OLG Frankfurt vom 23.08.2012 (4 UF 154/10)

Stichworte: elterliche Sorge, Entzug, Kindeswohlgefährdung, Bindung, Pflegeeltern; Kindeswohlgefährdung, Personensorge, Bindung, Pflegeeltern;
Normenkette: BGB 1666, 1666a, 1671; GG Art. 6;
Orientierungssatz: Zu den Voraussetzungen einer Aufhebung des Entzugs der Personensorge für ein Kind, das im Säuglingsalter in Obhut genommen worden ist und enge Bindungen zu seinen derzeitigen Pflegeeltern entwickelt hat.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf der Mutter vom 23.08.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 04.08.2010 am 23. August 2012 beschlossen:

Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert.

Der Mutter wird die elterliche Sorge für das betroffene Kind zur alleinigen Ausübung übertragen. Von der Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen in Bezug auf die elterliche Sorge wird abgesehen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Ihre im zweiten Rechtszug angefallenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung des Amtsgerichts.

Der Geschäftswert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf 6.000,- Euro.

Gründe:

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den teilweisen Entzug der elterlichen Sorge für das betroffene Kind B.

B. ist aus der mittlerweile rechtskräftig geschiedenen Ehe der Beteiligten zu 1 und 2 hervorgegangen. Er wurde am 8.7.2009 im Alter von vier Monaten gemeinsam mit seinen beiden älteren, aus einer vorherigen Beziehung der Mutter stammenden Halbschwestern C. und Ch. in Obhut genommen. Anlass für die Inobhutnahme waren fortgesetzte massive tätliche Übergriffe von B.s alkoholkrankem Vater gegenüber der Mutter über einen Zeitraum von annähernd einem Jahr, denen die nach eigenen Angaben unter Panikattacken leidende Mutter trotz Inanspruchnahme von sozialpädagogischer Familienhilfe und mehrfach bekundeter Trennungsabsicht keinen Einhalt gebieten konnte. Entgegen der von ihr erwirkten gerichtlichen Anordnung und entgegen späterer Absprachen im Rahmen der Hilfeplanung nahm sie ihren Ehemann immer wieder in die gemeinsam mit den Kindern bewohnte Ehewohnung auf, was regelmäßig erneute tätliche Übergriffe des Ehemanns und diesbezügliche Polizeieinsätze zur Folge hatte, die im Januar 2009 sogar zu einer vierwöchigen Untersuchungshaft des Ehemanns führten. Trotz sich anschließender erneuter Übergriffe und der Androhung einer Inobhutnahme der Kinder hielt sich der Vater im Juli 2009 wieder regelmäßig in der Ehewohnung auf, was schließlich zur Inobhutnahme führte.

Bei B.s Halbschwestern war es zu diesem Zeitpunkt in Folge der häuslichen Situation bereits zu erheblichen Verhaltensauffälligkeiten in der Schule bzw. im Kindergarten gekommen. Die Mutter selbst verfügt über einen Realschulabschluss, jedoch über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Im Zeitpunkt der Inobhutnahme der Kinder bezog die Familie Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II.

Das Amtsgericht entzog beiden Eltern auf entsprechenden Antrag des Jugendamts vom 10.7.2009 hin mit Beschluss vom selben Tage zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge und das Recht zur Beantragung von Hilfe zur Erziehung. Zur Pflegerin für die entzogenen Teilbereiche der elterlichen Sorge wurde, nachdem zunächst eine Amtspflegschaft eingerichtet worden und es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Amtspflegerin und dem Sozialdienst des Jugendamts gekommen war, schließlich die Beteiligte zu 5 als Berufspflegerin bestellt.

Nach der Inobhutnahme der Kinder erwirkte die Mutter gegen den Vater vor dem Amtsgericht zwar erneut eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz und begab sich in ambulante, ab September 2009 vorübergehend auch stationäre psychotherapeutische Behandlung im Klinikum H. Dennoch suchte sie offenbar auch weiterhin den Kontakt zu ihrem nun getrennt von ihr lebenden Ehemann. Am 27.10.2009 kam es zu einem erneuten Polizeieinsatz in der Wohnung des Ehemanns, nachdem es dort zu einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen beiden Eheleuten gekommen war. Im Rahmen ihrer fortgesetzten Kontakte zeugten die Eheleute den am 12.10.2010 geborenen Sohn D.. Die Schwangerschaft verheimlichte die Mutter zunächst sowohl gegenüber dem Jugendamt als auch gegenüber den vom Amtsgericht im Hauptsacheverfahren mit der Erstellung eines psychologischen Sachverständigengutachtens beauftragten Diplom-Psychologen L. M. und H. N.

B. befand sich bis zum 7.2.2011 in einer Bereitschaftspflegestelle in F. Er hatte dort bis Ende des Jahres 2010 zwei- bis dreimal wöchentlich Umgang mit seiner Mutter, weil zunächst eine Rückführung in deren Haushalt angedacht war. Die Mutter war Anfang des Jahres 2010 in die ehemalige Wohnung ihrer Mutter umgezogen; in dem Haus lebte damals auch der Vater der beiden Kinder C. und Ch.. Zwischen der von B. damals als "Mama" bezeichneten und angesehenen Bereitschaftspflegemutter und seiner Mutter entwickelte sich in diesem Zeitraum ein freundschaftliches Verhältnis. Umgangskontakte mit dem Vater gab es seit B.s Inobhutnahme nicht.

Die vom Amtsgericht beauftragten Sachverständigen kamen in ihrem schriftlichen Gutachten vom 12.4.2010, Bl. 347ff. der Akte, zu dem Ergebnis, die Erziehungsfähigkeit der Mutter sei wegen der bei ihr ärztlicherseits diagnostizierten Persönlichkeitsstörung mit Angstsymptomatik und der fehlenden Distanz zu ihrem gewalttätigen Ehemann eingeschränkt. Die Mutter sei aktuell nicht in der Lage, die grundlegenden Bedürfnisse des Kindes zu befriedigen, insbesondere den Schutz vor dem Miterleben von Übergriffen des alkoholkranken und gewalttätigen Vaters gegen die Mutter zu gewährleisten. Für eine Wiederherstellung der Erziehungsfähigkeit sei es aus gutachterlicher Sicht notwendig, dass sich die Mutter in eine vollstationäre intensive Behandlung ihrer Erkrankung begebe welche nicht in der näheren Umgebung Frankfurts erfolgen solle, damit die Mutter unabhängig von ihrem bisherigen Umfeld ihre eigenen Probleme und ihre psychischen Störungen behandeln könne. Wegen der bestehenden, erhaltenswerten positiven Bindung B.s an seine Mutter sei - abhängig von den Möglichkeiten der behandelnden Einrichtung - zu prüfen, wann B. in die Behandlung mit einbezogen werden könne, sofern dort sein Schutz und die Sicherstellung seiner grundlegenden Bedürfnisse gewährleistet seien. Mittelfristig erscheine auch eine therapeutische Bearbeitung der möglichen Traumatisierungsfolgen des Kindes notwendig, das sich während der diagnostischen Begutachtung allerdings weitgehend symptomfrei und altersgemäß entwickelt gezeigt habe. Für seine Zukunft brauche B. ein zugewandtes Beziehungsangebot, welches ihn dabei unterstütze, sein Beziehungsverhalten zu entwickeln und zum Tragen zu bringen. Dies erfordere eine Betreuung in einem strukturierten Alltagssetting und konsequentes, konsistentes und kontingentes Erziehungsverhalten mit altersgemäßen Lern- und Freizeitangeboten. Dem Vater sprachen die Gutachter im Hinblick auf seine unbehandelte Alkoholerkrankung und die damit einhergehenden Verluste der Impulskontrolle jegliche Erziehungseignung ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das in der Akte befindliche Gutachten Bezug genommen.

