OLG Frankfurt vom 05.08.2016 (4 UF 288/15)

Stichworte: Braut- bzw. Morgengabe, Iran
Normenkette: EGBGB 14 Abs. 1, ZGB-Iran 1078 ff, Familienschutzgesetz-Iran 22
Orientierungssatz:
  • Die Beurteilung eines Anspruchs auf Leistung einer Braut- bzw. Morgengabe richtet sich auch dann nach dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten zur Zeit der Eheschließung angehörten, wenn einer von ihnen noch Angehöriger dieses Staates ist.
  • Zu den Voraussetzungen des Entstehens und Erlöschens eines Braut- bzw. Morgengabeanspruchs nach iranischem Recht.
  • 472 F 18225/13
    AG Frankfurt/Main

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Diehl und Richter am Oberlandesgericht Treviranus und Dr. Fritzsche aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2016 beschlossen:

    Die Beschwerde des Antragsgegners vom 29.11.2015 gegen den am 18.09.2015 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main, Az. 472 F 18225/13 S, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

    Beschwerdewert: € 163.305,00

    Gründe:

    I.

    Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von 600 Bahare-Azadi-Goldmünzen an die Antragstellerin.

    Die Beteiligten waren seit 07.07.2003 miteinander verheiratet und leb(t)en seit 03.03.2010 getrennt. Die Eheschließung fand statt in Teheran/Iran. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

    Die Antragstellerin ist geboren am 10.04.1982 in Teheran/Iran; der Antragsgegner am 19.11.1983 in Rasht/Iran.

    Die Antragstellerin zog mit ihren Eltern in ihrer Kindheit (im dritten Lebensjahr, Bl. 253 d.A.) nach Deutschland und lebte zunächst in Zierenberg. Nach der Eheschließung nahm sie 2004 oder 2005 die deutsche Staatsbürgerschaft an; bis dahin besaß sie die iranische Staatsangehörigkeit.

    Am 07.07.2003 heiratete sie nach ein oder zwei „Kennenlerntreffen“ im Iran den Antragsgegner in Teheran, der bis dahin bei seinen Eltern im Iran lebte, dort die Schule besuchte und einige Monate (Oktober 2003) nach der Eheschließung nach Deutschland zur Antragstellerin verzog. Im Zuge der Eheschließung wurde eine mehrseitige Eheurkunde aufgestellt, in der die Beteiligten jeweils ca. 21-mal ihre Unterschrift leisteten, Bl. 252 d.A.. Auf einer Seite verpflichtet sich der Antragsgegner, an die Antragstellerin eine Morgengabe (mahr) von 600 Ein-Bahare-Azadi-Goldmünzen zu entrichten; allein diese Seite wurde von beiden Beteiligten je zweimal mit ihrem jeweiligen Namenszug (unter-)schrieben, Bl. 5 oben, 251f. d.A. Die Echtheit der Eheurkunde und der Unterschriften der Beteiligten steht inzwischen nicht (mehr) in Streit, Bl. 251 d.A. Der Antragsgegner hat(te) durchgängig die iranische Staatsangehörigkeit.

    Nennenswertes Vermögen besaßen die Beteiligten weder zur Eheschließung noch heute, die Antragstellerin hatte damals ca. DM 5.000,00 Vermögen, wovon sie dem Antragsgegner ca. 50% überließ, damit dieser sich im Iran vom Militärdienst „freikaufen“ konnte, Bl. 254 d.A..

    Mit Schriftsatz vom 21.06.2013, zugestellt am 26.07.2013, beantragte zunächst der Antragsgegner die Ehescheidung. In einem Termin vom 17.04.2015 erklärte die Antragstellerin, sie würde einem Scheidungsantrag des Antragsgegners zustimmen und auch auf die Morgengabe verzichten; auf Vorhalt des Antragsgegnervertreters, dass ein Morgengabeverzicht nach iranischem Recht anwaltlich bestätigt sein muss, erklärte die Antragstellerin, dass sie keinen Anwalt beauftragen wolle, Bl. 39 d.A..

    Mit Schriftsatz vom 27.05.2015 beantragte die Antragstellerin – nun doch anwaltlich vertreten – ebenfalls die Scheidung der Ehe sowie – im Wege der Folgesache, die Verurteilung des Antragsgegners zur Herausgabe von 600 der genannten Goldmünzen, hilfsweise € 163.305, 64 Schadenersatz, Bl. 44 ff. d.A., 1 ff. GÜ.

