OLG Frankfurt vom 29.08.2000 (3 WF 75/99)

Stichworte: Prozesskostenhilfe, Sozialhilfe, Überleitung Abfindung, Uterhalt
Normenkette: BSHG 91 Abs. 4 letzter Satz
Orientierungssatz: Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, daß jedenfalls dann, wenn rückständiger Unterhalt zusammen mit laufendem Unterhalt gefordert wird, die Prozesskostenhilfebewilligung nicht an § 91 Abs. 4 letzter Satz BSHG scheitern kann.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 25.01.1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelnhausen vom 05.01.1999 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelnhausen vom 10.03.1999 am 29.8.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Der Antragstellerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin X. gewährt, soweit sie für die Zeit 01.08.1997 bis 31.07.1998 rückständigen Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt noch 460,- DM und rückständigen Getrenntlebendunterhalt von insgesamt 14.920,-- DM fordert.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außer- gerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 1 GKG, § 127 Abs. 4 ZPO).

G r ü n d e

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg:

Die Antragstellerin ist aktivlegiT.iert, für die oben genannten Zeiträume rückständigen Kindesunterhalt und Getrenntlebendunterhalt vom Antragsgegner zu fordern; es liegt eine wirksame Rückabtretung dieser Ansprüche vom Sozialhilfträger vor (vgl. § 91 BSHG). Die Antragstellerin ist auch kostenarm im Sinne der §§ 114 ff. ZPO, § 91 Abs. 4 letzter Satz BSHG steht dem nicht entgegen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, das jedenfalls dann, wenn rückständiger Unterhalt zusammen mit laufendem Unterhalt (insoweit hat das Amtsgericht - Familiengericht - Gelnhausen noch nicht über den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin entschieden) gefordert wird, die Prozesskostenhilfebewilligung nicht an § 91 Abs. 4 letzter Satz BSHG scheitern kann. Die Entscheidung des 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 25.03.1996 - 2 WF 44/96 - steht dem nicht entgegen. Entgegen dem vom 2. Familiensenat entschiedenen Fall fällt nach Auffassung des Senats der hier geforderte rückständige Unterhalt gegenüber dem laufenden Unterhalt nicht unverhältnismäßig ins Gewicht.

Zugunsten der Antragstellerin geht der Senat davon aus, dass das außergerichtliche Auskunftsschreiben vom 04.08.1997 (vgl. Bl. 29 d.A.) den Antragsgegner sowohl bezüglich des Kindesunterhaltes als auch des Getrenntlebendunterhaltes in Verzug gesetzt hat. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat der Antragsgegner in der Zeit ab August 1997 bis einschließlich Juli 1998 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 350,-- DM gezahlt (vgl. Bl. 10 d.A.). Unstreitig hat der Antragsgegner vorgetragen, dass er bis einschließlich Dezember 1997 die gesamten Miet- und Nebenkosten der Ehewohnung der Parteien getragen hat, obwohl diese damals bereits getrennt lebten (vgl. Bl. 54 d.A.).

Die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zur Zahlung von Kindes- und Getrenntlebendunterhalt ergibt sich aus seinem Einkommen. Dieses betrug nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin in der Zeit von November 1996 bis August 1997 insgesamt 38.810,-- DM (vgl. Bl. 6 d.A.). Dieses Einkommen aus einem Zeitraum von 10 Monaten war, um insgesamt einen 12 Monatszeitraum zu erhalten (Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie sonstige Zulagen - vgl. November 1996, Januar 1997 und Juni 1997 - müssen auf 12 Monate umgelegt werden) um weitere 2 Monate entsprechend dem Gehalt im August 1998 (es war das höchste im hier betroffenen Zeitraum) zu erhöhen. Es ergibt sich dann ein durchschnittliches Nettoeinkommen des Antragsgegners aus einer Berufstätigkeit in Höhe von 3.815,-- DM (38.815 + 3.485 + 3.485 = 45.780; 45.780 : 12 = 3.815). Das vorgenannte durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners von 3.815,-- DM ist auch über die Zeit seiner Zugehörigkeit zur Firma " X. GmbH" fortzuschreiben. Im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit des Antragsgegners ab September 1997 ist die von ihm bezogene Abfindung in Höhe von 20.000,-- DM unter Berücksichtigung der Sperrzeit des Arbeitsamtes auf die folgenden Monate in der Weise aufzuteilen, dass die Abfindungssumme auf die Sperrzeit und die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und altem Einkommen verteilt wird, d.h. die Abfindungssumme ist nicht dem früheren Einkommen zuzurechnen, sondern dem nach Auszahlung der Abfindung folgenden Zeitraum (ständige Rechtsprechung). Auf die 12-wöchige Sperrzeit entfällt von der Abfindungssumme ein Betrag in Höhe von 11.445,-- DM (3 x 3.815). Nach der Sperrzeit erzielte der Antragsgegner ein monatliches Arbeitslosengeld in Höhe von 2.343,-- DM (540,82 x 52 : 12; Bl. 24 d.A.), d. h. zwischen dem Arbeitslosengeld und dem früheren aktiven Einkommen verbleibt eine Differenz von 1.472,-- DM. Diese Differenz kann für weitere 6 Monate aus der erhaltenen Abfindung ausgeglichen werden. Nach allem ist also bis einschließlich Juni 1998 zugunsten der Antragstellerin davon auszugehen, dass dem Antragsgegner noch das frühere Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 3.815,-- DM zur Verfügung gestanden hat. - Der Senat unterstellt im vorliegenden Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren dieses Einkommen auch für den jetzt noch offenen Juli 1998, es mag insoweit dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben, ob der Antragsgegner weiterhin an diesem Einkommen festgehalten werden kann, oder ob nunmehr auf eine verringerte Leistungsfähigkeit abzustellen ist. -

