OLG Frankfurt vom 17.09.2019 (4 UF 273/17)

Stichworte: interne Teilung; gleichwertige Teilhabe; Rechnungsgrundlagen
Normenkette: VersAusglG 10, 11; AGG 19 Abs. 1, 33 Abs. 5
Orientierungssatz:
  • Die nach § 11 Abs. 1 S. 1 VersAusglG gebotene gleichwertige Teilhabe beider Ehegatten an den auszugleichenden Anrechten gebietet es, dass auf ein im Wege der internen Teilung zu begründendes Anrecht des Ausgleichsberechtigten die für das Anrecht des Ausgleichspflichtigen geltenden Rechnungsgrundlagen (Rechnungszins, Sterbe- bzw. Richttafeln, Kosten) Anwendung finden. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem auszugleichenden Anrecht um ein geschlechtsspezifisch kalkuliertes Anrecht handelt. Dadurch ist gewährleistet, dass die interne Teilung für den Versorgungsträger - nach Abzug der Teilungskosten - aufwandsneutral erfolgen kann (Anschluss an OLG Nürnberg, FamRZ 2019, 876, und OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.8.2019 – 4 UF 86/17).
  • Enthält die Teilungsordnung eines Versorgungsträgers wörtlich oder sinngemäß eine dahingehende Regelung, dass auf das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person „die aktuellen Rechnungsgrundlagen“ oder ein aktueller Tarif anwendbar sind, ist vom Familiengericht durch geeignete Anordnungen zu gewährleisten, dass dem Gebot der gleichwertigen Teilhabe genügt wird.
  • Dies gilt auch, soweit die Teilungsordnung keine Teilhabe des Ausgleichsberechtigten an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich vorsieht. Insoweit ist im Falle eines versicherungsförmigen Anrechts durch geeignete Anordnungen sicherzustellen, dass dem Ausgleichsberechtigten die für diesen Zeitraum gutgeschriebene Überschussbeteiligung in gleichem Maße zugutekommt wie dem Ausgleichspflichtigen.
  • 22 F 468/16
    AG Alsfeld

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 06.12.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Alsfeld vom 3.11.2017 am 17. September 2019 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Wertausgleich der Anrechte der Antragstellerin und des Antragsgegners bei der G. Lebensversicherung AG (dritter und fünfter Absatz des Beschlusstenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der G. Lebensversicherung AG (Vers. Nr.) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht mit einem auf den 31.8.2016 bezogenen Ausgleichswert von 6.886,13 Euro (Bezugsgröße Deckungskapital) und 4.037,43 Euro (Bezugsgröße Fondsvermögen) übertragen. Auf die Übertragung finden die Bestimmungen der Teilungsordnung der G. Lebensversicherung AG in der Fassung vom 19.2.2010 mit folgenden Maßgaben Anwendung:

    Auf das im Wege der internen Teilung zu begründende Anrecht der Antragstellerin finden statt der aktuellen Rechnungsgrundlagen die für das auszugleichende Anrecht gültigen Rechnungsgrundlagen Anwendung.

    Der auf die Bezugsgröße Deckungskapital entfallende Ausgleichswert ist für den Zeitraum zwischen dem 1.9.2016 und dem Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung mit dem sich aus den vorgenannten Rechnungsgrundlagen ergebenden Rechnungszins aufzuzinsen, d.h. ihm ist im genannten Zeitraum die auf ihn entfallende Überschussbeteiligung, die sich mindestens auf die Höhe der zugesagten Garantieverzinsung beläuft, gutzuschreiben.

    Ein Wertausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der G. Lebensversicherung AG (Vers. Nr. ) findet nicht statt.

    Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss. Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden ebenfalls gegeneinander aufgehoben.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 3.360,- Euro.

    Gründe:

    I.

