OLG Frankfurt vom 22.08.2017 (4 UF 49/17)

Stichworte: interne Teilung, Versorgungordnung, Teilungsordnung, Rechnungsgrundlagen
Normenkette: VersAusglG 11
Orientierungssatz:
  • Durch die Teilungsordnung des Versorgungsträgers einer betrieblichen Altersversorgung ist sicherzustellen, dass das für den ausgleichsberechtigten Ehegatten im Wege der internen Teilung zu begründende Anrecht ab dem Ende der Ehezeit einer vergleichbaren Wertentwicklung unterliegt wie das auszugleichende Anrecht.
  • Dies hat nicht nur zur Folge, dass das neu zu begründende Anrecht ab dem Ende der Ehezeit mit dem der Ermittlung des Ausgleichswerts zu Grunde gelegten Abzinsungszinssatz aufzuzinsen ist und für den Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung an der biometrischen Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts teilzunehmen hat (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869), sondern, dass ihm die Rechnungsgrundlagen des auszugleichenden Anrechts insgesamt, also einschließlich der dem auszugleichenden Anrecht zu Grunde gelegten Sterbe- bzw. Richttafeln zu Grunde zu legen sind.
  • Genügt die Teilungsordnung des Versorgungsträgers diesen Anforderungen nicht, ist sie vom Gericht durch geeignete Anordnungen anzupassen.
  • 456 F 5350/15
    AG Frankfurt/Main

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 08.02.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main vom 7.12.2016 am 22. August 2017 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffer II des Beschlusstenors) abgeändert und um folgenden Absatz ergänzt:

    Zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung bei der C. GmbH (Personalnummer xy) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht mit einem Ausgleichswert von 4.757,30 Euro, bezogen auf den 31.10.2015, begründet. Auf das für die Antragstellerin zu begründende Anrecht finden die Bestimmungen der zum 29.4.2013 in Kraft getretenen Teilungsordnung der Gesellschaften des C.-Konzerns für Anrechte aus der Betriebsvereinbarung zum Übergang in den Kapitalkontenplan C. vom 2.12.1999 in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung zur Modernisierung und Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung vom 2.12.1999 (Kapitalkontenplan C.), der GBV Ergänzungsvereinbarung vom 12.12.2012, der Betriebsvereinbarung zum Übergang in den Kapitalkontenplan C. vom 2.12.1999 (BV Übergang C. VO) und der Betriebsvereinbarung über Auszahlungsgrundsätze zum Kapitalkontenplan vom 2.12.1999 BV Auszahlungsgrundsätze) mit folgenden Maßgaben Anwendung:

    - Die Umrechnung des Ausgleichswerts in einen Versorgungsbaustein der Antragstellerin gemäß Ziffer 5.2.1 in Verbindung mit Ziffer 2.3.1.3. erfolgt unter Verwendung eines Rechnungszinses von 4,00 Prozent p.a. und der für die Ermittlung des Ausgleichswerts herangezogenen Sterbe- bzw. Richttafeln.

    - Der Ausgleichswert wird vor der Umrechnung in einen Versorgungsbaustein der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.11.2015 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung mit einem Zinssatz von 4,00 Prozent p.a. aufgezinst.

    - Der Ausgleichswert wird vor der Umrechnung in einen Versorgungsbaustein der Antragstellerin um die auf ihn entfallenden biometrischen Gewinne bzw. Verluste des auszugleichenden Anrechts des Antragsgegners im Zeitraum vom 1.11.2015 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung erhöht bzw. gemindert.

    - Die Begründung des Anrechts der Antragstellerin erfolgt mit Wirkung ab dem Eintritt der Rechtskraft vorliegender Entscheidung.