Bis jedenfalls 31.12.1997 ist das vorgenannte Einkommen von 3.815,-- DM um monatlich 500,-- DM herabzusetzen. Zwar hat der Antragsgegner trotz Aufforderung durch das Amtsgericht -Familiengericht- Gelnhausen keine Nachweise dafür erbracht, daß er ehebedingte Schulden tilgt, er hat aber unwidersprochen vorgetragen, daß er bis einschließlich Dezember 1997 die Miet- und Nebenkosten für die Ehewohnung bezahlt hat; diese Kosten, die der Senat mit jedenfalls 500,-- DM schätzt ,reduzieren das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen.

Bei einem Einkommen von 3.315,-- DM netto schuldet der Antragsgegner seinem minderjährigen Sohn T. (geb. 22.06.1993) für die Zeit 1.8. - 31.12.1997 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 475,-- DM (vor Anrechnung des hälftigen Kindergeldes). Der Senat geht hierbei von der von ihm in ständiger Rechtsprechung angewandten Düsseldorfer Tabelle zur Berechnung des Kindesunterhaltes aus. Nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand 01.01.1996) entspricht ein Nettoeinkommen von 3.315,-- DM der Einkommensgruppe 4. Da der Antragsgegner nur gegenüber seinem Sohn und der Antragstellerin unterhaltspflichtig ist, erfolgt eine Höherstufung in die Einkommensgruppe 5. Der in der Altersstufe 1 (in diese gehört das Kind der Parteien) geschuldete monatliche Unterhalt beträgt 475,-- DM. Der Senat geht im weiteren davon aus, dass das Kindergeld an die Antragstellerin ausgezahlt worden ist, d.h., dass sich der vom Antragsgegner damit geschuldete Zahlbetrag des Kindesunterhaltes nur auf 365,-- DM darstellt. Da der Antragsgegner in der fraglichen Zeit monatlich 350,-- DM gezahlt hat, bleibt ein Restbetrag in Höhe von monatlich 15,-- DM offen, d.h. ein Betrag in Höhe von insgesamt 75,-- DM (5 x 15). Für die Zeit 1.1.1998 bis 31.7.1998 kann das Einkommen des Antragsgegners nicht mehr um die monatlichen Mietkosten bereinigt werden (siehe oben), es verbleibt hier bei einem unterhaltsrechtlichen relevanten Einkommen von 3.815,-- DM. Bei einem solchen Einkommen schuldet der Antragsgegner einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 515,-- DM (vor Anrechnung des hälftigen Kindergeldes; vergl. Düsseldorfer Tabell, Stand 1.1.96, Einkommensgr. 5/Einkommensgr. 6, 1. Altersstufe). Da der Antragsgegner auch in dieser Zeit monatlich 350,-- DM auf den Kindesunterhalt gezahlt hat, verbleibt hier ein noch offener monatlicher Restbetrag von 55,-- DM (515 - 110 = 405; 405 - 350), das heißt ein Betrag von 385,-- DM für die Zeit Januar bis Juli 1998. Der noch offene Kindesunterhalt für die Zeit 1.8.97 bis 31.7.98 beträgt nach allem 460,-- DM.

Der der Antragstellerin geschuldete Getrenntlebendunterhalt bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf 2/5 des nach Abzug des Kindesunterhaltes verbleibenen bereinigten Nettoeinkommens. Für die Zeit August 1997 bis Dezember 1997 beträgt der somit geschuldete monatliche Unterhalt 1.136,-DM (3.315 - 475 = 2.840; 2.840 : 5 x 2 = 1.136), für die Zeit Januar bis Juli 1998 beträgt diese Unterhaltsquote monatlich 1.320,-- DM (3.815 - 515 = 3.300; 3.300 : 5 x 2). Nach allem steht der Antragstellerin für die Zeit 1.8.1997 bis 31.7.1998 maximal ein Getrenntlebendenunterhalt in Höhe von 14.920 DM (9.240 + 5.680) zu.

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