    Mit dem angefochtenen Beschluss schied das Amtsgericht auf den am 6.9.2016 zugestellten Scheidungsantrag hin die am 21.9.1989 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners und führte den Versorgungsausgleich durch. Dabei ordnete es die interne Teilung Anrechte beider Ehegatten aus privaten Altersrentenversicherungen bei der G. Lebensversicherung AG lediglich in Höhe des auf das konventionelle Deckungskapital dieser Anrechte entfallenden Ausgleichswerts, nicht jedoch in Höhe des auf die ehezeitlich erworbenen Fondsanteile entfallenden Ausgleichswerts an. Bei beiden Anrechten handelt es sich um sogenannte Hybridprodukte, die sich aus einem konventionellen Deckungskapital und einem fondsgebundenen Deckungskapital zusammensetzen. Auf die von der G. Lebensversicherung AG übersandten Auskünfte vom 23.11.2016 zur Höhe des Ehezeitanteils und zum vorgeschlagenen Ausgleichswert wird Bezug genommen, ebenso auf die übersandte Teilungsordnung in der Fassung vom 19.2.2010.

    Mit ihrer am 11.12.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihr am 17.11.2017 zugestellten Beschluss macht die Antragstellerin den unterbliebenen Ausgleich des Fondsanteils des Anrechts des Antragsgegners bei der G. Lebensversicherung AG geltend.

    Mit ihrem als Anschlussbeschwerde auszulegenden Schriftsatz vom 5.1.2018 begehrt die G. Lebensversicherung AG darüber hinaus auch den unterbliebenen Ausgleich des Fondsanteils des bei ihr bestehenden Anrechts der Antragstellerin.

    Antragstellerin und Antragsgegner haben auf Vorschlag des Berichterstatters des Senats zur Niederschrift des Notars C. in … am 25.7.2018 unter der UR-Nr. xy/2018 eine dahingehende Vereinbarung getroffen, dass ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin unterbleibt und dass der Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners auf den sich aus der Differenz der Ausgleichswerte der Anrechte beider geschiedener Ehegatten ergebenden Ausgleichswert von 10.923,56, bestehend aus einem Deckungskapital von 6.886,13 Euro und Fondsanteilen im Wert von 4.037,43 Euro, beschränkt wird. Auf die vorgelegte Abschrift der notariellen Urkunde wird Bezug genommen.

    Die G. Lebensversicherung AG hat erklärt, aus ihrer Sicht bestünden weder Bedenken gegen die Anordnung einer Teilhabe der Antragstellerin an der Wertentwicklung des auf die Bezugsgröße Deckungskapital entfallenden Anteils des Ausgleichswerts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung noch gegen die Gültigkeit der für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen auch für das neu zu begründende Anrecht.

    II.

    Beschwerde und Anschlussbeschwerde sind zulässig (§§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 66, 114 Abs. 1, 228 FamFG) und in der Sache begründet. Sie führen unter Berücksichtigung des von den geschiedenen Ehegatten im Beschwerdeverfahren vereinbarten Teilausschlusses des Versorgungsausgleichs zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

    Die formwirksame Vereinbarung vom 25.7.2018, mit welcher die geschiedenen Ehegatten auf Vorschlag des Senats den Ausgleich der beiderseitigen Anrechte bei der Anschlussbeschwerdeführerin auf den sich zu Lasten des Antragsgegners ergebenden Saldo der Ausgleichswerte der beiderseitigen Anrechte beschränkt haben, begegnet im Hinblick auf die vom Senat vorzunehmende Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle keinen Bedenken, weshalb der Ausgleich auf den vereinbarten Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners zu beschränken ist (§§ 6 Abs. 1 und 2, 7 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 1 VersAusglG, 127a BGB, 224 Abs. 3 FamFG).

    Dieses ist daher gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 VersAusglG im Wege der internen Teilung mit dem vereinbarten, bereits um angemessene Teilungskosten im Sinne des § 13 VersAusglG bereinigten Ausgleichswert von 6.886,13 Euro (Bezugsgröße Deckungskapital) und 4.037,43 Euro (Bezugsgröße Fondsvermögen), bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.8.2016, zu teilen.

