OLG Frankfurt vom 28.04.2017 (4 UF 258/16)

Stichworte: Leistungsfähigkeit, Hinzuverdienst, Erwerbsminderungsrente, Verzögerungsgebühr
Normenkette: BGB 1603, SGB II 11b, SGB VI 99, FamGKG 32
Orientierungssatz:
  • Zur Darlegung von Tatsachen, die die Leistungsunfähigkeit nach § 1603 BGB begründen.
  • Zur Bestimmung des Hinzuverdienstes nach § 11b SGB II.
  • Zu den Voraussetzungen einer Verzögerungsgebühr nach § 32 FamGKG
  • 615 F 478/15
    AG Wetzlar

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat das Oberlandesgericht, 4. Senat für Familiensachen, Frankfurt am Main im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 13.04.2017 einzureichenden Schriftsätze beschlossen:

    Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 04.10.2016 wird der am 30.08.2016 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Wetzlar, Az. 615 F 478/15, teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

    Der Antrag wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

    Beschwerdewert: € 1.833,00

    Vom Antragsteller wird wegen Verzögerung des Beschwerdeverfahrens eine zusätzliche 0,5-fache Gerichtsgebühr aus dem Beschwerdewert erhoben.

    Dem Antragsteller wird zur Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren ratenfrei Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … bewilligt.

    Gründe:

    I.

    Die Beteiligten streiten (noch) um die Frage fort, ob der Antragsgegner (Jahrgang 1960) als Vater dem Antragsteller zwischen März und Oktober 2015 zur Zahlung von (Mindest-) Unterhalt verpflichtet ist.

    Der Antragsteller war im genannten Zeitraum einkommens- und vermögenslos. Er forderte den Antragsgegner mit dortigem Zugang am 25.03.2015 auf, zum Zwecke der Berechnung von Unterhalt Auskunft über sein Einkommen zu erteilen. Der Antragsgegner reagierte hierauf durch Vorlage einer Kopie eines Bewilligungsbescheides des Job-Centers … über ihm von dort gewährte Hilfen nach dem SGB II (€ 750,92 mtl.). Der Antragsteller und seine Mutter erhielten im noch streitigen Zeitraum ihrerseits ebenfalls Leistungen nach dem SGB II.

    Der Antragsgegner verfügt über kein Vermögen und nimmt seit mindestens 15 Jahren (nach seinem Rentenantrag an die DRV Hessen vom 23.11.2015 seit 1990) nicht mehr am Erwerbsleben teil. Er ist ohne abgeschlossene Berufsausbildung und hat ehedem als Hilfsarbeiter in der Bauwirtschaft gearbeitet. Am 23.11.2015 stellte der Antragsgegner einen Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente bei der DRV Hessen, die diese mit Bescheid vom 20.01.2016 rückwirkend ab 01.11.2015 im Umfang von mtl. € 408,76 (brutto) bewilligte.

    Der Antragsteller beantragte,

    dem Antragsgegner zu gebieten, ihm ab November 2015 Unterhalt in Höhe von 105% des Mindestunterhaltes in der ersten, ab Juni 2016 in der zweiten und ab Juni 2022 in der dritten Altersstufe – jeweils abzüglich hälftigen Kindesgeldes für ein erstes Kind – sowie weitere € 2.161,00 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 291,00 seit 03.03.2015, 03.04.2015, 03.05.2015, 03.06.2015 und 03.07.2015, aus je € 303,00 seit 03.08.2015 und 03.09.2015 sowie aus € 301,00 seit 03.10.2015 zu zahlen.

    Der Antragsgegner beantragte,

    den Antrag abzuweisen.

    Der Antragsgegner behauptet, bereits vor März 2015 umfänglich erkrankt und damit nicht erwerbsfähig gewesen zu sein. Er behauptet insoweit, unter hohem Blutdruck, Gicht, Sehnen und Muskelrissen in beiden Armen, Meniskusschäden in beiden Knien und einer Lebererkrankung zu leiden; ferner unter einer Bandscheibenproblematik, die schon einen operativen Eingriff nach sich zog. Zudem habe er sich einer Kehlkopfoperation unterziehen müssen und seine rechte Hand sei „kaputt“ – dort sei eine verdrahtete Platte eingesetzt worden. Zum Beweis seiner Behauptungen bezog und bezieht er sich auf die Beiziehung der für ihn geführten Akte der DRV Hessen und die dortigen über seinen Krankheitszustand erhobenen Befundberichte.

