OLG Frankfurt vom 02.10.2019 (4 UF 209/18)

Stichworte: Volljährigenunterhalt; Grundsicherung für nicht Erwerbsfähige; Anspruchsübergang; Beschwerdebegründung; Sachantrag
Normenkette: BGB 1601 ff.; SGB XII 94 Abs. 1 S. 1, SGB II 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1; SGB IV 8 Abs. 1; FamFG 117 Abs. 1
Orientierungssatz:
  • Der gesetzliche Übergang von Unterhaltsansprüchen eines Kindes auf einen Träger öffentlicher Leistungen ändert nichts an der für die Geltendmachung der Ansprüche geltenden Regeln der Darlegungs- und Beweislast, wonach das Kind die volle Darlegungs- und Beweislast für seinen Unterhaltsbedarf und seine Unterhaltsbedürftigkeit trägt.
  • Der Bedarf leitet sich bei volljährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben, von den Einkommensverhältnissen der Eltern ab und beläuft sich bei eigenem Hausstand auf den sich aus Ziffer 13.1.2 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt am Main ergebenden Betrag. Hat ein volljähriges Kind bereits eine eigene Lebensstellung erlangt, ist diese für die Bemessung seines Bedarfs maßgebend. Seine Eltern kann ein volljähriges Kind allerdings auch dann nur auf Unterhalt in Anspruch nehmen, wenn es ihm trotz aller Bemühungen nicht gelingt, das Existenzminimum in Höhe des notwendigen Selbstbehalts für nicht Erwerbstätige zu sichern.
  • An die Beurteilung der Bedürftigkeit eines nicht in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes sind strenge Anforderungen zu stellen. Für die Nutzung seiner Arbeitskraft gelten ähnliche Maßstäbe wie für die Haftung der Eltern gegenüber minderjährigen Kindern.
  • Für die Darlegung einer gesundheitsbedingten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Kindes genügt die Berufung auf den Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.
  • Eine vollständige Unfähigkeit zur Erzielung jeglichen Erwerbseinkommens ergibt sich aus dem Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII hingegen nicht. Vielmehr hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen, weshalb er nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bis zu drei Stunden täglich in der Lage ist.
  • 71 F 605/17
    AG Groß-Gerau

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 22.11.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Groß-Gerau vom 09.10.2018 im schriftlichen Verfahren auf Grund der bis zum 9.8.2019 eingereichten Schriftsätze und des nachgelassenen Schriftsatzes vom 12.9.2019 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an den Antragsteller für die Zeit vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016 rückständigen Unterhalt für seinen Sohn ... in Höhe von insgesamt 2.420,58 Euro zu zahlen.

    Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

    Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Antragsteller zu sieben Zehnteln und dem Antragsgegner zu drei Zehnteln auferlegt.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 8.165,82 Euro.

    Gründe:

    I.

    Die Beteiligten streiten um Unterhaltsansprüche aus übergegangenem Recht für den Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016.

    Im genannten Zeitraum gewährte der Antragsteller dem am x.y.1992 geborenen Sohn des Antragsgegners Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, wegen deren Höhe auf die Aufstellung in der Antragsschrift vom 14.6.2017 Bezug genommen wird. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 16.2.2015 unterrichtete der Antragsteller den Antragsgegner über die Hilfegewährung und den damit verbundenen Übergang der Unterhaltsansprüche des Hilfeempfängers und forderte den Antragsgegner zwecks Ermittlung der Höhe seiner Unterhaltsschuld zur Auskunft über seine Einkommensverhältnisse auf.

