OLG Frankfurt vom 31.01.2020 (4 UF 42/19)

Stichworte: Ehevertrag, Wirksamkeit; Versorgungsausgleich, Unwirtschaftlichkeit, Abfindung; Wertausgleich, berufsständische Versorgung, zeitratierliche Bewertung
Normenkette: BGB 138; BGB 1408, 1410, 1414; VersAusglG 19 Abs. 2 Nr. 3; VersAusglG 23, 24; FamFG 69
Orientierungssatz:
  • Zur Wirksamkeit eines Ehevertrags.
  • Steht dem Wertausgleich eines Anrechts bei der Scheidung im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG dessen Unwirtschaftlichkeit entgegen, kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte auch im zweiten Rechtszug einen (hilfsweisen) Folgeantrag auf schuldrechtliche Abfindung des Anrechts nach §§ 23, 24 VersAusglG stellen.
  • Pauschale Zurechnungszeiten in den Satzungen der berufsständischen Versorgungswerke unterliegen der zeitratierlichen Bewertung, wobei als höchstens erreichbare Zeitdauer i.S.d. § 41 Abs. 2 VersAusglG die Zeit vom Eintritt in das Versorgungswerk bis zum Erreichen der Altersgrenze zu berücksichtigen ist. Die pauschale Zurechnungszeit erhöht die erreichbare Gesamtdienstzeit nicht.
  • 95 F 646/14
    AG Bad Homburg v.d.H.

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 21.02.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bad Homburg vor der Höhe vom 6.12.2016 im schriftlichen Verfahren auf Grund der bis zum 10.1.2020 eingegangenen Schriftsätze beschlossen:

    Die Rücknahme der gegen den Scheidungsausspruch im angefochtenen Beschluss gerichteten Beschwerde hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.

    Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffer II des Beschlusstenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer) zu Gunsten zu Gunsten des dort bestehenden Anrechts des Antragstellers (Versicherungsnummer) ein Anrecht mit einem Ausgleichswert von 1,6943 Entgeltpunkten, bezogen auf den 30.6.2014, übertragen.

    Der Antragsteller wird verpflichtet, zum Ausgleich seines Anrechts beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Mitgliedsnummer) zu Gunsten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer) eine Abfindung in Höhe von 16.155,18 Euro an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

    Der Antragsgegnerin wird für den zweiten Rechtszug mit Wirkung ab dem 5.11.2019 für die Beschwerde in der Folgesache Versorgungsausgleich ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin xy bewilligt. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich nicht auf die von der Antragsgegnerin bereits bezahlte, aus einem Teilverfahrenswert von 1.000,- Euro berechnete Verfahrensgebühr nach Ziffer 3200 VV RVG und die von ihr bezahlten Auslagen nach Ziffer 2003 KV FamGKG. Im Übrigen, also hinsichtlich der Beschwerde in der Scheidungssache und der Folgesache Zugewinnausgleich, wird der Verfahrenskostenhilfeantrag zurückgewiesen.

    Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Entscheidung in der Folgesache Versorgungsausgleich zugelassen.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 21.770,- Euro. Davon entfallen 12.900,- Euro auf die Scheidungssache, 3.870,- Euro auf die Folgesache Versorgungsausgleich und 5.000,- Euro auf die Folgesache Zugewinnausgleich.

    Gründe:

    I.

    Mit dem angefochtenen Scheidungsverbundbeschluss, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, schied das Amtsgericht aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6.12.2016 auf den am 19.7.2014 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers hin die am 5.5.1989 geschlossene Ehe mit der Antragsgegnerin, stellte fest, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet und wies den auf die Zahlung von Zugewinnausgleich gerichteten Stufenantrag der Antragsgegnerin zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung verwies es im Wesentlichen auf die Regelungen in dem vom Antragsteller und der Antragsgegnerin zur Niederschrift des Notariatsdirektors xy in K. am 2.5.1989 geschlossenen Ehevertrag, in dem es u.a. heißt:

    㤠2

    Wird die Ehe durch einen Scheidungsantrag, der nach vier Ehejahren bei Gericht eingeht, geschieden, so soll abweichend von der gesetzlichen Regelung der Versorgungsausgleich nur für die Zeiträume stattfinden, in denen ein Ehegatte ehebedingt keine Versorgungsanwartschaften erworben hat. Als solche ehebedingt anwartschaftslosen Zeiten gelten abschliessend:

    1. Zeiten der Kindererziehung, bis das jüngste gemeinsame Kind das 10. Lebensjahr vollendet hat;

    2. Zeiten, in denen ein Ehegatte wegen der gemeinsamen Kinder nur eine Halbtagstätigkeit ausübt;

    3. Zeiten der Krankheit, die eine Arbeitsunfähigkeit nach sich zieht, und der Schwangerschaft wegen gemeinsamer Kinder;

    4. Ehejahre, in denen der erwerbslose Ehegatte das 50. Lebensjahr vollendet hat.

    § 4

    Für Zeiten, in denen der Versorgungsausgleich stattfindet, verbleibt es bei dem Güterstand der Gütertrennung.

