OLG Frankfurt vom 04.11.2022 (3 WF 68/22)

Stichworte: Befangenheit; Sachverständige, Ablehnung;
Normenkette: FamFG 30, ZPO 406
Orientierungssatz:
  • Zur Befangenheitsablehnung einer/s Sachverständigen in Kindschaftsverfahren.
  • Das Wiederherstellen von auf einem von einem Elternteil der/m Sachverständigen freiwillig übergebenen USB-Stick gelöschten Dateien durch den/die Sachverständige/n rechtfertigt allein ohne weitere Anhaltspunkte nicht die Besorgnis der Befangenheit.
  • 404 F 4116/22
    AG Frankfurt/Main, Außenstelle Höchst

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    betreffend die elterliche

    hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 3. Senat für Familiensachen, auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3. (Kindesmutter) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Frankfurt am Main-Außenstelle Höchst vom 27.05.2020 - Nichtabhilfeentscheidung vom 10.06.2022 - durch Richterin am, Oberlandesgericht Kummer-Sicks als Einzelrichterin am 04. November 2022 beschlossen:

    Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Beteiligte zu 3. (Kindesmutter) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

    Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 2.000 €.

    Gründe:

    I.

    Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Ablehnung einer Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit.

    Die Beteiligten zu 3. und 4. sind die Eltern der am 15.04.2018 geborenen F. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Sorgerecht für dieses Kind. In einem Parallelverfahren vor dem Amtsgericht zu Aktenzeichen 404 F 4188/21 UG war das Umgangsrecht anhängig. In diesem Parallelverfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.06.2021 ein Sachverständigengutachten über die Frage, welcher Umgang des Vaters mit seiner Tochter F dem Kindeswohl am besten entspricht, in Auftrag gegeben. Zur Sachverständigen wurde Frau Z bestimmt, die ihr schriftliches Gutachten am 07.03.2022 erstattete. Zu den Einzelheiten des Gutachtens wird zunächst auf Bl. 79 f d. A. 404 F 4188/21 UG Bezug genommen. Die Sachverständige kommt in dem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Kindesmutter das Wohl von F gefährde, da sie ihr im Alltag keine verlässlichen und vertrauensvollen Beziehungsangebote anbiete und ihr nicht die Möglichkeit gäbe, ihre eigenen Emotionen und Gefühlszustände zu erkennen und eigenständig zu regulieren, auch und gerade im Zusammenhang mit Umgangskontakten. Die Mutter lehne Umgangskontakte im Grunde ab und verstärke Belastungen des Kindes durch ihr eigenes Verhalten. Das Kind und die Mutter würden sich an der Belastungsgrenze befinden, weswegen derzeit keine Umgangsempfehlung ausgesprochen werden könne.

    Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 25.04.2022 hat die Kindesmutter die Sachverständige in dem parallelen Sorgerechtsverfahren wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

    Zur Begründung hat die Kindesmutter ausgeführt, dass sich aus dem Gutachten ergebe, dass die Sachverständige mit dem Kindesvater 5 Telefonate mit einer Gesamtdauer von 1 Stunde 43 Minuten und mit der Kindesmutter nur 1 Telefonat von 22 Minuten geführt habe. Weiter übernehme die Sachverständige ungeprüft Aussagen des Kindesvaters über die Kindesmutter. Auch habe sie bei der Thematisierung der Wohnsituation der Kindesmutter nicht berücksichtigt, dass Umbauarbeiten in der Wohnung stattgefunden hätten, auf die sie die Sachverständige aufmerksam gemacht hätte. Die Schlussfolgerung einer mangelhaften Versorgung F`s, weil sie einmal ungekämmt im Kindergarten gewesen sei, sei aus der Luft gegriffen und lebensfremd. Der Kindesmutter werde die Inanspruchnahme eines Heilpraktikers zu Unrecht zum Vorwurf gemacht. Alle U –Untersuchungen und Impfungen des Kindes seien durch die Mutter veranlasst worden. Hinsichtlich der Interaktionsbeobachtung habe die Kindesmutter die Sachverständige darauf hingewiesen, dass F zuvor krank und noch nicht wieder fit gewesen sei. Ob dies berücksichtigt worden sei, sei nicht erkennbar. Schließlich habe sie die Sachverständige auch per Email darauf hingewiesen, dass sie für die Bearbeitung des Fragebogens BASC Anleitung benötigt hätte, die sie aufgrund der Mittagspause im Institut nicht erhalten habe.