    Maßgeblich für die Durchführung der internen Teilung sind gemäß § 10 Abs. 3 VersAusglG grundsätzlich die Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht, hier also die Versicherungsbedingungen für das auszugleichende Anrecht und die Bestimmungen der Teilungsordnung der G. Lebensversicherung AG in der Fassung vom 19.2.2010. Wegen der rechtsgestaltenden Wirkung der Entscheidung über den Wertausgleich sind die Familiengerichte allerdings gehalten, die rechtliche Vereinbarkeit der untergesetzlichen Teilungsordnung mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den gesetzlichen Vorgaben des § 11 VersAusglG, zu prüfen. Genügen die Bestimmungen des Versorgungsträgers den gesetzlichen Anforderungen nicht oder sind sie unklar oder mehrdeutig, sind sie vom Gericht durch geeignete Anordnungen bei Aufrechtechterhaltung im Übrigen an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; BGH, FamRZ 2011, 547; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2017, 878; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.11.2016 – 6 UF 115/16, juris).

    Gemäß § 11 Abs. 1 VersAusglG muss die interne Teilung eine gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen. Diese ist gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts mit vergleichbarer Wertentwicklung und grundsätzlich gleichem Risikoschutz übertragen wird.

    Wegen des sich aus §§ 1 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 bis 3, 10 Abs. 1 VersAusglG ergebenden Gebots der stichtagsbezogenen Halbteilung führt die vom Gericht zu treffende Gestaltungsentscheidung dazu, dass die Begründung des Anrechts des ausgleichsberechtigten Ehegatten und die Belastung des Anrechts des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf das sich aus § 3 Abs. 1 VersAusglG ergebende Ende der Ehezeit, hier also auf den 31.8.2016, zurückwirken (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.11.2016 – 6 UF 115/16, juris). Daraus folgt, dass eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts nicht erst ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Anordnung der internen Teilung, sondern schon im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft gewährleistet sein muss. Dies betrifft sowohl die Teilhabe am Zinsertrag oder - bei fondsgebundenen Versorgungen - an der Wertentwicklung der dem Ausgleichswert zu Grunde liegenden Fondsanteile als auch die Teilhabe an etwaigen biometrischen Gewinnen oder Verlusten, die dadurch entstehen, dass ein versichertes Risiko eintritt oder nicht eintritt (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869; BGH, NZFam 2014, 1040).

    Den sich aus § 11 Abs. 1 VersAusglG ergebenden Anforderungen genügt die für das von der Beschwerde betroffene Anrecht maßgebliche Teilungsordnung nicht in vollem Umfang.

    Dort heißt es in der für den Ausgleich des konventionellen Deckungskapitals maßgeblichen Ziffer 3 d):

    „Der gemäß b) ermittelte Ausgleichswert wird in seiner nominalen Höhe unter Berücksichtigung der Kosten gemäß c) zum Zeitpunkt der Umsetzung des ScheidungsUrteils zur Errichtung des Anrechts der ausgleichsberechtigten Person verwendet.“

    Für den Ausgleich des fondsgebundenen Deckungskapitals heißt es unter Ziffer 3 d):

    „Der gemäß b) ermittelte Ausgleichswert bezogen auf das Ehezeitende wird in das Verhältnis zum Fondsvermögen bezogen auf das Ehezeitende gesetzt, so dass sich eine Ausgleichswert-Quote bezogen auf das Ehezeitende ergibt. Zum Zeitpunkt der Umsetzung des Scheidungsurteils wird zu dem dann vorhandenen Fondsvermögen das der Ehe zuzuordnende Fondsvermögen bestimmt, indem der auf Beitragszahlungen und Risikobeitragsentnahmen nach Ehezeitende beruhende Anteil abgezogen wird (s. Anlage). Durch Anwendung der Ausgleichswert-Quote auf das der Ehe zuzuordnende Fondsvermögen zum Umsetzungszeitpunkt des Urteils ergibt sich der auszugleichende Wert vor Berücksichtigung von Kosten. Das neue Anrecht wird zum Zeitpunkt der Umsetzung des Scheidungsurteils mit dem Wert eingerichtet, der sich durch Verminderung des auszugleichenden Wertes vor Berücksichtigung von Kosten um den zu berücksichtigenden Kostenabzug gemäß c) ergibt. Für den Ausgleichsverpflichteten ergibt sich ein um diesen Wert zuzüglich Kosten gekürztes Fondsvermögen.“

    Ziffer 5 der Teilungsordnung bestimmt unter der Überschrift „Ausgestaltung der Versicherung der ausgleichsberechtigten Person“ unter anderem:

    „Für diese Versicherung gelten folgende Konditionen:

    Der Charakter der eingerichteten Altersversorgung entspricht hinsichtlich der Garantien und der Produktkategorie der ursprünglichen Altersversorgung.