    § 5

    Ein Ehegatte kann jederzeit den Eintrag der Gütertrennung in das Güterrechtsregister verlangen. ...“

    Im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags war der am 0.0.0000 geborene Antragsteller seit 1986 als selbständiger Rechtsanwalt tätig und zahlte für seine berufsständische Versorgung den vorgeschriebenen Mindestbeitrag. Die am 0.0.0000 geborene Antragstellerin, die damals noch k. Staatsangehörige war, war als Studentin der Sozialwissenschaften und der französischen Literatur an der Universität K. eingeschrieben, nachdem sie ihr Erststudium der Germanistik, Anglistik und Geschichte im Mai 1987 mit der Note „ausreichend“ abgeschlossen hatte. Der Antragsteller forderte von der Antragsgegnerin kurz vor der Eheschließung den Abschluss eines Ehevertrags mit Regelungen zum Versorgungsausgleich und drohte ihr für den Fall einer Weigerung mit der Absage der für den 5.5.1989 geplanten Eheschließung. Der von ihm gefertigte Vertragsentwurf wurde ihr erstmals kurz vor der geplanten Protokollierung vorgelegt und vom protokollierenden Notar ohne Änderungen übernommen. Bei der Eheschließung am 5.5.1989 waren außer den beiden Ehegatten und dem Standesbeamten der vom Antragsteller benannte Trauzeuge sowie die von der Antragsgegnerin benannte Trauzeugin und ihr Ehemann zugegen. Auf Grund der Eheschließung erhielt die Antragsgegnerin eine Arbeitserlaubnis, welche es ihr erlaubte, zum 1.11.1989 eine Erwerbstätigkeit für eine in Deutschland tätige k. Firma aufzunehmen. Bereits 1991 gründete der Antragsteller eine Kanzlei in P. und mietete dort eine Zweitwohnung an, während die Antragsgegnerin in der bisherigen Ehewohnung in O. verblieb. Bis zur Trennung, über deren Zeitpunkt die Beteiligten streiten, verbrachten die Ehegatten anschließend nur ihre Urlaube und gelegentlich auch die Wochenenden gemeinsam. In ihren getrennten Haushalten wirtschafteten sie ansonsten eigenständig, ließen sich allerdings bis zum Jahr 2008 gemeinsam steuerlich veranlagen.

    Die Antragsgegnerin war in der Zeit vom 7.10.1991 bis zum 25.2.1993 arbeitsunfähig erkrankt und nach Vollendung ihres 50. Lebensjahrs vom 1.7.2006 bis zum 30.11.2006 und vom 1.1.2008 bis zum 7.3.2010 arbeitslos. Wegen des Werts der von beiden Ehegatten im genannten Zeitraum erworbenen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung wird auf die Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 6.7.2016 und vom 8.7.2016 Bezug genommen. Wegen des Werts des vom Antragsteller im genannten Zeitraum erworbenen berufsständischen Anrechts beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg wird auf die zuletzt erteilte Auskunft vom 7.5.2018 und die Auskunft zur Berechnung des korrespondierenden Kapitalwerts bzw. des Zeitwerts vom 15.4.2019 Bezug genommen.

    Mit ihrer am 21.2.2017 beim Amtsgericht eingegangenen und innerhalb der vom Vorsitzenden des Senats verlängerten Begründungsfrist begründeten Beschwerde gegen den ihr am 23.1.2017 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin zunächst ihren Antrag auf Zurückweisung des Scheidungsantrags weiterverfolgt und hilfsweise ihren Stufenantrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich weiterverfolgt und die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt. Ihre Beschwerde gegen den Ausspruch der Ehescheidung hat sie mit Schriftsatz vom 6.10.2017 zurückgenommen und ihre Beschwerde auf den Ausspruch in den Folgesachen Zugewinn- und Versorgungsausgleich beschränkt.

    Die Antragsgegnerin trägt vor, der Ehevertrag vom 2.5.1989 enthalte keine Vereinbarung der Gütertrennung. Im Übrigen sei er ohnehin nichtig. Aus Angst, ihr Gesicht zu verlieren, habe sie dem Notar gegenüber angegeben, die deutsche Sprache ausreichend zu beherrschen und habe den Vertrag unterschrieben, obwohl sie die ihrem Kulturkreis fremden Regelungen des Ehevertrags nicht ansatzweise verstanden habe.

    Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

    den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern,

    1. dass der Versorgungsausgleich zwischen den Beteiligten für die gesamte Ehezeit durchgeführt wird,

    hilfsweise für den Fall, dass der Versorgungsausgleich auf die Zeiträume vom 7.10.1991 bis zum 25.2.1993, vom 1.7.2006 bis zum 30.11.2006 und vom 1.1.2008 bis zum 7.3.2010 beschränkt wird und § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG einem Wertausgleich des Anrechts der berufsständischen Versorgung des Antragstellers bei der Scheidung entgegensteht, den Antragsgegner zur Zahlung einer Abfindung in Höhe des Zeitwerts des Ausgleichswerts dieses Anrechts zu Gunsten des Anrechts der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verpflichten.

    2. den Antragsteller zu verpflichten,

    a. der Antragsgegnerin durch Vorlage sämtliche wertbildenden Faktoren enthaltender Vermögensverzeichnisse Auskunft zu erteilen

    - über den Bestand seines Endvermögens am 19.7.2014,

    - über den Bestand seines Anfangsvermögens am 5.5.1989,

    - über Vermögen, welches er während der Ehe durch Erbschaft, mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat, unter Angabe des Zeitpunkts des Erwerbs,

    - über den Bestand seines Vermögens zum Zeitpunkt der Trennung.

    b. hinsichtlich der in den Vermögensverzeichnissen genannten Positionen noch zu bezeichnende Belege vorzulegen und die Werte anzugeben und die eidesstattliche Versicherung im Hinblick auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben und der Belege abzugeben.

    c. der Antragsgegnerin einen Zugewinnausgleich in noch zu beziffernder Höhe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.