Im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht am 29.6.2010 erklärte die Mutter, sie habe auf Vermittlung des Klinikums H. Kontakt zur v. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in H. aufgenommen und werde sich dort im August 2010 vorstellen. Sie wolle sich dort in eine stationäre Therapie begeben und B. mit dorthin nehmen. Die im Anhörungstermin ebenfalls anwesenden Gutachter verwiesen auf den seit der Gutachtenerstellung ungenutzt verstrichenen Zeitraum und äußerten Zweifel an der Therapiemotivation und der Veränderungsbereitschaft der Mutter. Sie bekräftigten ihre Auffassung einer derzeit fehlenden Erziehungsfähigkeit der Mutter für B. im Bereich der Personensorge auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden Geburt eines weiteren Kindes. Auf die Sitzungsniederschrift vom 29.6.2010, Bl. 435ff. der Akte, wird Bezug genommen.

Mit Hauptsachebeschluss vom 4.8.2010, Bl. 445ff. der Akte, entzog das Amtsgericht dem Vater die elterliche Sorge vollständig, der Mutter nur die bereits durch einstweilige Anordnung entzogenen Teilbereiche Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge und Beantragung von Hilfe zur Erziehung. Zur Berufspflegerin bestellte es die bereits auf Grund der einstweiligen Anordnung als Pflegerin eingesetzte Beteiligte zu 5. Zur Begründung seiner Entscheidung stützte sich das Amtsgericht im Wesentlichen auf die Einschätzung der von ihm beauftragten Sachverständigen und führte aus, eine Rückführung des Kindes in eine Beziehungssituation, deren Bestandteil der Vater wäre, sei wegen der weiterhin zu erwartenden Impulsdurchbrüche des alkoholkranken Vaters mit einer Gefährdung des Kindeswohls verbunden. Wie die Vergangenheit gezeigt habe, sei die Mutter krankheitsbedingt nicht in der Lage, die nötige Distanz zum Vater zu halten und ihre Beziehungsgestaltung an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten.

Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 18.8.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 25.8.2010 beim Oberlandesgericht eingegangene Beschwerde der Mutter, mit welcher diese sich gegen den teilweisen Entzug ihrer elterlichen Sorge wendet. Sie trägt vor, sie habe sich nun endgültig von B.s Vater getrennt und die Scheidung der Ehe beantragt. Sie sei bereit, sich in vollstationäre Therapie in Henheim zu begeben und habe entsprechende Schritte eingeleitet.

Tatsächlich verzögerte sich die Aufnahme in die Klinik in H., weil sich die Mutter seit 30.8.2010 wegen vorzeitiger Wehen in stationärer gynäkologischer Behandlung im Klinikum H. befand. Dort wurde sie jedoch auch von der psychiatrischen Abteilung des Klinikums betreut. Nach der Entbindung des Sohnes D. am 12.10.2010 begab sie sich dann mit D. am 3.11.2010 aus dem Klinikum H. in die v. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in H. und wurde dort mit dem Auftrag behandelt, ihre Psyche so zu stabilisieren, dass sie mit dem Kind D. zusammenleben kann. Auf den Entlassungsbericht der Klinik vom 23.5.2011, Bl. 680ff. der Akte, wird Bezug genommen. Dort heißt es unter anderem, unter beschützenden Bedingungen sei von einer ausreichenden Erziehungsfähigkeit der Mutter in Bezug auf D. auszugehen. Ausgehend von ihren aktuellen Fähigkeiten werde ihr zugetraut, dass ihr auch die Erziehung von B. unter den aufgeführten Bedingungen gelingt.

Am 8.3.2011 wechselte die Mutter mit D. aus H. in eine Mutter-Kind-Einrichtung des o. e.V. in H. und nahm von dort aus ambulante psychotherapeutische Behandlung im Rahmen einer weiterhin in Anspruch genommenen Gruntherapie in Anspruch. D. besucht eine Kindertagesstätte. Die Mutter hat nach einem mehrwöchigen Praktikum in den H.er Werkstätten für Behinderte im April 2012 auf Drängen des Jugendamts eine zweijährige Ausbildung zur Arbeitserzieherin aufgenommen, an welche sich im Falle eines erfolgreichen Abschlusses noch ein Anerkennungsjahr anschließen würde. Seitens der Einrichtung gibt es keine Hinweise auf fortgesetzte Kontakte der Mutter zu ihrem seit 2011 von ihr geschiedenen Ehemann. Dieser war zwischenzeitlich in den Harz verzogen, ist mittlerweile aber wieder in F. gemeldet.

Die elterliche Sorge für B.s Halbschwestern ist durch Beschluss des Senats vom 16.12.2011, Aktenzeichen 4 UF 158/10, dem Vater der beiden Mädchen zur alleinigen Ausübung übertragen worden. Dabei ist offen gelassen worden, ob eine elterliche Sorge der Mutter mit einer Gefährdung des Kindeswohls verbunden wäre. Umgangskontakte zwischen der Mutter und der bei ihrem Vater lebenden Tochter Ch. und der in einer Einrichtung lebenden Tochter C. finden statt.

Die der Mutter teilweise entzogene elterliche Sorge für D. ist ihr durch Beschluss des Senats vom 21.6.2012, Aktenzeichen 4 UF 35/12, zur alleinigen Ausübung übertragen worden. Die gewährte Hilfe zur Erziehung in der Einrichtung würde wegen der positiven Entwicklung der Mutter seitens der Einrichtung nur fortgeführt, wenn B. zu seiner Mutter zurückkehrt.

Für die Mutter wird in der Einrichtung bis zum 31.8.2012 eine Zwei-Zimmer-Wohnung freigehalten, in welcher sie auch B. aufnehmen könnte. Neben einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung der Mutter würde die Einrichtung auch eine qualifizierte Betreuung des Kindes durch ein Team aus Ärzten, Psychologen und Pädagogen gewährleisten. Für B. ist bis zum 4.9.2012 ein Ganztagskindergartenplatz reserviert. Die Mutter könnte ihre Ausbildung unterbrechen, wenn es im Falle einer Rückführung des Kindes zu ihr zu Problemen und einem sich daraus ergebenden erhöhten Betreuungsbedarf kommen würde. Wegen des Konzepts der Einrichtung in H. wird auf deren Schreiben vom 14.3.2011, Bl. 582ff. der Akte, und den Vermerk vom 28.3.2011, Bl. 600 der Akte, verwiesen.