    ...

    Es kommen die aktuellen Rechnungsgrundlagen zur Anwendung.

    Beginn der Versicherung ist der Erste des Monats, in dem die Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich rechtskräftig wird. Materieller Versicherungsschutz wird ab dem Tag der Rechtskraft der Entscheidung gewährt.

    ...“

    Die genannten Bestimmungen sind in folgenden Punkten durch geeignete Anordnungen dem sich aus §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 VersAusglG ergebenden Gebot der gleichwertigen Teilhabe anzupassen:

    1. Rechnungsgrundlagen für das zu begründende Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten

    Unter den Rechnungsgrundlagen versteht man grundsätzlich die der Versorgungszusage vom Versorgungsträger zu Grunde gelegten kalkulatorischen Annahmen über die Zukunft, also die verwendeten Sterbe- bzw. Richttafeln, den Rechnungszins und die angesetzten kalkulatorischen Kosten.

    Werden dem zu begründenden Anrecht des Ausgleichsberechtigten andere Rechnungsgrundlagen als dem auszugleichenden Anrecht des Ausgleichspflichtigen zu Grunde gelegt, kann dies bei kapitalgedeckten Anrechten nicht nur zu einer unterschiedlichen Wertentwicklung im Hinblick auf den für das konventionelle Deckungskapital gegebenenfalls zugesagten Garantiezins führen, sondern im Hinblick auf die verwendeten Sterbe- bzw. Richttafeln und die angesetzten kalkulatorischen Kosten auch zu einer nicht auf biometrischen Faktoren beruhenden unterschiedlichen Leistungshöhe im Falle identischer Wertentwicklung. Eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten ist daher nach Auffassung des Senats nur gewährleistet, wenn auf dessen Anrecht vollumfänglich die für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen Anwendung finden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2017, 878; FamRZ 2018, 96, Beschluss des Senats vom 22.8.2019 – 4 UF 86/17, veröffentlicht unter www.hefam.de, so auch OLG Nürnberg, FamRZ 2019, 876).

    Die Anordnung einer der Garantieverzinsung des auszugleichenden Anrechts entsprechenden Garantieverzinsung des konventionellen Deckungskapitals ist auch nicht im Hinblick auf die zugesagte Überschuss- und Schlussüberschussbeteiligung entbehrlich, unterschreitet die durchschnittliche Überschussbeteiligung deutscher Lebensversicherer doch bereits seit Jahren die noch in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zugesagte Garantieverzinsung von bis zu 4 Prozent p.a.

    § 2 Abs. 2 Satz 2 DeckRV gestattet den Versicherungsunternehmen im Übrigen ausdrücklich die Beibehaltung des für das auszugleichende Anrecht geltenden Garantiezinses für das zu übertragende Anrecht.

    Soweit dem auszugleichenden Anrecht ein geschlechtsspezifischer Tarif zu Grunde liegt, stehen §§ 19 Abs. 1, 33 Abs. 5 AGG der Begründung eines geschlechtsspezifischen Tarifs zu Gunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten im Wege der internen Teilung nicht entgegen. Der deutsche Gesetzgeber hat den Versicherungsunternehmen mit den genannten Bestimmungen als Reaktion auf die „Test-Achats“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, NJW 2011, 907) die Verwendung geschlechtsspezifischer Tarife für die ab dem 21.12.2012 geschlossenen Neuverträge untersagt. Für die vor dem 21.12.2012 geschlossenen Verträge bleibt es hingegen bei der Zulässigkeit geschlechtsspezifischer Tarife (vgl. Staudinger-Serr, BGB, Bearbeitung 2017, § 33 AGG, Rn. 21).