    Der Antragsteller beantragt,

    die Beschwerde zurückzuweisen,

    hilfsweise, ihm zu gestatten, eine etwaige Abfindung des auszugleichendenAnrechts der berufsständischen Versorgung in monatlichen Raten von 100,- Euro zu zahlen.

    Er trägt vor, der Antrag auf Abfindung des Ausgleichswerts seiner berufsständischen Versorgung könne nicht im zweiten Rechtszug gestellt werden. Im Übrigen müsse bei der Berechnung des Ausgleichswerts berücksichtigt werden, dass es sich bei den dem Antragsteller nach § 22 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung des Versorgungswerks pauschal anzurechnenden acht Versicherungsjahren um eine - an §§ 1259 Abs. 1 Nr. 4 b) RVO, 36 Abs. 1 Nr. 4 b) AVG in ihrer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung geltenden Fassung - angelehnte rentenrechtliche Anerkennung von Ausbildungszeiten handele, die bei der Ermittlung des Ehezeitanteils des Anrechts außer Betracht zu haben bleibe, weil der Antragsteller seine Ausbildung vor der Ehe abgeschlossen habe. Ohnehin sei eine – auch teilweise – Durchführung des Versorgungsausgleichs für ihn mit einer grob unbilligen Härte verbunden, weil eine Versorgungsgemeinschaft der Ehegatten faktisch seit 1991 nicht mehr bestanden habe.

    Der Antragsteller hat sein zu versteuerndes Einkommen des Jahres 2017 unter Vorlage des Einkommenssteuerbescheids mit 11.124,- Euro angegeben. Eine weitergehende Auskunftserteilung über sein Einkommen und Vermögen hat er verweigert.

    Das beteiligte Versorgungswerk hat darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin im Falle einer Durchführung des Wertausgleichs bei der Scheidung für die nach § 2 des Ehevertrags auszugleichenden 48 Monate nicht die nach § 20 Abs. 4 der Satzung des Versorgungswerks für eine spätere Rentenzahlung erforderlichen 60 Beitragsmonate erwerben würde, weshalb der Wertausgleich für sie unwirtschaftlich sei. Die Anrechnungszeiten des § 22 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung führten lediglich zu einer rechnerischen Erhöhung des für die Berechnung der Rentenhöhe relevanten Faktors, ohne dass es sich um Beitragsmonate im Sinne des § 20 Abs. 4 der Satzung handele.

    Den aktuellen Rentensteigerungsbetrag im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 der Satzung hat das Versorgungswerk zuletzt mit Auskunft vom 15.4.2019 mit 91,72 Euro beziffert. Er beläuft sich ausweislich der Angaben im Internetauftritt des Versorgungswerks seit dem 1.1.2020 auf 92,18 Euro (vgl. www.va-rw.de bzw. INFO 30 – Jahr 2019 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg, dort Seite 11).

    Mit Beschluss vom 5.12.2019 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, ohne erneute mündliche Verhandlung in der Sache zu entscheiden und hat den Beteiligten für die Einreichung von Schriftsätzen eine Frist bis zum 10.1.2020 gesetzt.

    II.

    1. Scheidung

    Nachdem die Antragsgegnerin ihre Beschwerde zurückgenommen hat, soweit sich diese gegen den Scheidungsausspruch gerichtet hat, ist der Verlust des eingelegten Rechtsmittels auszusprechen (§§ 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

    2. Zugewinnausgleich

    Die zulässige Beschwerde in der Folgesache Zugewinnausgleich ist aus den zutreffenden Gründe:n der angefochtenen Entscheidung unbegründet und daher zurückzuweisen.

    Der Güterstand der beteiligten Ehegatten unterliegt im vorliegenden Fall gemäß Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB, Art. 15 Abs. 1 EGBGB (in der bis zum 28.1.2019 geltenden Fassung), Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB (in der bis zum 28.1.2019 geltenden Fassung) dem deutschen Recht, weil beide Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung über keine gemeinsame Staatsangehörigkeit verfügten und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten.

    Nach §§ 1408 Abs. 1 und 2, 1410 BGB in seiner im Zeitpunkt der Eheschließung geltenden Fassung konnten Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse und den Versorgungsausgleich durch notariell zu beurkundende Vereinbarung abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln. Dabei trat im Falle eines Ausschlusses des Versorgungsausgleichs gemäß § 1414 Satz 2 BGB in seiner im Zeitpunkt der Eheschließung geltenden Fassung auch Gütertrennung ein.

    Im vorliegenden Fall haben die Ehegatten den Versorgungsausgleich durch den notariell beurkundeten Vertrag vom 2.5.1989 zwar nicht vollständig ausgeschlossen. Aus der unter § 4 des Vertrags getroffenen Vereinbarung, wonach es beim Güterstand der Gütertrennung auch dann verbleibt, wenn der Versorgungsausgleich für bestimmte Zeiten stattfindet, ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass die Vereinbarung einer Gütertrennung gewollt war. Andernfalls ergäbe auch die unter § 5 des Vertrags getroffene Vereinbarung, wonach jeder Ehegatte jederzeit die Eintragung der Gütetrennung in das Güterrechtsregister verlangen kann, keinen Sinn.

