OLG Frankfurt vom 11.03.2019 (4 UF 188/18)

Stichworte:
Normenkette: BGB 1361b Abs 1 S 1; BGB 861 Abs 1 BGB
Orientierungssatz:
  • Ein von beiden Eheleuten gemeinsam bewohntes Haus verliert den Charakter als Ehewohnung i.S.d. § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB nicht allein dadurch, dass sich ein Ehegatte nach Trennung der Eheleute zu einem - bereits in der Vergangenheit regelmäßig durchgeführten - mehrmonatigen Verwandtenbesuch im Ausland aufhält (Anschluss an BGH FamRZ 2017, 22-25).
  • Werden einem Ehegatten Besitz- und Nutzungsrechte an der Ehewohnung durch verbotene Eigenmacht des anderen (Aussperrung) entzogen, ergibt sich sein Anspruch auf Wiedereinräumung aus § 1361b BGB analog, nicht aus § 861 BGB (Anschluss an OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 760-761; Abgrenzung zu OLG Koblenz FamRZ 2009, 1934-1936 und OLG Schleswig FamRZ 1997, 892).
  • Bei Prüfung der normativen Voraussetzungen des Nutzungsanspruchs ist in diesem Fall der Regelungsgehalt des possessorischen Besitzschutzes miteinzubeziehen (vgl. OLG Karlsruhe aaO.).
  • 22 F 491/18
    AG Alsfeld

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    X,

    Antragstellerin und Beschwerdeführerin,

    Verfahrensbevollmächtigter:

    gegen

    Y,

    Antragsgegner und Beschwerdegegner,

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 20.10.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Alsfeld vom 12.10.2018 am 11. März 2019 beschlossen:

    Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin Zutritt zu der ehelichen Wohnung der Beteiligten - Hausgrundstück … - zu gewähren und ihr die dazu erforderlichen Haus- und Zimmerschlüssel zu überlassen.

    Die Nutzung der Ehewohnung im Einzelnen wird wie folgt geregelt:

    Die Antragstellerin übt den alleinigen Besitz an dem Schlafzimmer im ersten Stockwerk rechts der Treppe (mit Türe zum Esszimmer) aus.

    Der Antragstellerin werden zur alleinigen Nutzung unter Ausschluss des Antragsgegners zugewiesen

    -das Badezimmer für die Zeit morgens zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr und abends zwischen 21:30 Uhr und 22:30 Uhr, und

    -die Küche morgens zwischen 8:15 Uhr und 9:00 Uhr, mittags zwischen 12:30 Uhr und 13:30 Uhr, sowie abends zwischen 18:30 Uhr und 19:15 Uhr.

    Der Antragsgegner übt den alleinigen Besitz an dem Schlafzimmer im ersten Stockwerk links der Treppe (mit Türe zum Wohn-/Lesezimmer) aus.

    Dem Antragsgegner werden zur alleinigen Nutzung unter Ausschluss der Antragstellerin zugewiesen

    -das Badezimmer für die Zeit morgens zwischen 8:00 Uhr und 9:00 Uhr und abends zwischen 20:30 Uhr und 21:30 Uhr, und

    -die Küche morgens zwischen 9:00 Uhr und 9:45 Uhr, mittags zwischen 13:30 Uhr und 14:30 Uhr, sowie abends zwischen 19:15 Uhr und 20:00 Uhr.

    Ferner ist die Antragstellerin berechtigt, die im Haus von und zu den ihr zugewiesenen Räumen sowie von und zur Eingangstüre führenden Wege – in angemessenem zeitlichen und räumlichen Umfang – zu nutzen.

    Von einer darüberhinausgehenden Zuweisung von Räumlichkeiten wird abgesehen.

    Der Antragsgegner ist verpflichtet, das Schlafzimmer im ersten Stockwerk der Ehewohnung rechts der Treppe (mit Türe zum Esszimmer) sofort zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.

    § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO ist bei der Räumung nicht anzuwenden.