    Der Sohn des Antragsgegners, der erstmals 2007 psychiatrisch behandelt wurde, stand während des gesamten Hilfebezugs als Folge einer psychischen Erkrankung unter gesetzlicher Betreuung. Er hatte nach Erlangen der mittleren Reife im Jahr 2010 keine weitere Ausbildung aufgenommen und bezog seit dem 1.10.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Vom 7.2.2011 bis zum 20.2.2011 wurde der Sohn des Antragsgegners wegen seiner psychischen Erkrankung stationär im Klinikum N. behandelt, von Januar bis März 2012 in der H. Klinik. Nachdem der Betreuer im Jahr 2014 ein ärztliches Attest vorgelegt hatte, wonach der Sohn des Antragsgegners krankheitsbedingt nicht zur Teilnahme an einer ihm vom Bildungswerk der hessischen Wirtschaft angebotenen berufsvorbereitenden Maßnahme in der Lage ist, holte der für die Leistungen nach dem SGB II zuständige Träger eine gutachterliche Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Hessen nach §§ 44a Abs. 1 SGB II, 109a Abs. 3 SGB VI zur Frage der Erwerbsfähigkeit ein. In dem Gutachten der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 16.9.2014, welches als Anlage zur Antragsschrift vorgelegt worden ist, wurde der Sohn des Antragsgegners als nicht erwerbsfähig eingestuft, weil er „wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit (länger als sechs Monate) außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen, des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.“ Der Träger der Leistungen nach dem SGB II stellte seine Leistungen daher zum 1.11.2014 ein. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch legte der durch seinen Betreuer vertretene Sohn des Antragsgegners ein ärztliches Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … vom 15.10.2014 vor, wonach er ab sofort wieder in der Lage ist, „an einer Maßnahme des Jobcenters teilzunehmen oder für 4 Stunden pro Tag einer Arbeit nachzugehen.“ Der Widerspruch wurde durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid unter Verweis auf die Bindungswirkung der eingeholten gutachterlichen Stellungnahme des Trägers der Rentenversicherung zurückgewiesen. Ab dem 1.11.2014 bezog der Sohn des Antragsgegners vom Antragsteller als Träger der Grundsicherung Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.

    Ausweislich der Angaben seines Betreuers vom 18.12.2015 in dem ihm vom Antragsteller vorgelegten Fragebogen zur Klärung der Unterhaltsberechtigung ging der Sohn des Antragsgegners vom 4.8.2010 bis zum 30.9.2010, vom 23.7.2012 bis zum 30.9.2012 und vom 4.5.2015 bis zum 21.5.2015 Aushilfstätigkeiten nach; außerdem absolvierte er nach Angaben des Antragsgegners im Jahr 2011 ein Praktikum bei der Firma … . Die in den Jahren 2012 und 2015 ausgeübten Tätigkeiten waren nach Angaben des Arbeitgebers, der Firma … ., von vornherein auf die Zeiträume der tatsächlichen Beschäftigung befristet. Aus der im Mai 2015 ausgeübten Aushilfstätigkeit, die offensichtlich die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV erfüllte, erzielte der Sohn des Antragsgegners ein Einkommen von 796,- Euro, weshalb er im darauffolgenden Monat Juni 2015 vom Antragsteller nur Leistungen in Höhe von 284,99 Euro erhielt. Zum Umfang der Tätigkeit und zu etwaigen vorausgegangenen Bewerbungsbemühungen des Sohnes des Antragsgegners haben die Beteiligten nicht vorgetragen. Der Sohn des Antragsgegners bezog im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum Kindergeld.

    Mit ärztlichem Attest vom 13.9.2016 bescheinigte die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. … dem Sohn des Antragsgegners, er habe sich zuletzt im November 2015 bei ihr vorgestellt. Er sei damals in psychosomatischer und psychiatrischer Behandlung gewesen und sei nicht arbeitsfähig gewesen. Auf Ersuchen des Antragstellers berichtete die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. … mit Schreiben vom 17.10.2016, der Sohn des Antragsgegners sei auf Grund der bei ihm diagnostizierten psychischen Erkrankungen (paranoide Schizophrenie, schizoaffektive Psychose, psychische und Verhaltensstörung durch Cannabinoide: schädlicher Gebrauch, symptomloser Zustand) aktuell auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht arbeitsfähig.

    Wegen des der Forderung des Antragstellers zu Grunde gelegten Bedarfs und des von beiden Eltern erzielten Einkommens und der sich daraus ergebenden, vom Antragsgegner mit der Beschwerde nicht angegriffenen Haftungsquote, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Antragsschrift und in den Gründe:n des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

    Das Amtsgericht hat zur Frage der Erwerbsfähigkeit des Sohnes des Antragsgegners im Zeitraum vom 20.2.2015 bis zum 30.4.2016 ein schriftliches Gutachten des sachverständigen Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. ... eingeholt. Auf das Gutachten vom 18.7.2018 wird Bezug genommen.

    Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht dem Antragsgegner für den genannten Zeitraum antragsgemäß die Zahlung rückständigen Unterhalts von 8.165,82 Euro aufgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Erkrankung des Sohnes des Antragsgegners mit der Folge der Unfähigkeit den eigenen Bedarf durch eine Erwerbstätigkeit abzudecken, sei hinreichend erwiesen. Auch wenn der Sachverständige für seine Gutachtenerstellung nur sehr beschränkte Anknüpfungspunkte gehabt habe, müsse auf Grund der Erwerbsbiografie des Sohnes des Antragsgegners, der bei ihm diagnostizierten chronifizierten Schizophrenie und den wiederholten stationären Klinikaufenthalten gefolgert werden, dass er nicht imstande gewesen sei, den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts gerecht zu werden.

    Mit seiner am 22.11.2018 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 25.10.2018 zugestellten Beschluss verfolgt der Antragsgegner sein Begehren nach einer Zurückweisung des Leistungsantrags des Antragstellers weiter. Er trägt vor, eine chronifizierte Schizophrenie sei bei seinem Sohn nicht diagnostiziert worden. Er habe im Herbst 2011 wegen seines Cannabiskonsums an einer Psychose gelitten und sei deshalb stationär behandelt worden. Auf Bewerbungen sei er nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden, was möglicherweise auf sein schlechtes Abschlusszeugnis, möglicherweise aber auch auf eine gewisse Lustlosigkeit zurückzuführen sei. Eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum, für welche der Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast trage, sei auch durch das eingeholte Gutachten nicht erwiesen.

    Der Antragsteller ist der Beschwerde unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung entgegen getreten, hat seinen Zahlungsantrag mit Zustimmung des Antragsgegners jedoch auf eine Gesamtforderung von 7.578,14 Euro vermindert, nachdem er darauf hingewiesen worden war, dass die beantragte und vom Amtsgericht zuerkannte Unterhaltsforderung für die Monate Juni 2015 und März und April 2016 die für diese Monate gewährten Leistungen nach dem SGB XII übersteigt. Der Antragsteller vertritt die Auffassung, aus dem vom Amtsgericht eingeholten Gutachten und den vorliegenden ärztlichen Attesten sowie aus dem Lebenslauf des Sohnes des Antragsgegners ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass dieser im streitgegenständlichen Zeitraum als Folge seiner lang andauernden psychischen Erkrankung nicht erwerbsfähig gewesen sei. Die vorübergehende Arbeitsaufnahme im Mai 2015 sei nicht geeignet, eine dauerhafte Arbeitsfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum zu belegen. Sie belege nur, dass der Sohn des Antragsgegners wohl versucht habe, eigenes Einkommen zu erzielen und somit letztlich auch den Antragsgegner zu entlasten. Dass es nicht zu weiteren Versuchen oder zu einer dauerhaften Beschäftigung gekommen sei, liege wohl eben doch an der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Erkrankung. Der Antragsteller sei ohnehin an die Feststellungen in der gutachterlichen Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 16.9.2014 gebunden gewesen, deren inhaltliche Richtigkeit auch der Sohn des Antragsgegners nicht angegriffen habe.

    Der Senat hat die Beteiligten mit Beschluss vom 27.6.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, ohne erneute mündliche Verhandlung über die Beschwerde zu entscheiden, und hat ihnen für die Einreichung von Schriftsätzen eine Frist bis zum 9.8.2019 gesetzt. Dem Antragsgegner ist zur Erwiderung auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 8.8.2019 ein Schriftsatznachlass bis zum 30.8.2019 gewährt worden.

    II.

    Die angefochtene Entscheidung ist wirkungslos geworden, soweit der Antragsteller seinen Antrag mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgenommen hat (§§ 113 Abs. 1 FamFG; 269 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 ZPO).