    Ob der Antragsgegnerin die Tragweite des Ehevertrags bewusst war, ist für dessen Wirksamkeit ohne Bedeutung. Eine Unwirksamkeit des Ehevertrags käme nur unter den Voraussetzungen des § 138 BGB in Betracht, die hier ersichtlich nicht vorliegen.

    Im Rahmen der gebotenen Wirksamkeitskontrolle von Eheverträgen ist zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr – losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Vorschriften treten. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abstellt, insbesondere auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf eventuelle vorhandene oder erhoffte eheliche Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. Dabei ist ein umso strengerer Maßstab anzulegen, je mehr die ehevertraglichen Vereinbarungen in den Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts eingreifen (vgl. BGH, FamRZ 2004; FamRZ 2013, 195). Auch objektiv einseitig belastende Regelungen lassen die für die Annahme einer Sittenwidrigkeit des Ehevertrags erforderliche Voraussetzung einer verwerflichen Gesinnung des begünstigten Ehegatten allerdings nicht entfallen. Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität hindeuten, insbesondere in Folge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit, intellektueller Unterlegenheit oder einer Überrumpelung des mit dem Vertragsansinnen konfrontierten Ehegatten (vgl. BGH, FamRZ 2014, 629; FamRZ 2017, 884). Eine subjektive Imparität kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der mit dem Verlangen auf Abschluss eines Ehevertrages konfrontierte Ehegatte erkennbar in einem besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen ist, weil er ohne den ökonomischen Rückhalt der Ehe einer ungesicherten wirtschaftlichen Zukunft entgegensehen würde (vgl. BGH, FamRZ 2009, 1041; FamRZ 2013, 269). Die Beweislast für eine von ihm behauptete Drucksituation bei Errichtung der Vertragsurkunde trägt der Ehegatte, der sich auf die Sittenwidrigkeit des Ehevertrags beruft (vgl. BGH, FamRZ 2008, 386; FamRZ 2013, 269).

    Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl an einer objektiv einseitig belastenden Regelung der Scheidungsfolgen als auch an der Ausnutzung einer Zwangslage der Antragsgegnerin. Durch den Ehevertrag ist lediglich der ohnehin nicht zum Kernbereich der Scheidungsfolgen rechnende Zugewinnausgleich (vgl. insoweit BGH, FamRZ 2004, 601) vollständig ausgeschlossen worden, der nacheheliche Unterhalt hingegen überhaupt nicht und der Versorgungsausgleich nur mit erheblichen Einschränkungen für den Fall der Geburt ehelicher Kinder sowie der vorübergehenden oder dauerhaften Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbslosigkeit. Eine objektiv einseitige Benachteiligung der Antragsgegnerin war damit im Hinblick darauf, dass beide Ehegatten über ein abgeschlossenes Hochschulstudium verfügten und auch der Antragsteller erst seit drei Jahren berufstätig war, nicht von vornherein verbunden. Darüber hinaus fehlt es an einer sittenwidrigen Ausnutzung eines zwischen den Vertragsparteien bestehenden Ungleichgewichts durch den Antragsteller. Zweifellos verfügte dieser auf Grund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt über eine stärkere Verhandlungsposition als die Antragsgegnerin. Da jedoch auch die Antragsgegnerin über ein abgeschlossenes deutsches Hochschulstudium verfügte und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihre wirtschaftliche Existenz oder ihr Aufenthalt in Deutschland ohne die beabsichtigte Eheschließung akut bedroht waren, ist nicht zu erkennen, dass sie sich in einer Zwangslage befand, in welcher ihr eine Ablehnung des Ansinnens des Antragstellers schlechthin unmöglich war. Dies gilt umso mehr, als bei der Eheschließung am 5.5.1989 außer den beiden Ehegatten und dem Standesbeamten ohnehin nur die beiden Trauzeugen und der Ehegatte der Trauzeugin zugegen waren. Es erschließt sich dem Senat vor diesem Hintergrund nicht, weshalb die Antragsgegnerin dem vom Antragsteller an sie herangetragenen Wunsch nach dem Abschluss eines Ehevertrags zustimmen musste, um ihr Gesicht zu wahren. Auch wenn sie sich vom Antragsgegner zweifellos unter Druck gesetzt fühlte, rechtfertigt dieser Umstand unter Berücksichtigung des Inhalts des Ehevertrags, der die wesentlichen Kernbereiche des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts unangetastet ließ, nicht das Verdikt einer Sittenwidrigkeit des Vertrags.

    Dieser hält auch der gebotenen Ausübungskontrolle stand. Im Rahmen der Ausübungskontrolle ist zu prüfen, ob und inwieweit sich die Berufung auf den wirksam abgeschlossenen Ehevertrag im Scheidungsfall als rechtsmissbräuchlich darstellt. Hierbei ist zu prüfen, ob sich aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolgen nunmehr eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in den Bestand der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluss der Scheidungsfolge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Auch wird dadurch nicht notwendig die vom Gesetz vorgesehene, aber vertraglich ausgeschlossene Scheidungsfolge in Vollzug gesetzt. Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Seiten in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Dabei wird er sich allerdings umso stärker an der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge zu orientieren haben, je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts angesiedelt ist (vgl. BGH, FamRZ 2004, 601).

    Im vorliegenden Fall ist ein von den Vorstellungen der Vertragsparteien abweichender Geschehensablauf, welcher eine Berufung auf die vereinbarte Gütertrennung als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe, weder vorgetragen noch ersichtlich. Beide Ehegatten wirtschafteten seit 1991 weitgehend eigenständig. Die Durchführung eines Zugewinnausgleichs entgegen der Regelung des wirksamen Ehevertrags ist vor diesem Hintergrund auch im Hinblick auf die Bedeutung des Zugewinnausgleichs im Bereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen nicht geboten.