    Mit am 30.08.2016 verkündetem Beschluss gebot das Familiengericht dem Antragsgegner – unter Antragsabweisung im Übrigen -, an den Antragsteller für März bis Oktober 2015 € 1.833,00 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus „…je € 225,00 sei 20.06.2015 sowie aus jeweils € 236,00 seit 03.07.2015, 03.08.2015, 03.09.2015 und 03.10.2015 zu zahlen…“. Es ging davon aus, dass der Antragsteller in diesen Monaten (fiktiv) leistungsfähig sei, in der Folgezeit aber im Hinblick auf die ab 01.11.2015 bewilligte Erwerbsminderungsrente nicht mehr.

    Hiergegen richtet sich nach Zustellung des Beschlusses an ihn am 01.09.2016 die am 04.10.2016 beim Familiengericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners insoweit, als ihm eine Zahlung geboten wurde; gegenüber dem Senat begründete er diese unter dem 26.10.2016. Am 01.11.2016 kündigte er gegenüber dem Senat den auch letztlich am 03.02.2017 gestellten Antrag an,

    unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Wetzlar den Antrag umfassend zurückzuweisen.

    Der Antragsteller beantragte,

    die Beschwerde zurückzuweisen.

    Am 05.12.2016 übertrug der Senat, nachdem der Antragsteller innerhalb einer auf den 01.12.2016 gesetzten Beschwerdeerwiderungsfrist keine Verteidigungsbereitschaft angezeigt hatte, das Verfahren seinem Berichterstatter als Einzelrichter; am 03.02.2017 erklärten die Beteiligten, nachdem der Antragsteller am 02.02.2017 das Beschwerdeverfahren aktiv aufgenommen hatte, ihre Zustimmung zum Übergang ins schriftliche Verfahren, welches am gleichen Tage unter Setzung einer Schriftsatzfrist auf den 13.04.2017 angeordnet wurde.

    Der Senat hat zu Beweiszwecken die für den Antragsgegner von der DRV Hessen geführte Verwaltungsakte beigezogen, die auszugsweise in Kopie weitervorliegt, Bl. 175 – 200 d.A.; hierauf wird, wie auch das weitere schriftliche Vorbringen der Beteiligten, Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige, §§ 58 ff., 117 FamFG, Beschwerde des Antragstellers ist begründet und führt unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur vollständigen Antragsabweisung.

    Die Zulässigkeit des Rechtsmittels trotz Überschreitung der Monatsfrist des § 63 I FamFG beruht auf den §§ 69 III, 113 I 2 FamFG, 222 II ZPO, weil das Fristende zur Beschwerdeeinlegung im Hinblick auf die Zustellung des am 30.08.2016 verkündeten Beschlusses an den Antragsgegner am 01.09.2016 auf Sonnabend, 01.10.2016, gefallen wäre. Damit verlängerte sich die Frist auf das Ende des folgenden Werktages, der hier – unter Einschluss des gesetzlichen Feiertages am 03.10.2016 – der 04.10.2016 war. Zu dieser Zeit ging die Beschwerde beim empfangszuständigen Familiengericht ein.

    Die Beschwerde wurde auch rechtzeitig im Sinne des § 117 I 1 FamFG gegenüber dem Senat begründet: Innerhalb der am 01.11.2016 ablaufenden Begründungsfrist hat der Antragsgegner sowohl einen – einen vollumfänglichen Angriff ergebenden – Antrag gestellt als auch die hierfür nötige Begründung eingereicht.

    Die Beschwerde ist begründet, weil dem Antragsteller auch im Zeitraum März bis Oktober 2015 kein Anspruch auf Unterhalt über insgesamt € 1.833,00 zusteht, §§ 1601 ff. BGB.

    Es kann letztlich dahinstehen, ob der Antragsteller für einen – vom Familiengericht angenommenen – Mindestunterhaltsbedarf, § 1612a I 2 BGB, bedürftig ist, § 1602 BGB, bzw. ob er (noch) berechtigt ist, trotz eigenen SGB II-Leistungsbezugs Leistung an sich verlangen zu können, vergl. §§ 113 I 2 FamFG, 265 II ZPO, 33 SGB II, bzw. ob der Unterhaltsanspruch nach § 1613 I BGB durchsetzbar ist, da es jedenfalls an der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners mangelt, § 1603 BGB. Dabei kann ebenfalls dahinstehend, ob man diese an § 1603 I BGB misst oder aber – weil die Existenz anderer Personen im Sinne des § 1603 II 3 BGB durch den Antragsgegner nicht dargelegt wurde – diese an § 1603 II 1 BGB zu messen ist, weil auch dessen Voraussetzungen letztlich erfüllt sind.