    In der Darstellung der Auswertung der Sachverständigen fehle, dass diese mit der Kindesmutter besprochen habe, inwieweit bei F eine Hochbegabung vorliege.

    Weiter führt die Kindesmutter aus, dass die Sachverständige Daten auf einem ihr übergebenen Stick aus dem Ordner „Trash“ wiederhergestellt und ausgewertet habe.

    Aus der Diagnose der Sachverständigen werde deutlich, dass sie den Lebensstil der Kindesmutter ablehne und daher zu der Feststellung kindeswohlgefährdender Verhältnisse komme.

    Aus der Stellungnahme der behandelnden Psychologin der Kindesmutter Frau Dipl. Psych. … vom 30.03.2022 gehe hervor, dass der psychologische Befund der Sachverständigen, bezogen auf die Kindesmutter falsch sei und jeder Grundlage entbehre. Die Sachverständige diskreditiere die Kindesmutter und sei gegen sie voreingenommen. Das Gutachten weise Lücken und Ungenauigkeiten auf.

    Gegenüber dem Kindesvater habe die Sachverständige dagegen keine vergleichbar kritische Haltung eingenommen.

    Zu den weiter von der Kindesmutter betreffend das Gutachten aufgeführte Mängel wird auf den Schriftsatz vom 25.04.2022 (Seite 8 f) Bezug genommen.

    Im Termin zur Anhörung in beiden Verfahren am 28.04.2022 hat die Kindesmutter klargestellt, dass sich das Ablehnungsgesuch gegen die Sachverständige auf beide Kindschaftsverfahren beziehe. Die Kindeseltern haben sodann eine Vereinbarung zum Umgang des Vaters mit F getroffen, die vom Amtsgericht gebilligt wurde und zum Abschluss des Verfahrens führte.

    In dem vorliegenden Sorgerechtsverfahren hat die Kindsmutter die Sachverständige mit Schriftsatz vom 03.05.2022 (erneut) abgelehnt und unter Bezugnahme auf ihre Stellungnahme in dem Umgangsverfahren vom 25.04.2022 ergänzend ausgeführt, dass die Sachverständige nicht berücksichtigt habe, dass die Umgangskontakte seit der Neuregelung im Juni alle stattgefunden hätten, ausgenommen krankheitsbedingter Ausfälle.

    Das Datenmaterial betreffend die Fotos aus dem Stick sei fehlerhaft übernommen. Die Übergabe des Kindes sei von der Sachverständigen nicht neutral beobachtet worden, sondern maßgeblich von ihr beeinflusst worden. Die Sachverständige habe ungeprüft die Behauptung des Kindesvaters, dass es zu ständigen Wechseln der Kinderärzte gekommen sei, übernommen. Die Sachverständige stelle einerseits eine sehr gute Entwicklung von F fest, aber andererseits eine mangelnde Förderung durch die Mutter, wobei sie diverse Aktivitäten, die die Mutter für F imitiert habe, unberücksichtigt lasse.

    Die Datenerfassung der Sachverständigen sei daher nachweislich fehlerhaft.

    Die Sachverständige Z hat am 18.05.2022 zu dem Ablehnungsgesuch Stellung genommen. Zu den Einzelheiten ihrer Stellungnahme wird auf Bl. 70 f d. A. Bezug genommen.

    Mit Beschluss vom 27.05.2022 hat das Amtsgericht den Befangenheitsantrag der Kindesmutter zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass allein die Dauer der mit den Eltern geführten Telefonate nicht ausreichend für die Annahme einer Befangenheit sei. Zudem die Mutter nicht reklamiert habe, dass sie nicht ausreichend zu Wort gekommen sei oder nicht habe alles berichten können, was ihr wichtig gewesen sei.

