OLG Frankfurt vom 29.08.2018 (4 UF 52/18)

Stichworte: Becherspende; eidesstattliche Versicherung; Vaterschaft; Sachverständigengutachten; Umgang, biologischer Vater
Normenkette: BGB 1686a; FamFG 167a Abs 1
Orientierungssatz:
  • Die Einleitung eines Umgangsverfahrens nach § 1686a BGB bedarf dann nicht der eidesstattlichen Versicherung des biologischen Vaters nach § 167a Abs. 1 FamFG, er habe der Kindesmutter während der Empfängniszeit beigewohnt, wenn das betroffene Kind im Wege der heterologen Heiminsemination (Becherspende) gezeugt wurde. Besteht zwischen Spender und Empfängerin bereits eine Beziehungsgrundlage, steht dem begehrten Umgang nicht die Vermutung entgegen, er entspreche nicht dem Kindeswohl.
  • Eine Klärung der biologischen Vaterschaft durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ist im Rahmen des Umgangsverfahrens nicht veranlasst, wenn ein Umgangsanspruch aus § 1686a BGB bereits mangels Kindeswohldienlichkeit des Kontakts des Kindes zu seinem biologischen Vater zu verneinen ist (Anschluss an EGMR, Urteil vom 26. Juli 2018 – 16112/15 –, juris; BVerfG FamRZ 2015, 119-121).
  • Sofern ein Umgangsbegehren nicht unmittelbar auf eine eigene Grundrechtsposition gestützt ist (§§ 1685, 1686a BGB), kommt auch eine schlichte Zurückweisung des Antrags in Betracht (Anschluss an BGH FamRZ 2017, 1668 Rz. 36, insoweit unter Aufgabe von OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.03.2013 – 4 UF 261/12 – juris = FamRZ 2013, 1994 Ls.).
  • 404 F 4039/18 AG Frankfurt/Main, Außenstelle Höchst

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    betreffend den Umgang

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst, vom 02.03.2018 am 29. August 2018 beschlossen:

    Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die erstinstanzliche Entscheidung wie folgt neu gefasst wird:

    Der Antrag des Antragstellers auf Regelung des Umgangs mit dem Kind X wird zurückgewiesen.

    Von der Erhebung von Gerichtskosten und der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird abgesehen.

    Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.000 €.

    Gründe:

    I.

    Der Antragsteller wendet sich mit der Beschwerde gegen einen Beschluss des Familiengerichts vom 02.03.2018, mit dem sein Antrag auf gerichtliche Regelung des Umgangs mit dem Kind X zurückgewiesen wurde. X ist die leibliche Tochter der zum Zeitpunkt ihrer Geburt mit dem Beteiligten zu 3), Herrn C, verheirateten Beteiligten zu 2).

