OLG Frankfurt vom 09.09.2011 (4 UF 119/10)

Stichworte: Auskunft, Vermögen, Trennungszeitpunkt; Stichtag; Darlegungs- und Beweislast;
Normenkette: BGB 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 1375 Abs. 2 Satz 2, 1567
Orientierungssatz: Der wechselseitige Anspruch auf Auskunftserteilung über das Vermögen im Zeitpunkt der Trennung bezieht sich stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt der endgültigen Herbeiführung der Trennung der Ehegatten im Sinne des § 1567 BGB. Die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast trägt jeweils der Ehegatte, der den Auskunftsanspruch geltend macht.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Berufung der Antragstellerin vom 07.07.2010 gegen das Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 02.06.2010, am 09.09.2011 einstimmig beschlossen:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Berufungsführerin.

Der Gebührenstreitwert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 10.000,-- E.

Gründe:

Die Berufung, auf welche wegen der Verfahrenseinleitung vor dem 01.09.2009 noch das bis zum 31.08.2009 anwendbare Verfahrensrecht Anwendung findet, ist durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Wegen der Begründung der Zurückweisung wird auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 15.03.2011, mit welchem die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hingewiesen worden sind, Bezug genommen.

Weder der zusätzliche Sachvortrag der Antragstellerin in den Schriftsätzen vom 29.04., 01.07. und 17.08.2011 noch die mit der Berufung nunmehr gestellten weiteren Hilfsanträge rechtfertigen eine abweichende rechtliche Beurteilung.

Mit ihren Anträgen macht die Antragstellerin ihren Anspruch auf Auskunftserteilung über das Vermögen des Antragsgegners im Zeitpunkt der Trennung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB geltend. Der Auskunftsanspruch bezieht sich begriffsnotwendig auf den Zeitpunkt der Trennung als maßgeblichen Stichtag für die zu erteilende Auskunft, knüpft doch die gesetzliche Vermutung des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB an etwaige Veränderungen des Vermögens ab diesem Zeitpunkt an. Es ist auch überhaupt nicht ersichtlich, wie eine Auskunft über den Bestand eines Vermögens nicht stichtagsbezogen erteilt werden könnte. Folgerichtig begehrt auch die Antragstellerin Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners an den in ihrem Haupt- und den diversen Hilfsanträgen bezeichneten Stichtagen.

Die Antragstellerin vertritt dabei allerdings die Auffassung, sie könne den Stichtag für die begehrte Auskunft innerhalb eines Zeitraums, in welchem die Ehegatten nach Eröffnung des Trennungsentschlusses eines Ehegatten die endgültige Trennung herbeiführten, frei wählen. Diese - von der Antragstellerin nach den Recherchen des Senats exklusiv vertretene - Auffassung findet weder im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze noch lässt sie sich aus den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen herleiten. Der auf den Zeitpunkt der Trennung bezogene wechselseitige Auskunftsanspruch der Ehegatten war im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 05.11.2008 (BT-Drs.16/10798) nicht enthalten. Er wurde dort erst auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 13.05.2009 (BT-Drs. 16/13027) hin aufgenommen, wozu der Rechtsausschuss in seiner Begründung ausführte:

"§ 1379 Abs. 1 BGB - E in der vorgeschlagenen Fassung gewährt dem Ausgleichsgläubiger einen erweiterten Auskunftsanspruch. Um Vermögensverschiebungen zwischen der Trennung der Ehegatten und der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zu vermeiden, werden die gesetzlich geregelten Auskunftsansprüche zu den jeweiligen Stichtagen ergänzt um einen Anspruch auf Auskunft zum Zeitpunkt dieser Trennung. Die Vorschrift erhält eine neue Struktur. Zunächst werden in Satz 1 alle Auskunftsansprüche aufgeführt, die erst mit dem Eintritt des jeweiligen Stichtags geltend gemacht werden können (hierzu zählt nunmehr auch der Auskunftsanspruch zum Zeitpunkt der Trennung)."

