OLG Frankfurt vom 26.06.2015 (4 UF 229/14)

Stichworte: unbillige Härte;
Normenkette: VersAusglG 27
Orientierungssatz:
  • Die Härteklausel des § 27 VersAusglG dient nicht der Sicherstellung einer gerechten Vermögensauseinandersetzung der geschiedenen Ehegatten.
  • Die Vorschrift bewirkt daher auch keinen dahingehenden Automatismus, dass nicht beitreibbare Forderungen der Ehegatten untereinander mit den im Wege des Versorgungsausgleichs auszugleichenden Versorgungsanrechten zu verrechnen wären.
  • Vielmehr ist im Rahmen einer Einzelfallabwägung unter Einbeziehung sämtlicher Lebensumstände der geschiedenen Ehegatten festzustellen, ob und inwieweit die Halbteilung der während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte ausnahmsweise zu einem dem Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechenden Ergebnis führen würde.
  • 617 F 1094/12
    AG Wetzlar

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. und auf vom 16.07.2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetzlar vom 15.5.2014 am 26. Juni 2015 beschlossen:

    Auf die Beschwerde der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. wird der angefochtene Beschluss im fünften Absatz abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. (Vers. Nr.) zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 23.783,11 Euro nach Maßgabe des Leistungsplans ARLEP/oG-V 2013 in Verbindung mit den Versicherungsbedingungen Tarif R-ARLEP/oG-V 2013, bezogen auf den 30.9.2012, übertragen.

    Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 4.320,- Euro.

    Gründe:

    I.

    Mit dem angefochtenen Beschluss, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 91 ff. der Akte Bezug genommen wird, schied das Amtsgericht die Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin und führte den Wertausgleich bei der Scheidung durch. Neben der internen Teilung der Anrechte beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung (mit einem Saldo der korrespondierenden Kapitalwerte von 74.866,99 Euro zu Gunsten der Antragsgegnerin) ordnete das Amtsgericht auch den Ausgleich von drei Anrechten des Antragstellers aus der betrieblichen Altersversorgung mit korrespondierenden Kapitalwerten von insgesamt 44.586,81 Euro an.

    Mit ihrer am 10.7.2015 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde begehrt die BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V., welcher der Beschluss des Amtsgerichts nicht zugestellt worden war, eine dahingehende Berichtigung des Beschlusses, dass sie als Beteiligte in das Rubrum aufgenommen wird, dass das vom Amtsgericht irrtümlich dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. zugeordnete Anrecht mit der Versicherungsnummer bei ihr besteht und dass für das im Wege der internen Teilung zu begründende Anrecht nicht der Versicherungstarif des ausgleichspflichtigen Anrechts, sondern nach Maßgabe der Versorgungsordnung ein eigener Tarif gilt.

    Der Antragsteller begehrt mit seiner am 17.7.2015 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 27.6.2015 zugestellten Beschluss die Beschränkung des Wertausgleichs auf die Anrechte beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung und einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit im Übrigen. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

