OLG Frankfurt vom 03.04.2020 (4 UF 251/19)

Stichworte: Versorgungsausgleichskasse; Splitterversorgung; Abfindung; reformatio in peius; grobe Unbilligkeit
Normenkette: VersAusglG 18 Abs. 2; VersAusglG 15 Abs. 5 S 2; VersAusglG 27; VersAusglKassG 5 Abs. 1 S. 3
Orientierungssatz:
  • Dem Ausgleich eines Kleinstanrechts in die Versorgungsausgleichskasse nach § 15 Abs. 5 S. 2 VersAusglG im Wege der externen Teilung steht jedenfalls der mit § 18 Abs. 2 VersAusglG verbundene Zweck nicht entgegen, das Entstehen von Splitterversorgungen zu vermeiden. Die Versorgungsausgleichskasse kann nach § 5 Abs. 1 S. 3 VersAusglKassG ohne Zustimmung des Ausgleichsberechtigten statt der Begründung eines neuen Anrechts eine Abfindung leisten (Anschluss an OLG Saarbrücken, Beschluss vom 02. April 2019 – 6 UF 9/19 –, juris = NZFam 2019, 642 mAnm Burschel). Der Verbleib des geteilten Kleinstanrechts bei dem ausgleichspflichtigen Versorgungsträger, dh einer Splitterversorgung, ist zumindest dann keine Folge der Teilung, wenn das zu teilende Anrecht bereits zuvor nur einen sehr geringen Wert hatte (Abgrenzung zu jurisPK-BGB/Breuers, 9. A., § 18 VersAusglG [Stand:18.02.2020], Rn. 126).
  • Liegt der nahezu bedeutungslose Ausgleichswert des zu teilenden Kleinstanrechts erkennbar unter dem auch bei einer externen Teilung real entstehenden Verwaltungsaufwand und ist der Ausgleichsberechtigte darüber hinaus nicht auf den Bagatellbetrag angewiesen, ist das Anrecht wegen der Unwirtschaftlichkeit der Teilung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht auszugleichen (vgl. BGH FamRZ 2016, 2081 Rn. 12).
  • Von dem Ausgleich eines Versorgungsanrechts ist nach § 27 VersAusglG nur dann ausnahmsweise abzusehen, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen (vgl. BGH FamRZ 2011, 877 und FamRZ 2012, 434). Diese Voraussetzung ist regelmäßig nicht allein deshalb erfüllt, weil einer der Ehegatten ehezeitlich durch freiwillige Einzahlungen in eine privatrechtliche Altersversorgung bei der Scheidung auszugleichende Anrechte bei einem Versorgungsträger begründet hat, selbst dann nicht, wenn die dafür aufgewendeten Finanzmittel aus einer ratierlich ausgezahlten Abfindung des früheren Arbeitgebers für den Verlust des Arbeitsplatzes stammen.
  • Übersieht das Familiengericht bei seiner Entscheidung zum Versorgungsausgleich die gebotene Anordnung einer Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung zu Lasten des beschwerdeführenden früheren Ehegatten, kann diese mit der Rechtsmittelentscheidung wegen des entgegenstehenden Verbots der reformatio in peius nicht nachgeholt werden.
  • 403 F 3095/18 SAG Frankfurt/Main, Außenstelle Höchst

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerden der Antragsgegnerin vom 30.09.2019 und der weiteren Beteiligten zu 1. (… Versicherungsverein … a. G. Pensionskasse) vom 26.09.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst, vom 14.08.2019 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15.11.2019 am 3. April 2020 beschlossen:

    Unter Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin im Übrigen wird die angefochtene Entscheidung unter (insoweit klarstellender) Aufhebung des Berichtigungsbeschlusses vom 15.11.2019 wie folgt abgeändert:

    Im Hauptsachetenor entfallen die Absätze sieben (beginnend mit „Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der A… Lebensversicherungs-AG…“) und acht (beginnend mit „Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Z… Lebensversicherung AG…“) ersatzlos.