Für B. wurde im Anschluss an die Entscheidung des Amtsgerichts eine Dauerpflegestelle gesucht. Im Hinblick auf den bevorstehenden Wechsel von der Bereitschaftspflege in die Dauerpflege wurden die Umgangskontakte zur Mutter zunächst verringert und ab Weihnachten 2011 vorübergehend ganz ausgesetzt. Seit 7.2.2011 wohnt B. bei dem Beteiligten zu 4. Pflegeeltern sind die in Lebenspartnerschaft lebenden Beteiligten zu 3 und 4. Der Beteiligte zu 3 lebt und arbeitet von Montag bis Freitag in K. In dem Haushalt wohnt außerdem ein siebenjähriger Pflegebruder. Auf den Wechsel von der Bereitschaftspflege in die Dauerpflege reagierte B. zunächst mit körperlichen Erkrankungen wie Ohrentzündung, Durchfall und Fieber. Seine Pflegeväter berichteten außerdem über erhebliche Ein- und Durchschlafprobleme sowie Wutanfälle. Sie stellten B. daher erneut der Frühförderstelle am Hauptbahnhof in F. vor, auf deren Bericht vom 13.5.2011, Bl. 689ff. der Akte, Bezug genommen wird. Die zuständige Psychologin berichtet darin über eine positive Entwicklung des Kindes und eine sich anbahnende Bindung zum Pflegevater, dem Beteiligten zu 4. Seit Mai 2011 besuchte B. viermal wöchentlich für je drei Stunden den "Minikindergarten F.". Von Seiten dieser Einrichtung wird ebenfalls berichtet, dass sich B. nach anfänglichen Schwierigkeiten durch intensive Beziehungsarbeit und klare Strukturen sehr stabilisiert hat. Er zeige sehr gutes Sozialverhalten, könne mit Frustration umgehen, Grenzen akzeptieren, habe ein gutes Vertrauensverhältnis zu seiner Bezugsperson im Kindergarten entwickelt und könne Freundschaften mit Gleichaltrigen schließen. In seiner Beziehung zum Pflegevater und zum Pflegebruder sei mittlerweile eine stark vertiefte Bindung zu erkennen. Auf die schriftliche Stellungnahme vom 22.5.2012, Bl. 1044 der Akte, wird Bezug genommen. Nach den Sommerferien 2012 ist für B. ein Kindergartenplatz in der Nähe der Wohnung des Beteiligten zu 4 reserviert. Der vorübergehend ausgesetzte Umgang B.s mit seiner Mutter erfolgt seit dem Wechsel B.s in die Dauerpflege nur noch in Abständen von vier Wochen im Rahmen begleiteter zweistündiger Umgänge in den Räumen des Jugendamts.

Das Verfahren ist durch Senatsbeschluss vom 3.11.2010 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung übertragen worden. Der vorbereitende Einzelrichter hat die Beteiligten am 2.3.2011 angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 566 der Akte, verwiesen. Im Zeitpunkt der Anhörung war noch unklar, ob für B. in der Mutter-Kind-Einrichtung in H. überhaupt ein Platz zur Verfügung steht. Nachdem sich im weiteren Verlauf des Verfahrens herausgestellt hatte, dass die Einrichtung über ausreichende räumliche und personelle Kapazitäten für eine Aufnahme B.s verfügt, ist für den 25.5.2012 ein Termin zur Anhörung der Beteiligten durch den Senat anberaumt worden. Auch insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 693ff. der Akte, Bezug genommen. Jugendamt, Verfahrensbeiständin und Pflegerin haben sich einem Wechsel B.s in die Mutter-Kind-Einrichtung widersetzt und die behaupteten Therapieerfolge der Mutter angezweifelt. Im Hinblick auf die sich anbahnende Bindung des Kindes zu seinen Pflegevätern haben sie außerdem die Befürchtung geäußert, im Falle eines Wechsels zur Mutter und eines damit verbundenen erneuten Beziehungsabbruchs sei eine weitere Traumatisierung des Kindes zu befürchten. Ohnehin sei B. sehr lärmempfindlich, solle in H. aber in einer naturgemäß lauten Einrichtung mit elf Müttern und deren Kindern leben. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die mit der Betreuung D.s ausgelastete Mutter ihm die nötige Aufmerksamkeit und Geborgenheit schenken könne.

Im Anhörungstermin am 25.5.2011 ist eine dahingehende einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits ins Auge gefasst worden, dass die Mutter ihre Beschwerde zurücknimmt und dem Kind den Aufbau von Bindungen zu seinen Pflegeeltern gestattet und dass im Gegenzug die Umgangskontakte zwischen Mutter und Kind mit dem langfristigen Ziel einer Rückführung des Kindes zur Mutter nach erfolgter Abklärung ihrer Perspektiven im Anschluss an den Aufenthalt in der Einrichtung ausgeweitet werden. Zu einer endgültigen Erledigung des Beschwerdeverfahrens ist es nicht gekommen, weil sich die Vertreterinnen des Jugendamts und die Ergänzungspflegerin ohne vorherige Rücksprache mit dem Pflegekinderdienst des Jugendamts und den damals noch nicht am Verfahren beteiligten Pflegeeltern nicht zu einer entsprechenden Zusicherung in der Lage sahen. Nachdem der Pflegekinderdienst mit Schreiben vom 26.6.2011 eine Ausweitung der Umgangskontakte zunächst abgelehnt hatte, hat er mit Schreiben vom 7.7.2011 schließlich einer mit den Pflegeeltern abgesprochenen Ausweitung der Umgangskontakte auf je zwei Stunden im dreiwöchentlichen Rhythmus ab Oktober 2011 zugestimmt. Nachdem das Jugendamt der Tante der Mutter in einem Schreiben vom 16.6.2011 mitgeteilt hatte, eine Rückführung B.s sei der Mutter seitens des Jugendamts nie in Aussicht gestellt worden, und nachdem es Irritationen hinsichtlich der Bereitschaft der Pflegeeltern zur Fortführung des Pflegeverhältnisses im Falle einer geplanten Rückführung des Kindes zur Mutter gegeben hatte, hat dann jedoch die Mutter ihre Zustimmung zu der ursprünglich angedachten Lösung verweigert. Auch im Rahmen einer für den 2.11.2011 anberaumten weiteren Anhörung der Beteiligten durch den vorbereitenden Einzelrichter, an welcher erstmals auch die nunmehr förmlich als Beteiligte hinzugezogenen Pflegeeltern teilgenommen haben, konnte keine einvernehmliche Regelung gefunden werden. Auf die Sitzungsniederschrift vom 2.11.2011, Bl. 808f. der Akte, und den über die Anhörung gefertigten Vermerk des vorbereitenden Einzelrichters, Bl. 814ff. der Akte, wird Bezug genommen.