    Das Amtsgericht hat den auf die Zahlung von Zugewinnausgleich gerichteten Stufenantrag der Antragsgegnerin daher zu Recht zurückgewiesen. Von einer erneuten mündlichen Verhandlung konnte der Senat gemäß §§ 68 Abs. 3 Satz 2, 117 Abs. 3 FamFG absehen, weil von ihr im Hinblick auf die fehlende Schlüssigkeit des bereits im ersten Rechtszug erfolgten Vortrags der Antragsgegnerin zur Unwirksamkeit des Ehevertrags kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten war.

    3. Versorgungsausgleich

    Die zulässige Beschwerde in der Folgesache Versorgungsausgleich ist in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und führt insoweit zur Abänderung der diesbezüglichen Entscheidung des Amtsgerichts.

    Auch auf den Versorgungsausgleich findet gemäß Art. 17 Abs. 4 Satz 1 EGBGB deutsches Sachrecht Anwendung.

    Der Versorgungsausgleich ist von den beteiligten Ehegatten im vorliegenden Fall durch den Ehevertrag vom 2.5.1989 nach §§ 1408 Abs. 2, 1410 BGB in ihrer zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags geltenden Fassung formwirksam weitgehend ausgeschlossen worden. Die materielle Wirksamkeit des vereinbarten Teilausschlusses des Versorgungsausgleichs begegnet aus den oben unter Ziffer II.1 aufgeführten Erwägungen keinen Bedenken.

    Der Versorgungsausgleich ist daher nur mit den sich aus dem Ehevertrag ergebenden Einschränkungen durchzuführen, d.h. nur für die unter Ziffer I. genannten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit der Antragsgegnerin. Dass die Antragsgegnerin selbst während dieser Zeiten Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, steht dem Ausgleich der während dieser Zeiten erworbenen Anrechte beider Ehegatten entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht entgegen. In § 2 Satz 2 des Ehevertrags haben die beteiligten Ehegatten nämlich vereinbart, für welche als ehebedingt anwartschaftslos geltenden Zeiten ein Ausgleich durchzuführen ist. Die Aufzählung in § 2 Satz 2 des Ehevertrags enthält diverse Zeiten, während derer auch vom ausgleichsberechtigten Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung Versorgungsanwartschaften erworben werden oder werden können, zum Beispiel Zeiten der betreuungsbedingten Halbtagsbeschäftigung, der Kindererziehung, der Schwangerschaft, der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit oder des Bezugs von Leistungen der Arbeitslosenversicherung nach Vollendung des 50. Lebensjahrs. Die getroffene Regelung kann daher nur so verstanden werden, dass ein Ausgleich der beiderseitigen in den in § 2 Satz 2 des Ehevertrags genannten Zeiten zu erfolgen hat.

    Dieser führt im Ergebnis entgegen der Annahme des Amtsgerichts auch nicht zu einem Wertausgleich zu Lasten der Antragsgegnerin.

    Auf Seiten der Antragsgegnerin ist im Wege der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG das in den genannten Zeiten erworbene Anrecht von 3,3885 Entgeltpunkten mit einem Ausgleichswert von 1,6943 Entgeltpunkten und einem auf das sich aus § 3 Abs. 1 VersAusglG ergebende Ende der Ehezeit am 30.6.2014 bezogenen korrespondierenden Kapitalwert von 11.162,- Euro zu Gunsten des bestehenden Anrechts des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen. § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG steht einer solchen internen Teilung nicht entgegen, weil der Antragsteller die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nach § 50 Abs. 1 SGB VI durch die sich aus der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 8.7.2016 ergebenden, nach § 51 Abs. 1 SGB VI anzurechnenden 37 Beitragsmonate und die bei einem Ausgleichswert von 1,6943 Entgeltpunkten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB VI hinzuzurechnenden 54 Beitragsmonate erfüllt und ihm außerdem die Möglichkeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Erfüllung von Wartezeiten eröffnet ist.

    Auf Seiten des Antragstellers ist das von ihm in den genannten Zeiten erworbene, auf die Zahlung einer monatlichen Rente von 188,71 Euro, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.6.2014, gerichtete Anrecht der berufsständischen Versorgung beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg mit einem vorgeschlagenen Ausgleichswert von 94,36 Euro monatlich und einem vorgeschlagenen korrespondierenden Kapitalwert von 14.156,20 Euro zu Gunsten der Antragsgegnerin auszugleichen.

    Die Berechnung des Ehezeitanteils und des vorgeschlagenen Ausgleichswerts in der Auskunft des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg vom 7.5.2018 begegnet dabei Bedenken lediglich insoweit, als maßgebliche Bezugsgröße für die Bestimmung des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts nach § 37 Abs. 2, 3 der Satzung des Versorgungswerks nicht ein monatlicher Rentenbetrag, sondern das Produkt aus dem ehezeitbezogenen persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten des Ausgleichspflichtigen mit der Anzahl der Jahre der Ehezeit ist, in denen eine beitragspflichtige oder mit freiwilligen Beiträgen oder durch Zurechnungszeiten belegte Mitgliedschaft des Ausgleichspflichtigen bestand.