    Der neunte Absatz des Hauptsachetenors (beginnend mit „Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der A… Lebensversicherungs-AG [Vers. Nr. …8]…“) wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der A… Lebensversicherungs-AG (Vers. Nr. …8) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 36.458,08 €, bezogen auf den 30.04.2018, übertragen. Auf die Übertragung finden die Bestimmungen der Ordnung für die Teilung von Lebensversicherungen aufgrund des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (Teilungsordnung) in der Fassung vom 01.06.2018 mit der Maßgabe Anwendung, dass auf das im Wege der internen Teilung zu begründende Anrecht der Antragsgegnerin statt der aktuellen Rechnungsgrundlagen die für das auszugleichende Anrecht gültigen Rechnungsgrundlagen Anwendung finden.

    Vor den letzten Absatz des Hauptsachetenors (beginnend mit „Die Kosten der Scheidungssache…“) werden zusätzlich die beiden folgenden Absätze eingefügt:

    Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der A… Lebensversicherungs-AG (Vers.-Nr. …9) findet nicht statt.

    Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Z … Lebensversicherung AG (Vers.-Nr. …3) findet nicht statt.

    Im Übrigen bleibt es, auch im Kostenausspruch, bei der angefochtenen Entscheidung.

    Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin zu 1) zu einem Drittel auferlegt. Im Übrigen wird davon abgesehen, Gerichtskosten zu erheben. Jeder Beteiligte trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.315 €.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Ausgleich mehrerer Anrechte der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge bei der Scheidung.

    Das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt/Main, Außenstelle Höchst, hat auf den der Antragsgegnerin im Mai 2018 zugestellten Scheidungsantrag mit insoweit rechtskräftigem Beschluss vom 14.08.2019 die am 28.05.2010 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Ausgleich ihrer insgesamt dreizehn Versorgungsanrechte durchgeführt.

    Mit der Entscheidung vom 14.08.2019 ordnete das Familiengericht unter anderem die interne Teilung eines Anrechts der Antragsgegnerin aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der Beteiligten zu 7), der A… Lebensversicherungs-AG (künftig „A…“), zu Vertragsnr. …8 mit einem Ehezeitanteil von 73.116,15 € vor Abzug der Teilungskosten von 200 € mit dem vom Versorgungsträger vorgeschlagenen Ausgleichswert (Kapital) von 36.458,08 € nach Maßgabe der Teilungsordnung in der Fassung vom 01.06.2018 an, bezogen auf den 30.04.2018. Die mit der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommene Teilungsordnung (vgl. https://www....pdf) berücksichtigt zwar die Wertentwicklung des Anrechts nach Ehezeitende - der für das auszugleichende Anrecht maßgebliche Rechnungszins beläuft sich ausweislich der Auskunft des Versorgungsträgers vom 24.01.2019 auf 2,25 % p. a. -, statuiert aber unter Zf. 5. b) ii), dass für das neu zu begründende Anrecht die aktuellen Rechnungsgrundlagen zur Anwendung kommen.

    Ferner ordnete das Familiengericht die externe Teilung zweier weiterer Anrechte der Antragsgegnerin aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der weiteren Beteiligten zu 7), der A…(zu Vers.-Nr. …9), mit einem Ausgleichswert von 54,44 € und bei der weiteren Beteiligten zu 2), der Z… Lebensversicherung AG (künftig „Z…“, Vers.-Nr. …), mit einem Ausgleichswert von 240,11 € an, jeweils durch Begründung eines Anrechts entsprechender Höhe bei dem …Versicherungsverein … a. G. (künftig „B…“). Der B… hatte zuvor in seiner dem Familiengericht unter dem 10.09.2018 erteilten Auskunft nur allgemein angegeben, „auch als Partner für die externe Teilung eventuell vorhandener Ansprüche aus Direktzusagen zur Verfügung“ zu stehen, die nach §§ 15 VersAusglG, 222 Abs. 2 FamFG erforderliche Zustimmung zur Wahl als Zielversorgungsträger liegt jedoch bis heute nicht vor.

