OLG Frankfurt vom 22.03.2018 (4 UF 31/17)

Stichworte: ausländische Anrechte; Vorbehalt des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs; ausgleichsreif; auszugleichende Anrechte
Normenkette: VersAusglG 2; VersAusglG 19 Abs. 2, VersAusglG 19 Abs. 3
Orientierungssatz:
  • Angehörige der US-Bundesbehörden sind nach den einschlägigen Regelwerken ihres Arbeitgebers je nach Zeitpunkt ihres Beschäftigungsbeginns regelmäßig Inhaber von mindestens zwei bzw. drei Altersversorgungen (Federal Employees´ Retirement System [FERS], Social Security, Thrift Savings Plan [TSP]). Nicht nur Anrechte aus der Social Security, sondern auch aus FERS und TSP unterfallen dem Versorgungsausgleich, § 2 VersAusglG. Insbesondere sind TSP-Anrechte, sofern der Versicherte das ihm eingeräumte Wahlrecht nicht bereits anderweitig ausgeübt hat, auf Rentenzahlung gerichtet.
  • Entsprechen sich die Werte der auszugleichenden Anrechte der beteiligten Eheleute zumindest annähernd, sind die (ausschließlich) ausländischen Anrechte eines Ehepartners aber nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG nicht ausgleichsreif, gebietet es die Billigkeit, von einem Ausgleich bei der Scheidung eines entsprechenden Teils der inländischen Anrechte des anderen Ehepartners ganz oder teilweise abzusehen, wenn dieser lediglich Ausgleichsansprüche erwerben würde, deren Realisierung erst nach Eintritt des Versorgungsfalls möglich und zudem nicht hinreichend gesichert ist (Anschluss OLG Saarbrücken FamRZ 2014, 41; OLG Zweibrücken FamRZ 2013, 1492). Kann der Ausgleichswert der ausländischen Anrechte mangels hinreichender Mitwirkung des Versorgungsberechtigten nicht vollständig aufgeklärt werden, ist eine Schätzung analog § 287 ZPO möglich (Anschluss OLG Brandenburg FamRZ 2014, 311-312).
  • 402 F 2166/15 AG Frankfurt/Main, Außenstelle Höchst

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    pp.

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 26.01.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main / Außenstelle Höchst vom 13.12.2016 am 22. März 2018 beschlossen:

    Die angefochtene Entscheidung wird in ihrem Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffer 2. des Tenors) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der K. GmbH (Vers.-Nr. … – Ordnung der betrieblichen Grund- und Zusatzversorgung …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 60.442,50 € nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom …, bezogen auf den 30.04.2015, übertragen.

    Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der VBL … (Vers.-Nr. …) findet nicht statt.

    Wegen der übrigen Anrechte bleibt ein Wertausgleich nach der Scheidung vorbehalten.

    Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens sowie der Folgesache Versorgungsausgleich für die erste Instanz werden jeweils auf 16.800 € festgesetzt.

    Gründe:

    I.

    Die am 28.03.1991 geschlossene Ehe der beteiligten früheren Eheleute wurde auf am 09.05.2015 zugestellten Antrag der Antragstellerin hin mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht – Frankfurt am Main / Außenstelle Höchst vom 13.12.2016 rechtskräftig geschieden. Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine US-amerikanische Staatsangehörige, die ehezeitlich überwiegend an einer Schule für Kinder US-amerikanischer Militärangehöriger unterrichtet und daher keine Einzahlungen in die deutsche Rentenversicherungskasse geleistet hat, bei dem Antragsgegner - Deutscher - um einen Angestellten eines …-Unternehmens, der später als Professor an die … gewechselt ist.

