OLG Frankfurt vom 20.01.2011 (4 UF 169/10)

Stichworte: Kindeswohl, Gef?hrung, konkret, gegenw?rtig; Hilfe zur Erziehung, Ma?nahme, Dauer;
Normenkette: BGB 1666, 1666a; FamFG 166 Abs. 3;
Orientierungssatz:
  • 1. Ein Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ein minderjähriges Kind setzt das Vorliegen einer anders nicht abwendbaren konkreten, gegenwärtigen Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes voraus.
  • 2. Eine konkrete, gegenwärtige Gefahr für das Kindeswohl ist dann anzunehmen, wenn bei weiterer unbeeinflusster Entwicklung der vorliegenden Umstände der Eintritt eines Schadens oder die Verfestigung eines bereits eingetretenen Schadens im Sinne einer Störung der Entwicklung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist. Eine Störung der Entwicklung ist anzunehmen, wenn die Entwicklung des Kindes von seiner unter Beachtung der milieubedingten Gegebenheiten als normal zu erwartenden Entwicklung nachhaltig zum Nachteil des Kindes abweicht, insbesondere also bei körperlicher oder emotionaler Vernachlässigung oder Verwahrlosung des Kindes, bei wiederholten körperlichen Übergriffen gegen das Kind oder bei Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, die Folge eines Erziehungsunvermögens der Eltern sind.
  • 3. Eine konkrete gegenwärtige Gefahr für das Kindeswohl liegt nicht vor, wenn beide Eltern derzeit mit einer zur Abwendung einer etwaigen Gefährdung geeigneten Maßnahme der Hilfe zur Erziehung einverstanden sind und sich lediglich über deren Dauer und über den anschließenden Aufenthalt des Kindes uneins sind. Eine darin begründete latente künftige Gefährdung des Kindeswohls kann vom Familiengericht zu einemspäteren Zeitpunkt nach § 166 Abs. 3 FamFG geprüft werden.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache betreffend

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richter am Oberlandesgericht Schmidt als Einzelrichter auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 9.9.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 27.7.2010 am 20.1.2011 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Von der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge wird abgesehen.

    Gerichtskosten werden für beide Rechtszüge nicht erhoben. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.

    Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.000,-- EUR

    4 UF 169/10 464 F 10122/10 Amtsgericht Frankfurt/Main Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss In der Familiensache betreffend hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Schmidt als Einzelrichter auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 9.9.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 27.7.2010 am 20.1.2011 beschlossen: Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Von der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge wird abgesehen. Gerichtskosten werden für beide Rechtszüge nicht erhoben. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.000,-- EUR Gründe: I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die gemeinsamen sorgeberechtigten, getrennt lebenden Eltern des betroffenen Kindes A.. A. lebte gemeinsam mit seiner mittlerweile volljährigen Schwester K. bis zu seiner Inobhutnahme am 4.3.2010 im Haushalt der Mutter; seitdem ist er - zunächst gegen den Willen der Mutter - im V.-Haus in H. untergebracht. Nachdem der Vater seine Zustimmung zum Verbleib in der Einrichtung auf einen Zeitraum bis zu den Sommerferien 2011 beschränkt hatte, hat das Amtsgericht beiden Eltern mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.7.2010 das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge und das Recht zur Beantragung von Hilfen zur Erziehung für A. entzogen und auf das zuständige Jugendamt als Amtspfleger übertragen. Wegen der Vorgeschichte der Inobhutnahme wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Darstellung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Das Amtsgericht hat seine Entscheidung maßgeblich auf das Ergebnis einer vom 5.6. bis zum 4.9.2009 bei A. im V.