    Die Beschwerde gegen den wirksam gebliebenen Teil der angefochtenen Entscheidung ist zulässig, auch wenn die Beschwerdebegründung nicht den nach § 117 Abs. 1 FamFG erforderlichen Sachantrag enthält. Es reicht aus, dass sich der Beschwerdebegründung zweifelsfrei entnehmen lässt, dass der Antragsgegner mit seiner Beschwerde seinen im ersten Rechtszug gestellten Antrag auf Zurückweisung des Leistungsantrags des Antragstellers weiterverfolgt (BGH, FamRZ 2015, 1009; FamRZ 2015, 247; FamRZ 2014, 144; FamRZ 2012, 1205).

    In der Sache ist die Beschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und führt insoweit zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung; im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

    Dem Antragsteller steht aus übergegangenem Recht nach §§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 1601 ff. BGB gegen den Antragsgegner für den Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016 lediglich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 2.420,58 Euro zu.

    Einem volljährigen Kind, das sich nicht in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, steht ein Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern nur dann zu, wenn es nicht in der Lage ist, seinen Unterhaltsbedarf durch eigene Mittel, insbesondere durch eigenes Erwerbseinkommen zu decken. Für seinen Unterhaltsbedarf und seine Unterhaltsbedürftigkeit trägt es die volle Darlegungs- und Beweislast. Daran ändert auch ein Übergang des Unterhaltsanspruchs auf einen Träger öffentlicher Leistungen nichts (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2002, 854).

    Der Bedarf leitet sich bei volljährigen Kindern, die noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben, von den Einkommensverhältnissen der Eltern ab und wird auf der Grundlage der Düsseldorfer Tabelle berechnet (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2002, 854; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rn. 203 und 534). Er beläuft sich bei volljährigen Kindern mit eigenem Hausstand auf den sich aus Ziffer 13.1.2 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (veröffentlicht unter www.hefam.de) ergebenden Betrag, den auch der Antragsteller seiner Unterhaltsberechnung zu Grunde gelegt hat. Er belief sich im hier streitgegenständlichen Zeitraum auf 670,- Euro monatlich bis einschließlich Dezember 2015 und auf 735,- Euro monatlich ab Januar 2016, jeweils zuzüglich der monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung (113,31 Euro im August 2015, 172,94 Euro ab September 2015).

    Hat ein volljähriges Kind durch eine Berufsausbildung oder eine längere Ausübung einer ungelernten Tätigkeit bereits eine eigene Lebensstellung erlangt, ist diese für die Bemessung seines Bedarfs maßgebend. Seine Eltern kann ein volljähriges Kind allerdings auch dann nur auf Unterhalt in Anspruch nehmen, wenn es ihm trotz aller Bemühungen nicht gelingt, das Existenzminimum zu sichern, welches mit dem sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebenden notwendigen Selbstbehalt für nicht Erwerbstätige in Ansatz zu bringen ist (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rn. 535; für den Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes BGH, FamRZ 2010, 357). Dieser belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß Ziffer 21.2 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf 880,- Euro monatlich und beinhaltet grundsätzlich bereits die Kosten einer Krankenversicherung; bei Anhaltspunkten für unterhaltsrechtlich bedeutsame zusätzliche Kosten kann er allerdings angemessen erhöht werden. Eine Erwerbstätigkeit wirkt sich nicht bedarfserhöhend aus, denn der Unterhaltsberechtigte ist ohnehin gehalten, den eigenen Lebensbedarf im Rahmen seiner Möglichkeiten sicherzustellen (vgl. BGH, FamRZ 2010, 357, Rn. 38; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rn. 535).

    An die Beurteilung der Bedürftigkeit eines nicht in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes sind strenge Anforderungen zu stellen. Das Kind muss, wenn es gesundheitlich dazu in der Lage ist, jede Arbeitsmöglichkeit ausnutzen. Für die Nutzung seiner Arbeitskraft gelten ähnliche Maßstäbe wie für die Haftung der Eltern gegenüber minderjährigen Kindern (vgl. BGH, FamRZ 1985, 1245; FamRZ 1987, 1230; Wendl/Dose, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rn. 57 und 484), d.h. das Kind muss darlegen und beweisen, dass es sich im Rahmen seiner gesundheitlichen Fähigkeiten hinreichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat oder dass es auch im Falle entsprechender Bemühungen keine realistische Beschäftigungschance hätte (vgl. Ziffer 9 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main; BGH, FamRZ 2009, 314; FamRZ 2014, 637; FamRZ 2014, 1992). Kommt der Volljährige einer sich danach ergebenden Erwerbsobliegenheit nicht nach, entfällt seine Bedürftigkeit in Höhe des durch die ihm obliegende Erwerbstätigkeit erzielbaren Erwerbseinkommens (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 2, Rn. 57 und 484).