Der Senat hat daraufhin ein schriftliches Sachverständigengutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychotherapie, somatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. emer. F. P. zu folgenden Beweisfragen eingeholt:

* Bestehen die im Gutachten der Sachverständigen M. und N. vom 12.4.2010, Bl. 347ff. der Akte, beschriebenen Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter trotz der zwischenzeitlichen Trennung und Scheidung von ihrem Ehemann, trotz der zwischenzeitlichen Aufnahme in eine Mutter-Kind-Einrichtung und trotz der zwischenzeitlichen stationären psychiatrischen Behandlung in einer psychiatrischen Klinik in Henheim und der anschließend zumindest angekündigten Inanspruchnahme ambulanter Psychotherapie fort, und falls ja, in welchem Umfang?

* Wäre die Kindesmutter trotz gegebenenfalls fortbestehender Einschränkungen ihrer Erziehungsfähigkeit und trotz der Betreuung ihres am 12.10.2010 geborenen Sohns D. unter Zuhilfenahme des Angebots der Mutter-Kind-Einrichtung und etwaiger späterer Hilfen in der Lage, die Bedürfnisse ihres Sohnes B. im Falle einer Rückübertragung der ihr entzogenen Bereiche der elterlichen Sorge so zu befriedigen, dass nicht mit einer langfristigen Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes gerechnet werden müsste? Falls ja: Welche Hilfen müssten in Anspruch genommen werden?

* Lassen die von B. erlebten Beziehungsabbrüche und die von ihm mittlerweile eingegangen Bindungen in näherer Zukunft überhaupt einen Wechsel in die Obhut seiner Mutter zu, ohne dass damit langfristige Schädigungen seines körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls verbunden wären? Wie wäre ein Obhutswechsel zu gestalten, der das Wohl des Kindes nicht gefährdet?

Auf das Gutachten vom 3.5.2012, Bl. 861ff. der Akte, wird Bezug genommen. Der Sachverständige stellt darin eine zwischenzeitliche psychische Gesundung der Mutter fest und schlägt eine Rückführung des Kindes zu seiner Mutter vor. Eine Schädigung der Entwicklung und des Wohls des Kindes sei dadurch nicht zu erwarten. Da eine längerzeitige Angewöhnungsphase von den Pflegeeltern wegen der räumlichen Entfernung zum Wohnort der Mutter und wegen des weiteren Pflegekindes nicht zu leisten sei, sei ein schneller Wechsel vorzuziehen. Damit verbundene Irritationen des Kindes könne die Mutter mit Unterstützung der Einrichtung auffangen.

Der Sachverständige hat sein Gutachten im Anhörungstermin des Senats am 14.6.2012 mündlich erläutert und dabei im Wesentlichen ausgeführt, sowohl die Situation in B.s Pflegestellen und die dort von ihm eingegangenen Bindungen als auch die Situation bei der Mutter seien so stabil, dass damit gerechnet werden kann, dass sich die für B. mit einer Trennung von seinen Pflegeeltern verbundenen Irritationen nach einigen Wochen beruhigen und dass langfristig nicht mit einer Schädigung des Kindes zu rechnen ist. Eine Schädigung wäre nur bei länger andauernden deprivierenden Situationen zu befürchten. Solche seien hier mit Ausnahme der ersten vier Lebensmonate des Kindes aber nicht zu erkennen. Nach der Inobhutnahme habe B. in stabilen Beziehungen zur Bereitschaftspflegemutter und später zu seinen Pflegeeltern gelebt und dort stabile Bindungen aufgebaut und könne nun in eine ebenso stabile Situation zur Mutter wechseln. Die im Falle einer Rückkehr B.s zur Mutter auf weitere drei Jahre und anschließende Hilfen bei der Verselbständigung angelegte Hilfe in der Einrichtung in H. schaffe äußerst günstige Bedingungen für eine Rückkehr des Kindes. Auf die Sitzungsniederschrift vom 14.6.2012, Bl. 977ff. der Akte, und den über die Anhörung gefertigten Vermerk der Vorsitzenden des Senats, Bl. 985ff. der Akte, wird Bezug genommen.

Der Senat hat sich am 25.7.2012 in der Wohnung des Beteiligten zu 4 im Beisein der Verfahrenspflegerin, der Pflegeeltern und des Pflegebruders einen persönlichen Eindruck von dem betroffenen Kind verschafft. Auf den hierüber gefertigten Vermerk des Berichterstatters des Senats, Bl. 1072f. der Akte, wird Bezug genommen.

Die Mutter strebt mit ihrer Beschwerde eine vollständige Übertragung der Alleinsorge unter Aufhebung des teilweisen Entzugs ihrer elterlichen Sorge an. Sie beabsichtigt, B. bei sich aufzunehmen und hat angekündigt, die Beziehung B.s zu seinen Pflegeeltern im Rahmen von Umgangskontakten aufrecht zu erhalten.

Der Vater hat der Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter zugestimmt.

Pflegeeltern, Jugendamt, Verfahrenspflegerin und Ergänzungspflegerin treten der Beschwerde entgegen. Sie äußern die Befürchtung, ein erneuter Abbruch der von B. eingegangenen Bindungen führe wegen der bereits erlebten Bindungsabbrüche zu einer langfristigen Schädigung seiner Entwicklung, insbesondere seiner Bindungsfähigkeit. Der Sachverständige, der B. nur im Rahmen einer gut einstündigen Interaktion mit der Mutter beobachtet habe, habe die psychische Verfassung des Kindes und die sich daraus ergebenden Folgen einer Trennung von den Pflegeeltern nicht ausreichend untersucht. Eine Interaktionsbeobachtung mit beiden Kindern sei unterblieben. Es sei weiterhin zu befürchten, dass die mit der Erziehung von B.s kleinem Bruder und ihrer eigenen Ausbildung belastete Mutter den Bedürfnissen des durch eine erneute Trennung von seinen Hauptbezugspersonen belasteten Kindes B. nicht gerecht werden kann. Die vom Sachverständigen selbst festgestellten Auffälligkeiten des Kindes in den Bereichen Rückzugsverhalten, Schlafprobleme, reaktives emotionales und ositionelles Verhalten seien im Zusammenhang mit der empfohlenen Rückführung des Kindes zur Mutter nicht thematisiert worden. Die wissenschaftlich erwiesenen Risiken wiederholter Beziehungsabbrüche in den für die Entwicklung der Bindungsfähigkeit besonders sensiblen ersten drei Lebensjahren habe der Sachverständige ebenfalls nicht hinreichend gewürdigt. Es stelle sich die Frage, ob die von ihm vertretene Position dem aktuellen Forschungsstand entspreche. Die Pflegeeltern und das Jugendamt regen eine erneute Begutachtung des Kindes an. Auf die nach den Anhörungen vom 14.6. und 25.7.2012 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten wird Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 3 hat mit E-Mail vom 20.7.2012 über den gemeinsamen Urlaub der Pflegefamilie und die bei B. weiterhin zu beobachtenden Wutanfälle und Schlafstörungen berichtet. Auf den Ausdruck der E-Mail, Bl. 1055f. der Akte, wird ebenfalls Bezug genommen.