    Wegen zumindest eingeschränkter Fruchtbarkeit des Beteiligten zu 3) hatte dieser Anfang 2012 mit seiner damaligen Frau und dem seinerzeit mit ihnen beiden befreundeten Antragsteller vereinbart, dass dieser zum Zwecke einer künstlichen Befruchtung von Frau B seinen Samen spenden sollte, damit die Eheleute auf diese Weise ihren Kinderwunsch verwirklichen konnten. In Umsetzung der Vereinbarung erfolgten drei Versuche einer Heiminsemination mittels Becherspende. X kam am 09.10.2012 zur Welt. Obwohl die leibliche Vaterschaft des Antragstellers zwischen den Beteiligten im Streit steht, wurde sie bislang nicht geklärt. Im Sommer 2013 trennten sich die Eheleute B + C, und Mutter und Kind zogen in ein Gästezimmer des damals vom Antragsteller und seiner Frau bezogenen Hauses um. Im darauffolgenden Jahr bezogen die Kindesmutter mit X und der Antragsteller unter Ausschluss seiner Frau gemeinsam eine Wohnung in …, im Oktober 2015 schließlich in … . Ebenfalls im Oktober 2015 wurde die Ehe der Eheleute B + C geschieden. Im darauffolgenden Monat (November 2015) trennten sich der Antragsteller und die Kindesmutter und nach einem weiteren Monat, im Dezember 2015, versöhnten sich die früheren Eheleute B + C und zogen vorläufig wieder zusammen. Die bis dahin stattfindenden regelmäßigen Umgangskontakte zwischen dem Antragsteller und X wurden im Januar 2016 auf Veranlassung der Kindesmutter eingestellt. Ein erster Eilantrag des Antragstellers auf gerichtliche Regelung des Umgangs (Az. 404 F 4117/16 UG des Amtsgerichts Frankfurt am Main/Außenstelle Höchst) blieb zunächst ohne Erfolg, in der Beschwerdeinstanz vereinbarten die Beteiligten jedoch, einen Beratungs- und Klärungsprozess bei der Psychologin und systemischen Therapeutin Dr. … einzuleiten, um ihre jeweiligen Positionen zu klären und X die Wiederaufnahme eines Umgangskontakts mit dem Antragsteller zu ermöglichen. Dieser Prozess scheiterte jedoch aus zwischen den Beteiligten streitiger Ursache.

    Im September 2017 leitete der Antragsteller daher das vorliegende Verfahren mit einem erneuten Antrag auf Umgangsregelung ein. Das Familiengericht nahm seinen Antrag zum Anlass, X eine Verfahrensbeiständin zu bestellen und sämtliche Beteiligte persönlich anzuhören. Mit Beschluss vom 02.03.2018 schloss das Familiengericht das Umgangsrecht des Antragstellers mit X bis zu deren Volljährigkeit aus und begründete dies hauptsächlich damit, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umgangsbewilligung seien weder nach § 1685 Abs. 2 S. 1 BGB noch nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB zu bejahen. Ein Umgang Xs mit dem Antragsteller entspreche wegen des nachhaltig entgegenstehenden Willens der Kindesmutter nicht dem Kindeswohl. Auf den weiteren Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

    Gegen den am 06.03.2018 zugestellten Beschluss legte der Antragsteller mit am 8. März 2018 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums Beschwerde ein und begründete diese zunächst damit, über den im letzten Anhörungstermin vor dem Familiengericht gestellten Antrag der Kindesmutter auf Umgangsausschluss sei nicht mehr verhandelt worden, es habe für ihn auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Antrag bestanden. X drohe ein Identitätskonflikt, wenn sie ohne Kontakt zu ihrem leiblichen Vater aufwachsen müsse. Allein die fehlende Bindungstoleranz der Kindesmutter rechtfertige den angeordneten Umgangsausschluss nicht.

    Die Kindesmutter und der Beteiligte C sind der Beschwerde entgegen getreten, die Verfahrensbeiständin dagegen hat keinen eigenen Antrag gestellt, das fallzuständige Jugendamt sich nicht geäußert.

    Ergänzend wird zum Sach- und Streitstand auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, den Inhalt der angefochtenen Entscheidung, das familiengerichtliche Protokoll vom 26.02.2018, den Vermerk über die Kindesanhörung vom 01.03.2018 und schließlich die schriftliche Stellungnahme der Verfahrensbeiständin vom 02.02.2018 Bezug genommen.

    Der hiermit beauftragte Berichterstatter des Senats hat die Kindeseltern im Termin vom 29.06.2018 persönlich angehört, das betroffene Kind am 03.08.2018. Zum Ergebnis der Anhörungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 29.06.2018 und den Anhörungsvermerk vom 03.08.2018 verwiesen.

    II.