    Umgerechnet auf Monate ergibt sich daraus ein Ehezeitanteil von 61,0169 x 0,4126 = 25,1756, der für den ausgleichspflichtigen Antragsteller nach § 22 Abs. 1 der Satzung tatsächlich einer auf das Ende der Ehezeit bezogenen monatlichen Rente von 188,71 Euro entspricht. Für die Antragsgegnerin ergibt sich aus dem sich daraus ergebenden Ausgleichswert von 12,5878 wegen des Wegfalls des Invaliditäts- und Hinterbliebenenschutzes gemäß § 37 Abs. 1 der Satzung allerdings nicht die fälschlicherweise als Ausgleichswert mitgeteilte monatliche Rente von 94,36 Euro, sondern unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 7,1 Prozent bezogen auf das Ende der Ehezeit eine monatliche Rente von 101,06 Euro.

    Soweit das Versorgungswerk der Berechnung des Ehezeitanteils zuzurechnende Zeiten von 61,0169 Monaten an Stelle der auszugleichenden 48 Ehemonate zu Grunde gelegt hat, begegnet dies keinen Bedenken. Die Zurechnung beruht auf der Regelung des § 22 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung des Versorgungswerks, wonach bei einem Eintritt in das Versorgungswerk vor Vollendung des 45. Lebensjahrs pauschal acht Versicherungsjahre anzurechnen sind. Diese Zurechnungszeiten, die sich nicht unmittelbar einzelnen Zeiten der Mitgliedschaft im Versorgungswerk zurechnen lassen, hat das Versorgungswerk zutreffend nach § 41 Abs. 1 und 2 VersAusglG im Wege der zeitratierlichen Berechnung mittels des Quotienten aus der auszugleichenden Ehezeit von 48 Monaten und der gesamten Zeit von 354 Monaten vom Eintritt des Antragstellers in das Versorgungswerk bis zum Erreichen der Altersgrenze des § 20 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Ehezeit zugeschlagen.

    Entgegen der Auffassung des Antragstellers führen die Zurechnungszeiten weder zu einer Verlängerung der im Wege der zeitratierlichen Berechnung zu berücksichtigenden Gesamtzeit der Mitgliedschaft im Versorgungswerk noch haben sie bei der Berechnung des Ehezeitanteils des Anrechts ganz außen vor zu bleiben. Anders als die im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung des Versorgungswerks noch geltenden §§ 1259 Abs. 1 Nr. 4 b) RVO, 36 Abs. 1 Nr. 4 b) AVG führt die pauschale Zurechnung von Versicherungsjahren nach § 22 Abs. 3 der Satzung des Versorgungswerks – worauf das Versorgungswerk zu Recht hingewiesen hat - nicht zu einer Erhöhung der auf die Wartezeit nach § 20 Abs. 4 der Satzung anzurechnenden Versicherungsjahre, sondern lediglich zu einer Erhöhung der Rente. Andernfalls wäre die Wartezeit bei einem Eintritt in das Versorgungswerk vor Vollendung des 49. Lebensjahrs bereits ohne eigene Beitragszahlung mit dem Eintritt in das Versorgungswerk erreicht; § 20 Abs. 4 der Satzung liefe weitgehend ins Leere.

    Auch der Sinn und Zweck der in § 22 Abs. 3 der Satzung des Versorgungswerks geregelten pauschalen Zurechnungszeiten rechtfertigt weder eine Verlängerung der in die zeitratierliche Gesamtberechnung einzustellenden Gesamtdienstzeit noch eine völlige Außerachtlassung der Zurechnungszeiten bei der Ermittlung des Ehezeitanteils. Die Zurechnung erfolgt nämlich nur für Zeiten der Mitgliedschaft im Versorgungswerk und völlig unabhängig von der tatsächlichen Dauer der Ausbildung und deren gegebenenfalls bereits erfolgter Berücksichtigung bei zuvor erworbenen Anrechten. Sie erfolgt außerdem nur bei einem Eintritt in das Versorgungswerk vor Vollendung des 52. Lebensjahrs, wobei die anzurechnende Zeit nach erfolgter Vollendung des 45. Lebensjahrs kontinuierlich abgeschmolzen wird.

    Dementsprechend wirken sich die Zurechnungszeiten nach § 22 Abs. 3 der Satzung des Versorgungswerks auch nicht auf die Berechnung des persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten nach § 22 Abs. 4 der Satzung aus, der sich ausschließlich aus den Monaten errechnet, in denen eine Mitgliedschaft im Versorgungswerk bestand. Andernfalls stünde dem Antragsgegner insgesamt ein deutlich niedrigerer als der vom Versorgungswerk berechnete Rentenanspruch zu, wovon er selbst nicht ausgeht.

    Dem nach § 10 Abs. 1 VersAusglG eigentlich im Wege der internen Teilung des berufsständischen Anrechts durchzuführenden öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung steht allerdings § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG entgegen, weil die interne Teilung für die Antragsgegnerin unwirtschaftlich wäre. Ihr würden dadurch lediglich 48 Beitragsmonate übertragen, was für die Erfüllung der sich aus § 20 Abs. 4 der Satzung des Versorgungswerks ergebenden Wartezeit von 60 Beitragsmonaten nicht ausreichen würde. Da die Antragsgegnerin nicht die Voraussetzungen für eine Anwaltszulassung und damit für eine Mitgliedschaft im Versorgungswerk erfüllt, wäre sie auch nicht in der Lage, das erworbene Anrecht durch eigene Beitragszahlungen aufzustocken (vgl. § 37 Abs. 6 der Satzung des Versorgungswerks).