    Von der Erhebung von Gerichtskosten und der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander wird für den zweiten Rechtszug abgesehen. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 1.050,- Euro.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Mit dem angefochtenen Beschluss schied das Amtsgericht auf den am 26.11.2015 zugestellten Scheidungsantrag hin die am 8.7.1997 geschlossene Ehe der Beteiligten und führte den Versorgungsausgleich durch. Ein Ausspruch zum Wertausgleich des auf eine Kapitalleistung gerichteten und als Direktzusage ausgestalteten Anrechts des Antragsgegners aus der betrieblichen Altersversorgung bei der C. GmbH enthielt die Entscheidung nicht, obwohl die Versorgungsträgerin als Beteiligte im Rubrum des Beschlusses aufgeführt war und dem Amtsgericht unter dem Datum 9.2.2016 eine Auskunft über das bei ihr bestehende Anrecht erteilt hatte. Auf die Auskunft vom 9.2.2016 und die dieser als Anlage beigefügte Teilungsordnung der Versorgungsträgerin wird Bezug genommen.

    Mit ihrer am 8.2.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihr am 9.1.2017 zugestellten Beschluss begehrt die Beschwerdeführerin einen Wertausgleich des vom Amtsgericht bei seiner Beschlussfassung übersehenen Anrechts.

    Die Versorgungsträgerin ist vom Senat auf Bedenken gegen ihre Teilungsordnung hingewiesen worden und hat hierzu mit Schreiben vom 6.4.2017, auf welches ebenfalls Bezug genommen wird, Stellung genommen.

    II.

    Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

    Das vom Amtsgericht bei der Entscheidung über den Wertausgleich übersehene Anrecht des Antragsgegners aus seiner betrieblichen Altersversorgung bei der C. GmbH mit einem Ehezeitanteil von 9.758,- Euro ist gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG mit dem von der Versorgungsträgerin vorgeschlagenen Ausgleichswert von 4.757,03 Euro (nach Abzug angemessener Teilungskosten in Höhe von 2,5 Prozent des Ehezeitanteils), bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.10.2015, im Wege der internen Teilung zu teilen.

    Maßgeblich hierfür sind gemäß § 10 Abs. 3 VersAusglG grundsätzlich die Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht, hier also die Bestimmungen der zum 29.4.2013 in Kraft getretenen Teilungsordnung der Gesellschaften des Continental-Konzerns für Anrechte aus der Betriebsvereinbarung zum Übergang in den Kapitalkontenplan C. vom 2.12.1999 in deren jeweiliger Fassung. Wegen der rechtsgestaltenden Wirkung der Entscheidung über den Wertausgleich sind die Familiengerichte allerdings gehalten, die rechtliche Vereinbarkeit der untergesetzlichen Teilungsordnung mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den gesetzlichen Vorgaben des § 11 VersAusglG, zu prüfen. Genügen die Bestimmungen des Versorgungsträgers den gesetzlichen Anforderungen nicht oder sind sie unklar oder mehrdeutig, sind sie vom Gericht durch geeignete Anordnungen bei Aufrechtechterhaltung im Übrigen an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; BGH, FamRZ 2011, 547; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2017, 878; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.11.2016 – 6 UF 115/16, juris).

    Gemäß § 11 Abs. 1 VersAusglG muss die interne Teilung eine gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen. Diese ist gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts mit vergleichbarer Wertentwicklung und grundsätzlich gleichem Risikoschutz übertragen wird.

    Wegen des sich aus §§ 1 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 bis 3, 10 Abs. 1 VersAusglG ergebenden Gebots der stichtagsbezogenen Halbteilung führt die vom Gericht zu treffende Gestaltungsentscheidung dazu, dass die Begründung des Anrechts des ausgleichsberechtigten Ehegatten und die Belastung des Anrechts des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf das sich aus § 3 Abs. 1 VersAusglG ergebende Ende der Ehezeit, hier also auf den 31.10.2015, zurückwirken (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.11.2016 – 6 UF 115/16, juris). Daraus folgt, dass eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts nicht erst ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Anordnung der internen Teilung, sondern schon im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft gewährleistet sein muss. Dies betrifft sowohl die Teilhabe am Zinsertrag oder - bei fondsgebundenen Versorgungen - an der Wertentwicklung der dem Ausgleichswert zu Grunde liegenden Fondsanteile als auch die Teilhabe an etwaigen biometrischen Gewinnen oder Verlusten, die dadurch entstehen, dass ein versichertes Risiko eintritt oder nicht eintritt (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; BGH, NZFam 2014, 1040).