    Auf den weiteren Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen.

    Gegen den ihm am 27.08.2019 zugestellten Beschluss des Familiengerichts wendet sich der B… mit seiner am 26.09.2019 bei dem Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gleichen Datums, mit der er zunächst fordert, in den Beschlusstenor hinsichtlich der im Wege der externen Teilung zu übertragenden Anrechte der Antragsgegnerin bei der A… und der Z… jeweils ergänzend den vom Antragsteller bei der B… gewählten Tarif aufzunehmen, vor allem aber vorbringt, dass er als Zielversorgungsträger für die externe Teilung nur dann zur Verfügung stehe, wenn die beiden zu übertragenden Anrechte aus einer Direktzusage stammten.

    Ferner legte die Antragsgegnerin unter dem 30.09.2019 (Eingang des Schriftsatzes beim Amtsgericht am 02.10.2019) Beschwerde gegen den ihrer Bevollmächtigten am 02.09.2019 zugestellten Beschluss ein und begründete das ausdrücklich auf den Ausspruch zum Versorgungsausgleich beschränkte Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 28.10.2019 im Wesentlichen mit der Erwägung, ein Ausgleich ihres Anrechts bei der A… zu Vertragsnr. …8 mit einem Ehezeitanteil von 73.116,15 € sei unbillig und müsse daher nach § 27 VersAusglG unterbleiben. Nachdem sie im Jahre 2009 mit ihrem damaligen Arbeitgeber eine Abfindungsvereinbarung über eine Abfindungszahlung iHv 202.054,32 € brutto für Berufsjahre vom 01.01.1981 bis zum 15.07.2010 getroffen habe, habe sie mit der Allianz einen Vertrag über eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht abgeschlossen. Der Betrag sei ihr nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 15.07.2010 in Raten ausgezahlt werden. Es habe sich dabei um einen finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gehandelt, der ihrem Lebensunterhalt dienen sollte. Hätte sie den Abfindungsbetrag vor Eheschließung in eine Altersvorsorge eingezahlt, wäre er nicht ausgeglichen worden. Zudem habe sie seit dem Jahre 2010 nur noch Teilzeittätigkeiten mit einem Bruttojahreseinkommen von derzeit 38.100 € ausgeübt, der Antragsteller dagegen habe zunächst noch ein Jahreseinkommen von 133.000 € bezogen, nach Eintritt in die freiwillige Altersteilzeit im Jahre 2011 immer noch von 60.000 €. Er sei seit dem 01.11.2016 offiziell verrentet. Schließlich sei der Antragsteller 2001 in die von der Antragsgegnerin mit Eigenmitteln finanzierte Wohnung eingezogen und habe sich nur an den Betriebskosten beteiligt. Die Durchführung des Ausgleichs ihres Anrechts bei der Allianz sei daher grob unbillig.

    Darüber hinaus rügt die Antragsgegnerin den Ausgleich ihrer beiden geringfügigen Anrechte bei der A… (zu Vers.-Nr. …9) und der Z… .

    Der Antragsteller verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertritt dazu die Ansicht, der externe Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der A… (Vertragsnr. …8) sei nicht unbillig, weil auch bei einer Investition der Abfindung in eine andere Anlageform wie Aktienfonds oder Immobilien ein Ausgleich bei der Scheidung erfolgt wäre, dann ggf. im Wege des Zugewinnausgleichs. Die wirtschaftliche Situation der Antragsgegnerin sei gesichert. Im Übrigen bestreitet der Antragsteller die Darstellung der Antragsgegnerin zur Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse und trägt insbesondere vor, er habe einen weitaus höheren Teil der früheren gemeinsamen Lebenshaltungskosten getragen als sie.

    Am 15.11.2019 erließ das Familiengericht einen Berichtigungsbeschluss, mit dem entsprechend der Anregung der Beschwerdeführerin zu 2) der vom Antragsteller bei der B… als Zielversorgung für die Begründung der geteilten Anrechte der Antragsgegnerin bei der A… und der Z… gewählte Tarif in den Beschlusstenor aufgenommen wurde. Auf den weiteren Inhalt des Beschlusses wird verwiesen.