    Denn infolge der durchgeführten Beweisaufnahme – Beiziehung der für den Antragsgegner geführten Akte der DRV Hessen – steht zur Überzeugung des Senats, §§ 69 III, 113 I 2 FamFG, 286 ZPO, fest, dass der Antragsgegner jedenfalls ab März 2015 nicht in der Lage war, verfügbare Mittel zu generieren, um seinen und der Kinder Unterhalt gleichmäßig befriedigen können. Denn insoweit ist anerkannt, dass dem Unterhaltsschuldner ein Mindestbetrag (notwendiger Selbstbehalt) verbleiben muss, der die eigene bescheidene Lebensführung ermöglicht. Bei der Betrachtung dieser Generationsmöglichkeit ist zwar nicht nur auf das reale Einkommen abzustellen; vielmehr ist ebenfalls einzubeziehen, zu welcher Mittelerzielung der Unterhaltsschuldner bei gehöriger Anstrengung in der Lage wäre.

    Vorliegend verfügt der Antragsgegner unstreitig real weder über Vermögen noch Einkommen, was ihn unter Belassung des notwendigen Selbstbehaltes Nichterwerbstätiger von mtl. € 880,00 (Nr. 21.2. der OLG-Unterhaltsgrundsätze) in die Lage versetzte, Unterhalt zu Gunsten des Antragstellers zu erbringen; denn der SGB-II-Leistungsbezug betrug mtl. nur € 750,92.

    Der Antragsgegner hat zudem sowohl dargelegt als auch letztlich nach Bestreiten durch den Antragsteller zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass es ihm aufgrund seiner erheblich eingeschränkten gesundheitlichen Verfassung nicht möglich ist, ein (Erwerbs-)Einkommen zu generieren, was oberhalb eines mit mtl. € 1.080,00 zu bemessenden Selbstbehaltes Erwerbstätiger (Nr. 21.2 der OLG-Unterhaltsgrundsätze) angesiedelt ist. Denn der Antragsgegner hatte im noch streitigen Zeitraum aufgrund seines Alters, seiner beruflichen Vitas und seiner gesundheitlichen Einschränkungen erkennbar keine Chance, überhaupt eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Denn der Antragsgegner war zur damaligen Zeit bereits 55 Jahre alt und seit über 15 Jahren, nach seinem Rentenantrag an die DRV Hessen seit 1990, nicht mehr erwerbstätig gewesen. Er verfügte über keine irgendwie geartete Berufsausbildung und hatte bis zum „Ausstieg aus dem Berufsleben“ berufliche Erfahrungen nur als Bauhelfer erworben. Bereits unter diesen Rahmenbedingungen erachtet es der Senat als nahezu unmöglich, eine Erwerbstätigkeit zu finden, die oberhalb des Mindestlohnes angesiedelt ist, der unter Beachtung von Lohnsteuerklasse I aber ohnehin nur zu Einkommen im Bereich des notwendigen Selbstbehaltes führte.

    Vorliegend kommt aber hinzu, dass der Antragsgegner unter erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen leidet, die eine Berufsausübung – noch dazu mit einem Einkommen oberhalb des notwendigen Selbstbehalts Erwerbstätiger – ausschließt. So ergibt sich aus den über den Antragsgegner erstellten, medizinischen Befunden, wie sie in der beigezogenen Akte enthalten sind, zur Überzeugung des Senats eindeutig, dass der Antragsgegner chronisch unter Bluthochdruck, Gicht sowie Alkohol- und Nikotinabusus (Ursache der vom Antragsgegner benannten Lebererkrankung) leidet, ferner sein Gesundheitszustand dadurch eingeschränkt ist, dass bei ihm eine subakute Gastritis, eine subtotale Schilddrüsenresektion (die von ihm beschriebene Kehlkopfoperation) und eine Lendenwirbelsäulenproblematik vorliegt, die 2012 bzw. 2013 operativ behandelt wurde, aber laut Ärztlichem Befundbericht vom 15.12.2015 noch heute Bewegungseinschränkungen verursacht. Mit diesem Persönlichkeitsbild, welches der Antragsgegner im Rahmen einer Bewerbung auch offenzulegen hätte, weil es unmittelbar Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit hat (vergl. BAG 7. 2. 1964 - 1 AZR 251/63, AP Nr 6 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluss), erachtet der Senat den Antragsgegner für schlechterdings in einer aussichtslosen Lage, überhaupt einen Arbeitgeber zu finden, der zur Einstellung bereit ist.