    Auch der Vorwurf, dass die Sachverständige Angaben des Kindesvaters ungeprüft übernommen habe, verfange nicht. Die Sachverständige habe die Angaben zu den Überschriften „Angaben von Herrn …“ in das Gutachten aufgenommen. Gleiches habe die Sachverständige betreffend die Angaben der Mutter gemacht. Auch die Angaben zu dem Gesundheitszustand und Entwicklungszustand seien nachvollziehbar belegt.

    Der Vorwurf, dass die Kindesmutter im Kontext mit der Inanspruchnahme eines Heilpraktikers diskreditiert werde, stimme nicht. Die Sachverständige habe diese Ausführungen im Konjunktiv formuliert und lediglich das Verhalten der Mutter kritisch beleuchtet. Dies sei aber auch Aufgabe der Sachverständigen. Nicht nachvollziehbar sei, dass die Mutter der Sachverständigen einerseits einen Stick mit Bildmaterial gebe, ihr aber andererseits vorwerfe, die Daten ausgewertet zu haben.

    Gegen diese ihrer Bevollmächtigten am 01.06.2022 zugestellte Entscheidung, hat die Kindesmutter am 08.06.2022 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt die Kindesmutter aus, dass das Gutachten ausschließlich zu Fragen des Umgangsrechts eingeholt worden sei und erst im Nachgang zu der Anhörung am 28.04.2022 habe sie gegen die Verwertung des Gutachtens im Sorgerechtsverfahren Stellung beziehen können.

    Durch die Beschreibung ihrer Person und ihrer Wohnung werde die Kindesmutter von der Sachverständigen diskreditiert. Es spiele auch sehr wohl eine Rolle, dass die Sachverständige bei der Begutachtung den Kindeseltern einen unterschiedlichen zeitlichen Aufwand gewidmet habe. Richtig sei, dass die Sachverständige die Angaben des Kindesvaters im Explorationsteil aufführe, sie verwende diese Angaben aber dann auch bei der Feststellung der mangelnden Grundversorgung und falschen Behandlung von F. Auch verwende die Gutachterin in diesem Ergebnisteil die Äußerungen der Kindesmutter zu den Impfungen und dem Aufsuchen des Heilpraktikers in für die Kindesmutter nachteiliger Art und Weise. Es handele sich insoweit um eine negative parteiliche Bewertung der Kindesmutter. Die Verwendung der Daten von dem Stick sei unberechtigt erfolgt.

    Mit Beschluss vom 10.06.2022 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

    Ergänzend wird zu dem Sachverhalt auf die gewechselten Schriftsätze und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen.

    II.

    Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 30 Abs. 1 FamFG i. V. m. §§ 406 Abs. 5, 567 Abs.1 ZPO). Die am 10.06.2021 vom Amtsgericht beschlossene Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens stellt eine förmliche Beweisaufnahme i. S. d. § 30 FamFG dar (Heilmann/Heilmann, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. Aufl., § 163 Rn. 3). Daher finden die Vorschriften der ZPO über den Sachverständigenbeweis und insbesondere über die Ablehnung eines Sachverständigen, Anwendung, welche die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eröffnen, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt worden ist (OLG Frankfurt, FamRZ 2017, 914).

    Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 Abs. 1, 2 ZPO).

    In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht den Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen Z als unbegründet zurückgewiesen.

    Der Ablehnungsantrag ist betreffend der sich aus dem Gutachten ergebenden Beanstandungen rechtzeitig gestellt worden.

    Zwar war das Gutachten bereits am 10.03.2022 an die Beteiligten abverfügt worden, allerdings wurde zum einen keine Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten gesetzt und zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Gutachten nicht im vorliegenden Verfahren, sondern in dem Parallelverfahren eingeholt worden ist. Erst im weiteren Verlauf hat sich ergeben, dass das Gutachten in beiden Verfahren Verwendung finden könnte.