-Haus durchgeführten stationären Diagnostik gestützt und ausgeführt, A. habe - wahrscheinlich durch die Erlebnisse mit der unter Depressionen leidenden Mutter - auffälliges Verhalten entwickelt, das zurückgeführt werden müsse. Er müsse einen normalen Alltag und den richtigen Umgang mit anderen Kindern erlernen und seine Probleme bearbeiten; das könne er im Haushalt der Mutter nicht. Zu einer geeigneten Einrichtung am neuen Wohnort der nach der Inobhutnahme nach B.verzogenen Mutter sei nichts vorgetragen. Dem Vater seien die der Mutter entzogenen Teilbereiche der elterlichen Sorge ebenfalls zu entziehen, weil er entgegen der Empfehlung der Einrichtung, des zuständigen Jugendamts und der Verfahrensbeiständin nicht bereit sei, einen Verbleib A.s in der Einrichtung für zwei Jahre mitzutragen, sondern A. bereits nach einem Jahr zu sich holen wolle. Insoweit fehle ihm die Einsicht für A.s Bedürfnisse. Er sei es nicht gewohnt, A. groß zu ziehen und verfüge weder über geeigneten Wohnraum noch - nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin - über eine Frau, die stabilisierend wirken könne. Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 9.8.2010 zugestellten Beschluss, hat die Mutter mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 9.9.2010, beim Amtsgericht per Telefax eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt. Der Rechtsstreit ist dem Berichterstatter durch Beschluss des Senats vom 9.12.2010 als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. Im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4.1.2011 und in der persönlichen Anhörung der Beteiligten durch den Einzelrichter am 5.1.2011 hat die Beschwerdeführerin sich ebenso wie der Vater damit einverstanden erklärt, dass A. mindestens bis zu den Sommerferien 2011 im V.-Haus bleibt. Die Beschwerdeführerin strebt anschließend eine schrittweise Rückführung A.s in ihren Haushalt unter Inanspruchnahme ihr an ihrem Wohnort B. angebotener öffentlicher Hilfen an. Ihr nach der Inobhutnahme angebotene begleitete Umgangskontakte mit A. hat sie nicht wahrgenommen, sondern stattdessen auf einem unbegleiteten Umgang bestanden. Der Erstkontakt zwischen A. und seiner Mutter nach der Inobhutnahme erfolgte daher erst im Rahmen des Anhörungstermins am 5.1.2011. Zwischen A. und seinem Vater finden seit der Inobhutnahme hingegen regelmäßige Umgangskontakte statt. A. verbringt ein Wochenende je Monat von Freitag bis Sonntag und einen weiteren Sonntag im Monat im Haushalt des Vaters, der inzwischen nach mehreren Umzügen eine Zweizimmerwohnung in F. bewohnt. Die Herbst- und Weihnachtsferien hat A. mit seinem Vater verbracht. Dieser möchte A. spätestens zum neuen Schuljahr zu sich nach F. holen, damit A. dort eine Regelschule besuchen kann. Beide Eltern haben im Anhörungstermin am 5.1.2011 übereinstimmend erklärt, sie sähen sich trotz der derzeit bestehenden unterschiedlichen Auffassungen in der Lage, künftig gemeinsam über die Belange ihres Sohnes, insbesondere über seinen Aufenthalt, zu entscheiden. Umgangskontakte zwischen A. und seiner Mutter könnten im Haushalt des Vaters stattfinden. Die Verfahrensbeiständin und das zuständige Jugendamt befürworten eine Aufrechterhaltung des vom Amtsgericht angeordneten teilweisen Entzugs der elterlichen Sorge. Sie halten einen mindestens zweijährigen Aufenthalt A.s im V.-Haus für erforderlich, um die bei ihm zu beobachtenden Verhaltensauffälligkeiten abstellen zu können. Sie berufen sich insoweit auf den Inhalt des im Anschluss an die im V.-Haus im Jahr 2009 durchgeführte Diagnostik erstellten Berichts des Diplom-Psychologen L. M. vom 16.4.2010, Bl. 37 ff d.A. Sie äußern im Übrigen Zweifel an der Fähigkeit der Eltern, die Belange A.s gemeinsam zu regeln. A. ist durch den Einzelrichter im Beisein der Verfahrensbeiständin am 5.1.2011 ebenfalls persönlich angehört worden. Er wünscht sich nach Beendigung des Heimaufenthalts ein Wechsel in den Haushalt des Vaters mit regelmäßigen Besuchen der Mutter. II. Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Kindesmutter ist in der Sache begründet und führt zur Aufhebung des vom Amtsgericht angeordneten teilweisen Entzugs der elterlichen Sorge beider Kindeseltern sowie zum Absehen von der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge. Auch wenn nur die Kindesmutter gegen den teilweisen Entzug der elterlichen Sorge Beschwerde eingelegt hat, unterliegt die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts im Hinblick auf den auch im Beschwerdeverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG in vollem Umfang der Überprüfung durch das Beschwerdegericht. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es sich bei dem Entzug der elterlichen Sorge beider Elternteile um einen der Teilanfechtung unterliegenden teilbaren Verfahrensgegenstand handeln würde, läge eine solche Teilanfechtung im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor. Ziel der Beschwerde ist ausweislich der Ausführungen im Schriftsatz vom 4.11.2011 und in der persönlichen Anhörung am 5.11.2011 nämlich eindeutig eine Wiederherstellung der vollständigen gemeinsamen elterlichen Sorge der Eltern. Voraussetzung für den vom Amtsgericht angeordneten weitgehenden Entzug der Personensorge beider Eltern wäre eine anders - insbesondere durch öffentliche Hilfen - nicht abwendbare Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des betroffenen Kindes (§§ 1666 Abs. 1, 1666 a Abs. 1 BGB). Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des Kindeswohls wird § 1 Abs. 1 SGB VIII herangezogen, der das Recht jedes jungen Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit normiert und sich seinerseits an dem in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Ziel der Erziehung zu einem gesunden, zur Selbstbestimmung und - verantwortung fähigen Menschen orientiert (vgl. BVerfG, NJW 1968, 2233; Bauer in juris PK-BGB, 4. Aufl., 2008, § 1666 BGB, Rdnr. 31). Die Erziehung obliegt gemäß Artikel 6 Abs. 2 S. 1 GG zuvörderst den Eltern, deren Recht zur Pflege und Erziehung des Kindes dem Kindeswohl dient, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (BVerfG, FamRZ 2004, 354; FamRZ 2008, 492). Im Hinblick auf das durch Artikel 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Elternrecht ist der Staat im Rahmen des ihm durch Artikel 6 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG übertragenen Wächter- amts nicht dazu berufen, eine den Fähigkeiten und Interessen des Kindes optimal entsprechende Förderung sicherzustellen. Vielmehr kommt ein staatlicher Eingriff in das auch durch Artikel 8 EMRK geschützte Familienleben nur dann in Betracht, wenn die weitere Entwicklung des Kindes unter Berücksichtigung der milieubedingten Gegebenheiten als gefährdet anzusehen ist. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse der Eltern und deren Lebensführung rechnen dabei regelmäßig zum allgemeinen Lebensrisiko des Kindes (BVerfG, NJW 2010, 2333; OLG Hamm, FamRZ 2009, 1753; Palandt, BGB, Kommentar, 70. Aufl., 2011, § 1666 Rdnr. 18; Bauer, a.a.O., § 1666, Rdnr. 31 und 35). Eine ein staatliches Eingreifen rechtfertigende Gefährdung des Kindeswohls ist daher erst dann gegeben, wenn bei weiterer unbeeinflusster Entwicklung der vorliegenden Umstände der Eintritt eines Schadens oder die Verfestigung eines bereits eingetretenen Schadens im Sinne einer Störung der Entwicklung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist (BGH, FamRZ 1956, 350; OLG Hamm, FamRZ 2006, 359; Palandt, a.a.O., § 1666, Rdnr. 10; Bauer, a.a.O., § 1666, Rdnr. 36). Eine Störung der Entwicklung ist dabei anzunehmen, wenn die Entwicklung des Kindes von seiner unter Beachtung der milieubedingten Gegebenheiten als normal zu erwartenden Entwicklung nachhaltig zum Nachteil des Kindes abweicht, insbesondere also bei körperlicher oder emotionaler Vernachlässigung oder Verwahrlosung des Kindes, bei wiederholten körperlichen Übergriffen