    Die geschiedenen Ehegatten sind Eigentümer eines von ihnen während der Ehe gemeinsam bewohnten Hausgrundstücks in D., welches mit einem dinglichen Wohnrecht zu Gunsten des Vaters der Antragsgegnerin belastet ist. Dieser nutzt die ihm zur Nutzung zustehende Dachgeschosswohnung derzeit allerdings nicht, sondern wohnt im Nachbarhaus. Die Dachgeschosswohnung wurde zuletzt an den Sohn der Antragsgegnerin aus erster Ehe vermietet. Der Kauf des Hausgrundstücks war durch ein von den geschiedenen Eheleuten gesamtschuldnerisch aufgenommenes Darlehen der Sparda-Bank Hessen eG finanziert worden. Das Haus wurde nach der Trennung der Eheleute im Juli 2011 von der Antragsgegnerin und den beiden gemeinsamen Kindern bewohnt. Der Antragsteller bediente die fälligen Darlehensraten zunächst weiter; diese Zahlungen wurden bei der Bemessung des von ihm geschuldeten Kindes- und Trennungsunterhalts berücksichtigt. Im Oktober 2012 stellte er die Zahlungen auf die Darlehensverbindlichkeiten ein, nachdem die Eheleute sich auf einen Verkauf des Hauses geeinigt hatten. Zu diesem Zeitpunkt valutierte das Darlehen einschließlich Vorfälligkeitsentschädigung auf einen Betrag von rund 300.000,- Euro. Nachdem ein Verkauf zu diesem Preis gescheitert war und die Bank eine Ablösung des Darlehens für den vom Sohn der Antragsgegnerin angebotenen Kaufpreis von 250.000,- Euro abgelehnt hatte, erklärte sich die Bank mit Schreiben vom 20.9.2013 mit einer Ablösung des von ihr mittlerweile gekündigten Darlehens für einen Betrag von 280.000,- Euro bis zum 31.12.2013 einverstanden. Der Antragsteller wirft der Antragsgegnerin vor, in der Folgezeit durch ihr Verhalten einen Verkauf der Immobilie zu einem die Belastungen deckenden Preis verhindert zu haben. Die Antragsgegnerin bewohnte das Haus bis zu ihrem Auszug im Mai 2015. Derzeit wird - auch auf Betreiben der Bank, die bislang von der Einleitung der Zwangsvollstreckung abgesehen hat - erneut versucht, das Haus zu verkaufen. Im Internet wird es für einen Preis von 299.000,- Euro angeboten; es ist beabsichtigt, den Vater der Antragsgegnerin für den Fall des Verkaufs zu einem Verzicht auf sein Wohnrecht zu bewegen. Die Bank hat ihre offene Forderung zum 1.4.2014 auf 307.453,19 Euro zuzüglich der Kosten der Rechtsverfolgung beziffert. Eine von der Antragsgegnerin beantragte ortsgerichtliche Schätzung des Hausgrundstücks vom 14.4.2014 gibt dessen Sachwert ohne Berücksichtigung des auf dem Grundstück lastenden Wohnrechts mit 184.000,- Euro an. Hinsichtlich des Ehegattenunterhalts haben sich die geschiedenen Eheleute durch gerichtlichen Vergleich vom 15.5.2014 dahingehend geeinigt, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin wegen der von dieser eingegangenen verfestigten Lebensgemeinschaft ab September 2013 keinen Trennungsunterhalt mehr schuldet; auf nachehelichen Ehegattenunterhalt haben die geschiedenen Ehegatten wechselseitig verzichtet.

    Die am 18.2.1967 geborene Antragsgegnerin, die als Arzthelferin ein monatliches Nettoeinkommen von rund 1.350,- Euro erzielt, hat nach Scheitern eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens im Schriftsatz vom 6.5.2015 angekündigt, demnächst einen Insolvenzantrag zu stellen.

    Der am 29.1.1966 geborene Antragsteller, der nach eigenen Angaben ein monatliches Nettoeinkommen von rund 4.400,- Euro erzielt, hat wegen zahlreicher weiterer aus der Ehezeit stammender Verbindlichkeiten der Eheleute seinerseits ebenfalls ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt.

    Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich nach Vernehmung des Zeugen M., wegen deren Ergebnis auf Bl. 83 ff. der Akte Bezug genommen wird, ohne Einschränkungen durchgeführt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht feststellbar, dass die Antragsgegnerin die Verkaufsbemühungen des Antragstellers grob obliegenheitswidrig torpediert und hierdurch auf Seiten des Antragsgegners einen Schaden von über 30.000,- Euro verursacht habe. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass es dem Antragsteller ohne das Verhalten der Antragsgegnerin überhaupt gelungen wäre, bis zum 31.12.2013 einen Käufer zu finden, der bereit gewesen wäre, einen Betrag von 280.000,- Euro für das Anwesen zu zahlen.

    Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Antragsteller vor, die Antragsgegnerin habe eine Veräußerung des Anwesens nach dem bis zum 31.12.2013 befristeten Angebot der Bank zunächst verweigert, obwohl es zu einem früheren Zeitpunkt bereits einen Interessenten gegeben habe, der damals bereit gewesen sei, das Anwesen für einen Preis von 280.000,- Euro zu erwerben. Sie habe hingegen auf einem Verkauf an ihren Sohn für den von diesem gebotenen Preis von 250.000,- Euro bestanden. Im Juni 2014 habe sie den Wunsch des vom Antragsteller beauftragten Immobilienmaklers K. nach einem Besichtigungstermin abgeschlagen, obwohl der Makler einen Käufer an der Hand gehabt habe, der bereit gewesen sei, das Anwesen mit dem darauf lastenden Wohnrecht für einen Preis von 300.000,- Euro als Kapitalanlage zu erwerben. Die Antragsgegnerin habe dem Makler - dies ist unstreitig - ein Hausverbot erteilt. Der Zeuge Z., der das Anwesen am 7.11.2014 besichtigt habe und zur Zahlung eines Kaufpreises von 295.000 - 300.000,- Euro bereit gewesen sei, habe von der Abgabe eines entsprechenden Angebots Abstand genommen, nachdem die Antragsgegnerin ihn im Anschluss an den Besichtigungstermin auf das Gutachten des Ortsgerichts hingewiesen und ihm mitgeteilt habe, sie wolle das Haus eigentlich gar nicht verkaufen.

    Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde des Antragstellers entgegen getreten. Sie trägt vor, bislang habe sich kein Käufer gefunden, der bereit gewesen sei, mehr als den von ihrem Sohn gebotenen Kaufpreis von 250.000,- Euro zu bieten.

    Der vom Senat hiermit beauftragte Berichterstatter hat die Angelegenheit mit den geschiedenen Ehegatten am 12.5.2015 mündlich erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift vom 8.5.2015, Bl. 265 ff. der Akte, wird Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Beschwerde der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. ist in der Sache begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die Trägerin der auszugleichenden Versorgung und der für das zu Gunsten der Antragsgegnerin zu begründende Anrecht gemäß der Versorgungsordnung der Beschwerdeführerin maßgebliche Tarif sind vom Amtsgericht falsch bezeichnet worden.

    Die ebenfalls zulässige Beschwerde des Antragstellers ist hingegen in der Sache unbegründet und daher zurückzuweisen.

    Eine mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs für den Antragsteller verbundene grobe Unbilligkeit, welche den vom Antragsteller begehrten teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, ist nicht gegeben.

    Nach § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre, was nur dann der Fall ist, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung der während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte abzuweichen.

    Die Vorschrift ist zum 1.9.2009 an die Stelle des § 1587c BGB a.F. getreten. Eine inhaltliche Änderung der zu einem teilweisen oder vollständigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs führenden Tatbestände gegenüber der bis zum 31.8.2009 geltenden Rechtslage ist damit nicht verbunden (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 68). Durch die Härteklausel sollen weiterhin wirtschaftlich fragwürdige Ergebnisse verhindert werden, welche mit der bisherigen und fortwirkenden Versorgungsgemeinschaft der geschiedenen Ehegatten nicht zu rechtfertigen sind und der Gerechtigkeit in unerträglicher Weise widersprechen (vgl. BVerfG, FamRZ 1984, 653; BVerfG, FamRZ 1992, 405, 406; BGH, FamRZ 2013, 1200; FamRZ 1989, 1062, 1063). In die erforderliche Gesamtabwägung sind sämtliche Lebensumstände der Ehegatten einzubeziehen, die für ihren gegenwärtigen oder zukünftigen wirtschaftlichen Stand von Bedeutung sind (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1200; FamRZ 1982, 475, 477). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der letzten Tatsacheninstanz im Erstverfahren. Lassen sich zu diesem Zeitpunkt - gegebenenfalls im Wege einer Prognose - nicht genügend Anhaltspunkte dafür feststellen, ob ein uneingeschränkter Versorgungsausgleich sich künftig grob unbillig zu Lasten des Ausgleichspflichtigen auswirken wird, kann der Versorgungsausgleich nur ohne Anwendung der Härteklausel durchgeführt werden (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1200; FamRZ 1996, 1540; FamRZ 1988, 940, 941).

    Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist eine schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs nach dem Halbteilungsgrundsatz im vorliegenden Fall für den Antragsteller nicht mit einer groben Unbilligkeit verbunden.

    Ein zu Lasten des Antragstellers bestehendes wirtschaftliches Ungleichgewicht der Beteiligten als Folge des Versorgungsausgleichs ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Annahme einer groben Unbilligkeit käme daher allenfalls wegen eines gegen den Antragsteller gerichteten schwerwiegenden Fehlverhaltens der Antragsgegnerin in Betracht, welches der Antragsteller deshalb annimmt, weil die Antragsgegnerin nach seinem Vortrag ihre Mitwirkung an einem die Belastungen deckenden Verkauf des gemeinsamen Hausgrundstücks verweigert bzw. die diesbezüglichen Anstrengungen des Antragsgegners aktiv hintertrieben hat und dem Antragsteller hierdurch neben einem bereits erfolgten Schufa-Eintrag ein erheblicher Schaden droht, für den er von der Antragsgegnerin wegen deren Verbraucherinsolvenz und wegen ihrer Einkommenssituation voraussichtlich keinen Ersatz erlangen kann.

    Der Vortrag ist im Ergebnis nicht geeignet, ein ausnahmsweises Abweichen von der im Rahmen des Versorgungsausgleichs gebotenen partnerschaftlichen Teilhabe beider Ehegatten an den während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechten zu rechtfertigen. Selbst wenn die Antragsgegnerin ihre sich aus der im Herbst 2012 getroffenen Abrede eines Verkaufs des Hausgrundstücks ergebende Obliegenheit zur Mitwirkung an einer Veräußerung zu einem die Belastungen deckenden Preis verletzt hätte, würde eine vollständige Durchführung des Versorgungsausgleichs der Gerechtigkeit nicht in so unerträglicher Weise widersprechen, dass von einer damit für den Antragsteller verbundenen groben Unbilligkeit auszugehen wäre.