    Allerdings rechtfertigt der zugrundeliegende Sachverhalt die Ablehnung nicht.

    Ein Sachverständiger kann gem. § 30 Abs. 1 FamFG, § 406 Abs. 1 ZPO aus denselben Gründe:n abgelehnt werden wie ein Richter, wenn objektiv ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige nachweislich parteilich ist oder ob das Gericht selbst Zweifel an der Unparteilichkeit des Gutachters hat. Es muss aber um solche Tatsachen oder Umstände gehen, die vom Standpunkt einer vernünftigen, nüchtern denkenden Partei die Befürchtung hervorrufen können, der Sachverständige sei nicht unvoreingenommen und objektiv.

    Auch aus der Sicht der betroffenen Beschwerdeführerin ist bei vernünftiger Betrachtung eines ruhig und vernünftig denkenden Beteiligten eine Besorgnis der Befangenheit der Sachverständigen nicht zu begründen.

    Die Ablehnung der Sachverständigen ist zunächst nicht aufgrund eines Überschreitens des Gutachtenauftrags deswegen begründet, weil die Sachverständige ausschließlich zu Fragen des Umgangs zwischen dem Vater und F bestellt wurde, aber auch Ausführungen zu einer Kindeswohlgefährdung, ausgehend von der Kindesmutter, gemacht hat. Grundsätzlich kann das Überschreiten eines Gutachtenauftrags die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (OLG Jena, FamRZ 2008, 284; OLG Sachsen-Anhalt, FamRZ 2012, 657).

    Ob die Überschreitung eines Gutachtensauftrags geeignet ist, bei einem Beteiligten die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen hervorzurufen, kann nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden.

    Die Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige den Gutachtensauftrag in einer Weise erledigt, die als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einem Beteiligten gedeutet werden kann. Dies kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Sachverständige Maßnahmen ergreift, welche von seinem Gutachtensauftrag nicht gedeckt sind, indem er etwa dem Gericht vorbehaltene Aufgaben wahrnimmt (OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 1126; OLG Frankfurt/M., FamRZ 2016, 2029). Sämtliche den vorgenannten Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte sind mit dem vorliegenden Verfahrensablauf nicht vergleichbar, insbesondere hat die Sachverständige keine, dem Gericht vorbehaltenen Maßnahmen ergriffen. Es ist bereits nicht von einer Überschreitung des Gutachtenauftrags auszugehen, da die Sachverständige für die Empfehlung eines bestimmten Umgangs des Vaters mit dem Kind auch zu prüfen hat, welche Haltung die Kindesmutter dazu einnimmt und wie sich gegebenenfalls ein Umgang auf Mutter und Kind konkret auswirken könnte. Dabei sind die Bindungstoleranz und die Fähigkeiten und Ressourcen der Kindesmutter miteinzubeziehen.

    Die Ablehnung der Sachverständigen ist nicht unter dem Gesichtspunkt, dass mit dem Vater mehr und längere Telefonate geführt worden seien als mit der Mutter, begründet.

    Es kann in der Natur der Sache und den Persönlichkeiten der Beteiligten begründet sein, dass ein Gesprächsbedarf und der Umfang der Gespräche nicht bei beiden Eltern exakt gleich hoch sind. Hierin allein kann noch nicht der Eindruck entnommen werden, den Eltern nicht gleichermaßen objektiv gegenüber aufzutreten. Es ist lediglich in dem Gutachten zu dokumentieren, mit wem welche Telefonate und persönliche Termine geführt wurden (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1980, 931; Joseph Salzgeber: Familienpsychologische Gutachten, 7. Aufl., RN 241). Darüber hinaus ergibt sich aus dem dargestellten Verlauf der Begutachtung auch (Seite 41 des Gutachtens), dass beispielsweise das Erstgespräch mit dem Vater 2 Stunden und das Erstgespräch mit der Mutter 2,5 Stunden angedauert hat. Eine exakt gleiche Verteilung von Zeiten dürfte in den wenigsten Fällen zu erreichen sein. Zudem die Mutter, worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat, in diesem Zusammenhang nicht anführt, noch Gesprächsbedarf gehabt zu haben, den die Sachverständige abgelehnt hätte. Soweit sie mit der Beschwerde reklamiert, Fragen zu dem Ausfüllen eines Fragebogens gehabt zu haben, dem aufgrund der Mittagspause in der Praxis nicht entsprochen worden sei, handelt es sich um organisatorische Gegebenheiten, die möglicherweise anderweitig zu lösen gewesen wären.