gegen das Kind oder bei Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, die Folge eines Erziehungsunvermögens der Eltern sind. Die bloße Möglichkeit des Eintritts entsprechender Entwicklungsstörungen im Falle eines nicht auszuschließenden Verhaltens der Eltern reicht für einen staatlichen Eingriff in die elterliche Sorge nicht aus. Vielmehr setzt ein solcher Eingriff das Bestehen einer konkreten, gegenwärtigen Gefährdungslage voraus, in welcher der Schadenseintritt - wie dargestellt - mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist (BGH, a.a.O.; BayObLG, DAVorm 1997, 509; OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 1557; Palandt, a.a.O., § 1666, Rdnr. 10; Bauer, a.a.O., § 1666, Rdnr. 36 und 40). Vor einer Trennung des Kindes von seiner Familie sind dabei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst alle zur Abwehr der Gefährdung in Betracht kommenden öffentlichen Hilfen auszuschöpfen 1666 a Abs. 1 S. 1 BGB). Es ist daher zunächst nach Möglichkeiten zu suchen, die Kindeswohlgefährdung durch helfende, unterstützende und auf die Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der leiblichen Eltern gerichtete Maßnahmen abzuwenden (BVerfG, FamRZ 2010, 713; BVerfGE 24, 119; 60,79). Im Falle einer Trennung des Kindes von seinen Eltern sind im Hinblick auf die auch durch Artikel 8 EMRK gebotene Achtung des Familienlebens geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um Eltern und Kind schnellstmöglich wieder zusammen zu führen (EuGHMR, FamRZ 2002, 1393; OLG Hamm, a.a.O.; Bauer a.a.O., § 1666, Rdnr. 32). Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist die Aufrechterhaltung des vom Amtsgericht angeordneten weitgehenden Entzugs der Personensorge der Kindeseltern im vorliegenden Fall schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil es in dem für die Beschwerdeentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt an einer gegenwärtigen Gefährdung des Kindeswohls fehlt. Beide Eltern sind inzwischen mit einem vorläufigen Verbleib des betroffenen Kindes in der Jugendhilfeeinrichtung V.-Haus bis mindestens zu den Sommerferien 2011 einverstanden. Die bloße Möglichkeit einer von der Einrichtung, dem zuständigen Jugendamt und der Verfahrensbeiständin abgelehnten anschließenden Herausnahme es Kindes aus der Einrichtung rechtfertigt einen vollständigen oder teilweisen Entzug der Personensorge zum gegenwärtigen Zeitpunkt, also ein gutes halbes Jahr vorher, nicht. Zum einen ist derzeit nicht absehbar, ob es im Sommer 2011 überhaupt zu einer Herausnahme des Kindes aus der Einrichtung kommen wird. Gegebenenfalls werden die Eltern untereinander oder mit gerichtlicher Hilfe zunächst einmal zu klären haben, bei welchem Elternteil A. anschließend leben soll. Möglicherweise lassen sie sich im Rahmen der Hilfeplangespräche auch davon überzeugen, dass ein längerer Verbleib des Kindes in der Einrichtung dessen Wohl am Besten entspricht. Zum anderen kann momentan nicht abgesehen werden, welche Entwicklung A. und seine Eltern bis zu den Sommerferien 2011 genommen haben werden, d.h. ob die im Sommer 2009 bei A. diagnostizierten Verhaltensauffälligkeiten dann überhaupt noch fortbestehen und ob diesen gegebenenfalls auch durch geeignete ambulanten Hilfen begegnet werden kann. Dass das Konzept des V.- Hauses auf einen zweijährigen stationären Aufenthalt des Kindes ausgerichtet ist, heißt nicht, dass ein solcher zur Abwehr einer Gefährdung des Kindeswohls auch zwingend erforderlich ist. § 166 Abs. 3 FamFG, der für den Fall des Absehens von der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung in einem angemessenen Zeitabstand, in der Regel nach drei Monaten vorschreibt, gibt dem Familiengericht hinreichende Möglichkeiten an die Hand, auf eine im Sommer 2011 möglicherweise bestehende Gefährdungslage reagieren zu können. Dabei wird das Bestehen einer konkreten Gefährdung des Kindeswohls gegebenenfalls durch die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens zu klären