    Das Familiengericht hat im Scheidungsverbund den Versorgungsausgleich zwischen den Eheleuten durchgeführt und jeweils die interne Teilung der Anrechte des Antragsgegners angeordnet. Übertragen wurden von seinem Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung … 23,0337 Entgeltpunkte mit einem Kapitalwert von 150.751,26 €, von seinem Anrecht bei der Pensionskasse … VVaG ein Kapitalbetrag von 59.292,50 € und von seinem Anrecht bei der K. GmbH schließlich ein weiterer Kapitalbetrag von 60.442,50 €. Von der Teilung eines vierten Anrechts des Antragsgegners bei der VBL … mit 14,66 Versorgungspunkten sah das Familiengericht bei einem Kapitalwert des zu übertragenden Anrechts von 2.890,19 € gem. § 18 Abs. 3 VersAusglG wegen Geringfügigkeit ab.

    Den Ausgleich des Anrechts bei der Antragstellerin bei der US-amerikanischen Social Security (den Angaben der Antragstellerin zufolge mit Einzahlungen des Arbeitgebers in den Jahren 1983 bis 2014 in Höhe von 41.332 US-$, der Antragstellerin selbst in Höhe von 43.588 US-$) hat das Familiengericht einem späteren Wertausgleich nach der Scheidung vorbehalten und ein weiteres Anrecht der Antragstellerin aus einer Altersvorsorge für US-amerikanische Staatbedienstete, dem sog. Thrift Savings Plan (künftig: TSP), ebenfalls nicht ausgeglichen. Der Wert des bei dem TSP bestehenden Anrechts belief sich nach von der Antragstellerin vorgelegten Bescheinigungen (Internetausdrucken) zum 31.12.2014 auf einen Betrag von 143.733,25 US-$, zum 31.12.2015 auf 158.001,76 US-$. Bezüglich des erstgenannten Anrechts hat das Familiengericht das Absehen von einer Teilung damit begründet, dass es als ausländisches Anrecht nicht ausgleichsreif und dem Antragsgegner der schuldrechtliche Ausgleich vorzubehalten sei (§§ 19 Abs. 3, 4, 20 VersAusglG). Im Hinblick auf das TSP-Anrecht hat das Familiengericht dagegen ausgeführt, es unterfalle nicht dem Versorgungsausgleich, weil es die Voraussetzungen des § 2 VersAusglG nicht erfülle. Die Antragstellerin habe nur dann einen Anspruch auf die Zahlung einer laufenden Rente, wenn sie sich für eine Verrentung des angesparten Kapitalbetrags entscheide. Es handele sich um angespartes Vermögen, Abhebungen seien jederzeit möglich. Das Guthaben sei ggf. im Zugewinn zu berücksichtigen.

    Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe:der familiengerichtlichen Entscheidung verwiesen.

    Gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich in dem ihm am 27.12.2016 zugestellten familiengerichtlichen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 26.01.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde und beantragt, den Versorgungsausgleich nach § 19 Abs. 3 VersAusglG insgesamt nicht durchzuführen. Das Familiengericht habe die Anrechte nicht hinreichend aufgeklärt, außerdem beruhe die Annahme, das TSP-Anrecht der Antragstellerin unterfalle nicht § 2 VersAusglG, auf Rechtsirrtum.

    Die anwaltlich vertretene Antragstellerin, die inzwischen in die USA verzogen ist, verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Familiengericht habe den Ausgleich des TSP-Anrechts zu Recht dem Zugewinn zugewiesen. Das in den TSP eingezahlte Geld werde in Aktien angelegt und unterliege daher starken Kursschwankungen. Der Antragsgegner könne seinen Anteil an diesem, ebenso wie am Social-Security-Anrecht der Antragstellerin, in den USA einklagen. Ihr Sachvortrag verhält sich im Übrigen im Wesentlichen dazu, dass bislang keine gerechte Aufteilung des gemeinsamen Immobilienvermögens der früheren Eheleute erfolgt sei.