    Bislang steht noch nicht einmal fest, ob den Beteiligten durch das vom Antragsteller behauptete Verhalten überhaupt ein Schaden entsteht, für welchen der Antragsteller mangels Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin einstehen muss. Die Beteiligten betreiben nach dem Auszug der Antragsgegnerin den Verkauf des gemeinsamen Hausgrundstücks; es ist derzeit nicht absehbar, ob dabei ein die Belastungen deckender Preis erzielt werden kann und ob und in welcher Höhe der Antragsteller von der Darlehensgeberin zusätzlich in Anspruch genommen werden wird. Sollte es zu einer Inanspruchnahme kommen, würden die daraus resultierenden Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche des Antragsstellers gegen die Antragsgegnerin allerdings zur Insolvenzmasse rechnen und wären von einer etwaigen Restschuldbefreiung erfasst, es sei denn das Verhalten der Antragsgegnerin erfüllte den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 41 Abs. 1, 44, 45 Satz 1, 302 InsO, 826 BGB, vgl. Bitter in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auf. 2013, § 44, Rdnr. 12-19, § 45 Rdnr. 10),

    Dennoch würde eine schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs auch in diesem Fall dem Gerechtigkeitsempfinden unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertungen nicht in unerträglicher Weise widersprechen.

    Würde das Verhalten der Antragsgegnerin den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung erfüllen, könnte der Antragsteller seine im Rahmen des Insolvenzverfahrens noch nicht befriedigten Ansprüche auch nach dessen Abschluss durch Pfändung in das nach §§ 851k Abs. 1, 850c ZPO pfändbare Arbeits- bzw. Renteneinkommen der Antragsgegnerin beitreiben. Sowohl das derzeitige Arbeitseinkommen als auch das voraussichtliche Renteneinkommen der Antragsgegnerin (unter Einbeziehung der im Versorgungsausgleich erworbenen Anrechte) übersteigen die derzeit geltende Pfändungsfreigrenze von 1.045,04 Euro monatlich so deutlich, dass eine - wenn auch langwierige - Befriedigung der Ansprüche des Antragstellers nicht ausgeschlossen erscheint.

    Wäre der Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung hingegen nicht erfüllt, würde der Antragsteller im Falle einer Restschuldbefreiung der Antragsgegnerin hingegen seiner verbleibenden gegen sie gerichteten Ansprüche verlustig gehen. Auch dann wäre ein teilweiser Ausschluss des Versorgungsausgleichs hingegen nicht geboten.

    Die Härteklausel des § 27 VersAusglG dient nicht der Sicherstellung einer gerechten Vermögensauseinandersetzung der geschiedenen Ehegatten. Die Vorschrift bewirkt daher auch keinen dahingehenden Automatismus, dass nicht beitreibbare Forderungen der Ehegatten untereinander mit den im Wege des Versorgungsausgleichs auszugleichenden Versorgungsanrechten zu verrechnen wären. Vielmehr ist - wie dargestellt - im Rahmen einer Einzelfallabwägung unter Einbeziehung sämtlicher Lebensumstände der geschiedenen Ehegatten festzustellen, ob und inwieweit die Halbteilung der während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte ausnahmsweise zu einem dem Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechenden Ergebnis führen würde. Diese Abwägung lässt die vom Amtsgericht angeordnete vollständige Durchführung des Versorgungsausgleichs zu Lasten des Antragstellers im Falle eines Verlusts seiner Forderungen gegen die Antragsgegnerin zwar als teilweise unbillig erscheinen. Die Schwelle zur groben Unbilligkeit ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht überschritten.

    Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang die im Wege des Wertausgleichs bei der Scheidung übertragenen Versorgungsanrechte der Pfändung unterliegen und damit zur Insolvenzmasse rechnen (§§ 36 Abs. 1 InsO, 851c ZPO) und inwieweit mit einem teilweisen Ausschluss des Wertausgleichs eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger der Antragsgegnerin verbunden wäre. Selbst wenn die übertragenen Anrechte nämlich in vollem Umfang unpfändbar wären, damit nicht zur Insolvenzmasse rechneten und der Antragstellerin nach Eintritt des Versorgungsfalls im Falle einer vorherigen Restschuldbefreiung uneingeschränkt zur Verfügung stünden, würde dies nicht den mit der Beschwerde begehrten teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen.