    In einer anschließenden mündlichen Verhandlung vom 28.08.2015, Bl. 84 ff. d.A., beantragte nur die Antragstellerin die Ehescheidung, wobei der Antragsgegner nicht zustimmte. Zudem verhandelten sie streitig zu dem als Folgesache behandelten Herausgabeverlangen der Antragstellerin mit modifizierten Anträgen, Bl. 85 d.A.

    Infolge dieses Termins zur mündlichen Verhandlung verkündete das Familiengericht am 18.09.2015 einen Beschluss, in dem es die Ehe der Beteiligten unter Anwendung deutschen Sachrechts schied, den Versorgungsausgleich durch Teilung beiderseitiger Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung (mit einem höheren Ausgleichswert zu Gunsten des Antragsgegners) durchführte und dem Antragsgegner gebot, an die Antragstellerin binnen eines Monats ab Rechtskraft der Entscheidung 600 Ein-Bahare-Azadi-Goldmünzen bzw. nach Ablauf dieser Frist € 163.305,68 zu zahlen.

    Dieser Beschluss wurde dem Antragsgegner jedenfalls am 03.12.2015 zugestellt, Bl. 149 d.A.. Bereits am 20.10.2015 begehrte der Antragsgegner die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes „Berufungsverfahren“, Bl. 141 d.A.; am 30.11.2015, Bl. 212ff. d.A., ging ein Schriftsatz des anwaltlichen Vertreters des Antragsgegners ein, in dem dieser abermals die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren sowie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses und die Abweisung Klage begehrte.

    Mit Senatsbeschluss vom 16.12.2015 wies der Senat darauf hin, dass er dies als Beschwerdeeinlegung auffasse; zugleich bestellte er den Berichterstatter zum vorbereitenden Einzelrichter. Dieser ließ sich im Rahmen eines Termins vom 24.02.2016 die Eheurkunde vorlegen und hörte die Beteiligten (hierzu) an, Bl. 246 ff. d.A.

    Während der Antragsgegner weiterhin unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Zurückweisung des (Folgesachen-)Antrages der Antragstellerin begehrt, verteidigt diese dieselbe uneingeschränkt.

    Der Antragsgegner behauptet nunmehr, es sei übereinstimmender Wille mit der Antragstellerin gewesen, dass die Morgengabevereinbarung nur zum Scherz und nicht ernstlich abgeschlossen werde. Zuvor hatte der Antragsgegner behauptet, in die Vereinbarung nicht eingebunden gewesen zu sein und diese nicht abgeschlossen zu haben. Er erachtet sie aus diversen Gründe:n für unwirksam, meint, die Antragstellerin habe am 17.04.2015 verzichtet, wobei das Protokoll falsch erstellt worden sei, und macht hilfsweise eine Anpassung geltend.

    Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme zur Rechtsauffassung des Senats; eine solche erfolgte nicht.

    II.

    Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

    Die Zustellung des Beschlusses vom 18.09.2015 an den Bevollmächtigten des Antraggegners erfolgte am 03.12.2015 (Bl. 149). Die Beschwerde ging mit Antrag und Begründung am 30.11.2015 ein (Bl. 212ff.).

    Die Beschwerde ist unbegründet.

    Den Anträgen der Antragstellerin begegnen keine Zulässigkeitsbedenken. Dies gilt zunächst für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, § 105 FamFG, die sich nach der örtlichen Zuständigkeit richtet, hier also nach dem Wohnsitz des Antragsgegners, §§ 113 I 2 FamFG, 12, 13 ZPO. Denn es handelt sich um eine sonstige Familien-(streit-)sache im Sinne des § 266 I Nr. 3 FamFG (siehe nachfolgend).

    Ebenso gilt dies auch für die Fristsetzung zur Leistung und die titulierte Schadenersatzverpflichtung in Geld, vergl. §§ 113 I 2 FamFG, 255 I, 259 ZPO.