    Auf entsprechenden Hinweis des Senats vom 12.12.2017 hat die Antragstellerin vortragen lassen, ihr sei eine Ermittlung des Ehezeitanteils ihres TSP-Anrechts nicht möglich, auf weiteren Hinweis vom 21.02.2018 eingeräumt, dass ein weiteres US-Anrecht („FERS“) besteht, von dem sie aber sinngemäß angibt, es sei noch nicht unverfallbar.

    Zur weiteren Darlegung des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Akteninhalt, insbesondere die Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger und den erst- und zweitinstanzlichen Schriftwechsel der früheren Eheleute Bezug genommen.

    II.

    Die gemäß §§ 58 ff, 228 FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners, über die der Senat nach erneuter mündlicher Verhandlung entscheidet, hat auch in der Sache Erfolg. Das Rechtsmittel führt nach Maßgabe der Entscheidungsformel zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

    Das Familiengericht hat angesichts der beiden ihm bekannten US-amerikanischen Anrechte der Antragstellerin zu Unrecht nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, auch im Hinblick auf die Anrechte des Antragsgegners von der Durchführung des Wertausgleichs bei der Scheidung ganz oder teilweise abzusehen, § 19 Abs. 3 VersAusglG.

    Es ist zunächst allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin während der gemäß § 3 VersAusglG vom 01.03.1991 bis zum 30.04.2015 währenden Ehezeit bei der US-amerikanischen Social Security ein Versorgungsanrecht erworben hat, das - durch Arbeit geschaffen, der Absicherung im Alter dienend und auf eine Rente gerichtet - gem. § 2 VersAusglG zwar dem Versorgungsausgleich unterfällt (vgl. Reinhard, US-amerikanische Altersrenten und Versorgungsausgleich, in: Stamatia Devetzi, Constanze Janda (Hrsg.), Freiheit - Gerechtigkeit - Sozial(es) Recht, S. 528, 530 ff.), als ausländisches Anrecht jedoch nicht ausgleichsreif ist (19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG) und somit nicht in den Wertausgleich bei der Scheidung einbezogen werden kann. Den für den Senat nicht überprüfbaren Angaben der Antragstellerin zufolge belief sich die Höhe der auf dieses Anrecht von der Antragstellerin und ihrem Arbeitgeber geleisteten Einzahlungen, das der Mitteilung des Versorgungsträgers vom 20. Juli 2015 (Anlage zum Schriftsatz vom 22.09.2015) zufolge ganz überwiegend in der Ehezeit erworben wurde, im April 2015 auf 84.920 US-$ (68.847,54 €).

    Im Ergebnis das Gleiche gilt auch für das erstinstanzlich verschwiegene und erst auf ausdrücklichen Hinweis des Senats vom 21.02.2018 offengelegte weitere Anrecht der Antragstellerin bei dem US-amerikanischen Versorgungsträger Federal Employees´ Retirement System (FERS). Dieses Anrecht unterfällt ebenfalls § 2 Abs. 1 VersAusglG, weil auch hier eine laufende Versorgung wegen Alters oder Invalidität aufgrund Beschäftigung gewährt wird (vgl. Reinhard, aaO., S. 538). Den Angaben des Versorgungsträgers in seinem Internetauftritt (http://www.opm.gov) zufolge beträgt die sog. „FERS basic annuity“ (mtl. Basisrente) grundsätzlich 1 % bzw. 1,1 % des sog. High-3 Average Salary des Beschäftigten, also ein Hundertstel des höchsten innerhalb eines Drei-Jahres-Zeitraums erzielten Einkommens. Das High-3 Average Salary der Antragstellerin ist dem Senat nicht bekannt. Nach einem von ihr in erster Instanz mit Schriftsatz vom 22.09.2015 vorgelegten Schreiben des Versorgungsträgers vom 30. Juli 2015 beliefen sich jedenfalls ihre „Taxed Social Security Earnings“, also ihre steuerpflichtigen Einkünfte im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2014 auf 4.735 US-$ brutto p. m. Ferner ist dort davon die Rede, dass die Antragstellerin mit Vollendung des 62. Lebensjahres eine Rente von 1.330 US-$ beziehen kann, bei späterem Renteneintritt von 2.640 US-$. Die Antragstellerin selbst geht dagegen davon aus, dass sie nach derzeitigem Stand bei Erreichen des Mindestrentenalters eine Jahresrente von lediglich 8.250 US-$ (6.689 €) beziehen wird. Tatsächlich stellt sich aber zum einen die Frage, ob die Antragstellerin im Wege des sog. „Deferred Retirement“ (vgl. dazu unten) nicht bereits zum Stichtag Ehezeitende höhere Anrechte erworben hatte, als von ihr selbst angenommen, zum anderen dürfte sich die auf die Ehezeit entfallende monatliche Anwartschaft mit jedem Dienstjahr der Antragstellerin weiter erhöht haben (s. u.), so dass knapp drei Jahre nach Ehezeitende jedenfalls von einem deutlich höheren Anspruch auszugehen sein dürfte.