    Auf Hinweis des Senatsberichterstatters vom 12.12.2019 haben A… (zu Vers.-Nr. …9) und Z… mitgeteilt, die bei ihnen bestehenden Anrechte der Antragsgegnerin beruhten nicht auf Direktzusagen. Der B… hat daraufhin erklärt, für den Ausgleich der beiden Anrechte nicht als Zielversorgungsträger zur Verfügung zu stehen. Der Antragsteller hat auf Nachfrage des Berichterstatters vom 29.01.2020 mit Schriftsatz vom 27.03.2020 angegeben, angesichts der Geringfügigkeit der auszugleichenden Anrechte keinen anderen Zielversorgungsträger benennen zu können. Den übrigen Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden. Sie haben sich nicht zur Sache geäußert.

    Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auch den Schriftwechsel der Beteiligten in beiden Instanzen, Bezug genommen.

    II.

    Die statthafte und auch sonst nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. (B…) ist begründet, das ebenfalls zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin dagegen hat in der Sache nur in dem im Tenor näher bezeichneten Umfang Erfolg und unterliegt im Übrigen der Zurückweisung.

    Allerdings war auf das Rechtsmittel beider Beschwerdeführer in teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung von einem Ausgleich der beiden geringwertigen Anrechte der Antragsgegnerin bei der A… (zu Vers.-Nr. …9) mit einem Ausgleichswert von 54,44 € und der Z… mit einem Ausgleichswert von 240,11 € abzusehen. Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert (der maßgebliche Grenzwert lag bei Ehezeitende im Jahre 2018 bei 3.654 €) nicht ausgleichen, wobei die Vorschrift dem Gericht allerdings einen Ermessensspielraum eröffnet. Primäres Ziel der gesetzlichen Regelung ist die Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands für den Versorgungsträger, der mit der Teilung eines Anrechts und der Aufnahme eines Anwärters in sein Versorgungssystem verbunden sein kann (BGH FamRZ 2016, 1658 Rn. 7). Deshalb sind in erster Linie die Belange der Verwaltungseffizienz auf Seiten des Versorgungsträgers gegen das Interesse des Ausgleichsberechtigten an der Erlangung auch geringfügiger Anrechte abzuwägen. Daneben soll § 18 Abs. 2 VersAusglG aber auch die Entstehung von Splitterversorgungen vermeiden, bei denen der geringe Vorteil für den ausgleichsberechtigten Ehegatten in keinem Verhältnis zu dem ausgleichsbedingten Verwaltungsaufwand steht (BGH aaO. und FamRZ 2015, 2125 Rn. 23 f. mwN).

    Der Ausschluss eines Ausgleichs von Bagatellanrechten zur Verwaltungsvereinfachung findet seine Grenze in einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes, von der auszugehen ist, wenn ein Ausgleich unterbleibt, obwohl bei der Teilung kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand zu betreiben ist oder andere mit § 18 Abs. 2 VersAusglG verfolgte Ziele nicht erreicht werden können (BGH FamRZ 2016, 1658 Rn. 8). Von Bedeutung für die Abwägung sind darüber hinaus auch die konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute einschließlich ihrer Versorgungssituation.