    Den sich aus § 11 Abs. 1 VersAusglG ergebenden Anforderungen genügt die für das von der Beschwerde betroffene Anrecht maßgebliche Teilungsordnung nicht in vollem Umfang, was der Versorgungsträger selbst einräumt.

    Dort heißt es in der maßgeblichen Ziffer 5.2.1: „Erfolgt die Teilung in der Anwartschaftsphase des Ausgleichspflichtigen, ergibt sich der gutzuschreibende Versorgungsbaustein, indem der Ausgleichswert des Versorgungskontos abzüglich der Hälfte der Teilungskosten, ggf. zuzüglich des Betrags einer gerichtlich angeordneten Verzinsung, versicherungsmathematisch in einen Versorgungsbaustein umgerechnet wird. Für die Berechnung werden die zum Umrechnungszeitpunkt für den Ausgleichsberechtigten entsprechend Ziffer 2.3.1.3 zugrunde gelegten Rechnungsannahmen verwendet.“

    Ziffer 2.3.1.3 bestimmt für die Ermittlung des Anwartschaftsbarwerts des Ehezeitanteils des Anrechts des ausgleichspflichtigen Ehegatten: „Er ergibt sich bei unterstellter beitragsfreier Fortführung des Versorgungskontos in Höhe der jeweiligen Ehezeitanteile durch Bewertung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen, ausgehend von den für den Ausgleichspflichtigen zum Bewertungszeitpunkt zugrunde gelegten Rechnungsannahmen wie folgt:

    - Heubeck-Richttafeln (derzeit: 2005 G)

    - Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme von Hinterbliebenenleistungen nach kollektiven Annahmen gemäß Heubeck-Richttafeln

    - Als Rechnungszins wird der von der Deutschen Bundesbank für den Kalendermonat des Bewertungszeitpunkts bekannt gegebene durchschnittliche Marktzinssatz bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren gemäß § 253 Abs. 2 Satz 2 und 4 HGB (BilMoG-Rechnungszins) zu Grunde gelegt.

    - Feste Altersgrenze gemäß Kapitalkontenplan C.

    - Für die Berechnung des Anwartschaftsbarwerts der Versorgungsbausteine: Bonussummen von 6 % p.a. im Unterkonto alt und 5 % p.a. im Unterkonto neu ab Alter 61, frühestens jedoch ab dem zum Ehezeitende maßgeblichen Alter, bis zur festen Altersgrenze gemäß Kapitalkontenplan C.

    - Auszahlung des Versorgungskapitals als Einmalkapital“

    Die genannten Bestimmungen sind in folgenden Punkten durch geeignete Anordnungen dem sich aus §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 VersAusglG ergebenden Gebot der gleichwertigen Teilhabe anzupassen:

    1. Rechnungsgrundlagen für das zu begründende Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten

    Unter den in der Teilungsordnung als Rechnungsannahmen bezeichneten Rechnungsgrundlagen versteht man grundsätzlich die der Versorgungszusage vom Versorgungsträger zu Grunde gelegten kalkulatorischen Annahmen über die Zukunft, also die verwendeten Sterbe- bzw. Richttafeln, den Rechnungszins und die angesetzten kalkulatorischen Kosten.

    Dadurch, dass für die Umrechnung des Ausgleichswerts in einen Versorgungsbaustein des Kapitalkontenplans Continental die im Zeitpunkt der Umsetzung der Entscheidung maßgeblichen Rechnungsgrundlagen gelten sollen, während für die Ermittlung des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts des auszugleichenden Anrechts die am Ehezeitende maßgeblichen Rechnungsgrundlagen herangezogen werden, ist eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten am Ehezeitanteil der auszugleichenden Versorgung nicht gewährleistet. Dies betrifft sowohl den für die Umrechnung maßgeblichen Rechnungszins als auch die für die Umrechnung maßgeblichen Sterbe- bzw. Richttafeln.