    Soweit die Antragstellerin nunmehr vortragen lässt, bei sofortiger Erkrankung oder Ausscheiden aus dem Dienst vor Erreichen der Regelaltersgrenze erhalte sie diese Rente nicht, der Sache nach also eine mangelnde Unverfallbarkeit des Rentenanspruchs einwendet (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG), trifft diese Rechtsauffassung nicht zu. Tatsächlich hat die Antragstellerin nach Angaben ihres Versorgungsträgers (https://www.opm.gov/retirement-services/fers-information/eligibility) bereits zum jetzigen Zeitpunkt einen Anspruch auf Rentenzahlung bei Erreichen des Mindestrentenalters (MRA) erworben (sog. „Deferred Retirement“), das die Antragstellerin selbst mit 56 Jahren und 4 Monaten angibt. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass sie mindestens fünf Dienstjahre abgeleistet („If you leave Federal service before you meet the age and service requirements for an immediate retirement benefit, you may be eligible for deferred retirement benefits. To be eligible, you must have completed at least 5 years of creditable civilian service.“) und das 62. Lebensjahr vollendet hat, alternativ das Erreichen des MRA bei längeren Dienstzeiten von 10 bzw. 30 Jahren. Dieser Anspruch besteht danach entgegen ihrer Befürchtung auch bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienst oder bei einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung fort. Ihren eigenen Angaben und den von ihr vorgelegten Unterlagen zufolge hat die Antragstellerin ihre Tätigkeit als US-Bundesbeschäftigte ganz überwiegend ehezeitlich, nämlich von 1989 bis 1994 und dann wieder von 2000 bis 2015, ausgeübt und damit zumindest die Voraussetzungen des „Deferred Retirement“ erfüllt. Es trifft nach der o. g. Quelle zwar zu, dass sie bei sofortigem Eintritt in den Ruhestand noch keine Rentenzahlungen erhalten würde und bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand selbst bei Erreichen des MRA prozentuale Abschläge zu einem vollen Rentenanspruch hinzunehmen hätte: „If you retire at the MRA with at least 10, but less than 30 years of service, your benefit will be reduced by 5 percent a year for each year you are under 62, unless you have 20 years of service and your benefit starts when you reach age 60 or later.” Dies ändert im Ergebnis aber nichts daran, dass sie bereits jetzt ein unverfallbares Anrecht auf eine - zu einem späteren Zeitpunkt einsetzende - Rentenzahlung erworben hat.