II.

Auf das vor dem 1.9.2009 eingeleitete Verfahren findet noch das bis zum 31.8.2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG).

Die danach zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Der Mutter und Beschwerdeführerin ist auf ihren Antrag hin mit Zustimmung des Vaters die Alleinsorge für das betroffene Kind zu übertragen. Der Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter steht nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Senats keine damit verbundene Gefährdung des Kindeswohls entgegen, welche eine abweichende Regelung der elterlichen Sorge im Rahmen eines staatlichen Eingriffs in das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht erfordern würde (§ 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB in Verbindung mit §§ 1666 Abs. 1 BGB).

Voraussetzung für eine Aufrechterhaltung des vom Amtsgericht - nach den damaligen Umständen zu Recht - angeordneten weitgehenden Entzugs der Personensorge und der damit verbundenen Trennung des Kindes von seiner Mutter, wäre eine anders - insbesondere durch öffentliche Hilfen - nicht abwendbare Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des betroffenen Kindes (§§ 1666 Abs. 1, 1666 a Abs. 1 BGB).

Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des Kindeswohls wird § 1 Abs. 1 SGB VIII herangezogen, der das Recht jedes jungen Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit normiert und sich seinerseits an dem in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Ziel der Erziehung zu einem gesunden, zur Selbstbestimmung und - verantwortung fähigen Menschen orientiert (vgl. BVerfG, NJW 1968, 2233; Bauer in jurisPK-BGB, 4. Aufl., 2008, § 1666 BGB, Rdnr. 31). Die Erziehung obliegt gemäß Artikel 6 Abs. 2 S. 1 GG zuvörderst den Eltern, deren Recht zur Pflege und Erziehung des Kindes grundsätzlich dem Kindeswohl dient, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (BVerfG, FamRZ, 2004, 354; FamRZ 2008, 492).

Im Hinblick auf das durch Artikel 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Elternrecht ist der Staat im Rahmen des ihm durch Artikel 6 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG übertragenen Wächteramts nicht dazu berufen, eine den Fähigkeiten, Interessen und Bindungen des Kindes optimal entsprechende Förderung sicherzustellen. Vielmehr kommen ein staatlicher Eingriff oder die Aufrechterhaltung eines staatlichen Eingriffs in das auch durch Artikel 8 EMRK geschützte Familienleben nur dann in Betracht, wenn die weitere Entwicklung des Kindes unter Berücksichtigung der milieubedingten Gegebenheiten als gefährdet anzusehen ist. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse der Eltern und deren Lebensführung rechnen dabei regelmäßig zum allgemeinen Lebensrisiko des Kindes (BVerfG, NJW 2010, 2333; OLG Hamm, FamRZ 2009, 1753; Palandt, BGB, Kommentar, 70. Aufl., 2011, § 1666, Rdnr. 18; Bauer, a.a.O., § 1666, Rdnr. 31 und 35). Eine ein staatliches Eingreifen rechtfertigende Gefährdung des Kindeswohls ist daher erst dann gegeben, wenn bei weiterer unbeeinflusster Entwicklung der vorliegenden Umstände der Eintritt eines Schadens oder die Verfestigung eines bereits eingetretenen Schadens im Sinne einer Störung der Entwicklung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist (BGH, FamRZ 1956, 350; OLG Hamm, FamRZ 2006, 359; Palandt, a.a.O., § 1666, Rdnr. 10; Bauer, a.a.O., § 1666, Rdnr. 36). Eine Störung der Entwicklung ist anzunehmen, wenn die Entwicklung des Kindes von seiner unter Beachtung der milieubedingten Gegebenheiten als normal zu erwartenden Entwicklung nachhaltig zum Nachteil des Kindes abweicht, insbesondere also bei körperlicher oder emotionaler Vernachlässigung oder Verwahrlosung des Kindes, bei wiederholten körperlichen Übergriffen gegen das Kind oder in Gegenwart des Kindes oder bei Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, die Folge eines Erziehungsunvermögens der Eltern sind oder jedenfalls einen Förderbedarf begründen, den die Eltern auch mit Unterstützung öffentlicher Hilfen nicht zu leisten vermögen.

Vor einer Trennung des Kindes von seiner Familie sind dabei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst alle zur Abwehr der Gefährdung in Betracht kommenden öffentlichen Hilfen auszuschöpfen. Es ist daher zunächst nach Möglichkeiten zu suchen, die Kindeswohlgefährdung durch helfende, unterstützende und auf die Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der leiblichen Eltern gerichtete Maßnahmen abzuwenden (BVerfG, FamRZ 2010, 713; BVerfGE 24, 119; 60, 79). Im Falle einer Trennung des Kindes von seinen Eltern sind geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um Eltern und Kind schnellstmöglich wieder zusammenzuführen (EuGHMR, FamRZ 2002, 1393; Bauer, a.a.O., § 1666, Rdnr. 32).

Allerdings gebietet es das Kindeswohl, bei der Prüfung der Aufrechterhaltung einer bereits vollzogenen Trennung des Kindes von seinen Eltern auch die neu gewachsenen Bindungen des Kindes zu seinen Pflegepersonen zu berücksichtigen. Eine mit einer Herausnahme des Kindes aus seiner Pflegefamilie verbundene Aufhebung bereits ergriffener sorgerechtlicher Maßnahmen kommt nur in Betracht, wenn die körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen des Kindes als Folge der Trennung von seinen bisherigen Bezugspersonen unter Berücksichtigung der Grundrechtsposition des Kindes als einem Menschen mit eigener Menschenwürde und eigenem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit noch hinnehmbar erscheinen. Im Hinblick auf die Bedeutung des Elternrechts und der diesem zu Grunde liegenden Annahme, dass im Regelfall die Eltern des Kindes am Besten geeignet sind, diesem eine am Kindeswohl orientierte Betreuung und Erziehung zu gewährleisten, darf die mit der Trennung von seiner Pflegefamilie regelmäßig einher gehende psychische Belastung des Kindes jedoch nicht dazu führen, dass eine Rückführung des Kindes immer schon dann ausgeschlossen ist, wenn das Kind in der Pflegefamilie seine "sozialen" Eltern gefunden hat. Vielmehr ist die Risikogrenze hinsichtlich der - naturgemäß mit Unsicherheiten behafteten Prognose möglicher Beeinträchtigungen des Kindes - erst dann überschritten, wenn im Einzelfall mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen ist, dass die Trennung des Kindes von seinen Pflegeeltern nachhaltige psychische oder physische Schädigungen nach sich ziehen kann (vgl. BVerfG, FamRZ 2010, 865 = NJW 2010, 2336).