    Es widerspricht dem Grundsatz der gleichwertigen Teilhabe, wenn bei der Ermittlung der Ausgleichsrente des Berechtigten ein geringerer Rechnungszins verwendet wird, als er bei der Berechnung des Ausgleichswerts verwendet wird, was hier nach der Teilungsordnung der Fall wäre, weil der maßgebliche Zinssatz gemäß § 253 Abs. 2 Satz 2 und 4 HGB seit dem Ende der Ehezeit weiter gesunken ist. Durch die aus dem Tenor ersichtliche Anordnung ist daher sicherzustellen, dass der Berechnung der dem Ausgleichsberechtigten gutzuschreibenden Versorgungsbausteine derselbe Rechnungszins zu Grunde gelegt wird wie der Ermittlung des Ausgleichswerts (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869, Rdnr. 21; OLG Nürnberg, FamRZ 2016, 819; OLG Stuttgart, FamRZ 2016, 1689; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.11.2016 – 6 UF 115/16, juris).

    Dies gilt gleichermaßen für die heranzuziehenden Sterbe- bzw. Richttafeln. Es ist im Hinblick auf die gebotene gleichwertige Teilhabe nicht ersichtlich, weshalb insoweit die Heranziehung unterschiedlicher Tafeln für die Berechnung des Ausgleichswerts einerseits und die Berechnung der sich daraus ergebenden Ausgleichsrente andererseits gerechtfertigt sein sollte. Der vom Oberlandesgericht Nürnberg entschiedene Fall des Ausgleichs einer Kapitalzusage durch Begründung einer Altersrentenzusage bei gleichzeitigem erheblichem Altersunterschied der geschiedenen Ehegatten, in welchem das Oberlandesgericht Nürnberg einen (ausnahmsweisen) Rückgriff auf neue Sterbetafeln gestattete (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 2016, 819), ist hier nicht gegeben. Die gebotene Aufwandsneutralität für den Versorgungsträger wird durch die Verwendung der für das auszugleichende Anrecht geltenden Sterbe- bzw. Richttafeln nicht berührt, weil dem neuen Anrecht nunmehr die sich aus den für die Kalkulation des Anrechts des Ausgleichspflichtigen verwendeten Tafeln ergebenden biometrischen Rechnungsgrundlagen des Ausgleichsberechtigten zu Grunde zu legen sind.

    Soweit die für das zu teilende Anrecht maßgebliche Teilungsordnung unklar lässt, ob die Begründung des Anrechts des ausgleichsberechtigten Ehegatten mit Wirkung zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich oder erst mit Wirkung zum Zeitpunkt der Umsetzung der Entscheidung erfolgt, ist durch die aus dem Tenor ersichtliche Anordnung klarzustellen, dass das für die Antragstellerin zu begründende Anrecht mit Wirkung zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Entscheidung zu begründen ist. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erwirbt bereits mit Rechtskraft der rechtsgestaltenden Entscheidung über den Versorgungsausgleich im Umfang des zu seinen Gunsten zu begründenden Anrechts einen Anspruch auf die nach der Versorgungsordnung des Versorgungsträgers gewährten Leistungen, und zwar unabhängig davon, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt dieser die rechtskräftige Entscheidung umsetzt (vgl. zur externen Teilung BGH, FamRZ 2013, 773).

    2. Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung

    a) Teilhabe an der Zinsentwicklung

    Um dem Grundsatz der Halbteilung gerecht zu werden, muss die Wertentwicklung des auf der Grundlage des Ausgleichswerts für den Ausgleichsberechtigten geschaffenen Anrechts bereits ab dem Ende der Ehezeit der Wertentwicklung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen vergleichbar sein. Durch die Teilungsordnung des Versorgungsträgers oder durch geeignete Anordnungen des Gerichts ist daher zu gewährleisten, dass für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts entsteht, welches ab dem Ende der Ehezeit an der im Versorgungssystem geltenden Entwicklung teilhat. Andernfalls ginge dem Ausgleichsberechtigten ein Wertanteil in Höhe des Abzinsungsbetrages für die Zeit zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung verloren (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869, Rdnr. 20).