    Eine Bestimmung des Werts dieses Anrechts ist dem Senat mangels valider Auskünfte des Versorgungsträgers allenfalls näherungsweise möglich. Unter den hier gegebenen Umständen bedarf es jedoch keiner exakten Bewertung des Ausgleichswerts nach §§ 39 ff VersAusglG (hier wohl im Wege der zeitratierlichen Bewertung nach § 40 Abs. 1 VersAusglG). Es genügt eine Schätzung analog § 287 ZPO (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2014, 311-312; OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 41). Werden lediglich die von der Antragstellerin selbst angegebenen Zahlen zugrunde gelegt, hatte sie bereits zum Ehezeitende eine monatliche Rentenanwartschaft von 557,42 € erworben, die seit Ehezeitende aber bereits deutlich angestiegen sein dürfte (s. o. zu den Voraussetzungen des „Deferred Retirement“). Auch wenn der Ausgleichswert damit im Ergebnis offen bleiben muss, ergibt ein Vergleich mit den Zahlungsansprüchen der Antragstellerin aus ihrem TSP-Anrecht (dazu sogleich), dass er jedenfalls den dort angegebenen Kapitalwert von 152.695 US-$ (123.845,25 €) nicht übersteigen dürfte.

    Nicht zu folgen vermag der Senat schließlich der Annahme des Familiengerichts, das weitere ausländische Anrecht der Antragstellerin aus dem TSP erfülle nicht die Voraussetzungen des § 2 VersAusglG und unterliege daher nicht dem Wertausgleich bei der Scheidung. Gem. § 2 Abs. 1 und 2 VersAusglG unterfallen dem Versorgungsausgleich im In- oder Ausland bestehende Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge, die durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden sind, der Absicherung im Alter oder bei Invalidität dienen und auf eine Rente gerichtet sind. Ausweislich der ebenfalls im Internet veröffentlichten Angaben des US-Versorgungsträgers (http://www.tsp.gov) handelt es sich bei dem TSP um einen Ruhestandsspar- und -investmentplan für Bundesangestellte und Angehörige der uniformierten Dienste, der bei Eintritt des Berechtigten in den Ruhestand oder bei Invalidität zur Auszahlung gelangt. Zu seiner Rechtsnatur heißt es im Internetauftritt des Versorgungsträgers (https://www.tsp.gov/PDF/formspubs/tspbk08.pdf, S. 3) ferner: „As a federal employee or member of the uniformed services, you have the opportunity to participate in the Thrift Savings Plan (TSP), a retirement savings plan similar to 401(k) plans offered to private sector employees.“ Die hier in Bezug genommenen privatwirtschaftlichen 401(k)-Pläne der USA – steuerlich geförderte Pläne zu Altersvorsorge und Vermögensaufbau – sind einer inländischen „Riester“-Rente vergleichbar (Reinhard, S. 538; vgl. zur rechtlichen Qualifizierung des TSP auch Kürvers, Betriebliche Altersversorgung in Deutschland und den USA im Rechtsvergleich, S. 70 f.). Damit sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 sowie Abs. 2 Ziffer 1 und 2 VersAusglG erfüllt.

    Entgegen der Annahme des Familiengerichts ist das Anrecht auch auf die Zahlung einer Rente gerichtet (§ 2 Abs. 2 Ziffer 3 VersAusglG). Zwar heißt es zu den Auszahlungsmodalitäten im Internetauftritt des Versorgungsträgers unter der Überschrift „Withdrawals After You Separate“ (https://www.tsp.gov/PDF/formspubs/tspbk08.pdf, S. 19) wörtlich:

    „Full withdrawal.

    You choose how your entire account will be distributed using one - or any combination – of three withdrawal options available to you:

    • A single payment

    • A series of TSP monthly payments

    • A life annuity purchased for you by the TSP“.