    Die Gerichtskosten beider Instanzen werden den Beteiligten jeweils zur Hälfte auferlegt, von einer Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für beide Instanzen abgesehen.

    Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird hinsichtlich der Gewährung des Zugangs zu der Ehewohnung und der Räumung und Herausgabe des Schlafzimmers im ersten Stockwerk rechts der Treppe (mit Türe zum Esszimmer) der Ehewohnung angeordnet.

    Die Vollstreckung ist vor Zustellung an den Antragsgegner zulässig.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.000 €.

    Gründe:

    I.

    Die mit dem Antragsgegner verheiratete Antragstellerin begehrt Zutritt zu und Aufenthalt in der in der in seinem alleinigen Eigentum stehenden ehelichen Wohnung.

    Die Antragstellerin, chinesische Staatsangehörige, und der Antragsgegner, Deutscher, schlossen am … 2013 in X./China die Ehe und lebten anschließend gemeinsam im Haus des Antragsgegners in Z. Das Haus verfügt über fünf Zimmer, Küche und Bad mit WC. Im Jahre 2017 kam es wegen einer Auseinandersetzung der Eheleute zu einem Polizeieinsatz in der Wohnung, die der Antragsgegner daraufhin für eine Woche verließ. Die Antragstellerin, deren Aufenthaltsstatus in Deutschland nicht gesichert ist, besucht jährlich regelmäßig für mehrere Monate ihre Eltern in China, so auch von April bis September 2018. Streitig ist, ob und ggf. mit welchem Inhalt die Eheleute bereits vor ihrem Abflug im April 2018 eine Vereinbarung über ihre Trennung und spätere Scheidung getroffen hatten. Bei ihrer Rückkehr am 23.09.2018 jedenfalls verweigerte der Antragsgegner, der sich inzwischen einer aus … stammenden Frau zugewandt hat, der Antragstellerin den Zutritt zur ehelichen Wohnung. Zunächst hielt diese sich daraufhin bei ihrer Schwester in China, zuletzt aber auch wieder im Inland auf.

    Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,

    den Antragsgegner zu verurteilen, der Antragstellerin den Zutritt zum ehelichen Haus in: ... Z, zu gewähren und den Aufenthalt in diesem Haus zu gestatten.

    Der Antragsgegner hat beantragt,

    den Antrag zurückzuweisen.

    Er behauptet, die Antragstellerin sei im Jahre 2017 mit einem Messer auf ihn losgegangen; dies habe zu dem Polizeieinsatz geführt. Er habe im April 2018 mit der Antragstellerin die Trennung und spätere Scheidung vereinbart. Sie habe auch ein Dokument unterzeichnet, in dem von Trennung, Scheidung und Verzicht auf alle wechselseitigen Ansprüche die Rede gewesen sei. Seine … Freundin wohne bereits mit ihm in dem Haus in Z., für die Antragstellerin sei dort kein Platz mehr. Das Visum der Antragstellerin sei zeitlich ohnehin bis Anfang 2019 befristet und könne nicht mehr verlängert werden.

    Die Antragstellerin hat zu der vom Antragsgegner vorgelegten handschriftlichen Vereinbarung vom April 2018 angegeben, ihre darunter befindliche Unterschrift sei gefälscht. Sie sei ferner bereit, getrennt von dem Antragsgegner mit ihm in der ehelichen Wohnung zu leben.

    Das Familiengericht hat den Antrag der Antragstellerin nach persönlicher Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 12.10.2018 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Getrenntleben der Beteiligten in der Ehewohnung sei ihnen angesichts ihrer ehelichen Konflikte, insbesondere des vom Antragsgegner behaupteten Messerangriffs, und des Umstands, dass der Antragsgegner inzwischen eine neue Lebensgefährtin habe, nicht zumutbar. Im Übrigen sei aber auch eine unbillige Härte iSd. § 1361b BGB zu verneinen, denn die Antragstellerin könne unproblematisch in China bei ihren Verwandten leben. Soweit der Antragsgegner verbotene Eigenmacht verübt habe, trete dieser Gesichtspunkt hinter den Umstand zurück, dass das Haus in seinem Eigentum stehe.