    Letztlich nicht mehr relevant im Beschwerdeverfahren ist der Umstand, dass die Anträge der Antragstellerin wegen der ggf. Morgengabeverpflichtung des Antragsgegners als Folgesache nach § 137 II Nr. 2 und 4 FamFG (analog) behandelt und entschieden wurden, obgleich keine Entscheidung für den Fall der Ehescheidung zu treffen war. Denn ein Anspruch aus einem Morgengabeversprechen entsteht sofort, nicht mit der Auflösung der Ehe (durch Scheidung), auch handelt es sich nicht um eine Unterhalts- oder Güterrechts-, sondern eine sonstige Familiensache im Sinne von § 266 FamFG, vergl. Zöller-Lorenz, ZPO-Kommentar, § 137 FamFG, Rz. 24 und § 266 FamFG, Rz. 16, auch OLG Zweibrücken FamRZ 2007, 1555-1558 zu § 623 ZPO a.F.

    Da der Ausspruch des Familiengerichts zu Scheidung und Versorgungsausgleich aber nicht von den Beteiligten angefochten wurde, so dass dieser Wirksamkeit erlangte, § 148 FamFG, kann auch die Folgesachenentscheidung Wirksamkeit erlangen. Das Verfahren unterscheidet sich daher nicht mehr von dem eines isolierten Vorgehens (OLG Zweibrücken a.a.O.).

    Die Antragstellerin hat Anspruch auf die 600 Goldmünzen – hilfsweise Schadenersatz über € 163.305,68 -, da zu ihren Gunsten ein Anspruch dem Grunde und der Höhe nach besteht aus der Vereinbarung der Beteiligten anlässlich der Eheschließung, dieser Anspruch nicht erloschen ist, z.B. durch Erlass, und ggf. dieser Anspruch sich in einen Schadenersatzanspruch o.ä. wandelt.

    In Betracht kommt allein ein Anspruch aus den (vertraglichen) Regelungen der Beteiligten, wie sie in der Eheurkunde anlässlich der Eheschließung vom 07.07.2003 dokumentiert sind.

    Das Entstehen eine solchen Anspruchs richtet sich nach iranischem Sachrecht, da beide Beteiligten bei Zustandekommen einer solchen Vereinbarung iranische Staatsangehörige waren. Zwar findet das Deutsch-Iranische Niederlassungsabkommen vorliegend keine Anwendung (mehr), da die Beteiligten nun nicht mehr beide eine gemeinsame Staatsangehörigkeit eines der Vertragsstaaten besitzen, vergl. Art. 8 III dieses Abkommens vom 17.02.1929 i.V.m. Art. 3 II EGBGB – so auch OLG Köln FamRZ 2006, 1380. Aber nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2010, 1528) – auch OLG Zweibrücken a.a.O. - bestimmt eine Vereinbarung über eine Morgengabe die allgemeinen Wirkungen der Ehe mit, unterfällt also ihr Entstehen und ihr weiteres rechtliche Schicksal dem Ehewirkungsstatut der Ehegatten. Dem schließt sich der Senat an. Dies führt vorliegend zunächst zur Anwendbarkeit iranischen Rechts, weil die Beteiligten zur Zeit der Eheschließung 2003 beide die iranische Staatsangehörigkeit besaßen, Art. 14 I 1 1. Alt. EGBGB. Diese Statutenanknüpfung ist zwar wandelbar (Palandt-Thorn, Art. 14 EGBGB, Rz. 6), wobei die Wandelbarkeit nur für die Beurteilung solcher teilbaren Sachverhalte Bedeutung besitzt, die sich nach dem Eintritt des Statutenwechsels vollziehen (OLG Zweibrücken a.a.O.), z.B. hinsichtlich der Beurteilung des Erlöschens eines schon abschließend begründeten Rechtsverhältnisses.

    Vorliegend fand aber keine Wandelung des Ehewirkungsstatuts statt, da der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft seitens der Antragstellerin keine Veränderungen bewirkte. Denn nach dem subsidiär anwendbaren Art. 14 I Nr. 1 2. Alt. EGBGB bleibt das begründete Ehewirkungsstatut weiter unverändert, wenn nur ein Ehegatte die Staatsangehörigkeit wechselt und der andere weiterhin die früher gemeinsame Staatsangehörigkeit besitzt. So liegt es hier, da nur die Antragstellerin wechselte, während der Antragsgegner iranischer Staatsbürger blieb (ob die Antragstellerin zusätzlich die iranische Staatsangehörigkeit behielt oder ausgebürgert wurde – vergl. Bergmann/Ferid – Enayat, Internationales Ehe- und Familienrecht, Länderteil Iran, S. 9ff. -, ist wegen Art. 5 I 2 EGBGB ohne Bedeutung).

