OLG Frankfurt vom 12.02.2013 (4 UF 235/12)

Stichworte: externe Teilung, gesetzliche Rentenversicherung, Verzinsung, Endzeitpunkt;
Normenkette: VersAusglG 14, 15; SGB VI 76 Abs. 4 S. 4;
Orientierungssatz:
  • Durch die Einfügung von § 76 Abs. 4 S. 4 SGB VI zum 01.01.2013 ist die Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschluss vom 08.11.2012, 4 UF 189/12), wonach im Falle der externen Teilung eines betrieblichen oder privaten Anrechts in die gesetzliche Rentenversicherung das Anrecht des Berechtigten nur in Höhe des Ausgleichswertes zu begründen, dem zahlungsverpflichteten Ausgangsversorgungsträger aber aufzugeben ist, diesen Ausgleichswert - zu Gunsten der Versichertengemeinschaft der DRV - ab Ehezeitende zu verzinsen, überholt.
  • Vielmehr ist nun ein Anrecht des Berechtigten in Höhe des Ausgleichswertes zuzüglich Zinsen ab Ehezeitende bis zum Eingang des Ausgleichswertzahlbetrages beim Zielversorgungsträger zu begründen.
  • Wegen des nach § 76 Abs. 4 S. 4 SGB VI vorgeschriebenen Umrechnungszeitpunktes ist es erforderlich, diesen Endzeitpunkt der Verzinsung - offen formuliert - im Entscheidungstenor zu benennen.
  • 63 F 81/12
    AG Gelnhausen

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf vom 31.08.2012 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Fmiliengericht - Gelnhausen vom 26.07.2012, 63 F 81/12 S, am 12.02.2013 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Wertausgleich des Anrechts des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung bei der Beschwerdeführerin (Ziffer II. Abs. 3 des Beschlusstenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Im Wege der externen Teilung wird nach Maßgabe der Anwendung der Teilungsordnung zum Versorgungsausgleich im TV Kapitalkontenplan vom 26.08.2010 zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der ... (Personalnummer ... ), resultierend aus dem Anerkennungstarifvertrag der ... i.V.m. dem Tarifvertrag der ... über eine tarifliche Altersversorgung vom 01.02.1996 (TV Kapitalkontenplan), zu Gunsten des bestehenden Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen (Versicherungsnummer ...) ein Anrecht in Höhe von 4.810,50 Euro nebst 5,13 Prozent Zinsen p.a. hieraus vom 01.02.2012 bis zur Wertstellung des Ausgleichsbetrages bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen begründet. Der ... wird aufgegeben, diese Beträge an die Deutsche Rentenversicherung Hessen zu zahlen.

    Von der Erhebung von Gerichtskosten für den zweiten Rechtszug wird abgesehen. Ihre durch die Beschwerde verursachten Aufwendungen tragen die Beteiligten selbst. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 1.000,- Euro.

    Gründe:

    I.

    Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht auf den am 23.02.2012 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin hin die am 09.07.1997 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Den Wertausgleich des Anrechts des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung bei der Beschwerdeführerin hat es dabei wie folgt angeordnet:

    Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei dem Versorgungsträger ... (Personalnummer ...) zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 4.810,50 EUR nebst 5,13 % Zinsen ab dem 31.01.2012 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich auf ihr Versicherungskonto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen, bezogen auf den 31.01.2012, übertragen. Der Versorgungsträger des Ehemannes wird verpflichtet, diesen Betrag an den Versorgungsträger der Ehefrau zu zahlen.

    Mit Auskunft vom 04.07.2012 hatte die Beschwerdeführerin den Ehezeitanteil des bei ihr bestehenden Anrechts als Kapitalwert mit einem Betrag von 9.621,- Euro mitgeteilt, einen Ausgleichswert von 4.810,50 Euro vorgeschlagen und die externe Teilung des Anrechts verlangt. Den mitgeteilten Ehezeitanteil der Direktzusage hatte sie nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 5,13 Prozent p.a. als Barwert des unmittelbar auf die Ehezeit entfallenden Anspruchs, bezogen auf den voraussichtlichen Renteneintrittsbeginn des Antragsgegners, in Höhe von 25.334,00 Euro errechnet.

    Gegen den ihr am 17.08.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 05.09.2012 beim Amtsgericht eingegangene, auf den Ausspruch zum Wertausgleich des bei ihr bestehenden Anrechts beschränkte Beschwerde der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin begehrt folgende Änderung des Ausspruchs zum Wertausgleich des bei ihr bestehenden Anrechts:

    Im Wege der externen Teilung wird nach Maßgabe der Anwendung der Teilungsordnung zum Versorgungsausgleich im TV Kapitalkontenplan vom 26.08.2010 in der jeweils gültigen Fassung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der ... (Personalnummer ...), resultierend aus dem Anerkennungstarifvertrag der ... i.V.m. dem Tarifvertrag der ... über eine tarifliche Altersversorgung vom 01.02.1996 (TV Kapitalkontenplan) in der jeweils gültigen Fassung, zu Gunsten des bestehenden Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen (Versicherungsnummer ...) ein Anrecht in Höhe von 4.810,50 Euro zuzüglich 5,13 Prozent Zinsen p.a. bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich begründet.