    Hinsichtlich der Bemessung des beim Versorgungsträger anfallenden Teilungsaufwands kann das nach § 18 Abs. 2 VersAusglG auszuübende Ermessen grundsätzlich zwar darauf gestützt werden, dass ein wesentlicher Teil des Verwaltungsaufwands von vornherein nicht anfällt, wenn - wie hier - die externe Teilung durchgeführt wird (BGH FamRZ 2016, 1658 Rn. 9; FamRZ 2012, 189 Rn. 22; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 07. September 2016 – 10 UF 95/15 –, juris). Bei dem vorliegend mangels Benennung einer Zielversorgung durch den ausgleichsberechtigten Antragsteller nach § 15 Abs. 5 S. 2 VersAusglG vorzunehmenden Ausgleich in die Versorgungsausgleichskasse würde zumindest bei dieser auch nicht zwingend eine Splitterversorgung entstehen, weil sie nach § 5 Abs. 1 S. 3 VersAusglKassG ohne Zustimmung des Ausgleichsberechtigten stattdessen eine Abfindung leisten könnte (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 02. April 2019 – 6 UF 9/19 –, juris = NZFam 2019, 642 [LS, Kurzwiedergabe]). Wenn die Versorgungsausgleichskasse von der vorgenannten Möglichkeit Gebrauch machen würde, würden zwar auf Seiten der ausgleichspflichtigen Antragsgegnerin zwei Kleinstanrechte zurückbleiben, also Splitterversorgungen, deren Entstehung der Gesetzgeber bei Einführung des § 18 Abs. 2 VersAusglG vermeiden wollte (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11. Februar 2016 – II-10 UF 77/14 –, juris = FamRZ 2017, 387 [LS]; jurisPK-BGB/Breuers, 9. A., § 18 VersAusglG (Stand: 18.02.2020), Rn. 126). Allerdings wäre dies keine Folge der Teilung, weil es sich – zumindest vorliegend – bei den zu teilenden Anrechten auch jetzt schon, d. h. bereits vor einer möglichen Teilung um zwei Kleinstanrechte mit geringem Wert handelt (a. A. wohl jurisPK-BGB/Breuers aaO.).

    Gegen eine Teilung der beiden Anrechte spricht vorliegend allerdings entscheidend, dass die zu übertragenden Kapitalwerte von 54,44 € und weiteren 240,11 € so niedrig sind, dass selbst der als sehr gering anzusehende Verwaltungsaufwand, den die Versorgungsträger der Antragsgegnerin bei der externen Teilung lediglich betreiben müssten, dazu außer Verhältnis stünde. Vollständig aufwandsneutral ist selbst die externe Teilung nicht. Auch ein geringer Aufwand muss aber noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem bezweckten Teilungserfolg stehen (vgl. BGH FamRZ 2017, 97 Rn. 17 und FamRZ 2016, 2081 Rn. 14). Das ist vorliegend jedoch zu verneinen. Bei Durchführung der hälftigen Teilung würde dem Antragsteller aus beiden Anrechten zusammen lediglich eine monatliche Rente von gut einem Euro zufließen. Ist der Ausgleichswert des Anrechts aber – wie hier – bedeutungslos und liegt er erkennbar unter den real entstehenden Teilungskosten, ist ferner der Ausgleichsberechtigte – ebenfalls wie hier – nicht auf den Bagatellbetrag angewiesen und stellt sich die Teilung somit als insgesamt unwirtschaftlich dar, gebietet der Halbteilungsgrundsatz kein Abweichen von der Sollbestimmung des § 18 VersAusglG; vielmehr ist das Ermessen in diesem Fall dahin auszuüben, dass die Anrechte nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht auszugleichen sind (vgl. BGH FamRZ 2016, 2081 Rn. 12). Nach den konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers einschließlich seiner Versorgungssituation ist dieser auf die Durchführung des Ausgleichs der beiden geringfügigen Anrechte auch nicht angewiesen. Andere Gesichtspunkte, die für einen Ausgleich sprechen könnten (vgl. BGH FamRZ 2016, 1658 Rn. 8), liegen nicht vor.

    Da mit dem Absehen von einem Ausgleich der beiden vorgenannten geringfügigen Anrechte zugleich auch der ausschließlich auf diese beiden Anrechte bezogene familiengerichtliche Berichtigungsbeschlusses vom 15.11.2019 gegenstandslos wird, war klarstellend dessen Aufhebung auszusprechen.