    Das Anrecht unterliegt daher dem schuldrechtlichen Wertausgleich nach der Scheidung nach §§ 20 ff. VersAusglG. Liegen die Voraussetzungen für eine schuldrechtliche Abfindung des auszugleichenden Anrechts nach §§ 23, 24 VersAusglG vor, kann der Abfindungsanspruch bereits im Scheidungsverbundverfahren als Folgesache geltend gemacht werden (vgl. BGH, FamRZ 2016, 1576; FamRZ 2013, 1021; OLG Brandenburg, FamRZ 2013, 1039). Die erstmals im zweiten Rechtszug hilfsweise für den Fall der Unwirtschaftlichkeit des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs bei der Scheidung erfolgte Geltendmachung des Abfindungsverlangens durch die Antragsgegnerin begegnet dabei keinen Bedenken im Hinblick auf ihre Zulässigkeit. Das Beschwerdegericht hat gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG in der Sache selbst zu entscheiden, d.h. es hat über den Ausgleich der von beiden Ehegatten während der Ehezeit erworbenen Anrechte zu befinden. Von Amts wegen ist dabei gemäß § 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG zwar zunächst nur über den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung zu befinden. Dies hindert die Beteiligten jedoch – wie dargestellt – nicht daran, auch den schuldrechtlichen Wertausgleich nach der Scheidung zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, soweit dessen Voraussetzungen bereits vorliegen und eine Entscheidung für den Fall der Scheidung der Ehe zu treffen ist. Jedenfalls im Falle der erstmaligen hilfsweisen Geltendmachung eines Abfindungsanspruchs nach §§ 23, 24 VersAusglG im zweiten Rechtszug geht damit keine unzulässige Erweiterung des Gegenstands des Beschwerdeverfahrens einher, weil Gegenstand des Verfahrens der Ausgleich des betroffenen Anrechts für den Fall der Scheidung bleibt. Es wäre sowohl unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes als auch unter verfahrensökonomischen Gesichtspunkten unsinnig, wenn das Beschwerdegericht den ausgleichsberechtigten Ehegatten im Falle der Undurchführbarkeit des von ihm eigentlich begehrten öffentlichen-rechtlichen Wertausgleichs zwecks Durchführung des hilfsweise begehrten schuldrechtlichen Wertausgleichs auf die Einleitung eines weiteren Verfahrens vor dem Familiengericht verweisen müsste. Eine entsprechende Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des Beschwerdegerichts lässt sich den maßgeblichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen nicht entnehmen. Der vorliegende Fall ist auch nicht mit dem vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 7.3.1990 entschiedenen Fall (BGH, Beschluss vom 7.3.1990 – XII ZB 14/98, FamRZ 1990, 606) vergleichbar, weil dort Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens nicht der Versorgungsausgleich als Scheidungsfolgesache, sondern die Abänderung eines bereits durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 10a VAHRG war und mit der Beschwerde stattdessen der schuldrechtliche Ausgleich eines bislang noch nicht öffentlich-rechtlichen ausgeglichenen Anrechts begehrt wurde. Insoweit dürfte es sich anders als bei der im Scheidungsverbundverfahren zu treffenden Entscheidung, ob ein Anrecht im Falle der Scheidung öffentlich-rechtlich nach §§ 6 bis 18 VersAusglG oder schuldrechtlich nach §§ 23, 24 VersAusglG auszugleichen ist, tatsächlich auch weiterhin um zwei verschiedene Verfahrensgegenstände handeln.

    Die Voraussetzungen einer Abfindung nach § 23 VersAusglG sind gegeben. Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit einer Abfindung sind nicht ersichtlich, nachdem der Antragsteller eine Offenlegung seiner Einkommens- und insbesondere Vermögensverhältnisse verweigert hat. Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine mit einer Einmalzahlung verbundene unbillige Belastung des Antragstellers, welche ihn nach § 23 Abs. 3 VersAusglG berechtigen würde, eine Ratenzahlung zu verlangen.

    Für die Höhe der Abfindung ist gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG der Zeitwert des Ausgleichswerts maßgeblich. Hierbei handelt es sich bei Anrechten, deren Ausgleichswert nicht bereits als Kapitalwert bestimmt ist, um den korrespondierenden Kapitalwert des Ausgleichswerts im Sinne des § 47 VersAusglG einschließlich der darauf bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bzw. der voraussichtlichen Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung entfallenden Wertentwicklung (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2013, 1039, m.w.N.; Münchener Kommentar zum BGB/Ackermann-Sprenger, 8. Aufl. 2019, § 24 VersAusglG, Rdnr. 4 ff.; BeckOGK-BGB/Fricke, Stand 1.8.2019, § 24 VersAusglG, Rdnr. 9 f.).

    Der mit dem oben genannten Ausgleichswert von 12,5878 korrespondierende Kapitalwert belief sich am Ende der Ehezeit unter Zugrundelegung einer Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung von 5.950,- Euro monatlich, eines Beitragssatzes von 18,9 Prozent und eines Rentensteigerungsbetrags von 89,95 Euro nach der Formel

    Ausgleichswert x Rentensteigerungsbetrag x Regelpflichtbeitrag / Rentensteigerungsbetrag

    auf 12,5878 x 89,95 x (5.950 x 0,189) : 89,95 = 14.155,61 Euro. Dieser Betrag entspricht dem sich aus § 37 Abs. 4 der Satzung ergebenden - mit den jeweiligen Jahreswerten berechneten - Erstattungsbetrag, den der Antragsteller im Falle einer internen Teilung zur Abwendung der Kürzung seines Anrechts hätte zahlen müssen; er beinhaltet den Wert der dem Antragsteller zugesagten Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung.