sein. Die vom Amtsgericht zur fehlenden Erziehungseignung der Eltern bisher getroffenen Feststellungen erschöpfen sich jedenfalls hinsichtlich der Erziehungseignung des Vaters in bloßen Vermutungen. Konkrete Einschränkungen seiner Erziehungseignung lassen sich weder dem angefochtenen Beschluss noch dem diesen zugrunde gelegten Diagnosebericht vom 16.4.2010 entnehmen. Die beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten des Kindes - eine Lernstörung, Lebensängste sowie eine überdurchschnittliche emotionale Labilität mit einer Tendenz zur Depression - werden in erster Linie dem Verhalten der Mutter und der hiervon ausgehenden Überforderung des Kindes zugeschrieben. Soweit es in dem Bericht heißt, der Vater zeige keine Bereitschaft, A. dauerhaft zu sich zu nehmen und gebe sich mit seiner Rolle als "Besuchs-Papa" zufrieden, ist diese Feststellung offensichtlich längst überholt. Vater und Sohn haben in Ihren Anhörungen sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem Beschwerdegericht durchgängig übereinstimmend bekundet, A. solle künftig beim Vater leben. Dort hat er auch die Herbst- und die Weihnachtsferien verbracht. Gewiss bestehen im Hinblick auf den bisher unsteten Lebenswandel und die weiterhin unklare Wohnsituation auch Zweifel an der Erziehungseignung des Vaters. Für einen vollständigen oder teilweisen Entzug der Personensorge reichen diese Zweifel ohne das Hinzutreten konkreter Gefährdungsmomente jedoch nicht aus, zumal unklar ist, ob und inwieweit der Vater im Falle eines Umzugs von A. in seinen Haushalt eine Unterstützung durch ambulante Hilfemaßnahmen zulassen würde. Soweit eine Rückkehr des Kindes in den Haushalt der Mutter im Sommer überhaupt noch zur Debatte stehen sollte, wäre ebenfalls zu prüfen, ob und inwieweit bestehenden Erziehungsdefiziten der Mutter durch geeignete öffentliche Hilfen begegnet werden könnte. Im Diagnosebericht vom 16.4.2010 heißt es hierzu, die Mutter sei ohne intensive Unterstützung und Anleitung von außen nicht in der Lage, einen angemessenen erzieherischen und entwicklungsfördernden Rahmen zu gewährleisten. Ob sie sich auf eine entsprechende Unterstützung einlassen würde, erscheint derzeit nicht absehbar. In diesem Zusammenhang wäre gegebenenfalls auch zu klären, ob und inwieweit eine therapeutische Behandlung der bei der Mutter beschriebenen psychischen Störungen erfolgt ist. Mangels einer konkreten, gegenwärtigen Gefährdung des Wohls des betroffenen Kindes ist von der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge derzeit abzusehen. Der Senat hegt die Hoffnung, dass das Absehen von Maßnahmen und die damit verbundene vollständige Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge beider Eltern zu einer Entspannung der offensichtlich vergifteten Atmosphäre zwischen den Kindeseltern oder zumindest der Kindesmutter und den weiteren an der Hilfeplanung beteiligten Institutionen beiträgt und dass das Wohl des betroffenen Kindes auf allen Seiten wieder in den Vordergrund rückt. Dies scheint jedenfalls bei der Frage der Regelung des von A. dringend gewünschten und benötigten Umgangs mit seiner Mutter, bei der beide Seiten stur auf ihren Standpunkten beharrten mit der Folge, dass überhaupt kein Umgang zustande kam, bisher nicht der Fall gewesen zu sein. Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG. Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde und die Aufhebung des vom Amtsgericht angeordneten teilweisen Entzugs der elterlichen Sorge ist insgesamt von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten ist nicht geboten, weil die Inobhutnahme auf Wunsch des Kindes erfolgte und weil im Zeitpunkt der Anrufung des Amtsgerichts durch das beteiligte Jugendamt durchaus Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls vorlagen. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung hat und weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist 70 Abs. 2 FamFG). Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG. Schmidt