    Ohne Erfolg bleiben dagegen die Angriffe der Antragsgegnerin gegen die interne Teilung ihres Anrechts aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der A… zu Vertragsnr. …8 mit einem Ehezeitanteil von 73.116,15 €. Die von ihr mit der Beschwerde geforderte Anwendung des § 27 VersAusglG zu ihren Gunsten kommt nicht in Betracht; die Durchführung der Teilung ist nicht grob unbillig, ein ausnahmsweises Absehen vom Ausgleich nicht veranlasst. Der Senat orientiert sich dabei an den vom BGH in den beiden in FamRZ 2011, 877 und FamRZ 2012, 434 abgedruckten Entscheidungen aufgestellten Grundsätzen, denen er sich insoweit anschließt: Danach gilt, dass in der Ehezeit erworbene Anteile von Anrechten im Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten hälftig zu teilen sind (§ 1 Abs. 1 VersAusglG). Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG erfolgt der Ausgleich dann, wenn das Anrecht ungeachtet der Herkunft des Vermögens oder des Zeitpunkts seines Erwerbs durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist (BGH FamRZ 2012, 434 Rn. 8). Deshalb kann bei der vorliegenden Entscheidung auch der Umstand keine Berücksichtigung finden, dass das in die Lebensversicherung eingezahlte Kapital aus einem überwiegend bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen der Antragsgegnerin, nämlich aus der auf eine fast ausschließlich vor der Eheschließung liegende fast dreißigjährige Arbeitszeit bezogenen Abfindung, stammte. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG setzt ausschließlich voraus, dass das Geld, mit dem der ausgleichspflichtige Ehegatte die Beiträge an den Versorgungsträger entrichtet hat, zu seinem Vermögen zählte, auf die Herkunft des Geldes kommt es dagegen nicht an.

    In Abweichung von diesen Grundsätzen findet der Versorgungsausgleich nach § 27 VersAusglG ausnahmsweise dann nicht statt, wenn er grob unbillig wäre, d. h. nach Satz 2 der Norm nur dann, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Dies setzt wiederum voraus, dass eine bloß schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widerspräche (vgl. BGH FamRZ 2012, 434 Rn. 10 mwN.) Die grobe Unbilligkeit muss sich wegen des Ausnahmecharakters des § 27 VersAusglG im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (BGH aaO. und FamRZ 2011, 877 Rn. 11 mwN).

    Davon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen, weil es dem Wesen einer intakten Ehe entspricht, dass beide Ehegatten nach Eintritt des Versorgungsfalls im Rahmen der ehelichen Unterhaltsgemeinschaft an den vom Partner erworbenen Versorgungspositionen partizipieren (vgl. BGH FamRZ 2012, 434 Rn. 10). Der ehelichen Unterhaltsverantwortung kommen die Ehegatten durch ihre Beiträge zu ihrer jeweiligen Altersversorgung nach, d. h. auch – wie hier die Antragsgegnerin - durch freiwillige Einzahlungen in eine privatrechtliche Altersversorgung. Die auf diese Weise ehezeitlich begründeten Versorgungsanrechte sind aufgrund der wahrgenommenen Unterhaltsverantwortung stets zur Sicherung beider Ehegatten bestimmt. Im Falle des Scheiterns der Ehe führt der Versorgungsausgleich dazu, dass die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung hälftig aufgeteilt werden. Der Gedanke der auf Lebenszeit angelegten ehelichen Lebens-und Versorgungsgemeinschaft setzt sich gegenüber der formalen Zuordnung der Versorgungsanrechte auf nur einen Ehegatten durch (so BGH aaO.).

    Diesem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs widerspricht es nicht, wenn im vorliegenden Fall auch die von der Ehefrau erworbenen privatrechtlichen Anrechte ungeachtet ihrer Versorgungsfunktion in den Ausgleich einbezogen werden. Nach dem Leitgedanken der auf Lebenszeit angelegten ehelichen Lebensgemeinschaft sollte die private Lebensversicherung der gemeinsamen Unterhaltssicherung im Alter dienen. Mit dem dafür aufgewendeten Kapital hat die Antragsgegnerin ebenso eine eheliche Unterhaltsleistung erbracht wie der Ehemann mit seinen zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft geleisteten Beiträgen. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin die Abfindung ihrem eigenen Vortrag zufolge erhalten hat, um damit ihren Lebensunterhalt nach Verlust ihrer Arbeitsstelle zu bestreiten.