    Die Ablehnung der Sachverständigen rechtfertigt sich auch nicht aufgrund der Vorgehensweise im Zusammenhang mit den Dateien auf dem von der Kindesmutter übergebenen USB Daten-Stick. Die Sachverständige hat dem Gericht angezeigt, dass sie den USB-Stick von der Kindesmutter bekommen hat und angefragt, wie damit verfahren werden soll. Nach dem das Amtsgericht die Sachverständige dahingehend „angeleitet“ hat, sich die Daten anzusehen und über deren Verwertung eigenständig zu entscheiden, war die Sachverständige zunächst sowohl vom Gericht als auch der Kindesmutter befugt, den USB-Stick für das Gutachten zu verwerten. Soweit die Sachverständige dabei nicht nur einfach zugängliche Dateien verwendet haben sollte, sondern auch gelöschte Dateien wiederhergestellt haben sollte, dürfte diese Vorgehensweise tatsächlich fragwürdig sein. Hier wäre es sicherlich angezeigt gewesen zuvor mit der Kindesmutter abzuklären, was es mit diesen Dateien auf sich hat oder sich zumindest auch insoweit bei dem Amtsgericht abzusichern, wie damit umgegangen werden solle. Allerdings kann aus diesem Vorgehen der Sachverständigen, bei objektiver Betrachtung nicht abgeleitet werden, dass dies sozusagen in „feindlicher Gesinnung“ gegenüber der Kindesmutter geschehen ist. Die Sachverständige konnte bevor sie die Dateien nicht eingesehen hat, nicht wissen, ob diese für den einen oder anderen Beteiligten negative Inhalte aufweisen. Auch konnte sie zunächst davon ausgehen, dass die Kindesmutter ihr solche Daten zur Verfügung stellt, mit deren Verwendung sie auch einverstanden ist, da insofern bei Übergabe des USB Sticks auch keine Einschränkungen oder Vorgaben gemacht worden sind.

    Soweit die Kindesmutter in diesem Kontext reklamiert, dass die Sachverständige die Daten der Entstehung der Bilder nicht korrekt wiedergegeben habe, da die Datumsangaben, die die Sachverständige verwendet habe, nicht dem Entstehungszeitpunkt, sondern dem Zeitpunkt entsprechen würden, zu dem die Bilddateien überspielt worden seien, mag hier ein aufklärbares Missverständnis vorliegen oder auch eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens, eine einseitige Voreingenommenheit lässt sich daraus aber nicht ableiten. Vor diesem Hintergrund ist das Vorgehen der Sachverständigen im Zusammenhang mit den Fotos als nicht schwer wiegende Unbeholfenheit oder Ungeschicklichkeit zu bewerten, die aus der Sicht einer vernünftigen Partei nicht den Schluss zulässt, sie stehe einer der Parteien mit Vorbehalten gegenüber.

    Aufgrund der transparenten Vorgehensweise und der dann klar abgrenzbaren weiteren Arbeitsweise, kann auch nicht von einem einseitigen Agieren zum Nachteil einer der Eltern ausgegangen werden.

    Soweit die Kindesmutter in verschiedenen Zusammenhängen zu angeblich fachlichen Mängeln und einer daraus - nach ihrem Dafürhalten - resultierenden Unbrauchbarkeit des Sachverständigengutachtens vorträgt, vermag dies schon im Ansatz die Sorge der Befangenheit nicht zu begründen.