Bereits der Gesetzesbegründung lässt sich damit entnehmen, dass der Auskunftsanspruch sich auf den Zeitpunkt der Trennung als Stichtag bezieht. Aus der Systematik des Gesetzes folgt dabei zweifelsfrei, dass damit der Tag der endgültigen Herbeiführung eines Getrenntlebens im Sinne des § 1567 BGB gemeint ist und nicht ein vom Auskunft begehrenden Ehegatten frei wählbarer Stichtag während des Trennungsprozesses der Ehegatten. Diesbezügliche Beweisschwierigkeiten gehen zu Lasten des Ehegatten, der die Auskunft begehrt (vgl. Roth in JurisPK-BGB, 5. Aufl., 2010, § 1379 Rdnr. 3). Dieser wird jedoch zum einen geschützt durch den in § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB normierten - hier nicht geltend gemachten - Auskunftsanspruch, der nach seiner Neufassung alle für die Berechnung des Anfangs- oder Endvermögens maßgeblichen Informationen und somit auch die Auskunft über illoyale Vermögensverfügungen im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB umfasst (vgl. Roth, a.a.O., § 1379, Rdnr. 8 m.w.N.). Zum anderen muss sich der auf Auskunft in Anspruch genommene Ehegatte bei substantiiertem Vortrag des Auskunft begehrenden Ehegatten zum Trennungszeitpunkt seinerseits substantiiert zum Zeitpunkt der Herbeiführung der Trennung erklären. Hieraus folgt, dass der Auskunft begehrende Ehegatte bei Beweisschwierigkeiten für den von ihm vorgetragenen Trennungszeitpunkt hilfsweise ohne Weiteres eine auf den vom anderen Ehegatten eingeräumten Trennungszeitpunkt bezogene Auskunft verlangen kann.

Im vorliegenden Fall korrespondieren die von der Antragstellerin gestellten Anträge jedoch weder mit dem von ihr behaupteten Trennungszeitpunkt noch mit dem vom Antragsgegner behaupteten Trennungszeitpunkt, worauf die Antragstellerin mit richterlicher Verfügung vom 02.08.2011 hingewiesen worden ist, ohne dass sie ihre Anträge anschließend ihrem Sachvortrag angepasst hätte.

Die Antragstellerin hat nunmehr zwar hinreichend substantiiert vorgetragen, dass eine Trennung der Parteien am 31.03.2005 erfolgte, als der Antragsgegner eines der beiden Kinderzimmer der Ehewohnung bezog, nachdem die Antragstellerin ihm ihren Trennungsentschluss mitgeteilt hatte. Für ihren Vortrag, für dessen Richtigkeit die von den Beteiligten ab April 2005 betriebenen gerichtlichen Verfahren sprechen, hat die Antragstellerin mittlerweile auch Beweis angeboten. Sie beantragt jedoch weiterhin keine auf den 31.03.2005 bezogene Auskunftserteilung, sondern eine auf den 01.03.2005, hilfsweise den 16.03., 01.04. oder 31.05.2005 bezogene Auskunft. Ihre Anträge bleiben damit unschlüssig. Dies betrifft auch den auf den 31.05.2005 bezogenen Hilfsantrag, den der Senat dahingehend auslegt, dass die Antragstellerin sich zu seiner Begründung den Sachvortrag des Antragsgegners zu eigen machen will für den Fall, dass sie ihren eigenen Sachvortrag nicht beweisen kann. Dem Sachvortrag des Antragsgegners lässt sich eine am 31.05.2005 herbeigeführte Trennung nicht entnehmen. Vielmehr hat der Antragsgegner ausgeführt, er habe erstmals im Mai 2005 vom Trennungswunsch der Antragstellerin erfahren; eine räumliche Trennung innerhalb der gemeinsamen Wohnung sei erst im Sommer 2005 herbeigeführt worden. Bereits im Schreiben vom 05.03.2006, Blatt 9 der beigezogenen Akte 530 F 38/06 S, hatte der Antragsgegner den Zeitpunkt der Trennung mit "im Juli 2005" angegeben. Sein Vortrag lässt daher allenfalls die Annahme einer Trennung am 01.07.2005, nicht jedoch bereits am 31.05.2005, zu.

Eine grundsätzliche Bedeutung bemisst der Senat der Rechtssache wegen der nicht vertretbar erscheinenden Rechtsauffassung der Antragstellerin weiterhin nicht zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 2 u. 3, 47 Abs. 1 u. 2, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Maßgeblich für die Wertfestsetzung ist das Auskunftsinteresse der Antragstellerin, welches mit einem Bruchteil der sich aus der begehrten Auskunft ergebenden zusätzlichen Zugewinnausgleichsforderung in Ansatz zu bringen ist. Im Hinblick auf die von der Antragstellerin vorgetragenen Vermögensverschiebungen des Antragsgegners im Wert von rund 100.000,-- E geht der Senat von einer sich daraus ergebenden zusätzlichen Zugewinnausgleichsforderung von rund 50.000,- - E aus und bewertet den hier streitgegenständlichen Auskunftsanspruch mit 1/5 dieses Betrags.

Diehl Büchsel Schmidt