    Hiergegen richtet sich die am 22.10.2018 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihren Antrag weiter verfolgt.

    Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und führt aus, Grund für den Wunsch der Antragstellerin nach weiterem Aufenthalt in seinem Haus sei lediglich ihr Streben nach Erteilung einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung, die von einem Wohnort in Deutschland abhänge. Die Antragstellerin habe ihren Bevollmächtigten zudem eigentlich beauftragt, die Beschwerde zurückzunehmen.

    Im Anhörungstermin vor dem Einzelrichter vom 16. Januar 2018 hat der Antragsgegner eingeräumt, seine neue Lebensgefährtin halte sich derzeit in … auf, werde aber voraussichtlich im März 2019 nach Deutschland kommen. Er habe seiner Frau vor ihrem Abflug nach China im April 2018 mitgeteilt, sie könne erst im Oktober wieder in das Haus zurückkehren, sie habe aber überraschend schon im September 2018 wieder Einlass begehrt. Wegen des weiteren Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.01.2019 Bezug genommen.

    Zum weiteren Vortrag der Beteiligten wird auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    II.

    Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ist statthaft und auch sonst zulässig, §§ 58 ff. FamFG, und hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

    Der Anspruch der Antragstellerin, ihr wieder Zutritt zur Ehewohnung zu gewähren, ergibt sich aus § 1361b BGB in entsprechender Anwendung.

    Unter welchen Voraussetzungen ein Ehegatte, der von dem anderen ausgesperrt wurde, die Wiedereinräumung des Besitzes an der Ehewohnung zum Zwecke des Getrenntlebens innerhalb der Wohnung verlangen kann (§ 1361b oder § 861 BGB), ist umstritten. In der Zeit vor Inkrafttreten des FamFG wurden zu dieser Frage wegen der daraus resultierenden unterschiedlichen funktionellen gerichtlichen Zuständigkeit zum materiell-rechtlichen Verhältnis von § 1361b Abs. 1 S. 1 zu § 861 Abs. 1 unterschiedliche Meinungen vertreten. Aber auch unter Geltung des FamFG sind die Verfahren unterschiedlich gestaltet: Besitzschutzverfahren zählen zu den Familienstreitsachen (§ 112 Nr. 3 FamFG), für die die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und deren Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend gelten (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG), Ehewohnungssachen dagegen zu den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 111 Nr. 5 FamFG), für die der Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. BGH FamRZ 2017, 22-25).

    Nach früher überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur verdrängt der familienrechtliche Überlassungs- den possessorischen Anspruch (jew. zu § 1361 a BGB OLG Schleswig FamRZ 1997, 892; OLG Oldenburg FamRZ 1994, 1254-1255; OLG Stuttgart FamRZ 1996, 172; Luthin FamRZ 1984, 1095; zum Folgenden vgl. auch die Darstellung des Streitstands bei BeckOGK-Erbarth, Stand: 01.10.2018, § 1361b, Rz. 141 ff. mwN.). Eine weitere Auffassung geht von freier Anspruchskonkurrenz, also von mehreren selbstständigen Ansprüchen aus, die ohne Einschränkung nebeneinander geltend gemacht werden können (OLG Koblenz FamRZ 2009, 1934-1936; OLG Bamberg FamRZ 1993, 335-336). Eine vermittelnde Ansicht schließlich nimmt zwar eine Anspruchskonkurrenz an, berücksichtigt aber bei § 861 Abs. 1 BGB den Regelungsgehalt des § 1361b BGB bzw. wendet 1361b Abs. 1 S. 1 BGB entsprechend an und berücksichtigt in diesem Rahmen den possessorischen Schutz des ausgesperrten Ehegatten (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 760-761; OLG Köln FamRZ 1987, 77-78; zu § 1361a BGB OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 59-61; OLG Nürnberg FamRZ 2006, 486-488 ; Johannsen/Henrich-Götz, Familienrecht, 6. A., § 1361b BGB, Rz. 47; Palandt-Brudermüller, § 78. A., 1361b, Rz. 18; Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6. A., 5.Kap. Rz. 1178; zum Verhältnis zwischen § 1361b BGB und § 985 BGB BGH aaO.).