    Die Ablehnung eines Sachverständigen kann nach ganz gefestigter Rechtsprechung nicht auf mangelnde Fachkompetenz sowie auf Unzulänglichkeiten oder eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens gestützt werden (vgl. etwa BGH, NJW 2005, 1869f, Rn. 14, zit. nach juris; Zöller/Greger, a.a.O., § 406 ZPO Rn. 7 m. w. N.). Dies beruht darauf, dass der mit einem derartigen Vorbringen verbundene Vorwurf der mangelnden Sorgfalt nicht die für eine etwaige Besorgnis der Befangenheit entscheidende Unparteilichkeit berührt. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit dient nicht der Fehlerkontrolle. Denn das Verfahrensrecht gibt dem Gericht und den Beteiligten ausreichende Mittel an die Hand, fehlerhafte Bewertungen, Sorgfaltswidrigkeiten und Unvollständigkeiten des Gutachtens - soweit sie denn vorliegen - zu beseitigen und eine geeignete Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung zu schaffen (BGH, NJW 2005, 1869).

    Das Gutachten enthält in dem Abschnitt V. die Darstellung des Gutachtensverlaufs, in Abschnitt VI. werden die Untersuchungen, Gespräche und Interaktionen –getrennt nach Personen- dargestellt, unter Ziffer VII. erfolgen die Befunde und getrennt davon unter Ziffer VIII. die Beantwortung der gerichtlichen Fragestellungen.

    Durch diese klare Strukturierung liegt auch entgegen der Rüge der Kindesmutter keine Vermischung der Datenerhebung einerseits und der getroffenen Feststellungen andererseits vor.

    Dass die Kindesmutter mit den psychologischen Befunden teilweise nicht einverstanden ist und die Ansicht vertritt, die erhobenen Feststellungen zu der Inanspruchnahme eines Heilpraktikers und ihrer Haltung zu Impfungen, würden ihre Person betreffend zu einem unzutreffenden Ergebnis führen, betrifft die fachliche Seite des Gutachtens, würde aber, selbst wenn man die Richtigkeit des Vorbringens der Mutter unterstellte, nicht zu einer Befangenheit der Sachverständigen führen.

    Auch im Übrigen erfüllt das Gutachten die Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht (vgl. hierzu FamRZ 2019, 1765). So sind der Untersuchungsgegenstand, die von der Sachverständigen zugrunde gelegten Anknüpfungstatsachen/ BeUrteilungsgrundlagen, die von ihr angewendeten Untersuchungsmethoden und der Untersuchungshergang dem schriftlichen Sachverständigengutachten eindeutig zu entnehmen.

    Der Vortrag der Kindesmutter über die negative Darstellung ihrer Person sowie die ungeprüfte Übernahme von Angaben des Kindesvaters stellt sich als inhaltliche Kritik an den Gutachtenergebnissen sowie deren Herleitung dar. Dies betrifft ebenfalls -wie oben ausgeführt- fachliche Mängel des Gutachtens und rechtfertige keine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit.

    Der Vorwurf, die Sachverständige hätte unsachliches Missfallen gegenüber der Mutter, ihrem Aussehen und ihrer Wohnung zum Ausdruck gebracht, ist in dieser Form nicht nachvollziehbar. Vielmehr sind die dem Akteninhalt entnehmbaren gutachterlichen Äußerungen der Sachverständigen nicht in einer Weise gestaltet, dass sie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber dem Lebensstil der Kindesmutter gedeutet werden können oder als beleidigend zu qualifizieren wären.

    Hier mag die Kindesmutter durchaus eine abweichende Selbstwahrnehmung haben, aber nicht jede Beschreibung eines Sachverständigen über die Person eines Elternteils, die dieser als negativ empfindet, rechtfertigt die Annahme einer Voreingenommenheit. Zudem das Gutachten auch das Verhalten des Kindesvaters kritisch beleuchtet. So führt die Sachverständige beispielsweise auf Seite 102 aus: “dass der Vater grundsätzliche jede Krankmeldung des Kindes anzweifelt und immer wieder eine Ausweitung der Umgangskontakte fordere, kann ein Hinweis darauf sein, dass er seine Bedürfnisse nicht von denen des Kindes differenzieren kann.“ Weiter unten führt die Sachverständige aus, dass beide Eltern sich nicht ausreichend über Verletzungen oder Erkrankungen des Kindes informieren würden. Die Kooperationsbereitschaft beider Eltern wird als eingeschränkt bewertet.