    Hätte der Antragsgegnerin die erst ehezeitlich an sie ausgezahlte Abfindung zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (§ 1384 BGB) noch als Kapitalbetrag oder Sachwert zur Verfügung gestanden, würden diese grundsätzlich dem Zugewinnausgleich zwischen den Eheleuten unterfallen (§§ 1372 ff. BGB), hätte sie die Geldzuflüsse dagegen sogleich zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten ausgegeben, hätte der Antragsgegner davon im Rahmen der gemeinsamen Lebensführung ohnehin profitiert (vgl. §§ 1360 ff. BGB). In der Ehezeit erzieltes Einkommen und erlangte Vermögenswerte kommen grundsätzlich stets beiden Eheleuten zu Gute; nichts Anderes gilt nach den Vorgaben des Gesetzgebers auch für den Fall der Scheidung. Im Übrigen erscheint die Durchführung des Ausgleichs aber auch angesichts der unbestritten auskömmlichen Lebensverhältnisse der Antragsgegnerin nicht grob unbillig.

    Allerdings war der Ausspruch über den internen Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der A… zu Vertragsnr. …8 neu zu fassen. Maßgeblich für die Durchführung der internen Teilung sind gemäß § 10 Abs. 3 VersAusglG grundsätzlich die Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht, hier also die Bestimmungen der Teilungsordnung der A… in der Fassung vom 01.06.2018. Wegen der rechtsgestaltenden Wirkung der Entscheidung über den Wertausgleich sind die Familiengerichte jedoch gehalten, die rechtliche Vereinbarkeit der untergesetzlichen Teilungsordnung mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den gesetzlichen Vorgaben des § 11 VersAusglG, zu prüfen. Genügen die Bestimmungen des Versorgungsträgers den gesetzlichen Anforderungen nicht oder sind sie unklar oder mehrdeutig, sind sie vom Gericht durch geeignete Anordnungen bei Aufrechterhaltung im Übrigen an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen (vgl. BGH FamRZ 2015, 1869; FamRZ 2011, 547; Senat, Beschlüsse vom 17. September 2019 – 4 UF 273/17 –, juris = NZFam 2020, 176 [LS, Kurzwiedergabe] und vom 22. August 2019 – 4 UF 86/17 –, juris = FamRB 2020, 16 [LS, Kurzwiedergabe]).

    Gemäß § 11 Abs. 1 VersAusglG muss die interne Teilung eine gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen. Diese ist nur dann gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht des ausgleichspflichtigen für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts mit vergleichbarer Wertentwicklung und grundsätzlich gleichem Risikoschutz übertragen wird. Dies wäre jedoch nicht der Fall, wenn die Regelung unter Ziffer 5. b) ii) der Teilungsordnung umgesetzt würde, in der es heißt, dass für das neu zu begründende Anrecht die aktuellen Rechnungsgrundlagen (d. h. mit Einrichtung eines geschlechtsneutralen Tarifs) zur Anwendung kommen (vgl. Senat aaO.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. Dezember 2018 - 11 UF 815/18 -, juris). Eine Verpflichtung zur Einrichtung eines geschlechtsneutralen Tarifs für das zu übertragende Anrecht besteht nicht. Nach der sog. „Test-Achats“-Entscheidung des EuGH (NJW 2011, 907) ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/113/EG (Gender-Richtlinie) zwar das Ziel, Prämien und Leistungen in der Versicherungswirtschaft geschlechtsneutral zu bemessen. Der deutsche Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Entscheidung den Versicherern beim Abschluss neuer Rentenversicherungen auch mit Wirkung zum 21.12.2012, also für die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Neuverträge, auch die Verwendung geschlechtsspezifischer Tarife untersagt. Weder aus den Vorgaben des EuGH (vgl. dazu Höfer DB 2011, 1334, 1335) noch aus der Rechtsprechung des BGH ergibt sich allerdings, dass die Verwendung geschlechtsspezifischer Versicherungstarife bei der Teilung von Altverträgen (wie hier aus der Zeit vor dem 21.12.2012 herrührend) ausgeschlossen wäre. Einen Eingriff in den Altbestand verlangt auch nicht § 33 Abs. 5 S. 1 AGG, denn die Unisex-Grundsätze gelten nur für Neuverträge (Staudinger/Serr, BGB, Bearbeitung 2017, § 33 AGG Rz. 21).