    Dies gilt auch für die im Wege der internen Teilung eines vor dem 21.12.2012 begründeten Anrechts zu begründenden Anrechte, denn § 10 Abs. 1 VersAusglG sieht nicht die Begründung eines neuen Anrechts, sondern lediglich die teilweise Übertragung eines bestehenden Anrechts im Sinne eines echten Real-Splittings vor, deren Modalitäten sich im Einzelnen nach § 11 VersAusglG richten (vgl. Beschluss des Senats vom 22.8.2019 – 4 UF 86/17, veröffentlicht unter www.hefam.de; OLG Nürnberg, FamRZ 2019, 876; BeckOGK-Ackermann-Sprenger, Stand 01.05.2019, § 10 VersAusglG, Rn. 6; jurisPKBGB-Breuers, 8. Aufl. 2017, § 10 VersAusglG, Rn. 39; Holzwarth, Familienrecht, 6. Aufl., § 10 VersAusglG, Rn. 1-3; Ruland, Versorgungsausgleich 4. Aufl., Rn. 597; zu den Gesetzgebungsmaterialien BT-Drs. 16/10144, S. 54 f.). Ein neues Anrecht wird dabei nur insoweit begründet, als das bestehende Anrecht einem neuen Bezugsberechtigten zugeordnet und eine Einschränkung des Risikoschutzes gestattet wird (a. A. Erman-Norpoth/Sasse, BGB, 15. Aufl., § 10, Rn. 2; MüKoBGB-Siede, 7. Aufl., § 10 VersAusglG, Rn. 5; Borth, Versorgungsausgleich, Rn. 625).

    Auch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit der Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren bei der Ermittlung des (intern zu teilenden) Ausgleichswerts von Anrechten der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (BGH FamRZ 2017, 863; FamRZ 2017, 870; FamRZ 2017, 871) stehen der Beibehaltung des für das auszugleichende Anrecht geltenden geschlechtsspezifischen Tarifs nicht entgegen. Anders als das hier betroffene Anrecht sind die Anrechte der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nämlich von vornherein geschlechtsneutral kalkuliert. Sowohl der Erwerb von Versorgungspunkten als der für die Zusatzversorgung maßgeblichen Bezugsgröße als auch die Höhe der sich daraus ergebenden Rente sind für alle Geschlechter gleich geregelt. Deshalb verbieten §§ 19 Abs. 1, 33 Abs. 5 AGG für diese Anrechte jedenfalls ab dem 21.12.2012 eine Ermittlung des Ausgleichswerts auf der Grundlage nicht systemimmanenter geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren. Im vorliegenden Fall werden hingegen die dem auszugleichenden Anrecht von vornherein innewohnenden geschlechtsspezifischen Faktoren, die zulässigerweise auch der Ermittlung des Ausgleichswerts zu Grunde liegen, im Einklang mit § 33 Abs. 5 AGG auch für das zu übertragende Anrecht des Ausgleichsberechtigten übernommen.

    Die für den Versorgungsträger zu gewährleistende Kosten- bzw. Aufwandsneutralität (vgl. BVerfG, FamRZ 1993, 1173, 1175; BGH, FamRZ 2016, 775 Rn. 46; BT-Drs. 16/10144, S. 43) steht der Beibehaltung der für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen für das zu übertragende Anrecht ebenfalls nicht entgegen. Eine mit der Beibehaltung der für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen einher gehende Erhöhung des Risikos des Versorgungsträgers ist nicht erkennbar, weil sich nach der Teilung des Anrechts das Risiko bei beiden Personen nur auf das halbe ehezeitliche Deckungskapital bezieht und weil etwaige sich aus dem Geschlecht und dem Alter des ausgleichsberechtigten Ehegatten ergebende zusätzliche Risiken durch die Verwendung geschlechtsspezifischer Sterbe- bzw. Richttafeln aufgefangen werden (ebenso OLG Nürnberg, FamRZ 2019, 876).

    2. Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung

    Um dem Grundsatz der Halbteilung gerecht zu werden, muss die Wertentwicklung des auf der Grundlage des Ausgleichswerts für den Ausgleichsberechtigten geschaffenen Anrechts bereits ab dem Ende der Ehezeit der Wertentwicklung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen vergleichbar sein. Durch die Teilungsordnung des Versorgungsträgers oder durch geeignete Anordnungen des Gerichts ist daher zu gewährleisten, dass für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts entsteht, welches ab dem Ende der Ehezeit an der für das Versorgungssystem vorgesehenen Wertentwicklung teilhat (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869, Rn. 20).