    Die früher herrschende Meinung (§ 1361b BGB als lex specialis) überzeugt nicht, weil § 1361b BGB nur das aus § 1353 BGB folgende Nutzungsrecht des Ehegatten während der Trennungszeit (vgl. BGH aaO. und FamRZ 1978, 496-498) regelt, während der possessorische Besitzschutz auch den unberechtigten Besitzer vor eigenmächtigen Eingriffen des Partners bewahrt, also weiter geht. Der von verbotener Eigenmacht betroffene Ehegatte hätte nach § 1361b BGB daher trotz verbotener Eigenmacht des Partners im Einzelfall (vgl. § 1361b Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB) keinen Anspruch auf Wiederherstellung der ursprünglichen Besitzverhältnisse und wäre damit vor eigenmächtiger Besitzentziehung des anderen Ehegatten nicht geschützt, obwohl ihm aus der ehelichen Lebensgemeinschaft ein possessorischer Anspruch auf Mitbesitz und Mitnutzung der Ehewohnung zusteht.

    Gegen eine freie Anspruchskonkurrenz spricht ebenso wie gegen einen Vorrang des § 861 BGB, dass der Ehegatte, gegen den verbotene Eigenmacht verübt wurde, dadurch im Ergebnis besser gestellt würde. Ihm würde der Mitbesitz an der Ehewohnung ohne Prüfung (möglicherweise entgegenstehender) Voraussetzungen des § 1361b BGB wieder eingeräumt; für eine Alleinnutzung des anderen Ehegatten sprechende Gründe:, u. U. auch entgegenstehende Belange in der Wohnung lebender Kinder, könnten nicht berücksichtigt werden.

    Im Ergebnis ist daher der von Brudermüller (vgl. FamRZ 1987, 109) begründeten vermittelnden Auffassung zu folgen, die im Falle der Aussperrung des Ehegatten aus der ehelichen Wohnung zwar § 1361b BGB - in entsprechender Anwendung - als vorrangige Anspruchsgrundlage sieht, in die Prüfung der normativen Voraussetzungen des Nutzungsanspruchs aber den Regelungsgehalt des possessorischen Besitzschutzes einbezieht (ebenso OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 760-761; OLG Köln aaO.; Johannsen/Henrich-Götz, aaO.; Palandt-Brudermüller, aaO.; Schulz/Hauß, aaO.; im Verhältnis von § 1361b BGB zu § 985 BGB ebenso BGH FamRZ 2017, 22-25).

    Analog § 1361b BGB war der Antragstellerin der begehrte Mitbesitz an der Wohnung wieder einzuräumen und eine Regelung über die Nutzung der einzelnen Räume zu treffen. Obwohl sich die Antragstellerin zwischenzeitlich notgedrungen in einer anderen Wohnung aufhält, hat das im Alleineigentum des Antragsgegners stehende, früher von beiden Beteiligte bewohnte Haus in Z. dadurch seinen Charakter als Ehewohnung nicht verloren (vgl. BGH FamRZ 2017, 22-25; Palandt-Brudermüller, BGB, 78. A., § 1361b BGB, Rz. 6 mwN.). Unstreitig ist die Antragstellerin nicht freiwillig aus der Wohnung ausgezogen, sondern wurde hierzu vom Antragsgegner veranlasst, da dieser ihr nach mehrmonatiger Abwesenheit den Zutritt verwehrt hat. Sie hat auch nicht etwa aus eigener Initiative eine andere Wohnung angemietet, sondern musste zunächst wieder bei Verwandten in China Obdach suchen. Auch ihr Verhalten im vorliegenden Verfahren, in dem sie nach wie vor Zutritt zur Ehewohnung begehrt, zeigt ebenso wie der Inhalt des vom Antragsgegner selbst vorgelegten Email-Verkehrs der Eheleute, dass die Antragstellerin ihre Rechte an der Wohnung noch nicht endgültig aufgegeben hat.

