswertdifferenz von € 30.073,06 erachtet der Senat eine quotale Heranziehung beider verbleibender Anrechte für ermessensgerecht: Denn durch die zu beachtende Wahl der Deutschen Rentenversicherung Bund als Zielversorgungsträger für das aktuell bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG bestehende Anrecht kommt es auch bei der quotalen Heranziehung der beiden weiteren Anrechte des Ehemannes nicht dazu, dass die Antragstellerin im Alter auf die Leistungen vieler Versorgungsträger zurückgreifen müsste; vielmehr beschränken sich die Leistungspflichten ihr gegenüber auf die Deutsche Rentenversicherung und die Beschwerdeführerin, ein Ergebnis, welches auch bei bloßer Heranziehung des bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechts bestanden hätte. Die vom Senat gewählte Lösung hat aber den Vorteil, ggf. Mehrbelastungen des Ausgleiches überhaupt auf mehrere Versorgungsträger zu verteilen und ein ggf. verbleibendes „Sonderopfer“ eines jeden von ihnen zu reduzieren.

    Insofern ergibt sich, dass von der Ausgleichswertdifferenz

    a) auf Pricewaterhouse Coopers AG WPG (30.073,06 Euro x 6.618 Euro / (6.618 Euro + 37.936,23 Euro)=) 4.467,00 Euro und

    b) auf die Beschwerdeführerin (30.073,06 Euro x 37.936,23 Euro / (6.618 Euro + 37.936,23 Euro)=) 25.606,06 Euro

    an Kapitalwerten entfallen.

    Entsprechend ist das Anrecht des Ehemannes bei der Pricewaterhouse Coopers AG WPG im Umfang eines Ausgleichswertes von € 4.467,00 durch externe Teilung – auf Verlangen dieses Versorgungsträgers, §§ 14 II Nr. 2 VersAusglG, 18 SGB IV – zu Gunsten der von der Antragstellerin gewählten Zielversorgung auszugleichen, deren Zustimmung zur Aufnahme sie nachwies, § 222 II FamFG. Damit erübrigt sich auch eine besondere Prüfung nach § 15 II, III VersAusglG, § 15 IV VersAusglG. Von einer Verzinsung des Ausgleichsbetrages mit dem bei der Barwertermittlung verwendeten Aufzinsungszinssatz von 5% p.a. sieht der Senat im Hinblick auf die Leistungen an die Hinterbliebenen ab (vergl. BGHZ 191, 36-48, Rz. 25). Zudem ist für die externe Teilung in die gesetzliche Rentenversicherung als Zielversorgung über § 76 SGB VI gewährleistet, dass die Antragstellerin bereits ab dem Ende der Ehezeit an der Wertentwicklung der Zielversorgung teilnimmt.

    Zugleich ist im Umfang eines Ausgleichswertes von (59,8116 Beitragsfaktoren x € 25.606,06 / € 37.936,23=) 40,3714 Beitragsfaktoren und (0,1109 Vertrauensschutzfaktoren x € 25.606,06 / € 37.936,23=) 0,0749 Vertrauensschutzfaktoren bei der Beschwerdeführerin (durch interne Teilung), bezogen auf den 30.06.2006, ein weiterer Ausgleich vorzunehmen.

    Die Kostenentscheidung des Familiengerichts für die erste Instanz ist nicht zu beanstanden; hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens sieht der Senat von einer Gerichtskostenerhebung und einer Überwälzung außergerichtlicher Auslagen ab. Dies gründet sich maßgeblich darauf, dass das Familiengericht die Aufklärung des Anrechts des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung übersah und hinsichtlich des bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechts keine Teilung entsprechend der dort gültigen Bezugsgröße vornahm sowie damit die Beschwerde verursachte.

    Damit entfällt die Notwendigkeit einer Wertfestsetzung von Amts wegen, § 55 II FamGKG.

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statthaft. Gemäß § 71 FamFG ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht -Bundesgerichtshof, Herrenstrasse 45a, 76133 Karlsruhe - einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

    1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und

    2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.

    Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

    Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 S. 5 und 6 der ZPO gilt entsprechend. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

    1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge),

    2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar

    a. die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;

    b. soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

    Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt (§ 114 Abs. 2 FamFG) oder unter den Voraussetzungen des § 114 Abs. 3 FamFG durch eine zur Vertretung berechtigte Person, die die Befähigung zum Richteramt hat, vertreten lassen.

    Diehl Dr. Kischkel Dr. Fritzsche