    Bereits diese Feststellungen zeigen, dass die Sachverständige ihr Gutachten gerade nicht einseitig zum Nachteil der Kindesmutter erstellt hat.

    Ob die zu beiden Eltern vorgenommenen Einschätzungen und die Empfehlungen der Sachverständigen letztendlich durch die getroffenen Feststellungen in den vorhergehenden Ausführungen, Testungen, Interaktionen und darauf beruhenden Bewertungen das Ergebnis tragen, sind inhaltliche Fragen zu der Qualität des Gutachtens und nicht im Rahmen einer Befangenheitsablehnung zu prüfen.

    Soweit daher mit dem Ablehnungsgesuch indirekt geltend gemacht wird, die Sachverständige ziehe Schlüsse ausschließlich zu Lasten der Mutter, beruhend auf Fehleinschätzungen (Renovierung der Wohnung, Hochbegabung von F, vorhergehende Erkrankung von F) oder auf ungeprüften Angaben des Vaters (häufiger Kinderarztwechsel usw.) ohne dass sie dies mit Tatsachen untermauern können, kann dem nicht gefolgt werden.

    So ist es zwar zutreffend, dass die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens im Hinblick auf die Person der Mutter mehr negative Aspekte als im Hinblick auf die Person des Vaters ausführen, unzutreffend ist allerdings der erhobene Vorwurf, dass diese Würdigung der Sachverständigen das Ergebnis einer Voreingenommenheit der Sachverständigen wäre und nicht hinreichend begründet sei. Tatsächlich sind die Ergebnisse des Gutachtens von der Sachverständigen in den Teilen VII. 2. ("psychologischer Befund: Die Eltern) und in Ziffer VIII. ("Beantwortung der gerichtlichen Fragestellungen") ausführlich begründet worden, wobei die Sachverständige auf die vorangegangenen Teile des Gutachtens zurückgegriffen hat, so dass die von ihr gezogenen Schlussfolgerungen aus der Sicht eines verständigen Beteiligten eben nicht den Eindruck entstehen lassen, dass die Ergebnisse auf einer vorgefassten negativen Beurteilung der Kindesmutter beruhen würden. Die Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens kann hingegen, wie bereits ausgeführt, nicht Gegenstand des Ablehnungsverfahrens sein. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass an den „nur Umgangsberechtigten“ Elternteil andere Anforderungen gestellt werden, als an den hauptsächlich betreuenden Elternteil.

    Dass die Sachverständige bei ihrer Gutachtenerstellung einseitig zu Lasten der Mutter ermittelt und ihre Angeben teilweise unberücksichtigt gelassen, aber die des Kindesvaters ungeprüft übernommen habe und dies aus einer Voreingenommenheit heraus, kann nach alledem nicht festgestellt werden. Hier benennt die Kindesmutter mit ihrem Ablehnungsgesuch auch nicht, welche konkreten Schritte die Sachverständige hinsichtlich von den Eltern kontrovers geschilderter Sachverhalte hätten noch vornehmen sollen.

    Nach alledem war das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückzuweisen und der hiergegen gerichteten Beschwerde der Erfolg zu versagen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Für eine von der gesetzlichen Regel bei erfolglosen Rechtsmitteln abweichende Kostenentscheidung bestand keine Veranlassung.

    Die Wertfestsetzung beruht auf § 40 sowie § 45 Abs. 1 und 3 FamGKG. Es war wertmindernd zu berücksichtigen, dass nur eine Zwischenentscheidung zu treffen war.

    Kummer-Sicks