    Auch wenn der vom Amtsgericht bestellte Sachverständige mit Ausnahme der ihm vorgelegten Arztberichte keine tatsächlichen Anknüpfungspunkte für eine Erwerbsunfähigkeit des Sohnes des Antragsgegners im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016 feststellen konnte, muss davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller eine gesundheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit bereits durch die Berufung auf den Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII hinreichend dargelegt hat (vgl. zur Darlegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit beim Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung BGH, FamRZ 2017, 109). Leistungsberechtigte der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII sind nämlich nur Hilfesuchende, die keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II haben. Das sind nur Hilfesuchende, die auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 SGB II).

    Unabhängig von der Frage, ob sich eine entsprechende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Sohnes des Antragsgegners im streitgegenständlichen Zeitraum zum jetzigen Zeitpunkt noch feststellen lässt, traf den Sohn des Antragsgegners im Hinblick auf die zum 1.11.2014 wirksam gewordene Einstellung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II ab diesem Zeitpunkt keine Obliegenheit mehr zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit von drei oder mehr Stunden täglich (vgl. zur Erwerbsobliegenheit des Beziehers einer Rente wegen voller Erwerbsminderung BGH, FamRZ 2017, 109).

    Eine vollständige Unfähigkeit zur Erzielung jeglichen Erwerbseinkommens ergibt sich aus dem Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII hingegen nicht. Vielmehr hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen, weshalb er nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bereich von bis zu drei Stunden täglich in der Lage ist. Dass er in Folge seiner Erwerbsminderung nicht auf die Vermittlung durch die Agentur für Arbeit zurückgreifen kann, reicht für die gebotene Darlegung nicht aus. Er ist vielmehr gehalten, sich auch durch eigene Initiative über Stellenangebote zu informieren und sich um geeignete Stellen zu bewerben (vgl. BGH, FamRZ 2017, 109).

    Der sich hieraus für die Annahme einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit des Sohnes des Antragsgegners ergebenden Darlegungslast genügt der Vortrag des Antragstellers nicht. Insbesondere reicht es nicht aus vorzutragen, der Sohn des Antragsgegners sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 30.4.2016 auf Grund seiner psychischen Erkrankung erwerbsunfähig gewesen. Im genannten Zeitraum ist der Sohn des Antragsgegners nämlich vom 4.5.2015 bis zum 21.5.2015 einer Aushilfstätigkeit nachgegangen. Es fehlt jeglicher Vortrag dazu, wie er an diese Beschäftigung gelangt ist und weshalb er im streitgegenständlichen Zeitraum im Übrigen nicht in der Lage war, entsprechende Bemühungen um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu entfalten bzw. weshalb etwaige Bemühungen im Übrigen erfolglos blieben. Dass die Aushilfstätigkeit von vornherein befristet war und dass keine weiteren Tätigkeiten aufgenommen wurden, genügt für die Darlegung des Fehlens einer darüber hinausgehenden Beschäftigungschance nicht. Hierfür hätte der Antragsteller vielmehr darlegen müssen, welche Bemühungen um Aushilfstätigkeiten der Sohn des Antragsgegners im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum unternommen hat oder auf Grund welcher konkreter Beeinträchtigungen er lediglich zur Erlangung der ausgeübten Beschäftigung, nicht jedoch zu weiter gehenden Bewerbungsbemühungen in der Lage war. Der pauschale Vortrag einer psychischen Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis genügt insoweit im Hinblick auf die zumindest in einem Fall erfolgreichen Bewerbungsbemühungen nicht. Auch das Gutachten der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 16.9.2014 und das vom Amtsgericht eingeholte Gutachten vom 18.7.2018 tragen insoweit nicht zur Aufklärung des Sachverhalts bei, lässt sich doch auch ihnen nicht entnehmen, weshalb der Sohn des Antragsgegners im Mai 2015 zur Ausübung einer Aushilfstätigkeit in der Lage war und im übrigen streitgegenständlichen Zeitraum nicht.