    Die Höhe der in Folge der Insolvenz der Antragsgegnerin nicht beitreibbaren Forderungen des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf Gesamtschuldnerausgleich und Schadensersatz beläuft sich auch nach dem Vortrag des Antragstellers auf höchstens 45.000,- Euro, also auf die Differenz zwischen dem Angebot des vom Antragsteller benannten Zeugen und dem Angebot des Sohnes der Antragsgegnerin, wenn man davon ausgeht, dass diese Differenz in voller Höhe zur Deckung der Darlehensbelastung einzusetzen gewesen und im Außenverhältnis vom Antragsteller zu tragen gewesen wäre. Selbst ein mit der Insolvenz der Antragsgegnerin verbundener Forderungsausfall in dieser Höhe ist vom Antragsteller im Hinblick auf Sinn und Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens und des Versorgungsausgleichs sowie im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten hinzunehmen, ohne dass damit für ihn eine grobe, dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechende Unbilligkeit verbunden wäre.

    Die mit der Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens nach dem Willen des Gesetzgebers bezweckte Ermöglichung einer Restschuldbefreiung der Antragsgegnerin liefe jedenfalls gegenüber dem Antragsteller ins Leere, wenn dieser seinen mit der Insolvenz verbundenen Forderungsausfall über einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs ausgleichen könnte. Dies stünde auch im Widerspruch zur Wertung der §§ 36 Abs. 1 InsO, 851c ZPO, der die für die Sicherung der Altersversorgung bestehenden Versorgungsanrechte einem Zugriff der Insolvenzgläubiger weitgehend entzieht mit der Folge, dass auch die im Wege des Versorgungsausgleichs erworbenen Anrechte dem Insolvenzschuldner verbleiben.

    Beide Ehegatten verfügen nach Durchführung des Versorgungsausgleichs über Versorgungsanrechte in etwa gleicher Höhe; nennenswertes Vermögen ist darüber hinaus im Hinblick auf die bestehenden Verbindlichkeiten nicht vorhanden. Der Antragsteller erzielt allerdings ein mehr als dreimal so hohes Nettoeinkommen wie die Antragsgegnerin. Da er nur etwa dreizehn Monate älter ist als die Antragsgegnerin und dieser keinen Ehegattenunterhalt schuldet, ist davon auszugehen, dass er bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze im Jahr 2033 deutlich höhere Versorgungsanrechte erworben haben wird als die Antragsgegnerin, die die Regelaltersgrenze im Jahr 2034 erreicht. Auf Grund der Höhe seines Einkommens sollte ihm bis dahin auch eine Tilgung der während der Ehe aufgelaufenen Verbindlichkeiten möglich sein, soweit diese nicht aus dem Erlös aus der Veräußerung des Hausgrundstücks beglichen werden können. Die Antragsgegnerin wird ihrerseits auch unter Einbeziehung der im Wege des Versorgungsausgleichs erworbenen Anrechte über eine monatliche Rente von unter 2.000,- Euro verfügen, die zwar deutlich über den Bedarfssätzen der Grundsicherung liegt, jedoch keine luxuriöse Lebensführung ermöglicht.

    Die vorstehend aufgeführten Umstände lassen eine hälftige Teilhabe der Antragsgegnerin an den von den Beteiligten während ihrer Ehe erworbenen Versorgungsanrechten auch dann nicht als grob unbillig erscheinen, wenn die Forderungen des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin im Insolvenzverfahren mangels ausreichender Masse teilweise oder vollständig nicht befriedigt werden und anschließend in Folge der Restschuldbefreiung wegfallen, weil der Antragsgegnerin keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vorgeworfen werden kann.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 150 Abs. 4 Satz 1, 84 FamFG. Im Hinblick auf das Unterliegen des Antragstellers mit seiner Beschwerde entspricht es billigem Ermessen, ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

    Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 70 Abs. 2 FamFG). Die Schwierigkeit der nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gebotenen tatrichterlichen Einzelfallabwägung gebietet die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht, weil die Beurteilung des Senats ohnehin nur darauf überprüft werden könnte, ob der Entscheidung ein Irrtum über den Rechtsbegriff der groben Unbilligkeit zu entnehmen ist oder ob die wesentlichen Umstände berücksichtigt sind und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. BGH, FamRZ 1979, 477; BGH, FamRZ 1990, 1342).

    Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 50 Abs. 1 FamGKG. Da von den Beschwerden nur drei Anrechte betroffen sind, beläuft sich der festzusetzende Wert auf 30 Prozent des von den geschiedenen Ehegatten vor Einreichung des Scheidungsantrags in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens.

    Diehl Dr.Schweppe Schmidt