    Die vom Familiengericht übersehene Anordnung einer Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung war dagegen nicht nachzuholen. Dem steht das Verbot einer Verschlechterung der Entscheidung zu Lasten des Rechtsmittelführers in der Beschwerdeinstanz, der reformatio in peius, entgegen. Wird die Entscheidung über den Versorgungsausgleich nur von einem der Ehegatten angefochten, darf sie zu dessen Nachteil weder in der Höhe des Ausgleichsbetrages noch in der Form des Ausgleichs abgeändert werden (BGH FamRZ 1989, 957 Rn. 21). Das Verschlechterungsverbot gilt dabei zwar nicht bezogen auf jedes einzelne Anrecht, sondern nur hinsichtlich des Gesamtausgleichs (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2018, 905). Daher darf die angefochtene Entscheidung grundsätzlich dann zu Lasten des Rechtsmittelführers geändert werden, wenn dies durch eine Besserstellung hinsichtlich des Ausgleichs eines anderen Anrechts kompensiert wird (Wick, Der Versorgungsausgleich, 4. A., Rn. 632; Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 6. A., § 228 FamFG Rn. 6). Hier wird der Nachteil bei der Versorgung der Antragsgegnerin bei der A… zu Vertragsnr. …8 möglicherweise durch den Vorteil kompensiert, den sie durch das Absehen von einem Ausgleich ihrer Anrechte bei der A (zu Vers.-Nr. …9) und der Z… erreicht. Allerdings hätte sie diesen Vorteil auch ohne ihr Rechtsmittel bereits aufgrund der von der B… eingelegten Beschwerde erlangt. Sie würde also aufgrund ihres eigenen Rechtsmittels lediglich zusätzlich beschwert, dies ist aber nicht zulässig (vgl. OLG Nürnberg aaO; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 528 ZPO Rn. 24).

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 1, 3 und 4 S. 1 FamFG. Eine Belastung der Beteiligten mit den durch die Beschwerde verursachten Gerichtskosten wäre im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels unbillig, soweit diese durch die fehlerhafte Entscheidung erster Instanz angefallen sind, d. h. hinsichtlich zweier der drei betroffenen Anrechte. Im Übrigen waren der Antragsgegnerin die Gerichtskosten im Hinblick auf ihr teilweises Unterliegen jedoch anteilig aufzuerlegen, d. h. zu einem Drittel.

    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 50 Abs. 1 FamGKG. Da von der Beschwerde drei Anrechte betroffen sind, sind als Wert drei mal zehn Prozent des von beiden Ehegatten in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens (= 11.050,05 €) in Ansatz zu bringen, d. h. 3.315 €.

    Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. In Rechtsprechung und Literatur ist bislang die Frage nicht abschließend geklärt, ob eine in der Teilungsordnung eines Versorgungsträgers wörtlich oder sinngemäß enthaltene Regelung, wonach auf das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person „die aktuellen Rechnungsgrundlagen“ oder ein aktueller Tarif anwendbar sind, nicht nur im Hinblick auf den unterschiedlichen Rechnungszins, sondern auch im Hinblick auf den Ersatz früher verwendeter Sterbetafeln durch aktuelle (geschlechtsneutrale) Sterbetafeln gegen den Halbteilungsgrundsatz verstößt.

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Reitzmann Dr. Schweppe Dr. Kischkel