    Die Beschwerde des Antragstellers ist nach §§ 58 ff., 63 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

    Im Ergebnis zutreffend hat das Amtsgericht in den Gründe:n des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den vom Antragsteller gewünschten Umgang mit X nicht erfüllt sind. Dabei sind zunächst die Voraussetzungen des § 1686a BGB zu prüfen, der gegenüber § 1685 Abs. 2 S. 1 als lex specialis vorrangig ist (vgl. Staudinger-Rauscher, BGB (2014), § 1686a, Rz. 8, unter Bezugnahme auf BT-Drucks 17/12163, S. 10).

    Der Umgangsantrag des die biologische Vaterschaft für X für sich beanspruchenden Antragstellers ist zulässig. Zwar setzt ein Antrag des biologischen Vaters „auf Erteilung eines Umgangsrechts“ iSv. § 1686a BGB gem. § 167a Abs. 1 FamFG grundsätzlich die Abgabe einer eidessstattlichen Versicherung des Antragstellers voraus, der Kindesmutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Diese Erklärung vermag der Antragsteller jedoch nicht abzugeben, weil er mit der Kindesmutter in der Empfängniszeit nicht geschlechtlich verkehrt hat, sondern sich lediglich darauf beruft, X im Wege der Becherspende, also der heterologen Heiminsemination gezeugt zu haben. Dieser Mangel steht der Durchführung des Umgangsverfahrens nach Auffassung des Senats jedoch nicht entgegen, weil die Gesetzesnorm einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 167a Abs. 1 FamFG durch den vermeintlichen biologischen Vater im Falle einer Heiminsemination nicht erforderlich ist. Durch das Erfordernis der eidesstattlichen Versicherung soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/12163, S. 14) zwar verhindert werden, dass ein Mann, der durch künstliche Befruchtung mittels heterologer Samenspende biologischer Vater geworden ist, ein Umgangsrecht durchsetzen kann (vgl. Staudinger-Rauscher aaO., Rz. 12; jurisPKBGB-Poncelet/Onstein , 8. A. 2017, § 1686a BGB, Rz. 33). Ihre Rechtfertigung erfährt diese Einschränkung jedoch nur aus der Erwägung, dass die Erzwingung eines Umgangs bei einer regelmäßig ohne Beziehungsgrundlage zwischen Spender und Empfängerin vorgenommenen Samenspende meist nicht kindeswohlentsprechend sein dürfte (Staudinger-Rauscher aaO.). Vorliegend stellt sich die Situation jedoch anders dar, weil der privaten Becherspende - anders als der anonymen Samenspende nach vorheriger Konsultation einer Fortpflanzungsklinik oder Samenbank - ein persönliches Element innewohnt, zwischen Spender und Empfängerin also bereits eine Beziehungsgrundlage besteht, so dass keine Veranlassung besteht, den Antragsteller als privaten Spender von der Antragstellung nach § 167a FamFG auszuschließen (im Ergebnis ebenso Heiderhoff, FamRZ 2013, 1212, 1213; Löhnig/Preisner, FamFR 2013, 340, 342; a. A. OLG Bremen FamRZ 2015, 266-268; differenzierend BGH FamRZ 2016, 2082-2087). Der Antragsteller war mit den rechtlichen Eltern Xs befreundet und hat nach der Samenspende eine Liebesbeziehung zur Kindesmutter aufgenommen, so dass für die Annahme der vom Gesetzgeber befürchteten Störung der sozialen Familie durch einen von außen eindringenden - familienfremden - Spender hier kein Raum ist (vgl. BT-Drs. 17/12163, S. 14). Auch ist vorliegend nicht erkennbar, dass der Antragsteller mit den späteren rechtlichen Kindeseltern eine konkludente Vereinbarung darüber getroffen hat, dass nicht er, sondern ausschließlich der Beteiligte zu 3) Vater des Kindes sein sollte, er mithin auf seine rechtliche Vaterschaft verzichten wollte (vgl. § 1600 Abs. 5 BGB). Nur wenn mit der Samenspende auch ein Verzicht auf die (spätere) Begründung des Elternrechts verbunden gewesen wäre, würde - auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus - keine Veranlassung bestehen, dem Antragsteller lediglich aufgrund seiner genetischen Vaterschaft den Umgang mit dem Kind zu ermöglichen (vgl. BGH FamRZ 2013, 1209, Rz. 23, zur Anfechtungsberechtigung des Samenspenders nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