    Den übrigen Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden.

    II.

    Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

    Zutreffend hat das Amtsgericht auf Verlangen der Beschwerdeführerin die externe Teilung des auf einer Direktzusage beruhenden Anrechts des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung bei der Beschwerdeführerin angeordnet, weil der nach § 45 VersAusglG zutreffend ermittelte Ausgleichswert als Kapitalwert die Wertgrenze der §§ 17 VersAusglG, 159, 160 SGB VI unterschreitet. Als Zielversorgungsträger hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht vom 26.07.2012 die gesetzliche Rentenversicherung Hessen gewählt, die - da es sich um ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung handelt, das ohne Wahlrechtsausübung durch Begründung eines Anrechts bei der Versorgungsausgleichskasse zu teilen wäre, § 15 V 2 VersAusglG - im Laufe des Beschwerdeverfahrens ihre hierfür erforderliche Zustimmung erteilt hat, § 222 II FamFG.

    Letztlich auch zutreffend hat das Amtsgericht im Rahmen der externen Teilung für die ausgleichsberechtigte Antragstellerin zu Gunsten ihres Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung die Begründung eines Anrechts in Höhe des Ausgleichswerts zuzüglich 5,13 % Zinsen p.a. ab 01.02.2012 angeordnet. Zwar ist einerseits durch die Regelung in § 76 IV 2 SGB VI, wonach der vom Familiengericht festgesetzte Kapitalbetrag im Falle der externen Teilung zu Gunsten eines Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem zum Ende der Ehezeit maßgebenden Umrechnungsfaktor für die Ermittlung von Entgeltpunkten im Rahmen des Versorgungsausgleichs vervielfältigt wird, bereits gewährleistet, dass das Anrecht des Ausgleichsberechtigten unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung des Versorgungsträgers des Ausgleichspflichtigen ab dem Ende der Ehezeit an der Wertentwicklung der Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung teilnimmt, andererseits hat der Gesetzgeber sich durch die Rechtsprechung zur Verzinsung von auszugleichenden Kapitalbeträgen veranlasst gesehen, § 76 IV 4 SGB VI zum 01.01.2013 neu anzufügen. Danach tritt im Falle der Anordnung einer Verzinsung des Kapitalbetrages durch das Familiengericht, wie sie vorliegend wegen der Abzinsung um 5,13% p.a. zur Ermittlung eines auf das Ehezeitende bezogenen Barwertes geboten war (BGH FamRZ 2011, 1785), an die Stelle des nach S. 2 maßgeblichen Zeitpunktes der Zeitpunkt, bis zu dem nach der Entscheidung des Familiengerichts Zinsen zu entrichten sind. Damit wird aber bewirkt, dass das neu zu begründende Anrecht des Ausgleichsberechtigten nicht mehr - wie im Falle des § 76 IV 2 oder 3 SGB VI - rückwirkend dynamisiert wird, sondern dass eine Dynamisierung erst ab dem vom Familiengericht festzulegenden Endzeitpunkt der Verzinsung vorgenommen wird. Die Rechtsprechung des Senats, wonach die Zinsen nicht dem Anrecht des Berechtigten, sondern der Versichertengemeinschaft zu Gute kommen (die ja die Dynamisierung aufzubringen hat), vergl. Senatsbeschlüsse vom 08.11.2012, 4 UF 189/12 und vom 8.11.2011, 4 UF 79/11, veröffentlicht unter www.hefam.dbzw. in juris, ist damit überholt.

    Damit weicht der Senat zwar von dem Hinweis seines Berichterstatters vom 23.01.2013 ab, einen neuerlichen Hinweis erachtet er aber für entbehrlich, weil sich weder an dem "Restanrecht" des Antragsgegners noch an dem von der Beschwerdeführerin geschuldeten Zahlbetrag etwas ändert.