    Der Senat sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner gerade in einer den Unterhaltsanspruch besonders berührenden Weise nachlässig/ leichtfertig die die Leistungsunfähigkeit begründenden Tatsachen herbeigeführt/bewusst in Kauf genommen hat. Vielmehr ist es so, dass schon lange vor Zeugung und Geburt des Antragstellers und einhergehendem Entstehen des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegner nicht mehr am Erwerbsleben teilnahm und auch die wesentlichen Krankheitsbilder schon zu diesem Zeitpunkt bestanden. Denn insbesondere die Hypertonie (Bluthochdruck), der Lendenwirbelsäulenschaden und der Alkoholabusus bestehen nach den ärztlichen Stellungnahmen, wie sie in der Rentenakte niedergelegt sind, schon viele (mehr als zehn) Jahre. Zwar ist den ärztlichen Stellungnahmen ebenso zu entnehmen, dass insb. der Alkoholabusus mittels einer stationären Entgiftungsmaßnahme und einer anschließenden Langzeittherapie behandelbar war und ist; indes fehlt dem Antragsgegner hierzu die von ihm zu zeigende und für den Therapieerfolg nötige Therapiemotivation. Indes vermag der Senat – anders als der Antragsteller – nicht zu erkennen, dass es dem Antragsgegner gerade zur Vermeidung seiner Leistungsfähigkeit (Kausalität) an dieser Motivation mangelt. Denn – wie ausgeführt – besteht die diesbezügliche Erkrankung schon lange und die fehlende Motivation wurde schon zu einer Zeit erkannt, als eine Aufforderung zur Unterhaltszahlung noch nicht annähernd im Raum stand (vergl. Ärztlicher Befundbericht vom 15.12.2015).

    Untermauert wird diese Situation dadurch, dass die Erwerbsminderungsrente (erst) ab November 2015 nicht wegen zu dieser Zeit neu eingetretener Erwerbsminderung rückwirkend im Januar 2016 bewilligt wurde, sondern weil nach § 99 I 2 SGB VI erst ab dem Monat zu leisten ist, in dem der Antrag gestellt wurde. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 99 I 1 SGB VI, wonach bei einer Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Erwerbsminderungsrentenvoraussetzungen rückwirkend die Rente auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen zu bewilligen ist. Da dies seitens der DRV Hessen nicht erfolgte, ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für den Bezug der dem Antragsgegner bewilligten Rente nicht in den Monaten September bis November 2015 eintraten, sondern schon zuvor bestanden, wobei nichts erkennbar ist, dass dies nach Februar 2015 war. Denn dass sich der Gesundheitszustand des Antragsgegners gerade in diesen Monaten deutlich verschlechterte, ist angesichts der dokumentierten Krankheitsgeschichte fernliegend.

    Der Antragsgegner war auch im streitigen Zeitraum nicht in der Lage, neben dem SGB II – Bezug durch Aufnahme einer Nebentätigkeit im Rahmen der Hinzuverdienstgrenzen, § 11b II, III SGB II, zu seiner Leistungsfähigkeit zu gelangen. Denn § 11b II 1 SGB II lässt grundsätzlich nur einen mtl. Einkommensbetrag von (netto) € 100,00 anrechnungsfrei; nach § 11b III 1 und 2 Nr. 1 SGB II sind 20% eines zwischen € 100,00 und € 1.000,00 mtl. liegenden Nettoeinkommens zusätzlich anrechnungsfrei. Nach vorstehenden Ausführungen zu den Erwerbschancen des Antragsgegners (ohne gesundheitliche Einschränkungen aufgrund seiner Erwerbsvitas) kommt ein weiterer Betrag nach § 11b III 2 Nr. 2 SGB II ohnehin nicht in Betracht. Anrechnungsfrei wären daher maximal (€ 100,00 + 20% von € 900,00=) € 280,00. Bei einem fortdauernden SGB II – Bezug von € 750,92 ergäbe sich ein Gesamtbetrag von € 1.030,92.

    Letzteres setzte beim Antragsgegner wegen seiner ohnehin geringen Verdienstmöglichkeiten eine nahezu vollschichtige Erwerbstätigkeit voraus, so dass ihm aber auch statt des notwendigen Selbstbehalts Nichterwerbstätiger nahezu ein solcher für Erwerbstätige (bzw. ein Zwischenbetrag zwischen beiden je nach Umfang der Erwerbstätigkeit) zuzubilligen wäre, so dass im Ergebnis keine verteilbare Masse bleibt (vergl. BGH, Beschluss vom 19.06.2013, XII ZB 39/11, Rz. 23).