    Dies ist für den Ausgleich des fondsgebundenen Deckungskapitals durch die Bestimmungen in Ziffer 3 d) der Teilungsordnung und der dazu gehörigen Anlage gewährleistet. Diese stellen sicher, dass der Ausgleichsberechtigte im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich sowohl an den Wertschwankungen der dem Ausgleichswert zu Grunde liegenden Fondsanteile als auch an etwaigen hierauf entfallenden Ausschüttungen teilhat.

    Für den Ausgleich des konventionellen Deckungskapitals sieht die Teilungsordnung eine solche Teilhabe an der Wertentwicklung hingegen nicht vor. Durch geeignete Anordnungen ist daher sicherzustellen, dass der Ausgleichsberechtigte im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft des Versorgungsausgleichs an der dem auszugleichenden Anrecht in diesem Zeitraum gutgeschriebenen Überschussbeteiligung teilhat, die sich mindestens auf die zugesagte Garantieverzinsung beläuft.

    Dass sich die bis zum Eintritt der Rechtskraft gutgeschriebene Überschussbeteiligung im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht sicher vorhersagen lässt und dass die zugesagte Garantieverzinsung Zinsen und Zinseszinsen beinhaltet, steht der Anordnung einer Teilhabe des Ausgleichsberechtigten nicht entgegen. Anders als die Anordnung einer externen Teilung, die ein vollstreckbares Zahlungsgebot des Ausgangsversorgungsträgers an den Zielversorgungsträger enthält, handelt es sich bei der Anordnung einer internen Teilung um eine reine Gestaltungsentscheidung, durch welche für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Anrecht mit dem sich aus der Gestaltungsentscheidung ergebenden Inhalt begründet wird. Die Gestaltungsentscheidung bedarf keiner Vollstreckung, weshalb das vollstreckungsrechtliche Bestimmtheitsgebot, das der Anordnung einer Aufzinsung bei der externen Teilung entgegensteht (vgl. BGH, FamRZ 2017, 1655) der Anordnung einer Aufzinsung bei der internen Teilung nicht entgegensteht. Im vorliegenden Fall ist daher für den Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung die Aufzinsung des Ausgleichswerts mit dem für das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht maßgeblichen Rechnungszins anzuordnen, der sich aus der im genannten Zeitraum gutgeschriebenen Überschussbeteiligung ergibt, die wiederum mindestens in Höhe der zugesagten Garantieverzinsung zu erfolgen hat.

    Der zusätzlichen Anordnung einer Teilhabe an der biometrischen Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich (vgl. insoweit BGH, FamRZ 2015, 1869, Rn. 32-35) bedarf es nicht, weil biometrische Gewinne oder Verluste bei einer versicherungsförmigen reinen Altersrentenzusage nicht zu erwarten sind.

    Wegen des wirksam vereinbarten Ausschlusses des Ausgleichs des Anrechts der Antragstellerin bei der Anschlussbeschwerdeführerin ist festzustellen, dass ein Ausgleich dieses Anrechts nicht stattfindet (§ 224 Abs. 3 FamFG).

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 150 Abs. 1 bis 4. Auch unter Berücksichtigung des dem Amtsgericht beim Erlass der angefochtenen Entscheidung unterlaufenen Fehlers entspricht es im Hinblick auf die erst während des Beschwerdeverfahrens getroffene Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten und den Inhalt der vorliegenden Entscheidung billigem Ermessen, auch die Kosten des zweiten Rechtszugs gegeneinander aufzuheben.

    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 50 Abs. 1 FamGKG. Da Gegenstand der Beschwerde zwei Anrechte sind, sind für die Wertfestsetzung zwei Zehntel des von beiden Ehegatten im Zeitpunkt der Einleitung der Scheidungssache in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens in Ansatz zu bringen.

    Die Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen zuzulassen (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG).

    Rechtsbehelfsbelehrung: …

    Reitzmann Dr. Kischkel Schmidt