    Danach besteht nach Ende der Dienstzeit die Möglichkeit, zwischen den drei hier genannten Varianten, der Einmalzahlung, (zeitlich begrenzten) monatlichen Zahlungen und einer lebenslangen Rente, frei zu wählen. Maßgeblich ist aber die für den Fall getroffene Regelung, dass der Beschäftigte keine Wahl trifft, bis er 70 ½ Jahre alt ist (dieser Zeitpunkt bildet die sog. „deadline“); denn dann wird der angesparte Betrag im Wege der „IRS Required Minimum Distribution“ in Form gleichmäßiger jährlicher, der voraussichtlichen Lebenserwartung des Empfängers angepasster Zahlungen ausgeschüttet (https://www.tsp.gov/PDF/formspubs/tspbk08.pdf, S. 28): „At the same deadline, you will also be subject to the IRS required minimum distribution rules. These rules require you to receive a certain portion of your account each year based on your life expectancy.“

    Bis zur Ausübung des Wahlrechts durch die Antragstellerin gegenüber dem Versorgungsträger ist das Anrecht damit auf die Zahlung einer Rente gerichtet und unterfällt daher dem Wertausgleich bei der Scheidung (vgl. BGH FamRZ 2014, 1613-1614 und FamRZ 2012, 1039-1040). Bei den - vorliegend jeweils zu bejahenden - Merkmalen einer Rente handelt es sich zum einen um die wiederkehrende Leistung eines Geldbetrages, zum anderen um den damit verbundenen Zweck der Absicherung eines Risikos, wie Alter oder Erwerbsunfähigkeit (vgl. BT-Drs 16/10144, 46; Ruland, Versorgungsausgleich, 4. A., Rn. 144). Nicht erforderlich ist, dass die Geldzahlung bis zum Lebensende des Berechtigten geschuldet ist (Erman/Norpoth/Sasse, BGB, 15. A., § 19 VersAusglG, Rn. 9). Ungeachtet des Vortrags der Antragstellerin, ihr stünde bei ihrem Eintritt in den Ruhestand ein Anspruch auf Auszahlung des gesamten, bis zu diesem Zeitpunkt angesparten Anrechts im Wege der Einmalzahlung zu, ist auch in dem von ihr vorgelegten „Annual Statement“ des TSP für 2015 nur von einer voraussichtlichen monatlichen Rente von 768 US-$ die Rede („Your … TSP account balance would provide you a lifetime monthly amount of 768 US-$“), nicht aber von einer einmaligen Auszahlung. Zudem handelt es sich bei dem TSP um einen Teil der einheitlichen, auf drei Säulen ruhenden Altersversorgung für US-Bundesangestellte/Beamte, die dem FERS unterfallen (vgl. o.). Dazu heißt es auf der Internetseite des TSP (https://www.tsp.gov/PlanParticipation/EligibilityAndContributions/establishingAccount.html) wörtlich: “If you are a FERS employee and you were hired before August 1, 2010, you already have a TSP account with accruing Agency/Service Automatic (1%) Contributions. In addition, you can make contributions to your account from your pay and receive Agency/Service Matching Contributions.”

    Der Wert der auf das TSP-Anrecht geleisteten Einzahlungen der Antragstellerin und ihres Arbeitgebers einschließlich der Wertentwicklung der Fondsanteile (als Untergrenze des Kapitalwerts) belief sich zum 31.12.2014 auf 143.733,25 US-$, zum 31.12.2015 auf 158.001,76 US-$. Bei (hypothetisch angenommener) linearer Wertentwicklung dürfte der Kapitalwert des Anrechts danach zum Stichtag 30.04.2015 bei ca. 150.000 US-$ bzw. 120.000 € gelegen haben, § 287 ZPO.