    Auch wenn den Sohn des Antragsgegners gemäß oben stehender Ausführungen nur eine Erwerbsobliegenheit im Umfang von weniger als drei Stunden werktäglich traf und davon auszugehen ist, dass Aushilfstätigkeiten - noch dazu für einen psychisch kranken Menschen mit der Erwerbsbiografie des Sohnes des Antragsgegners - in der Regel befristet sind, hat der Antragsteller nicht dargelegt, weshalb der Sohn des Antragsgegners nicht jeden Monat in der Lage war, Aushilfstätigkeiten im Rahmen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV nachzugehen. Die Annahme des Amtsgerichts, bereits aus der diagnostizierten chronifizierten Schizophrenie und den wiederholten stationären Klinikaufenthalten könne gefolgert werden, dass der Sohn des Antragsgegners nicht imstande gewesen sei, den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts gerecht zu werden, ist auf Grund der tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit jedenfalls teilweise widerlegt und lässt sich nicht in dieser Allgemeinheit aufrechterhalten. Es hätte deshalb ergänzenden Sachvortrags des Antragstellers bedurft, worauf dieser wiederholt hingewiesen worden ist.

    Dem Sohn des Antragsgegners ist daher für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum ein fiktives Einkommen aus einer nicht steuer- und sozialversicherungspflichtigen geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV anzurechnen. Trotz des im Mai 2015 erzielten Einkommens von 796,- Euro ist dabei lediglich ein noch um berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigendes monatliches Nettoeinkommen von 450,- Euro anzurechnen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Sohn des Antragsgegners aus der ihm obliegenden Ausübung einer (ungelernten) Erwerbstätigkeit im Umfang von weniger als drei Stunden täglich dauerhaft ein höheres monatliches Bruttoeinkommen als 450,- Euro hätte erzielen können. Dass der Sohn des Antragsgegners im Mai 2015 mehr als 450,- Euro verdiente, war lediglich dem Umstand geschuldet, dass er im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum im Übrigen keiner Beschäftigung nachging, weshalb die Beschäftigung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV trotz des 450,- Euro übersteigenden Verdienstes als steuer- und sozialversicherungsfreie geringfügige Beschäftigung einzuordnen war. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass sich aus einer Aushilfstätigkeit im Umfang von weniger als drei Stunden werktäglich im Jahresdurchschnitt ein Einkommen oberhalb der für geringfügige Beschäftigungen geltenden Verdienstgrenze von 450,- Euro brutto monatlich hätte erzielen lassen, sind nicht ersichtlich.

    Ein den Betrag von 450,- Euro monatlich dauerhaft übersteigendes Bruttoeinkommen wäre im Übrigen steuer- und sozialversicherungspflichtig gewesen und hätte zum Wegfall des Kindergeldanspruchs des Sohnes des Antragsgegners geführt, weshalb dem Sohn des Antragsgegners auch im Falle einer durchgängigen Anrechnung eines monatlichen Bruttoeinkommens von 796,- Euro im Ergebnis keine nennenswerten zusätzlichen Mittel zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden hätten.

    Bereinigt man das dem Sohn des Antragsgegners anzurechnende Nettoeinkommen um eine fünfprozentige Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (vgl. Ziffer 10.2.1 der Unterhaltsgrundsätze), verbleibt ein für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum anzurechnendes bereinigtes Nettoeinkommen von 427,50 Euro.

    Rechnet man dem Sohn des Antragsgegners lediglich ein Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung im Umfang von weniger als drei Stunden werktäglich an, kann im Hinblick auf den Umfang der (fiktiven) Beschäftigung und der zuvor ausgeübten Beschäftigungen, die fehlende Berufsausbildung und den auch seit dem Eintritt in die Volljährigkeit ununterbrochenen Bezug von Kindergeld nicht davon ausgegangen werden, dass der Sohn des Antragsgegners im streitgegenständlichen Zeitraum bereits eine eigene Lebensstellung erlangt hatte. Sein Bedarf ist daher gemäß obiger Ausführungen mit dem auch vom Antragsteller veranschlagten Bedarf eines in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand in Ansatz zu bringen. Dieser belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum – wie dargestellt – bis Dezember 2015 auf 670,- Euro monatlich und ab Januar 2016 auf 735,- Euro monatlich, jeweils zuzüglich der Kosten der Krankenversicherung.