    Im vorliegenden Fall ist daher für den genannten Zeitraum die Aufzinsung des Ausgleichswerts mit dem aus der Auskunft vom 9.2.2016 ersichtlichen Abzinsungszinssatz von 4,00 Prozent p.a. anzuordnen.

    b) Teilhabe an der biometrischen Wertentwicklung

    Der Grundsatz der Halbteilung gebietet darüber hinaus eine Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der biometrischen Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, d.h. der Wertentwicklung, die sich daraus ergibt, dass ein versichertes und in die Ermittlung des Anwartschaftsbarwerts und des sich daraus ergebenden Ausgleichswerts eingeflossenes Risiko im genannten Zeitraum eingetreten oder nicht eingetreten ist.

    Da der Versorgungsträger Rückstellungen bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nur nach den biometrischen Rechnungsgrundlagen des ausgleichspflichtigen Ehegatten bilden muss, ist eine für den Versorgungsträger aufwandsneutrale Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der biometrischen Wertentwicklung dabei nur dann gewährleistet, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an der sich aus den biometrischen Rechnungsgrundlagen des Ausgleichspflichtigen ergebenden biometrischen Wertentwicklung und nicht an einer fiktiven biometrischen Wertentwicklung nach den biometrischen Rechnungsgrundlagen des Ausgleichsberechtigten teilhat. Dies gilt gleichermaßen für versicherungsförmige Zusagen wie für rückstellungsfinanzierte betriebliche Direktzusagen (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; Rdnr. 32-35).

    Die Teilhabe der Antragstellerin an der biometrischen Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts ist durch die aus dem Tenor ersichtliche Anordnung sicherzustellen.

    Im Übrigen begegnet die maßgebliche Teilungsordnung keinen rechtlichen Bedenken, soweit sie die vom Senat im Rahmen der von ihm zu treffenden Gestaltungsentscheidung allein zu überprüfende Begründung eines Anrechts des ausgleichsberechtigten Ehegatten betrifft. Die Bestimmungen über die Umsetzung der aus der Gestaltungsentscheidung des Familiengerichts resultierenden Kürzung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen unterliegen nicht der Überprüfung durch das Familiengericht, sondern sind einer Überprüfung durch die für das entsprechende Versorgungssystem zuständigen Gerichte, hier also die Arbeitsgerichte, vorbehalten (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1546, Rdnr. 12; a.A. möglicherweise BAG, FamRZ 2016, 535, wobei unklar bleibt, ob dort lediglich eine Bindung der Arbeitsgerichte an den der internen Teilung zu Grunde gelegten Ausgleichswert oder darüber hinaus auch an die sich aus der Teilungsordnung des Arbeitgebers ergebenden Bestimmungen über die Kürzung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen auf der Grundlage dieses Ausgleichswerts angenommen wird).

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 150 Abs. 1 bis 4, 81 Abs. 1 FamFG, 20 Abs. 1 FamGKG. Im Hinblick darauf, dass das Beschwerdeverfahren nur deshalb erforderlich geworden ist, weil das Amtsgericht das von der Beschwerde betroffene Anrecht bei seiner Entscheidung übersehen hat, entspricht es billigem Ermessen, für den zweiten Rechtszug von der Erhebung von Gerichtskosten und der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander abzusehen.

    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 50 Abs. 1 FamGKG. Da Gegenstand der Beschwerde nur ein Anrecht ist, ist für die Wertfestsetzung ein Zehntel des von beiden Ehegatten im Zeitpunkt der Einleitung der Scheidungssache in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens in Ansatz zu bringen.

    Die Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen zur Frage der dem neu zu begründenden Anrecht zu Grunde zu legenden Richttafeln und zur Frage der Überprüfung der Bestimmungen der Teilungsordnung zur Kürzung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen zuzulassen (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG).

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statthaft. Gemäß § 71 FamFG ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht -Bundesgerichtshof, Herrenstrasse 45a, 76133 Karlsruhe - einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

    1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und

    2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.

    Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

    Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 S. 5 und 6 der ZPO gilt entsprechend. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

    1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge),

    2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar

    a. die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;

    b. soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

    Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt (§ 114 Abs. 2 FamFG) oder unter den Voraussetzungen des § 114 Abs. 3 FamFG durch eine zur Vertretung berechtigte Person, die die Befähigung zum Richteramt hat, vertreten lassen.

    Diehl Dr. Schweppe Schmidt