    Eine Beschränkung der Verzinsung auf den Zeitraum bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, wie sie das Familiengericht vorgenommen hat und wie sie die Beschwerdeführerin verteidigt, ist nicht geboten (so auch OLG Celle, Beschluss vom 4.5.2011, 10 UF 147/10, NJW-RR 2011, 1571, zitiert nach juris). Die für eine Verzinsung des Ausgleichswerts im Zeitraum bis zum Eintritt der Rechtskraft sprechenden Gründe gelten gleichermaßen für den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Rechtskraft und der Zahlung des Versorgungsträgers des Ausgleichspflichtigen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb dem Versorgungsträger der in diesem Zeitraum entstandene Zinsgewinn verbleiben sollte. Durch die Anordnung der Verzinsung in Höhe des von ihm selbst zu Grunde gelegten Rechnungszinses entsteht ihm keinerlei Schaden im Vergleich zur ungekürzten Fortführung des Anrechts des Ausgleichspflichtigen ohne den Versorgungsausgleich. Dem Versorgungsträger wird lediglich ein ihm nicht zustehender Zinsvorteil genommen, der ohne den Versorgungsausgleich nicht gegeben wäre.

    Der Anordnung einer Verzinsung des Ausgleichswerts über den Zeitpunkt der Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich hinaus bis zum Zeitpunkt der Zahlung steht auch nicht die oben zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.9.2011 (FamRZ 2011, 1785) entgegen. Gegenstand der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsbeschwerde war lediglich die Frage der Verzinsung im Zeitraum zwischen Ende der Ehezeit und Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich, weshalb der Bundesgerichtshof zur Frage einer darüber hinausgehenden Verzinsung bis zur Zahlung des festgesetzten Kapitalbetrags überhaupt keine Entscheidung treffen konnte. Im Übrigen betraf die Entscheidung nicht die externe Teilung in die gesetzliche Rentenversicherung.

    Die Anordnung einer Verzinsung über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entscheidung über den Versorgungsausgleich hinaus ist auch nicht deswegen entbehrlich, weil der Ausgleichswert ab diesem Zeitpunkt ohnehin mit dem gesetzlichen Verzugszinssatz des § 288 I BGB zu verzinsen wäre (so aber Breuers in jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 14 VersAusglG, Rdnr. 30). Ein Verzug des Versorgungsträgers des Ausgleichspflichtigen tritt nämlich nicht automatisch mit dem Wirksamwerden der rechtsgestaltenden Entscheidung über den Versorgungsausgleich ein. Vielmehr wird der vom Gericht festgesetzte Zahlbetrag überhaupt erst in diesem Zeitpunkt fällig. Ein Zahlungsverzug des Versorgungsträgers könnte allenfalls unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB eintreten, ohne dass dies hier einer abschließenden Entscheidung bedürfte.

    Im Hinblick auf § 76 IV 4 SGB VI sieht sich der Senat allerdings zu der im Tenor niedergelegten Klarstellung veranlasst, dass Zinsen nur bis zum Eingang des Ausgleichsbetrags beim Zielversorgungsträger - der Schuldner trägt die Verzögerungsgefahr (Palandt-Grüneberg, § 270 BGB, Rz. 5) - geschuldet sind. Dadurch wird zugleich für den Zielversorgungsträger deutlich, dass er auf diesen Zeitpunkt eine Umrechnung des Ausgleichsbetrages nebst Zinsen in Entgeltpunkte des Berechtigten vorzunehmen hat.

    Im Übrigen waren auf die Beschwerde die zur Individualisierung des auszugleichenden Anrechts maßgeblichen Rechtsgrundlagen der Beschwerdeführerin aufzunehmen. Allerdings bestimmt sich die Teilung des auszugleichenden Anrechts allein nach der Teilungsordnung, die der erteilten Auskunft zu Grunde lag (BGH FamRZ 2012, 1545-1546), so dass ggf. künftige Änderungen derselben unbeachtlich sind. Die Aufnahme eines Zusatzes "in der jeweils gültigen Fassung" ist damit nicht möglich.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81 I, 150 III FamFG. Der Senat sieht im Hinblick auf den teilweisen Erfolg der Beschwerde und deren grundsätzliche Bedeutung von der Erhebung von Gerichtskosten ab. Umstände, welche eine Tragung von Aufwendungen eines Beteiligten durch einen anderen Beteiligten gebieten könnten, sind nicht ersichtlich.

    Die Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der höchstrichterlich bisher nicht abschließend geklärten Frage zuzulassen, inwieweit der Ausgleichswert im Falle einer externen Teilung in die gesetzliche Rentenversicherung zu verzinsen ist (§ 70 II 1 Nr. 1 FamFG).

    Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus §§ 55 II, 40 I und II, 50 I FamGKG. Da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich das auszugleichende Anrecht bei der Beschwerdeführerin ist und zehn Prozent des in den drei Monaten vor Erhebung des Scheidungsantrags erzielten Nettoeinkommens der geschiedenen Ehegatten den Betrag von 1.000,- Euro unterschreiten, ist der Mindestwert festzusetzen.

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    ...

    Diehl Schmidt Dr. Fritzsche