Unter Zugrundelegung vorstehend dargelegter Kriterien kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausübung der Alleinsorge durch die Mutter und die von ihr beabsichtigte Rückführung B.s in ihren Haushalt mit einer nicht mehr hinzunehmenden Gefährdung des Kindeswohls verbunden sind. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Senats besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Trennung des Kindes von seiner Pflegefamilie und eine Rückkehr zur Mutter zu nachhaltigen seelischen oder körperlichen Schädigungen des Kindes führen.

An der grundsätzlichen Erziehungseignung der Mutter können auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P., der Angaben der Einrichtung und des vom Senat im Rahmen der persönlichen Anhörungen gewonnenen Eindrucks keine ernsthaften Zweifel mehr bestehen. Die Mutter hat die im erstinstanzlich eingeholten Gutachten an sie gestellten Forderungen im Laufe des Beschwerdeverfahrens erfüllt. Sie hat nicht nur die Trennung und Scheidung von ihrem alkoholkranken und gewalttätigen Ehemann herbeigeführt, sondern sich in sicherer Entfernung von ihrem bisherigen Umfeld zunächst in stationäre psychotherapeutische Behandlung und dann in eine Mutter-Kind-Einrichtung begeben. Dort hat sie die begonnene Therapie ambulant fortgeführt und mit dem Beginn einer Ausbildung erste ernsthafte Schritte in Richtung eines künftig eigenverantwortlichen Lebens unternommen. Erneute Kontakte zu ihrem geschiedenen Ehemann oder die Aufnahme von Beziehungen mit einem ähnlichen Beziehungsmuster wie in der geschiedenen Ehe sind nicht bekannt geworden. Auf Grund der insoweit überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P. in seinem schriftlichen Gutachten muss davon ausgegangen werden, dass die von der Mutter in Anspruch genommene therapeutische Behandlung zu einer dahingehenden psychischen Stabilisierung geführt hat, dass sich die dem Gutachten der Sachverständigen M. und N. zu Grunde gelegten psychischem Erkrankungen nicht mehr feststellen lassen. Eine krankhafte Persönlichkeitsstörung oder sonst irgendwelche psychischen Erkrankungen seien nicht zu erkennen, im Gegenteil: die Mutter zeige als Folge ihrer therapeutischen Behandlung keine psychischen Auffälligkeiten mehr. Die. diesbezüglichen Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P. werden untermauert von den Berichten der Einrichtung in H., in denen die Mutter ausnahmslos als kooperativ, fürsorglich und feinfühlig beschrieben wird, weshalb in Bezug auf das bereits bei ihr befindliche Kind D. auch keine Veranlassung mehr besteht, die begonnene Hilfemaßnahme in einem stationären Rahmen fortzusetzen. Etwaige Meinungsverschiedenheiten mit dem Jugendamt betreffend die Teilnahme an Ferienfreizeiten oder den Beginn der Ausbildung vermögen an diesem Eindruck nichts zu ändern.

Der Senat sieht auch keine Veranlassung, von einer Erziehungseignung lediglich in Bezug auf das bereits bei der Mutter lebende Kind D. auszugehen. Sowohl die Sachverständigen M. und N. als auch der Sachverständige Prof. Dr. P. beschreiben den Umgang der Mutter mit B. ebenfalls als unverkrampft, fürsorglich und feinfühlig. Sie könne gut auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen und es altersgemäß einleiten. Entsprechendes gilt gemäß der Feststellungen der Sachverständigen M. und N. und der Berichte der Einrichtung für den Umgang mit dem Kind D. Soweit die Sachverständigen M. und N. von einer Überforderung der Mutter in der Interaktion mit B. und seinen beiden Halbschwestern berichten, lassen sich hieraus keine Rückschlüsse auf eine generelle Überforderung der Mutter im Umgang mit mehr als einem Kind ziehen. Wie sich dem Gutachten vom 12.4.2010 eindeutig entnehmen lässt, ist die von den Sachverständigen beobachtete Überforderung Folge des respektlosen und übergriffigen Verhaltens der zu diesem Zeitpunkt massiv verhaltensauffälligen Tochter C., der die Mutter im Rahmen der Interaktionsbeobachtung keine Grenzen setzen konnte. Dass mit der Betreuung des allseits als unauffällig und altersgemäß entwickelt beschriebenen Kindes D. eine ähnliche Überforderung einher gehen könnte, welche die Fähigkeit zur Erziehung des Kindes B. beeinträchtigen könnte, ist trotz der nach einer Trennung B.s von den Pflegeeltern zu erwartenden Schwierigkeiten nicht ersichtlich. Die Mutter hat - anders als noch im Zeitpunkt der Begutachtung im ersten Rechtszug - ihre Psyche im Rahmen einer Therapie stabilisiert und verfügt in der Einrichtung in H. über ein rund um die Uhr zur Verfügung stehendes Netz an Ärzten, Psychologen und Pädagogen, die sie bei der Bewältigung etwaiger Probleme im Umgang mit B. unterstützen können.

Auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen, des von der Mutter gewonnenen Eindrucks und des Verhaltens der Mutter seit der Entscheidung des Amtsgerichts geht der Senat mittlerweile auch davon aus, dass bei der Mutter eine ernsthafte Bereitschaft zur Inanspruchnahme der ihr angebotenen Hilfen besteht. Dass sie mit ihrem Ausbildungsbetrieb entgegen der eigentlichen Hilfeplanung vereinbart hat, dass sie die Ausbildung unterbrechen kann, wenn es im Falle einer Rückführung des Kindes zu ihr Probleme mit dem Kind gibt, steht dieser Annahme nicht entgegen. Solange damit kein Abbruch der Ausbildung verbunden ist, zeugt die Vereinbarung mit dem Ausbildungsbetrieb eher von berechtigter Sorge um das Wohlergehen des Kindes als von fehlender Bereitschaft zur Inanspruchnahme der angebotenen Hilfen. Kehrt B. zur Mutter zurück, wird ohnehin ein neuer Hilfeplan zu erarbeiten sein, in dessen Rahmen dann auch die Frage einer etwaigen Unterbrechung der Ausbildung zu klären sein wird. Seitens der Mutter stehen dem Aufbau einer sicheren Bindung zu B. und einer anschließenden Loslösung von der Einrichtung derzeit jedenfalls keine erkennbaren Hindernisse im Weg.

Zweifel an der Kindeswohlverträglichkeit einer Ausübung der Alleinsorge durch die Mutter und einer damit einher gehenden Rückkehr des Kindes zur Mutter sind allein in der Person des Kindes begründet. Auch wenn die hinsichtlich der Folgen einer Trennung des Kindes von seinen Pflegeeltern anzustellende Prognose naturgemäß mit gewissen Unsicherheiten behaftet ist, sind die Zweifel unter Zugrundelegung der oben genannten Grundsätze allerdings nicht groß genug, um eine Aufrechterhaltung des teilweisen Entzugs der Personensorge der Mutter zu rechtfertigen. Von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit nachhaltiger psychischer oder physischer Schäden im Falle der von der Mutter beabsichtigten Trennung des Kindes von seiner Pflegefamilie kann nicht ausgegangen werden.