    Mangels Bestehens eines Hauptanspruchs scheiden auch Sekundäransprüche aus Verzugsgesichtspunkten, §§ 280 I, II, 286, 288 BGB, aus.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG und berücksichtigt – mangels Vorliegen anderer Gesichtspunkte – ausschließlich das Ausmaß des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens, so dass der Antragsteller als letztlich vollständig unterliegender Beteiligter die Verfahrenskosten zu tragen hat. Denn insb. kommt nicht in Betracht, dem Antragsgegner aus dem Rechtsgedanken des § 97 II ZPO deswegen einen Teil der Kosten aufzuerlegen, weil er erst in der Beschwerdeinstanz maßgeblichen Vortrag gehalten hätte. Denn dies ist nicht der Fall. Vielmehr hatte er schon erstinstanzlich detailliert zu seiner Vitas und Krankheitsgeschichte vorgetragen, so dass – nach Bestreiten des Antragstellers – die vom Antragsgegner beantragte Beweisaufnahme mittels Aktenbeiziehung hätte erfolgen müssen. Auch war letztlich dem Antragsteller bereits vor Verfahrenseinleitung die Vitas des Antragsgegners, die sich in den letzten Jahren ja nicht wesentlich veränderte, mindestens in groben Zügen bekannt, so dass er um die Risikobehaftung des Verfahrenserfolges wusste/wissen musste.

    Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 35 FamGKG.

    Nach § 32 S. 1 und 2 FamGKG war gegen den Antragsteller eine zusätzliche 0,5-fache Verfahrensgebühr aus dem Beschwerdewert von € 1.833,00 zu verhängen, weil durch sein oder seines Vertreters Verschulden die Erledigung hiesigen Verfahrens in der Beschwerdeinstanz deswegen verzögert wurde, weil – gemessen am Verfahrensablauf – zu einem verspäteten Zeitpunkt Verteidigungsmittel vorgebracht wurden.

    Denn der Antragsteller hat in der Beschwerdeinstanz erst unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.02.2017 mittels Schriftsatzes vom 02.02.2017 seine Verteidigung gegen die Beschwerde aufgenommen und an seinem Bestreiten, bei dem es sich um ein Verteidigungsmittel handelt (Keidel-Weber, § 115 FamFG, Rz. 3), der vom Antragsgegner zur Darlegung seiner Leistungsunfähigkeit vorgebrachten Tatsachen festgehalten; bis dahin galt dieser Vortrag nach den §§ 117 II 1 FamFG, 539 II 1 ZPO als zugestanden und bedurfte keiner Beweisaufnahme. Dies hat, obgleich dem Antragsteller eine bis 01.12.2016 laufende Frist zur Beschwerdeerwiderung gesetzt war, eine Verzögerung der Verfahrenserledigung bewirkt, weil der Senat bei fristgemäßem Eingang der Beschwerdeerwiderung schon bei Terminierung am 05.12.2016 auf den 03.02.2017 die Verfahrensakte der DRV Hessen angefordert hätte, die mutmaßlich dann bis zum Termin vorgelegen hätte (auch im Nachgang zur Verhandlung benötigte die Aktenbeiziehung nur ca. einen Monat). Dies hätte die Anordnung des schriftlichen Verfahrens nach den §§ 69 III, 113 I 2 FamFG, 128 II ZPO im Nachgang zur Verhandlung vermieden, vielmehr wäre eine sofortige Entscheidung möglich gewesen.

    Dies beruht auch auf (einfachem, vergl. Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, zum wortgleichen § 38 GKG, Rz. 9) Verschulden des Antragstellers oder seines gesetzlichen bzw. vertraglichen Vertreters, weil diese bei Übersendung der Beschwerdebegründung und Setzung der Beschwerdeerwiderungsfrist auf die Bedeutung Letzterer durch den Senat hingewiesen wurden, auch wenn dieser eine grobe Nachlässigkeit im Sinne des § 115 FamFG, die ihn berechtigt hätte, das Bestreiten des Antragstellers gänzlich zurückzuweisen, nicht positiv feststellen kann.

    Im Hinblick auf den Grad des Verschuldens und die eingeschränkte wirtschaftliche Bonität des Antragstellers erachtet der Senat aber eine Reduzierung der Verzögerungsgebühr auf eine 0,5-fache Gerichtsgebühr aus dem Beschwerdewert zur Ahndung des Verhaltens für angemessen.

    Die Verfahrenskostenhilfebewilligung ergibt sich aus den §§ 69 II, 113 I 2 FamFG, 114ff., 119 II ZPO.

    Dr. Fritzsche