    Allerdings hat das Familiengericht den Umgangsantrag in der Sache zu Recht zurückgewiesen. Der Antragsteller hat gemäß § 1686a BGB während bestehender rechtlicher Vaterschaft eines anderen Mannes, hier des zum Geburtszeitpunkt mit der Kindesmutter verheirateten Beteiligten C, ein Recht auf Umgang mit dem Kind nur dann, wenn er sein leiblicher Vater ist, ein ernsthaftes Interesse an ihm zeigt und der Umgang dem Kindeswohl dient. Zwar ist ungewiss, ob die erste Voraussetzung zu bejahen ist, denn die Vaterschaft des Antragstellers ist streitig und von der Kindesmutter und dem rechtlichen Vater Xs mit der Begründung ausdrücklich in Abrede gestellt worden, die Fertilität des rechtlichen Vaters sei zwar eingeschränkt, aber nicht gänzlich entfallen. Ferner hätten die Kindesmutter und der rechtliche Vater während der Empfängniszeit miteinander geschlechtlich verkehrt, so dass auch dieser als Xs Erzeuger in Betracht komme. Eine Klärung der biologischen Vaterschaft durch Einholung eines Sachverständigengutachtens war im Rahmen des vorliegenden Verfahrens jedoch nicht veranlasst. Ein Anspruch des Antragstellers aus § 1686a BGB ist bereits deshalb zu verneinen, weil das zweite Erfordernis der Norm, die Kindeswohldienlichkeit des Kontakts des Kindes zu seinem biologischen Vater, nicht erfüllt ist (zur Prüfungsreihenfolge und zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Abstammungsgutachtens im Umgangsverfahren nach § 1686a BGB vgl. EGMR, Urteil vom 26. Juli 2018 – 16112/15 –, juris [im englischen Volltext in BeckRS 2018, 16483]; BVerfG FamRZ 2015, 119-121).

    Dabei kann die Frage der Kindeswohldienlichkeit je nach familiärer Situation, Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, Beziehungskonstellation bzw. Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen, Alter und Resilienz des Kindes, Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern, Dauer der Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters etc. unterschiedlich zu beurteilen sein (BT-Drucks. 17/12163, S. 13; im Anschluss daran ebenso BGH FamRZ 2016, 2082-2087). Die zu § 1685 BGB entwickelten Maßstäbe jedenfalls können für das Umgangsrecht des biologischen Vaters nicht undifferenziert übernommen werden, weil diese Norm - anders als § 1686a BGB - eine bestehende sozial-familiäre Beziehung der umgangssuchenden Person zum Kind voraussetzt. Auch folgt aus den beiden für die Einführung des § 1686a BGB maßgeblichen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (FamRZ 2011, 269-271 und FamRZ 2011, 1715-1717) nicht, dass eine Kindeswohldienlichkeit iSv. § 1686a BGB bereits dann zu bejahen ist, wenn der Umgang dem Kindeswohl nicht widerspricht, wenn der Gerichtshof auch im Wesentlichen beanstandet hatte, das bis dahin geltende deutsche Recht verwehre dem biologischen Vater bei bestehender anderweitiger rechtlicher Vaterschaft ein Umgangsrecht ohne vorherige Prüfung, ob dieses nicht doch dem Wohl des Kindes diene. Denn ein allgemeiner Grundsatz, dass der Kontakt zum biologischen Vater dem Kindeswohl regelmäßig förderlich und der Umgang bereits deshalb anzuordnen sei, besteht nicht und ist auch den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht zu entnehmen (vgl. zuletzt EGMR, Urteil vom 26. Juli 2018 – 16112/15 –, juris; ebenso OLG Frankfurt FamRZ 2017, 307-310, unter Bezugnahme auf Lang, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters, FPR 2013, 233-236). Schließlich gilt auch die Vermutungsregel des § 1626 Abs. 3 BGB nicht, wonach zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen gehört, weil diese Vermutung nur den rechtlichen Vater betrifft (BGH FamRZ 2016, 2082-2087; Lang, aaO.).

