OLG Frankfurt vom 10.06.1999 (3 WF 66/99)

Stichworte: Restitutionsklage, Zulässigkeit genanalytisches Gutachten molekularbiologisches Gutachten
Normenkette: ZPO 127, 114, 580, 582, 641i
Orientierungssatz: Nach dieser Bestimmung (§ 641 i ZPO)findet die Restitutionsklage gegen ein rechtskräftiges Urteil, in dem über die Vaterschaft entschieden ist, außer in den Fällen des § 580 ZPO dann statt, wenn die Partei ein neues Gutachten über die Vaterschaft vorlegt, da es allein oder in Verbindung mit den im dem früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Kindschaftssache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Restitutionsklägers gegen den Beschluß des Amtsgerichts Wetzlar vom 23.11.1998 - Nichtabhilfebeschluß vom 21.12.1998 - am 10.06.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird kostenpflichtig (§ 97 ZPO) zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

GRÜNDE :

Die Abstammungsklage des Klägers gegen den Restitutionsbeklagten ist mit Urteil des Amtsgerichts Wetzlar vom 16.12.1997 (39 C 177/97) nach Vernehmung der Kindesmutter und Einholung eines seroligischen Sachverständigengutachtens abgewiesen worden. Das Urteil ist dem Jugendamt Wetzlar als seinerzeitigen Amtspfleger am 15.01.1998 zugestellt worden. Die erst am 02.03.1998 beim Amtsgericht Wetzlar durch den Amtspfleger selbst eingelegte Berufung ist nach Hinweis des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Verfristung und die fehlende Postulationsfähigkeit zurückgenommen worden (Az.: 28 U 3/98).

Zwischenzeitlich hat das Kind Restutitionsklage eingereicht und hierfür Prozeßkostenhilfe beantragt. Diese hat ihm das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluß mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Restitutionsklage versagt.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Kindes ist gemäß § 127 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Mit Recht hat das Amtsgericht darauf abgestellt, daß eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO unbegründet ist. Insoweit steht § 582 ZPO der Erfolgsaussicht der Restitutionsklage entgegen. Das Kind hatte diese Gründe mit der Berufung rechtzeitig vorbringen können. Die Berufungsfrist gegen das klageabweisende Abstammungsurteil lief aufgrund der Zustellung am 15.01.1998 erst Mitte Februar 1998 ab. Bereits am 20.01.1998 war dem seinerzeitigen Vertreter des Kindes die Information des jetzigen Prozeßbevollmächtigen des Restitutionsklägers vom 18.01.1998 bekannt, was nunmehr versucht wird, als ausreichenden Restitutionsgrund im Rahmen des § 580 ZPO vorzubringen. Ob der Vortrag zu auch nur vermuteten Manipulationen des Restitutionsbeklagten an seiner Blutprobe oder der Bluttransfusion bei dem Kinde am 22.09.1997 überhaupt ausreicht, einen der Tatbestände des § 580 ZPO zu erfüllen, kann deswegen dahinstehen. Es kommt noch hinzu, daß der Beschwerdeführer verkennt, daß die Blutproben bei Mutter und Kind vor dem 22.09.1997 entnommen waren, nämlich am 28.07.1997 beim Institut für Rechtsmedizin in Gießen. Spätere Transfusionen können sich also auf das Gutachten vom 26.09.1997 nicht ausgewirkt haben.

Daß das Kind zur Stützung seine Restitutionsklage die Einholung eines genanalytischen Sachverständigengutachtens beantragt, weil seine Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit ausschließlich mit dem Restitutionsbeklagten Geschlechtsverkehr gehabt habe, verhilft der Restitutionsklage ebenfalls nicht zur hinreichenden Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO.

Soweit das Gutachten einen Restitutionsgrund im Sinne des § 580 ZPO darstellen soll, steht dem schon die Präzision des § 582 ZPO entgegen.

Zutreffend hat das Amtsgericht aber auch die hinreichende Erfolgssicht einer auf § 641 i ZPO gestützten Restitutionsklage verneint.

Nach dieser Bestimmung findet die Restitutionsklage gegen ein rechtskräftiges Urteil, in dem über die Vaterschaft entschieden ist, außer in den Fällen des § 580 ZPO dann statt, wenn die Partei ein neues Gutachten über die Vaterschaft vorlegt, da es allein oder in Verbindung mit den im dem früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Weil das Kind kein solches Gutachten vorlegt, ist die Klage unzulässig, hat also in Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrages keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO. Derzeit muß die Restitutionsklage mangels vorliegenden Gutachten im Sinne des § 641 i ZPO als unzulässig angesehen werden. Damit scheidet die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die unzulässige Restitutionsklage mit dem Ziel, die Gutachteneinholung auf Kosten der Staatskasse zu erreichen, aus. Würde das Amtsgericht über die Restitutionsklage mündlich verhandeln, könnte es am Schluß der ersten mündlichen Verhandlung keinen Beweisbeschluß über die Einholung eines Sachverständigengutachten erlassen, sondern hätte die Klage als unzulässig mangels Vorliegen eines Gutachtens abzuweisen. Auch der Erlaß einer Beweisanordnung nach § 358 a ZPO vor der ersten mündlichen Verhandlung scheidet aus, weil eine solche die Zulässigkeit der Klage voraussetzt, ohne die eine Aufklärung in der Sache selbst ausscheiden muß.

Vorliegend kommt noch hinzu, daß es dem Restitutionskläger auch bei Einholung eines molekularbiologischen Gutachtens mit einer DNA-Analyse mit Rücksicht auf den rechtskräftigen Ausschluß des Restitutionsbeklagten auf Grund des serologischen Gutachtens nicht notwendig gelingen könnte (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1991, 426, 427), "i. V. m. mit dem in dem früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung" herbeizuführen.

Amthor Kirschbaum Remlinger