    Der Zeitwert des korrespondierenden Kapitalwerts ermittelt sich mit Hilfe des aktuellen Regelpflichtbeitrags und des aktuellen Rentensteigerungsbetrags. Der Regelpflichtbeitrag beläuft sich ausgehend von der im Jahr 2020 geltenden Beitragsbemessungsgrenze von 82.800,- Euro in der gesetzlichen Rentenversicherung und einem Beitragssatz von nunmehr 18,6 Prozent auf 1.283,40 Euro monatlich. Der Rentensteigerungsbetrag beläuft sich seit 1.1.2020 auf 92,18 Euro (vgl. www.va-rw.de bzw. INFO 30 – Jahr 2019 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg, dort Seite 11).

    Daraus ergibt sich nach oben stehender Formel ein für die Höhe der Abfindung maßgeblicher aktueller Zeitwert des Ausgleichswerts von

    12,5878 x 92,18 x 1.283,40 : 92,18 = 16.155,18 Euro.

    In dieser Höhe ist dem Antragsteller die Zahlung einer Abfindung zu Gunsten des von der Antragsgegnerin nach §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 24 Abs. 2, 15 Abs. 1 bis 4 VersAusglG als Zielversorgung benannten Anrechts der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung aufzugeben.

    Eine für den Antragsteller mit dem (teilweisen) Ausgleich seines berufsständischen Versorgungsanrechts verbundene grobe Unbilligkeit im Sinne des § 27 VersAusglG ist nicht ersichtlich. Der Versorgungsausgleich wird in Folge des Ehevertrags ohnehin nur für vier Jahre der insgesamt 25 Jahre und einen Monat währenden Ehezeit durchgeführt und führt unter Zugrundelegung der korrespondierenden Kapitalwerte am Ende der Ehezeit per Saldo nur zu einem Ausgleich von 2.993,61 Euro zu Lasten des Antragstellers. Dieser ist ihm im Hinblick auf die auch nach seinem Vortrag bis mindestens 1991 bestehende Versorgungsgemeinschaft ohne Weiteres zuzumuten, zumal beide Ehegatten sich noch bis einschließlich 2008 gemeinsam steuerlich veranlagen ließen und gemeinsame Urlaube und Wochenenden verbrachten.

    4. Nebenentscheidungen

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 1, 3, 4 Satz 1 FamFG. Im Hinblick auf den teilweisen Erfolg der Beschwerde und die offensichtliche wirtschaftliche Überlegenheit des Antragstellers erachtet der Senat eine Kostenaufhebung auch für den zweiten Rechtszug nicht als unbillig.

    Die Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG; 114 ff. ZPO. Die beantragte Verfahrenskostenhilfe ist der Antragsgegnerin für den zweiten Rechtszug in der Folgesache Versorgungsausgleich mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Eingangs ihres Verfahrenskostenhilfeantrags am 5.11.2019 zu bewilligen. Die von ihr zu diesem Zeitpunkt bereits beglichene Verfahrensgebühr ihrer Verfahrensbevollmächtigten sowie die bereits beglichenen Gerichtskosten von 12,- Euro werden von der Bewilligung mangels insoweit bestehender Bedürftigkeit nicht umfasst.

    Im Übrigen, also hinsichtlich der Scheidungssache und der Folgesache Zugewinnausgleich, ist der Verfahrenskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen. Die Beschwerde gegen den Scheidungsausspruch war im Zeitpunkt des Eingangs des Verfahrenskostenhilfeantrags bereits zurückgenommen worden. Die Beschwerde gegen den Ausspruch zum Zugewinnausgleich versprach aus den oben unter Ziffer 2 genannten Gründe:n keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

    Die Rechtsbeschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Zulässigkeit eines erstmals im zweiten Rechtszug geäußerten hilfsweisen Verlangens nach einer schuldrechtlichen Abfindung zugelassen (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 FamFG).

    Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 38, 39 Abs. 1 Satz 3, 42 Abs. 1 und 3, 43, 44 Abs. 1, 50 Abs. 1 FamGKG. Für die Scheidungssache übernimmt der Senat den vom Amtsgericht festgesetzten Wert in Höhe des von beiden Ehegatten im Zeitpunkt des Eingangs des Scheidungsantrags in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens. In der Folgesache Versorgungsausgleich ist das öffentlich-rechtlich ausgeglichene Anrecht mit zehn Prozent dieses Betrags, das schuldrechtlich ausgeglichene Anrecht mit 20 Prozent dieses Betrags in Ansatz zu bringen. Den Wert des Stufenantrags in der Folgesache Zugewinnausgleich bewertet der Senat wegen des Fehlens irgendwelcher Anhaltspunkte für die Höhe des von der Antragsgegnerin erwarteten Zugewinnausgleichs mit dem sich aus § 42 Abs. 2 FamGKG ergebenden Auffangwert von 5.000,- Euro.

    Rechtsbehelfsbelehrung: …

    Reitzmann Dr. Kischkel Schmidt

    [Anm.: Die Rechtsbeschwerde ist eingelegt worden und wird beim BGH unter dem Aktenzeichen XII ZB 74/20 geführt.]