    Der Antragsgegner hat auch keine Gesichtspunkte vorgetragen, die den Ausschluss seiner Frau von Mitbesitz und -nutzung der ehelichen Wohnung hinreichend rechtfertigen könnten. Voraussetzung einer Ehewohnungszuweisung ist grundsätzlich zwar, dass diese erforderlich ist, um eine unbillige Härte für den die Zuweisung begehrenden Ehegatten, hier die Antragstellerin, zu vermeiden. Dabei ist der Begriff der unbilligen Härte gesetzlich nicht definiert und einzelfallbezogen auszufüllen (vgl. zum Folgenden OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Juni 2016 – II-6 UF 42/16 –, juris). Aus den in der gesetzlichen Regelung hervorgehobenen Tatbeständen, die eine unbillige Härte begründen können - die Anwendung von Gewalt (§ 1361b Abs. 2 BGB) und die Beeinträchtigung des Kindeswohls (§ 1361b Abs. 1 S. 2 BGB) - ist aber zu folgern, dass eine Wohnungszuweisung besondere Umstände voraussetzt, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen, wie sie typischerweise im Zusammenhang mit der Beendigung einer Ehe auftreten, hinausgehen (vgl. OLG Düsseldorf aaO.; OLG Karlsruhe NJW-RR 2016, 132-134; OLG Hamm NJW 2015, 2349-2351). Diese Voraussetzung dürfte mit der gegen ihren Willen erfolgten Aussperrung der Antragstellerin aus der ehegemeinschaftlichen Wohnung zwanglos erfüllt sein. An eine Aufhebung der Mitnutzung bzw. des Mitbesitzes der Antragstellerin rechtfertigenden Umständen fehlt es völlig. Soweit der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin habe ihn im Jahre 2017 mit einem Messer bedroht, hat er diesen Vortrag trotz Hinweises des Senats nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr hatte sich nach den vom Senat eingeholten Angaben der Polizeibeamten, die an dem wegen des Streits der Eheleute durchgeführten Einsatz beteiligt waren, vor Ort kein Hinweis auf ein Fehlverhalten der Antragstellerin ergeben; der Umstand, dass der Antragsgegner nach Eintreffen der Polizeibeamten das Haus verlassen hat, dürfte vielmehr für einen eigenen – nicht unwesentlichen – Beitrag zu der vorherigen Auseinandersetzung sprechen. Zudem haben die Eheleute auch nach dem Vorfall noch über ein halbes Jahr zusammengelebt. Auch der Umstand, dass der Antragsgegner derzeit beabsichtigt, während intakter Ehe eine neue Lebensgefährtin in das Haus zu holen, und meint, deshalb sei dort kein Platz mehr für seine Frau, rechtfertigt ihren Ausschluss nicht. Aus dem Schutz des räumlich-gegenständlichen Lebensbereichs der Ehe resultiert nicht nur eine Besitzberechtigung der während der Trennung in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten (vgl. BGH aaO.), sondern auch ein vollstreckbarer Unterlassungsanspruch bei Aufnahme eines neuen Lebenspartners in die eheliche Wohnung während bestehender Ehe (Staudinger-Voppel (2018) BGB, § 1353, Rz. 111 ff. mwN.). Ungeachtet der Frage, ob die Antragstellerin die Vereinbarung vom April 2018 über Trennung, Scheidung und Zahlungsverzicht tatsächlich unterzeichnet hat und ob diese Vereinbarung bejahendenfalls trotz ihres rudimentären und möglicherweise sittenwidrigen Inhalts wirksam ist, ist sie jedenfalls nicht geeignet, die Aussperrung der Antragstellerin zu rechtfertigen. Denn darin ist - in schlechtem Englisch - lediglich von einer beabsichtigten Trennung und Scheidung die Rede; für die Dauer der Trennung bleibt die Antragstellerin aber zur Wohnungsnutzung berechtigt, § 1353 BGB (s. o.). Soweit der Antragsgegner sinngemäß meint, die Antragstellerin könne sich nicht auf ihre ehelichen Nutzungsrechte berufen, weil sie ohnehin nicht zu einem weiteren Aufenthalt im Inland berechtigt sei, trifft dies, wie sich im Verlauf des Verfahrens herausgestellt hat, nicht zu. Schließlich trägt auch das Argument des Antragsgegners nicht, aufgrund der ehelichen Auseinandersetzungen sei ihm ein weiteres Zusammenleben mit der Antragstellerin nicht zuzumuten, im Ergebnis bereits deshalb nicht, weil er ihr selbst angeboten hatte, die Wohnung ab Oktober 2018 gemeinsam mit ihm wieder zu nutzen.