    Zu berücksichtigen ist auch, dass der Umgangswunsch des leiblichen Vaters zu Gefahren für das bisherige intakte familiäre Bezugssystem des Kindes führen kann, die gegen eine Kindeswohldienlichkeit des Umgangs sprechen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1624-1627; OLG Bamberg FamRZ 2013, 710-712, bestätigt durch EGMR, Urteil vom 26. Juli 2018 – 16112/15 –, juris, abgrenzend dagegen BGH aaO.). Dies gilt auch dann, wenn das Hinzutreten des leiblichen Vaters geeignet ist, das Kind in seinem Bedürfnis nach Bindungssicherheit und Geborgenheit zu beeinträchtigen, oder wenn der Umgang Verlustängste im Hinblick auf die rechtlich-sozialen Eltern auslöst (Stellungnahme der Kinderrechtekommission des DFGT zum Referentenentwurf des BMJ [RefE] eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 11.05.2012 vom 08.07.2012, Zf. III.4). Allerdings reicht die beharrliche Weigerung der rechtlichen Eltern alleine nicht aus, dem biologischen Vater den Umgang zu verweigern (vgl. BGH FamRZ 2016, 2082-2087). Umgekehrt begründet das Interesse des Kindes an einem offenen Umgang mit den Umständen seiner Herkunft allein noch nicht die Feststellung, der Umgang mit dem biologischen Vater diene dem Kindeswohl (Stellungnahme der Kinderrechtekommission des DFGT aaO; Lang aaO, 235). Im Ergebnis müssen daher die von dem Umgang mit dem biologischen Vater zu erwartenden Vorteile für das Kind die zu erwartenden Nachteile eindeutig überwiegen (vgl. OLG Frankfurt aaO.; OLG Bremen FamRZ 2015, 266; OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 1624; Heilmann-Gottschalk, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, § 1686a BGB, Rz. 19; Palandt-Götz, BGB, 77. A., § 1686a BGB, Rz. 5; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. A., § 1686a BGB, Rz. 5).

    Dies vermag der Senat im vorliegenden Fall derzeit jedoch nicht zu erkennen. Zwar spricht die nicht nur vom Antragsteller selbst, sondern auch von Verfahrensbeiständin und Kindesmutter vertretene Erwägung für einen Kontakt zwischen Antragsteller und Kind, dass dieser trotz bestehender rechtlicher Vaterschaft dem Kindeswohl dienen kann, weil er dem Kind ermöglicht, eine Beziehung zu einer außerhalb seiner sozialen Familie stehenden Person zu entwickeln und ihm dadurch zu Klarheit über seine Familienverhältnisse und seine eigene Herkunft im Sinne einer Identitätsfindung zu verhelfen (vgl. OLG Frankfurt aaO.). Auch hat der Senat angesichts der auch aus Sicht der Kindesmutter positiv und beanstandungsfrei verlaufenen Kontakte zwischen dem Antragsteller und X in ihrer frühen Kindheit keine Zweifel daran, dass er auch jetzt grundsätzlich in der Lage ist, einen kindesgemäßen Umgang mit ihr auszuüben und trotz des zweijährigen Kontaktabbruchs erneut eine Bindung zu ihr aufzubauen.