    Nach Anrechnung des Kindergelds (§ 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BGB) und des anzurechnenden bereinigten Nettoeinkommens verbleibt damit folgender ungedeckter Bedarf, wobei es für den Zeitraum von August bis Dezember 2015 trotz der Erhöhung des Kindergelds auf 188,- Euro zum 1.8.2015 bei der Anrechnung eines Betrags von 184,- Euro bleibt (vgl. Ziffer 14 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in ihrer ab dem 1.8.2015 geltenden Fassung):

    Februar bis Juli 2015: 670 – 427,50 – 184 = je 58,50 Euro

    August 2015:670 + 113,31 – 427,50 – 184 = 171,81 Euro

    September bis Dezember 2015: 670 + 172,94 – 427,50 – 184 = je 231,44 Euro

    Januar bis April 2016: 735 + 172,94 – 427,50 – 190 = je 290,44 Euro

    Da die vom Antragsteller gewährten Leistungen die genannten Beträge überschritten, ist der Unterhaltsanspruch des Sohnes des Antragsgegners gegen seine Eltern in dieser Höhe auf den Antragsteller übergegangen. Die vom Antragsteller errechnete Haftungsquote des Antragsgegners ist insoweit zu berichtigen, als der Antragsteller für den Zeitraum von Februar bis Juli 2015 noch von einem angemessenen monatlichen Selbstbehalt von 1.200,- Euro ausgegangen ist, obwohl sich dieser gemäß Ziffer 21.3.1 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in ihrer ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung bereits auf 1.300,- Euro belief. Unter Zugrundelegung der aus der Antragsschrift ersichtlichen, mit der Beschwerde nicht angegriffenen Höhe des bereinigten Nettoeinkommens beider Eltern ergibt sich daraus folgende auf den Antragsgegner entfallende Haftungsquote:

    Februar bis Juli 2015: 58,50 x 1.055,88 : 1.138,66 = je 54,25 Euro

    August 2015:171,81 x 1.055,88 : 1.138,66 = 159,32 Euro

    September bis Dezember 2015: 231,44 x 1.055,88 : 1.138,66 = je 214,61 Euro

    Januar bis April 2016: 290,44 x 1.055,88 : 1.138,66 = je 269,33 Euro

    Für den gesamten Zeitraum von Februar 2015 bis einschließlich April 2016 beläuft sich der vom Antragsgegner geschuldete Unterhalt damit auf 2.420,58 Euro.

    Eine unbillige Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII steht der Annahme eines Anspruchsübergangs auf den Antragsteller in dieser Höhe nicht gegenüber. Der Antragsgegner selbst geht nicht von einer chronischen Erkrankung seines Sohnes, einer daraus resultierenden dauerhaften Erwerbsunfähigkeit und einer damit einher gehenden zeitlich unbeschränkten Unterhaltspflicht seinerseits aus. Soweit der Antragsgegner sich in seinen Heiratsabsichten dadurch beeinträchtigt sieht, dass sein Sohn wieder bei ihm wohnt, ist nicht ersichtlich, weshalb dieser Umstand zu einer mit der Geltendmachung rückständiger Unterhaltsansprüche aus den Jahren 2015 und 2016 für den Antragsgegner verbundenen unbilligen Härte führen sollte.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG, welcher in Unterhaltssachen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung verdrängt. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits nach dem Grad des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten in beiden Rechtszügen zu verteilen.

    Von der Anordnung einer sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung sieht der Senat im Hinblick darauf ab, dass Gegenstand der Entscheidung nicht die Verpflichtung zur Zahlung laufenden Unterhalts, sondern zur Zahlung rückständigen Unterhalts an den Träger der Sozialhilfe ist (§ 116 Abs. 3 Satz 2 und 3 FamFG).

    Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 51 Abs. 1 und 2 FamGKG.

    Da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, ist die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).

    Reitzmann Dr. Schweppe Schmidt