    Wenn damit aber drei grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterfallende US-amerikanische Anrechte der Antragstellerin existieren, deren genauer Wert für den Senat mangels eigener Ermittlungsmöglichkeiten in den USA (vgl. dazu Reinhard, aaO., S. 538) und angesichts der Erklärung der Antragstellerin, sie könne und wolle keine weitergehenden Angaben zur Sache machen, nur umrisshaft ermittelbar ist, die aber als ausländische Anrechte bei der Scheidung nicht auszugleichen sind, erscheint es angemessen, nicht nur nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG von einem Wertausgleich der ausländischen Anrechte der Antragstellerin, sondern nach § 19 Abs. 3 VersAusglG zumindest auch eines entsprechenden Teils der inländischen Anrechte des Antragsgegners abzusehen. § 19 Abs. 3 VersAusglG dient dem Zweck, zu verhindern, dass ein Ehegatte die Hälfte seiner in der Ehezeit erworbenen inländischen Anrechte mit dem Wertausgleich bei der Scheidung bereits endgültig verliert, während er in Bezug auf das vom anderen Ehegatten erworbene ausländische Anrecht lediglich schuldrechtliche Ausgleichsansprüche erwirbt, deren Realisierung erst nach Eintritt des Versorgungsfalles möglich und zudem nicht hinreichend gesichert ist (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2014, 41; OLG Zweibrücken FamRZ 2013, 1492; Wick, Der Versorgungsausgleich, 3. A., Rn. 402; Borth, Versorgungsausgleich, 7. A., Rn. 599). Von einer fehlenden Realisierungssicherheit ist hier schon deshalb auszugehen, weil die Durchsetzung eines schuldrechtlichen Ausgleichsanspruchs des Antragsgegners in den USA entgegen der von der Bevollmächtigten der Antragstellerin vertretenen Auffassung erheblichen Schwierigkeiten begegnen dürfte (nach Reinhard, S. 536, ist der Anspruch auf eine Ausgleichsrente wegen ihrer begrenzten Übertrag- und Pfändbarkeit sowie der fehlenden Meldepflicht in den USA praktisch nicht durchsetzbar). Der mit der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Ausgleich wäre daher unausgewogen und damit zumindest soweit unbillig, wie sich die Ausgleichswerte der in- und ausländischen Anrechte in etwa entsprechen (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 63). Nach der eindeutigen Formulierung des Gesetzes („soweit“) kommt bei Existenz ausländischer Anrechte daher auch ein nUrteilweises Absehen vom Wertausgleich bei der Scheidung in Betracht (OLG Brandenburg FamRZ 2014, 311-312; Erman/Norpoth/Sasse, BGB, 15. A., § 19 VersAusglG, Rn. 19).

    Von diesen Grundsätzen ausgehend erscheint es geboten, neben den ausländischen Anrechten der Antragstellerin gemäß §§ 19 Abs. 3 VersAusglG auf der einen auch die inländischen Anrechte des Antragsgegners bei der DRV … und bei der Pensionskasse … VVaG auf der anderen Seite vom Wertausgleich bei der Scheidung auszunehmen und insoweit auf den schuldrechtlichen Ausgleich zu verweisen. Der korrespondierende Kapitalwert des zu übertragenden DRV-Anrechts des Antragsgegners von 150.751,26 € sowie der zu übertragende Kapitalwert seines Anrechts bei der …-Pensionskasse von 59.292,50 € dürften zwar die anhand der obigen Erwägungen geschätzte Summe der hälftigen Kapitalwerte der Anrechte der Antragstellerin übersteigen. Wie bereits oben dargelegt, handelt es sich bei den Schätzwerten aber nur um Mindestwerte, die - vor allem bezogen auf das FERS-Anrecht der Antragstellerin - tatsächlich erheblich höher liegen dürften. Dabei geht der Senat allerdings davon aus, dass die Summe der Ausgleichswerte der drei ausländischen Anrechte der Antragstellerin jedenfalls nicht die Summe der Werte der beiden inländischen Anrechte des Antragsgegners bei der DRV … und der Pensionskasse … VVaG übersteigt.