    Entscheidend gegen die Gewährung eines Umgangsrechts für den Antragsteller spricht jedoch, dass hierdurch das Leben der Familie des Kindes nicht unerheblich beeinträchtigt würde und dadurch insbesondere für X selbst seelische Belastungen zu erwarten wären. Sie ist vor den absehbaren Folgen des zwischen Antragsteller und Kindesmutter herrschenden Streits, insbesondere vor einem daraus für sie resultierenden Loyalitätskonflikt, zu schützen (vgl. Heilmann-Gottschalk, aaO, Rz. 17). Ungeachtet der Frage, ob der Antragsteller noch in jüngster Vergangenheit immer wieder massiv in das Leben der Kindesmutter eingedrungen und diese bedrängt hat – darauf scheinen ebenso seine eigene Angaben vor dem Senat hinzudeuten, regelmäßig den einzigen für ihn nicht gesperrten Internetauftritt der Kindesmutter zu besuchen und mit ihr noch Ende 2016 über eine Wiederaufnahme der Beziehung gesprochen zu haben (wenn seinem bestrittenen Vortrag zufolge auch auf ihre Initiative hin), wie ihre mehrfachen Wohnungswechsel in jüngster Vergangenheit unter Einrichtung einer meldeamtlichen Auskunftssperre – ist nicht nur angesichts mehrerer von gravierenden wechselseitigen Vorwürfen geprägten gerichtlichen Auseinandersetzungen von einem nach wie vor zwischen Antragsteller und Kindesmutter bestehenden Konflikt auszugehen. Der Umstand, dass der Antragsteller der Kindesmutter noch in vorliegendem Verfahren die Erziehungsfähigkeit abspricht, die Vaterrolle des rechtlichen Vaters negiert, indem er trotz eines anderslautenden Berichts der Verfahrensbeiständin und des entgegenstehenden Ergebnisses der Kindesanhörung vorträgt, dieser spiele in Xs Leben keine Rolle mehr, und schließlich zumindest zunächst gegen den ausdrücklichen Wunsch der Kindesmutter auch darauf bestanden hatte, von X als „Vater“ bezeichnet zu werden, indiziert dabei nicht nur eine erhebliche Mitverantwortung des Antragstellers für die bestehenden Spannungen, sondern auch eine fehlende Bereitschaft, die auch nach der erneuten Trennung ihrer rechtlichen Eltern fortbestehenden sozial-familiären Bindungen Xs im Gefüge ihrer rechtlichen Familie zu akzeptieren. Ähnliches gilt im Übrigen auch im Hinblick auf das von den übrigen Beteiligten rapportierte, unangemessene Verhalten des Antragstellers vor dem Familiengericht und die Auseinandersetzungen der Beteiligten im Gespräch bei der Therapeutin Dr. …. Damit besteht aber die Gefahr eines das Kindeswohl beeinträchtigenden Loyalitätskonflikts, dem das Kind bei einer gerichtlichen Anordnung von Umgangskontakten ausgesetzt wäre.

    Dass umgekehrt der Abbruch der Umgangskontakte seine Ursache nicht ausschließlich in möglicherweise irrationalen Vorbehalten der Kindesmutter gegen den Antragsteller bzw. in einer beharrlichen Weigerung der beiden rechtlichen Eltern findet, Kontakte Xs zum Antragsteller zuzulassen, lässt sich zwanglos aus dem Umstand folgern, dass sie auf Anregung des Senats im Vorverfahren mit dem erklärten Ziel an dem Beratungs- und Klärungsprozess bei der Therapeutin teilgenommen haben, ihrer Tochter persönliche Kontakte zu dem Antragsteller ohne Belastung durch Loyalitätskonflikte zu ermöglichen. Für eine differenzierte Sichtweise der Kindesmutter spricht auch ihre im Termin vor dem Berichterstatter glaubhaft geäußerte Absicht, X bei angemessener Verstandesreife, deren Eintritt sie allerdings erst auf den Zeitpunkt der Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes datiert, mit der möglichen biologischen Vaterschaft des Antragstellers zu konfrontieren, dann auch einen Vaterschaftstest durchzuführen und ggf. auch Umgangskontakte zu initiieren.