Der Senat ist sich dabei durchaus bewusst, dass auch im Falle einer Trennung B.s von seiner Pflegefamilie wie schon bei der Trennung von der Bereitschaftspflegemutter mit heftigen körperlichen Reaktionen des Kindes als Folge der für ihn mit der Trennung von seinen Bezugspersonen zwangsläufig einher gehenden psychischen Belastung zu rechnen sein wird. Entsprechende Reaktionen erachtet der Senat für das Kind vor dem Hintergrund der Bedeutung des Elternrechts und des Schutzes des Familienlebens aber als gerade noch hinnehmbar, weil derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie langfristige Schädigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens des Kindes nach sich ziehen. Vielmehr stellen sich die psychische Verfassung sowohl der Mutter als auch des Kindes inzwischen als so stabil dar, dass eine Rückkehr des Kindes zu seiner Mutter auch gegenüber dem Kind verantwortbar erscheint, weil damit gerechnet werden kann, dass das Kind den Schmerz der Trennung von seiner Pflegefamilie ohne nachhaltige Schäden verkraften wird.

Der Senat stützt seine diesbezügliche Überzeugung maßgeblich auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. P. und den von B. im Rahmen der persönlichen Anhörung in der Pflegefamilie gewonnenen Eindruck. Der Kritik des Jugendamts, der Pflegeeltern, der Verfahrensbeiständin und der Ergänzungspflegerin am Sachverständigen schließt sich der Senat dabei insoweit an, als sich dem vom Sachverständigen erstellten schriftlichen Gutachten tatsächlich nicht entnehmen lässt, mit welchen Reaktionen des Kindes auf eine Herausnahme aus der Pflegefamilie zu rechnen ist und auf Grund welcher kindbezogener Feststellungen der Sachverständige zu der Auffassung gelangt, das Kind werde eine Rückkehr zur Mutter ohne bleibende Schäden verkraften. Die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen beschränken sich weitestgehend auf die Analyse der psychischen Verfassung der Mutter und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Kind. Eine tiefgreifende Analyse der bestehenden Bindungen des Kindes und der Folgen eines erneuten Bindungsabbruchs lässt das Gutachten vermissen.

Der Sachverständige hat im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens jedoch nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, auf Grund welcher kindbezogener Umstände er eine Rückkehr des Kindes zu seiner Mutter für vertretbar hält und weshalb er nicht davon ausgeht, dass die damit für das Kind verbundene Trennung von seiner Pflegefamilie zu nachhaltigen Schädigungen des Kindes führt. Ausschlag gebend für die Einschätzung des Sachverständigen ist dabei der Umstand, dass B. nach seiner Inobhutnahme im Alter von vier Monaten sowohl zu seiner Bereitschaftspflegemutter als auch später zu seiner Pflegefamilie stabile Bindungen aufbauen konnte und nun erneut in einen stabile Situation wechseln soll. Der Sachverständige geht trotz der erfolgten Beziehungsabbrüche davon aus, dass die Situation bei der Mutter so stabil und die Bindungsfähigkeit des Kindes so gut ausgebildet ist, dass das Kind nach einer anfänglich schwierigen Trennungsphase in der Lage sein wird, auch zu seiner Mutter eine stabile Bindung zu entwickeln. Nachhaltige Schädigungen des Kindes wären nach Einschätzung des Sachverständigen nur im Falle länger andauernder deprivierender Erfahrungen zu befürchten. Solche Erfahrungen hat das Kind hier nur in den ersten vier Lebensmonaten gemacht, ohne dass daraus bislang ersichtliche Schädigungen des Kindes erwachsen wären.

Soweit dem Sachverständigen vorgeworfen wird, er habe die Qualität der Bindungen des Kindes zu seiner Bereitschaftspflegemutter und zu seinen Pflegeeltern nicht näher untersucht und sei insbesondere den in der Befunderhebung festgestellten Auffälligkeiten in den Bereichen Rückzugsverhalten, Schlafprobleme, reaktives emotionales und ositionelles Verhalten nicht nachgegangen, führt dies nicht zur Erforderlichkeit der Einholung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme. Sowohl in dem vom Amtsgericht eingeholten Gutachten als auch in den nach dem Wechsel in die Dauerpflegestelle eingeholten Stellungnahmen der Frühförderstelle und des Kindergartens wird B. als altersgemäß entwickeltes Kind mit guten sozialen Kompetenzen beschrieben. Alle Beteiligten haben außerdem übereinstimmend bekundet, B. habe zunächst eine stabile Bindung zur Bereitschaftspflegemutter und später auch zu den Pflegevätern entwickelt. Diese Einschätzungen decken sich mit dem vom Senat am 25.7.2012 gewonnenen Eindruck. Der Senat hat B. als aufgewecktes, für sein Alter eher weit entwickeltes, natürlich wirkendes Kind erlebt, das sich in seinem derzeitigen Umfeld augenscheinlich sehr wohl fühlt und enge Bindung an seine Pflegeeltern und seinen Pflegebruder entwickelt hat. Den Pflegeeltern gebührt hierfür Anerkennung und Respekt.

Die anfangs auch von der Frühförderstelle und im Kindergarten beobachteten und inzwischen ausschließlich noch von den Pflegeeltern berichteten Verhaltensauffälligkeiten wie Wutanfälle und Durchschlafstörungen sind vom Sachverständigen als in der Natur des Kindes begründete ositionelle Verhaltensweisen dargestellt worden, ohne dass sich den Ausführungen des Sachverständigen entnehmen ließe, wie er zu dieser Einschätzung gelangt. Dennoch erfordern die beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten nach Auffassung des Senats keine ergänzende Begutachtung des Kindes. Sowohl den Berichten der Frühförderstelle und des Kindergartens als auch den Stellungnahmen der Pflegeeltern lässt sich nämlich entnehmen, dass sich die Verhaltensauffälligkeiten im Vergleich zu dem Zeitraum unmittelbar nach Aufnahme des Kindes in die Pflegefamilie deutlich vermindert haben. Es muss zwar damit gerechnet werden, dass sie im Zuge einer Trennung des Kindes von seiner Pflegefamilie wieder auftreten werden. Im Hinblick auf die stabile Situation der Mutter und die dort gewährleistete Unterstützung des Kindes folgt der Senat jedoch der Auffassung des Sachverständigen, dass die Mutter in der Lage ist, Irritationen des Kindes so abzufedern, dass beim Kind keine bleibenden Schäden zu befürchten sind. Dies gilt umso mehr, als es sich - worauf der Sachverständige zu Recht hinweist - bei der Mutter für B. nicht um eine völlig fremde Person handelt. Wie sich aus dem vom Amtsgericht eingeholten Gutachten ergibt, stellte die Mutter vor dem Wechsel des Kindes in seine jetzige Pflegefamilie im Februar 2011 sogar eine wichtige Bindungsperson dar. Trotz der weitgehenden Einschränkung der Umgangskontakte im Zuge des Wechsels in die Dauerpflegestelle sind die Umgangskontakte zwischen Mutter und Kind, wie sich aus der Interaktionsbeobachtung des Sachverständigen Prof. Dr. P. ergibt, auch weiterhin von einer natürlichen Atmosphäre und wechselseitiger Suche nach körperlicher Nähe geprägt. Es besteht daher begründete Hoffnung, dass B. sich trotz der erlebten Beziehungsabbrüche auf eine gesicherte Bindung zu seiner Mutter wird einlassen können.

