OLG Frankfurt vom 19.07.1999 (3 WF 90/99)

Stichworte: Prozeßkostenvorschuß Kostenfestsetzungsverfahren Verrechnung
Normenkette: ZPO 103, 104
Orientierungssatz: Grundsätzlich können Prozeßkostenvorschüsse im Festsetzungsverfahren nach allgemeiner Meinung nicht geltend gemacht werden (vgl. Herget in Zöller, Kommentar zur Zivilprozeßordnung Rdnr. 21 zu §§ 103, 104 zum Stichwort "Prozeßkostenvorschuß" m.w.N.). Eine Ausnahme ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in dem Fall gegeben, daß die Partei, die den Prozeßkostenvorschuß gezahlt hat, der prozeßkostenvorschußempfangenden Partei im Rahmen der Kostenfestsetzung ausgleichspflichtig ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 15.3.1999 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Bad Schwalbach vom 10.2.1999 am 19.07.1999 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Beschwerdewert: bis 600,- DM

G R Ü N D E

Mit dem angefochtenen Beschluß führte das Amtsgericht die Kostenausgleichung der Kosten erster Instanz auf der Grundlage der Kostenentscheidung im Urteil des Amtsgerichts Bad Schwalbach vom 23.12.1996 durch. Danach waren die Kosten des Rechtsstreits zu 3/4 vom Kläger und zu 1/4 vom Beklagten zu tragen. In dem angefochtenen Beschluß wurden von den angemeldeten außergerichtlichen Kosten des Klägers 1.066,32 DM sowie die angemeldeten Kosten des Beklagten in vollem Umfang anerkannt. Aufgrund der Kostenausgleichung gelangte das Amtsgericht zu dem Ergebnis, daß von seiten des Klägers 420,72 DM an den Beklagten zu erstatten sind.

Gegen den ihm am 12.3.1999 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluß vom 10.2.1999 legte der Beklagte mit Schriftsatz vom 15.3.1999, eingegangen am 16.3.1999 ein als Erinnerung bezeichnetes Rechtsmittel ein unter Hinweis darauf, daß er an den Kläger unstreitig einen Prozeßkostenvorschuß von 778,-- DM gezahlt hat. Nach Auffassung des Beklagten seien dem Kläger daher keine außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.066,32 DM entstanden, sondern der Kläger habe von den Gesamtkosten von 1.982,72 DM von dem auf ihn entfallenden Anteil von 1.487,04 DM lediglich eigene Kosten in Höhe von 278,32 DM zu tragen, da der Prozeßkostenvorschuß entsprechend anzurechnen sei.

Der Kläger verteidigt den angefochtenen Beschluß und führt aus, daß ein Teil des Prozeßkostenvorschusses auf die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens zur Erlangung des Prozeßkostenvorschusses zu verrechnen sei und daher allenfalls noch ein Betrag von 431,16 DM zur Verrechnung anstehe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.5.1999 verwiesen.

Das als sofortige Beschwerde gem. § 11 RPflG n.F. 104 Abs. 3 ZPO zu wertende Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, hat in der Sache selbst jedoch keinen Erfolg.

Grundsätzlich können Prozeßkostenvorschüsse im Festsetzungsverfahren nach allgemeiner Meinung nicht geltend gemacht werden (vgl. Herget in Zöller, Kommentar zur Zivilprozeßordnung Rdnr. 21 zu §§ 103, 104 zum Stichwort "Prozeßkostenvorschuß" m.w.N.). Eine Ausnahme ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in dem Fall gegeben, daß die Partei, die den Prozeßkostenvorschuß gezahlt hat, der prozeßkostenvorschußempfangenden Partei im Rahmen der Kostenfestsetzung ausgleichspflichtig ist. In diesem Fall kann der unstreitig gezahlte Prozeßkostenvorschuß berücksichtigt werden, da es in einem solchen Fall nicht um eine nur materiell-rechtlich zu entscheidende Rückforderung des gezahlten Vorschusses geht, sondern lediglich darum, daß der Schuldner nicht nochmals wegen Kosten in Anspruch genommen werden kann, die er unstreitig bereits erfüllt hat (Beschluß vom 10.11.1998, 3 WF 202/98).

Diese Konstellation ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, da hier die vorschußempfangende Partei, nämlich der Kläger, seinerseits ausgleichspflichtig ist. Würde in einem solchen Fall im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens bei der Kostenausgleichung der Prozeßkostenvorschuß als kostenmindernd auf seiten der prozeßkostenvorschußempfangenden Partei berücksichtigt, so führte dies dazu, daß über den Umweg des Kostenfestsetzungsverfahrens der Prozeßkostenvorschuß zumindest zum Teil zurückgezahlt würde. Dies verstößt jedoch gegen den Grundsatz, daß sich die Rückforderung eines Prozeßkostenvorschusses allein nach materiellem Recht richtet. Eine Rückzahlungsverpflichtung des Vorschußempfängers besteht danach nur dann, wenn sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich gebessert haben, oder die Rückforderung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht, insbesondere wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vorschußzahlung von vornherein nicht vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen sind jedoch im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht zu überprüfen, da dieses allein die Aufgabe hat, die Kostengrundentscheidung ziffernmäßig umzusetzen. Für materiell-rechtliche Erwägungen besteht in diesem Zusammenhang demgemäß kein Raum. Das Amtsgericht hat damit zu Recht den unstreitig gezahlten Prozeßkostenvorschuß bei der Kostenausgleichung nicht berücksichtigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß der Kläger im Schriftsatz vom 19.5.1999 ausgeführt hat, es stehe allenfalls noch ein Betrag von 431,16 DM zur Verrechnung an. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob von den obengenannten Grundsätzen eine Ausnahme dann zu machen ist, wenn die Parteien sich unstreitig über die Verrechnung des Prozeßkostenvorschusses geeinigt haben, also eine entsprechende Verrechnungsabrede zwischen ihnen bindend getroffen wurde. Von einer solchen Verrechnungsabrede kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, da sich aus dem vorgenannten Schriftsatz ergibt, daß der Kläger in erster Linie die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde begehrt und nur für den Fall, daß dem nicht gefolgt wird, darauf hinweist, daß nicht der Gesamtbetrag sondern allenfalls ein geringerer Betrag für eine Verrechnung in Betracht kommt.

Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Remlinger Kirschbaum Diehl