    Schließlich hat auch X selbst im Rahmen ihrer jeweiligen Anhörungen in erster Instanz und vor dem Berichterstatter des Senats, anders als noch in den Vorjahren, keinen Wunsch nach einem Kontakt mit dem Antragsteller geäußert. Vielmehr hat sie – auch nach Vorhalt eines Fotoalbums mit gemeinsamen Bildern von ihr und dem Antragsteller – geleugnet, ihn überhaupt zu kennen. Sie konnte auch ersichtlich nichts mehr mit den früheren Bezeichnungen des Antragstellers „A“ oder „Papa A“ verbinden. Ungeachtet einer nicht auszuschließenden Beeinflussung durch die Kindesmutter erscheint diese Unkenntnis Xs angesichts ihres Alters und eines mittlerweile über zweijährigen Kontaktabbruchs zumindest plausibel. Damit scheidet auch der Kindeswille als zugunsten eines Umgangs sprechendes Kindeswohlkriterium aus. Andere Gesichtspunkte, die für eine Kindeswohldienlichkeit des begehrten Umgangs sprechen würden, ergeben sich weder anhand des Vorbringens der Beteiligten oder des weiteren Akteninhalts, noch sind sie anderweitig erkennbar.

    Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Durchsetzung von Umgangskontakten des Antragstellers gegen den Willen der rechtlichen Kindeseltern nicht für kindeswohlkonform. Angesichts der inzwischen erfolgten Trennung auch ihrer rechtlichen Eltern und der mehrfachen Umzüge der Kindesmutter besteht für X vielmehr ein dringendes Bedürfnis, ihre nähere Zukunft innerhalb möglichst verlässlicher sozialer und familiärer Strukturen erleben zu können. Insbesondere ist es für sie wichtig, dass sie keinen Zweifeln darüber ausgesetzt wird, welcher Person die Rolle des rechtlichen Vaters in ihrem Leben zukommt. Regelmäßige Umgangskontakte mit dem Antragsteller würden - jedenfalls solange dieser und die Kindesmutter ihre Beziehung nicht hinreichend aufgearbeitet haben - einer Stabilisierung der Familienstrukturen in der Vorstellungswelt des Kindes entgegenwirken (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1624-1627). Im Ergebnis ist der begehrte Umgang damit nicht nur nicht dem Kindeswohl dienlich, sondern zumindest derzeit sogar eher abträglich.

    Aber auch nach § 1685 BGB war dem Antragsteller als früherer enger Bezugsperson des Kindes kein Umgang zu gewähren. Nach dieser Norm sind - die Kindeswohldienlichkeit vorausgesetzt - neben den in Absatz 1 aufgezählten Verwandten andere enge Bezugspersonen nur dann umgangsberechtigt, wenn zwischen ihnen und dem Kind zusätzlich eine sozial-familiäre Bindung besteht oder bestanden hat (Abs. 2). Aus den Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drucksache 13/4899, S. 46 f. und S. 68 f.) ergibt sich, dass der Umgang damit nur solchen Personen zu gewähren ist, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege war oder die das Kind anstelle der Eltern intensiv betreut haben. Die auf diese Weise näher umschriebenen Voraussetzungen des § 1685 Abs. 2 S. 1 BGB sind in der Person des Antragstellers zwar erfüllt. Er war zumindest während der Dauer des Zusammenlebens mit der Kindesmutter enge Bezugsperson Xs im Sinne dieser Norm (vgl. Palandt-Götz, BGB, 77. A., § 1685 BGB, Rz. 8). Ferner ist davon auszugehen, dass in diesem Zeitraum eine sozial-familiäre Beziehung zwischen ihm und dem Kind im Sinne der Ausübung einer elterngleichen Rolle für X durch ihn bestanden hatte, die das Gesetz grundsätzlich als erhaltenswert ansieht (Staudinger-Rauscher, aaO, § 1685 BGB, Rz. 9). Auch ein weiteres wichtiges Kriterium für das Entstehen einer sozial-familiären Bindung ist vorliegend erfüllt, nämlich ein hinreichender Zeitraum, in dem sich das erforderliche enge Bezugsverhältnis entwickelt hat (Erman-Döll, BGB, 15. A., § 1685, Rz. 3). Ein kontinuierliches Zusammenleben von mehr als einem Jahr ist dabei sicherlich als ausreichend anzusehen (BGH FamRZ 2005, 705).