Dem stehen nach Einschätzung des Senats auch keine vom Sachverständigen übergangenen wissenschaftlichen Erkenntnisse entgegen. Der Senat versteht die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens so, dass er keineswegs negiert, dass wiederholte Bindungsabbrüche, insbesondere in den ersten drei Lebensjahren, die Gefahr nachhaltiger seelischer Schädigungen des Kindes begründen. Auch die vom Jugendamt und den Pflegeeltern zitierten Veröffentlichungen leiten daraus jedoch kein - mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben ohnehin schwerlich zu vereinbarendes - Verbot einer Rückführung von Pflegekindern ab, die bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter von ihren leiblichen Eltern getrennt wurden und anschließend in einer Pflegefamilie ihre sozialen Eltern gefunden haben. Vielmehr ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob eine Rückführung ohne eine nicht mehr hinnehmbare Gefahr für die weitere Entwicklung des Kindes möglich ist (vgl. Brisch, Bindung und Umgang, Brühler Schriften zum Familienrecht, Siebzehnter Deutscher Familiengerichtstag, Seite 89ff.; Salzgeber, Familienpsychologische Gutachten, 5. Aufl. 2011, Rdnr. 1088; Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, S. 249). Eine Rückführung kann dann in Betracht kommen, wenn der Elternteil, zu dem das Kind zurückkehrt, in der Lage ist, die Beziehungen zum Kind unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe angemessen aufzubauen und auf die Besonderheiten der Situation, insbesondere die Beziehungen des Kindes zur Pflegefamilie, Rücksicht zu nehmen (vgl. Salzgeber, a.a.O.). Sicher gebundene Kinder reagieren dabei mit einer größeren psychischen Widerstandskraft auf die mit einer Trennung von der Pflegefamilie für sie verbundene emotionale Belastung (vgl. Brisch, a.a.O., S. 105).

Wenn der Sachverständige im vorliegenden Fall insoweit zu dem Ergebnis gelangt, die Voraussetzungen für eine Rückführung seien außerordentlich günstig, weil B. sichere Bindungen zu seinen Pflegeeltern aufgebaut hat und aus einer für ihn stabilen Situation in eine aus Sicht des Sachverständigen ebenfalls stabile Situation bei der Mutter wechselt, vermag der Senat keinen Widerspruch zu den zitierten bindungstheoretischen Erkenntnissen zu erkennen. Anders als in den meisten Fällen, in denen über die Rückführung eines Pflegekindes zu seinen Eltern zu entscheiden ist, kehrt das Kind im vorliegenden Fall eben nicht in ein allenfalls leidlich stabiles Umfeld zurück, in dem ständig mit erneuten Unsicherheiten gerechnet werden muss, sondern zu einer Mutter, an deren psychischer Stabilität und Erziehungseignung - wie dargestellt - keine ernsthaften Zweifel mehr bestehen. Dass sich die Mutter weiterhin in einer Mutter-Kind-Einrichtung aufhält, steht der Annahme einer stabilen Situation der Mutter dabei nicht entgegen, dient der Aufenthalt dort doch nur noch der Unterstützung B.s und seiner Mutter bei einer Rückführung des Kindes. Würde B. nicht zur Mutter zurückkehren, würde diese umgehend den Platz in der Einrichtung verlieren und bereits jetzt die Verselbständigung beginnen, mit der auf Grund des Konzepts der Einrichtung und der nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen langfristig auch im Falle einer Rückkehr B.s zu rechnen ist.

Die Einschätzung des Sachverständigen begegnet auch nicht deshalb Zweifeln, weil er eine rasche Rückkehr B.s zu seiner Mutter empfohlen hat. Dieser Empfehlung liegt nämlich der Umstand zu Grunde, dass die Wohnorte der Pflegeeltern und der Mutter fast 100 km voneinander entfernt liegen und dass im Zeitpunkt der Begutachtung keine Bereitschaft der für ein weiteres Pflegekind verantwortlichen Pflegeeltern zur Mitwirkung an einer behutsamen Anbahnung einer Rückführung bestand. Trotz des bisherigen Scheiterns aller diesbezüglichen Einigungsversuche hegt der Senat die Hoffnung, dass sich die Pflegeeltern und die Mutter mit Hilfe des Jugendamts und der Einrichtung doch noch auf eine für B. möglichst schonende Rückführung des Kindes zur Mutter verständigen können. Eine langsame Anbahnung der Rückführung verspricht allerdings nur Erfolg, wenn alle daran Beteiligten zur Mitwirkung bereit sind, weshalb der Senat sich außerstande sieht, eine solche selbst anzuordnen.

Dem Senat ist durchaus bewusst, dass es B. in der Pflegefamilie dank der hervorragenden Erziehungsarbeit der Pflegeeltern sehr gut geht und dass die Trennung von der Pflegefamilie mit erheblichen seelischen Schmerzen verbunden sein wird, als deren Folge eine nachhaltige Schädigung des Kindes nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls spricht daher Einiges dafür, einen Verbleib in der Pflegefamilie einer mit Unsicherheiten behafteten Rückführung zur Mutter vorzuziehen. Maßstab für die vom Senat zu treffende Entscheidung ist aber - wie dargestellt - nicht, ob ein Verbleib des Kindes in seiner Pflegefamilie seinem Wohl besser entsprechen würde als eine Rückkehr zur Mutter, sondern ob eine Rückkehr zur Mutter eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nachhaltiger seelischer oder körperlicher Schädigungen mit sich bringt. Dafür bestehen im vorliegenden Fall - wie ausgeführt - keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus § 131 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 KostO (in der bis 31.08.2009 geltenden Fassung). Eine wechselseitige Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten nach § 13a Abs. 1 FGG (in der Fassung bis 31.08.2009) ist nicht angezeigt.

Die Wertfestsetzung folgt aus den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO (in der bis 31.08.2009 geltenden Fassung). Im Hinblick auf den Umfang und die besondere sachliche und rechtliche Schwierigkeit der Angelegenheit hält der Senat eine Verdolung des Auffangwerts für angemessen.

Da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich ist, ist die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung).

Diehl Fischer Schmidt