    Zwar ist im Rahmen der gebotenen Gesamtwägung der Interessen beider Ehegatten nach § 1361b Abs. 1 S. 3 BGB auch das alleinige Eigentum des Antragsgegners an der ehelichen Wohnung zu berücksichtigen. Allerdings hat der Eigentümer Einschränkungen seiner dinglichen, grundrechtlich durch Art. 14 GG geschützten Rechtsposition selbst dann hinzunehmen, wenn er (z. B. als Vermieter) keinerlei direkten Bezug zu der Ehe hat, deren Schutz die Bestimmung des § 1361b BGB dient (vgl. BVerfG FamRZ 2006, 1596, juris Rn. 16; OLG Düsseldorf aaO.; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 301). Umso mehr ist einem Ehegatten als Alleineigentümer in der Trennungszeit ohne weiteres zumutbar, bei Fehlen einer unbilligen Härte die weitere Nutzung bzw. Mitbenutzung der Ehewohnung durch seinen - durch Art. 6 GG ebenfalls geschützten - Ehegatten hinzunehmen (vgl. Staudinger-Voppel aaO., Rz. 46).

    Entsprechend dem Sachantrag der Antragstellerin, aber auch ihrer erklärten Bereitschaft, die eheliche Wohnung auch künftig gemeinsam mit ihrem Ehemann zu nutzen, war eine nach den baulichen Gegebenheiten mögliche und zweckmäßige Aufteilung der Ehewohnung vorzunehmen (vgl. jurisPKBGB-Faber, 8. A., § 1361b BGB, Rz. 36). Gerade angesichts der vom Antragsgegner im Anhörungstermin vom Januar 2019 jedenfalls für den Monat Oktober 2018 ausdrücklich erklärten Bereitschaft, der Antragstellerin wieder Zugang zur ehelichen Wohnung zu gewähren, ist ungeachtet seines weiteren Vortrags zu den bis April 2018 zwischen den Eheleuten bestehenden Spannungen jedenfalls davon auszugehen, dass eine gemeinsame Benutzung der Wohnung nach wie vor möglich ist. Unter Berücksichtigung des vom Antragsgegner selbst angefertigten Wohnungsplans sowie der Zahl und Lage der einzelnen Räumlichkeiten erscheint die tenorierte Aufteilung angemessen, um die von der Antragstellerin befürchtete Obdachlosigkeit zu vermeiden und ihr auch weiterhin eine adäquate Unterkunft zu gewähren. Dabei war ihr einer der Schlafräume zur ausschließlichen Nutzung zuzuweisen, Bad mit Toilette und Küche dagegen jeweils zeitlich begrenzt, um sowohl ihr, als auch dem Antragsgegner jeweils die erforderliche Grundversorgung zu gewährleisten. Eine weitere Aufteilung der Räume scheint vor diesem Hintergrund – auch unter Berücksichtigung des Alleineigentums des Antragsgegners an dem Hausgrundstück, § 1361b Abs. 1 S. 3 BGB – nicht erforderlich.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 84, 81 FamFG, die Entscheidungen zur sofortigen Wirksamkeit und zur Vollstreckbarkeit der Entscheidung finden ihre Grundlage in § 209 FamFG.

    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 48 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

    Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde, §70 Abs. 2 FamFG, besteht nicht.

    Dr. Kischkel