    Maßgeblich ist damit erneut die Frage der Kindeswohldienlichkeit des Kontakts, die vorliegend jedoch aus den bereits oben zu § 1686a BGB ausführlich dargelegten Gründe:n, auf die in vollem Umfang Bezug genommen wird, zu verneinen ist. Denn auch hier gilt, dass es für die Einräumung eines Umgangsrechts zugunsten eines nicht mit dem Kind verwandten Dritten auf der Grundlage früherer sozial-familiärer Beziehungen nicht ausreicht, dass der Umgang lediglich nicht dem Kindeswohl zuwider läuft. Vielmehr kommt – vor allem angesichts des durch den langjährigen Kontaktabbruch bedingten Bindungsabbruchs zwischen dem Antragsteller und X - ein Umgangsrecht nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass der Umgang dem Kindeswohl tatsächlich dient (OLG Brandenburg FamRZ 2014, 1717-1719). Davon ist aber derzeit nicht auszugehen (s. o.).

    Im Ergebnis hat die familiengerichtliche Entscheidung damit Bestand. Allerdings war der Beschlusstenor klarstellend dahingehend abzuändern, dass nicht ein Ausschluss des Umgangs des Antragstellers mit X bis zu ihrer Volljährigkeit anzuordnen, sondern lediglich der Umgangsantrag des Antragstellers zurückzuweisen war. Denn in der Sache geht es nicht um die Ausgestaltung und damit auch nicht um den Ausschluss des bereits bestehenden Umgangsrechts eines rechtlichen Elternteils, sondern um die Klärung der Frage, ob überhaupt Umgang zu gewähren ist. Voraussetzung einer gerichtlichen Anordnung des Umgangs mit dem biologischen Vater ist sowohl nach § 1686a BGB als auch gem. § 1685 Abs. 2 BGB die positive Feststellung der Kindeswohldienlichkeit. Wird diese nicht bejaht, fehlt es bereits an den Voraussetzungen für einen Umgang, so dass in diesem Fall auch kein Erfordernis besteht, einen ausdrücklichen Umgangsausschluss förmlich auszusprechen (vgl. BGH FamRZ 2017, 1668-1671). Der Senat schließt sich insoweit unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (Beschluss vom 19. März 2013 – 4 UF 261/12 –, juris [=FamRZ 2013, 1994 –LS]) der Auffassung des Bundesgerichtshofs an, nach der bei einem nicht unmittelbar auf eine eigene Grundrechtsposition gestützten Umgangsbegehren auch eine schlichte Zurückweisung des Antrags in Betracht kommt (BGH aaO.).

    Die Kostenentscheidung für die erste Instanz findet ihre Grundlage in § 81 FamFG. Entgegen der Annahme des Familiengerichts können in Kindschaftssachen zwar durchaus Gerichtskosten erhoben werden, allerdings war nach billigem Ermessen von der Erhebung von Gerichtskosten und der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen. Die Kosten der zweiten Instanz dagegen hat nach § 84 FamFG der Antragsteller aufgrund der Erfolglosigkeit des eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Eine Veranlassung, aus Billigkeitserwägungen von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht nicht.

    Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.

    Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen, § 70 Abs. 2 FamFG.

    Diehl Schmidt Dr. Kischkel