    Die Modalitäten der Entstehung der geltend gemachten Verpflichtung und ihrer ggf. Veränderung unterliegen daher ausschließlich iranischem Recht, zumal dieses keine Rückverweisung kennt, vergl. §§ 5ff. ZGB-Iran.

    Nach § 1087 ZGB-Iran hat die Ehefrau von Gesetzes wegen einen Anspruch auf ein mahr dem Grunde nach, wenn die Ehe geschlossen wird. Der Anspruch ist sofort fällig, § 1082 ZGB-Iran.

    Nach § 1080 ZGB-Iran haben die Ehegatten die Verpflichtung, eine Einigung über die Höhe des mahr vor/bei der Eheschließung zu erzielen; diese Einigungsverpflichtung besteht auch nach Eheschließung fort, § 1087 S. 1 ZGB-Iran. Nach Vollzug der Ehe hat die Ehefrau bei ausgebliebener Einigung zur Höhe einen Anspruch auf ein übliches mahr, § 1087 S. 2 ZGB-Iran. Die Einigung der Ehegatten kann auch dahin gehen, die Bestimmung der Höhe eines mahr einem von ihnen oder einem Dritten zu überlassen, § 1089f. ZGB-Iran. Die Vereinbarung zur Höhe des mahr ist von der Wirksamkeit der Eheschließung komplett unabhängig (Bergmann/Ferid – Enayat, a.a.O., S. 51).

    Gesichtspunkte des deutschen ordre public gemäß Art. 6 EGBGB stehen einer Anwendung der iranischen Vorschriften über die Morgengabe nicht entgegen, denn es kommt nicht darauf an, ob das iranische und das deutsche Recht auf widerstreitenden Prinzipien beruhen, sondern allein darauf, ob das konkrete Ergebnis der Anwendung des iranischen Rechts aus der Sicht des deutschen Rechts zu missbilligen ist. In einzelnen Fällen wurde ein Vertrag über eine Morgengabe für unwirksam angesehen (z. B. LG Köln IPRspr. 80, Nr. 83, vgl. Palandt/Heldrich, BGB, Art. 6 EGBGB Rdn. 20). Dies ist jedoch unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2004, 1952 ff.) und die durch den Deutsch-Iranischen Niederlassungsvertrag zum Ausdruck kommende Achtung des Sachrechts des jeweils anderen Staates abzulehnen, vergl. OLG Köln a.a.O..

    Die Höhe des auf § 1078 ff. ZGB-Iran basierenden Anspruchs der Antragstellerin auf Zahlung einer Morgengabe über 600 Bahare-Azadi-Münzen ergibt sich aus dem von beiden Beteiligten unterzeichneten notariellen Ehevertrag vom 07.07.2003. Dieser Vertrag ist von beiden Beteiligten mittels Unterschrift geschlossen worden, wie auch der Antragsgegner am 24.02.2016 bestätigte.

    Weder bestehen gegen dessen Wirksamkeit Bedenken noch hat die Antragstellerin später auf ihre Ansprüche verzichtet.

    Der Vortrag des Antragsgegners, bei der Hochzeit sei es Konsens der Beteiligten gewesen, dass es sich um keine ernstliche Vertragserklärungen handele, ist in sich widersprüchlich und damit unbeachtlich, unabhängig davon, ob es eine den §§ 117, 118 BGB vergleichbare Bestimmungen im iranischen Recht gibt. Denn einerseits trägt der Antragsgegner in diesem Sinne vor, andererseits behauptete er bis zum 24.02.2016, dass es überhaupt keine Vereinbarung/Erklärungen der Beteiligten gegeben habe, so dass diese auch nicht nur zum Schein abgeben werden konnten. Letztlich bleibt völlig offen, welche Motivation die fehlende Ernstlichkeit der Erklärungen bedingt haben soll. Der fehlenden Ernstlichkeit steht auch entgegen, dass nach dem anzuwendenden iranischen Sachrecht – wie ausgeführt – eine Verpflichtung der Ehegatten besteht, den von Gesetzes wegen gegebenen Anspruch auf ein mahr mittels einer Vereinbarung der Höhe nach zu bestimmen.

    Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin diesen Vortrag auch bestritten; Beweisantritt seitens des Antragsgegners hierzu erfolgte nicht.

    Den Abschluss eines wirksamen Verzichtsvertrages hat der Antragsgegner nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Unabhängig davon, dass der Anspruch der Ehefrau von Gesetzes wegen zusteht und dem Grund nach keiner vertraglichen Abrede zugänglich ist, ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin eine Erklärung abgab, dass dieser Anspruch untergehen solle. Dies betrifft insbesondere ihre Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2015, sie möchte die Scheidung und würde einem Scheidungsantrag des Antragsgegners zustimmen und auch auf die Morgengabe verzichten. Bereits aus dem Wortlaut wird deutlich, dass die Antragsgegnerin keinen endgültigen Verzicht zu diesem Zeitpunkt wollte, zumal dann nicht, wenn nicht unmittelbar die Scheidung ausgesprochen wird, was nicht erfolgte. Dass die Antragstellerin eine andere Erklärung abgab, hat der Antragsgegner, der sich einerseits auf das Protokoll des Familiengerichts beruft, andererseits aber auch dessen unzutreffende Erstellung bemängelt, nicht substantiiert dargelegt.

    Dass die Beteiligten ein „Lösegeld“ im Sinne der §§ 1146, 1147 ZGB-Iran vereinbarten, ist ebenfalls nicht erkennbar, zumal der Antragsgegner selbst nicht unmittelbar zu erkennen gab, die Antragstellerin aus der Ehe entlassen zu wollen (Vertrag über eine entlassende Scheidung).

    Der Anspruch der Antragstellerin ist auch nicht aufgrund von Bestimmungen des iranischen Scheidungsrechts untergegangen, namentlich weil die Antragstellerin verpflichtet war, im Falle einer entlassenden Scheidung nach § 1146 ZGB-Iran das gesamte mahr an den Mann zurückzugeben (dazu in Ansätzen: OLG Hamburg, FamRZ 2004, 459ff.) bzw. im Falle einer einvernehmlichen Scheidung im Sinne von § 1147 ZGB-Iran in Höhe der Hälfte desselben (vergl. OLG Köln a.a.O., OLG Hamburg a.a.O.).

    Die Durchführung des Scheidungsverfahrens selbst ist hier ohne besondere Erkenntnis, da das Familiengericht auf deutsches Scheidungsrecht abstellte. Zudem ist festzuhalten, dass der Antragsgegner keine Tatsachen vorbrachte, die die Anwendung einer dieser Kürzungsvorschriften nach sich zöge. obwohl er nach dem Günstigkeitsprinzip gehalten ist, diese Tatsachen vorzutragen, weil dadurch der begründete Anspruch zu Fall gebrachte würde. Denn nur die besonderen (subsidiären, vergl. Yassari, StAZ 2009, 366, 369) Scheidungsgründe der §§ 1146, 1147 ZGB-Iran begründen die Kürzung des mahr (so auch OLG Köln a.a.O.). Zwar ist vorliegend unstreitig, dass die Ehe der Beteiligten letztlich aufgrund des Antrages der Antragstellerin geschieden wurde, dies allein rechtfertigt aber nicht eine Kürzung, weil auch dann noch ihr Scheidungsantrag infolge ggf. bestehender vertraglicher, § 1119 ZGB-Iran, bzw. gesetzlicher, §§ 1129f. ZGB-Iran, Tatbestände nach iranischem Scheidungsrecht begründet gewesen sein könnte.

    Der Forderung des mahr steht auch nicht § 1101 ZGB-Iran entgegen, wonach die Ehefrau für den Fall, dass eine Eheschließung vor dem Geschlechtsverkehr aus irgendeinem Grund aufgelöst wird, im Grundsatz keinen Anspruch auf ein mahr hat. Denn es handelt sich um eine Einwendung des Ehemannes; hierfür ist er aber darlegungsfällig geblieben. Zum ggf. ausgebliebenen Vollzug der Ehe ist seinerseits nichts vorgetragen. Der Charakter der Vorschrift als Einwendung ergibt sich dabei aus § 1082 ZGB-Iran, wonach die Ehefrau nach der Eheschließung (und ohne Berücksichtigung eines etwaigen Vollzugs der Ehe) Eigentümerin des mahr wird, also mit der Eheschließung sofortige Fälligkeit eintritt.