    Die weitere Erwägung des Familiengerichts, von einem Ausschluss des Ausgleichs sei bereits deshalb abzusehen, weil die Antragstellerin mit Rücksicht auf die Betreuung der gemeinsamen Kinder der Eheleute zeitweise gar nicht, zeitweise nur in Teilzeit habe arbeiten und damit nur geringe eigene Versorgungsanrechte erwerben können, trägt nicht. Zum einen treffen die vom Familiengericht seinen Überlegungen zugrunde gelegten Zahlen, der Antragstellerin stehe lediglich eine Monatsrente von 2.067 US-$ bei Erreichen des 67. Lebensjahres zu, und dies auch nur, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt vollzeitig arbeite, wie oben ausführlich erläutert, nicht zu. Tatsächlich dürfte ihr Rentenanspruch vorbehaltlich der o. g. Ungenauigkeiten bereits zum jetzigen Zeitpunkt den genannten Betrag deutlich übersteigen. Zum anderen lässt das Familiengericht bei seiner Argumentation außer Acht, dass auf der Grundlage seiner Entscheidung sämtliche Anrechte des früheren Ehemanns zur Hälfte auf die frühere Ehefrau übertragen werden, sie auf diesem Wege also bereits einen Ausgleich auch für den mit ihrer Beschäftigungspause verbundenen Verlust an Versorgungsanrechten erhält und sie darüber hinaus angesichts der oben geschilderten Schwierigkeiten bei der Durchsetzung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche in den USA mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alleine von ihren eigenen Anrechten profitieren würde, sich daraus letztlich also sogar ein deutliches Ungleichgewicht zuungunsten des Ehemanns ergäbe, das zu einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes (§ 1 Abs. 1 VersAusglG) führen würde. Die für den Antragsgegner grundsätzlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit, bei der US-amerikanischen Social Security unter bestimmten Voraussetzungen eine Geschiedenenrente zu beantragen (vgl. https://www.ssa.gov/planners/retire/yourdivspouse.html), dürfte allerdings für den Wertausgleich nach der Scheidung Bedeutung erlangen.

    Soweit die Antragstellerin selbst schließlich mehrfach auf die bislang unterbliebene Regelung der zwischen den früheren Eheleuten noch offenstehenden weiteren Vermögensfragen abgestellt hat, rechtfertigt dies ebenfalls keine andere Entscheidung; sie ist hier auf den Zugewinnausgleich zu verweisen.

    Gemäß § 224 Abs. 4 FamFG ist es geboten, aber auch ausreichend, die nach dem Wertausgleich bei der Scheidung für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung verbleibenden Anrechte in den Gründe:n der Entscheidung zu benennen, selbst wenn dies keine konstitutive Bedeutung hat (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, FamRZ 2011, 1735-1736; Keidel/Weber, FamFG, 19. A., § 224, Rn. 10). Sie unterliegen dem Ausgleich nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff VersAusglG.

    Der Wertausgleich bei der Scheidung ist daher im Ergebnis wie folgt zu regeln:

    Im Wege der internen Teilung ist gem. § 10 Abs. 1 VersAusglG zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der K. GmbH ein Anrecht von 60.442,50 € auf die Antragstellerin zu übertragen.

    Von einem Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der VBL ist nach § 18 Abs. 3 VersAusglG abzusehen, weil der korrespondierende Kapitalwert des Ausgleichswerts von 7,65 Versorgungspunkten mit 2.890,11 € unterhalb des Grenzwerts des § 18 Abs. 3 VersAusglG liegt. Veranlassung, den Ausgleich ausnahmsweise durchzuführen, besteht vor dem Hintergrund der oben geschilderten Umstände nicht.

    Im Übrigen findet ein Ausgleich der Anrechte der Eheleute (DRV …, Pensionskasse … VVaG, Social Security, TSP, FERS) bei der Scheidung nicht statt.

    Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 42, 50 FamGKG und errechnet sich auf der Grundlage des beiderseitigen monatlichen Nettoeinkommens der beteiligten Eheleute von 8.000,00 € x 3 x 7 Anrechte x 10 % = 16.800 €.

    Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in §§ 81 Abs. 1, 150 Abs. 1 FamFG.

    Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).

    Diehl Schmidt Dr. Kischkel