    Dem Anspruch der Antragstellerin auf das mahr steht auch nicht Art. 22 des Gesetzes zum Schutze der Familie vom 19.02.2013, verkündet im Gesetzblatt Nr. 19835 der Republik Iran am 11.04.2013 und in Kraft getreten am 27.04.2013 (vergl. Yassari, StAZ 2014, S. 125ff.) entgegen. Dieser lautet (übersetzt) wie folgt: „ Brautgaben, die im Zeitpunkt der Eheschließung 110 Goldmünzen (bahare azadi) oder deren entsprechenden Geldwert nicht übersteigen, unterfallen Art. 2 des Gesetzes zur Vollstreckung von Geldforderungen. Geht die Brautgabe darüber hinaus, setzt die Leistung des Mehrbetrages die Leistungsfähigkeit des Ehemannes voraus …“. Hiermit ist eine Modifikation der Vollstreckbarkeit eines (titulierten) Anspruchs erfolgt, die keinen Einfluss auf das Bestehen des Anspruches als solches besitzt (Yassari, StAZ 2014. 125). Sowohl der Sockelbetrag von 110 Münzen als auch ein ggf. Mehrbetrag bleiben weiterhin geschuldet. Diese Bestimmung hat damit keine Auswirkungen auf das hiesige Erkenntnisverfahren, sondern nur auf eine ggf. im Iran erfolgende Vollstreckung hiesigen Titels nach einer dortigen Anerkennung. Für die Vollstreckung hiesigen Titels im Inland ist diese Vorschrift, da sich die Vollstreckung nach den inländischen Regeln als lex fori richten, ebenfalls ohne Auswirkung.

    Die Antragstellerin kann hilfsweise unter den Voraussetzungen der §§ 113 I 2 FamFG, 255 I, 259 ZPO vom Antragsgegner Wertersatz über € 163.305,68 verlangen.

    Nach § 1100 3. Alt. ZGB-Iran hat die Ehefrau Anspruch auf ein übliches mahr bzw. auf den Wert des vereinbarten Gegenstandes, wenn der Ehemann nicht Eigentümer desselben ist und der Eigentümer keine Erlaubnis zur Übertragung des Eigentums auf die Ehefrau gibt. Hieraus wird geschlussfolgert, dass der Ehemann zunächst der Verpflichtung unterliegt, einen Dritten zur Veräußerung an die Frau zu bewegen (Bergmann/Ferid, a.a.O., S. 54 m.w.N.). Bei diesbezüglichem Misslingen wird aber das Schulden eines üblichen mahr abgelehnt, stattdessen soll der Mann einen ähnlichen Gegenstand beschaffen bzw. der Frau den Wert des Versprochenen ersetzen (Bergmann/Ferid, a.a.O., S. 54). Unter Berücksichtigung dessen ist hier die vom Familiengericht ausgesprochene Ersatzverpflichtung des Antragsgegners nicht zu beanstanden, zumal der Gegenwert der 600 Goldmünzen unstreitig € 163.305,68 beträgt.

    Soweit der Antragsgegner insgesamt auf eine „Rosinentheorie“ zu seinen Lasten abstellt, ist zu bemerken, dass er von dem nach deutschem Recht ausgeführten Versorgungsausgleich infolge eines zu seinen Gunsten bestehenden höheren Ausgleichswertes profitierte, Bl. 100 d.A., und auch das aufgrund der ehedem beiderseitigen iranischen Staatsangehörigkeit für die Ehe gültige iranische Güterrecht, Art. 15, 14 I Nr. 1 EGBGB unwandelbar fortbesteht. Die Ehegatten sind im weiteren Sinne mehrfach noch mit dem iranischen Sachrecht verbunden bzw. es wird nicht zu seinem wirtschaftlichen Nachteil davon abgewichen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 113 I 2 FamFG, 97 I ZPO.

    Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 42 FamGKG.

    Diehl Treviranus Dr. Fritzsche