OLG Frankfurt vom 01.12.1999 (3 WF 278/99)

Stichworte: Berufung, Einlegung zur Fristwahrung, Antrag auf Zurückweisung
Normenkette: ZPO 91 Abs. 1, 515 Abs. 3
Orientierungssatz: Der Klägerin steht eine 6,5/10 Prozeßgebühr zu, da vorliegend die Berufung unbedingt eingelegt worden ist. In einem solchen Fall ist der Berufungsgegner berechtigt, für das Berufungsverfahren einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen, auch wenn zuvor außergerichtlich von Anwalt zu Anwalt mitgeteilt worden ist, daß die Berufung nur zur Fristwahrung eingelegt worden sei (OLG Frankfurt, Beschluß vom 17.7.1990, 3 WF 94/90).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 13.10.1999 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 23.9.1999 am 01.12.1999 beschlossen:

Der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 23.9.1999 wird dahingehend abgeändert, daß aufgrund des vollstreckbaren Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20.5.1999 von dem Beklagten an Kosten 623,21 DM nebst 4 % Zinsen seit 11.6.1999 an die Klägerin zu erstatten sind. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Beklagte 60 % und die Klägerin 40 % zu tragen.

Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 1.050,-- DM.

G R Ü N D E :

Der Beklagte legte gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 13.11.1998 mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 9.1.1999 Berufung ein. Die Berufungsschrift enthält keinen Zusatz, daß es sich dabei um eine fristwahrende Berufungseinlegung handelt. Außergerichtlich teilte die Prozeßbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 11.1.1999 der Gegenseite mit, daß sie vorerst rein fristwahrend Berufung eingelegt habe und bat kollegialiter, sich noch nicht vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu bestellen. Mit Schriftsatz vom 27.1.1999 beantragte die Prozeßbevollmächtigte des Beklagten die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, wobei sie mitteilte, der Beklagte wolle versuchen, im neuerlichen Scheidungstermin am 12.2.1999 eine vergleichsweise Regelung, auch zum Trennungsunterhalt, herbeizuführen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist meldete sich der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 1.2.1999 zu den Akten und beantragte die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Berufung wurde sodann vor Begründung zurückgenommen. Mit Beschluß vom 20.05.1999 (1 UF 10/99) sind dem Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 515 III ZPO auferlegt worden. Der Klägervertreter beantragte die Kostenfestsetzung ausgehend von einem Streitwert von 10.085,40 DM im Umfang einer Prozeßgebühr. Entsprechend dem Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 23.9.1999, der dem Beklagten am 4.10.1999 zugestellt wurde, die Kosten festgesetzt. Der Beklagte legte hiergegen mit Schreiben vom 6.10.1999, eingegangen am 13.10.1999 sofortige Beschwerde ein mit dem Ziel den Kostenfestsetzungsbeschluß dahingehend abzuändern, daß keine Gebühr festgesetzt wird, hilfsweise nur eine 6,5/10 Prozeßgebühr anerkannt wird. Der Vertreter der Klägerin begehrt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Rechtspflegergesetz, § 104 ZPO zulässig, in der Sache jedoch nur zum Teil begründet. Der Klägerin steht eine 6,5/10 Prozeßgebühr zu, da vorliegend die Berufung unbedingt eingelegt worden ist. In einem solchen Fall ist der Berufungsgegner berechtigt, für das Berufungsverfahren einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen, auch wenn zuvor außergerichtlich von Anwalt zu Anwalt mitgeteilt worden ist, daß die Berufung nur zur Fristwahrung eingelegt worden sei (OLG Frankfurt, Beschluß vom 17.7.1990, 3 WF 94/90). Es ist daher nicht zu beanstanden, daß trotz der Bitte im Schreiben der Beklagtenvertreterin vom 11.1.1999, vorerst von einer Bestellung beim Oberlandesgericht Frankfurt abzusehen, sich der Klägervertreter nach Zugang des Antrages auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu den Gerichtsakten gemeldet hat. Allerdings ist es im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig gewesen, daß der zweitinstanzliche Anwalt bereits vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und vor Entscheidung des Beklagten, die Berufung tatsächlich durchzuführen, einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt hat. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluß vom 17.7.1990, 3 WF 94/90, 17.10.1990, 3 WF 144/90 sowie Beschluß vom 18.2.1987, 3 WF 308/96). Hätte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin ohne Ankündigung eines Antrages lediglich seine Bestellung angezeigt, so wäre wegen der alsbald danach eingetretenen Auftragsbeendigung durch Rücknahme der Berufung nur eine halbe Prozeßgebühr angefallen (§ 32 Abs. 1 BRAGO). Nur diese Gebühr ist daher als notwendig im Sinne des § 91 ZPO anzusehen und von dem Beklagten an die Klägerin zu erstatten.

Neben der halben Prozeßgebühr des § 32 Abs. 1 BRAGO ist allerdings noch zu erstatten die auf Seiten der Klägerin entstandene volle Prozeßgebühr aus dem Wert der Kosten für den Antrag gemäß § 515 Abs. 3 ZPO (OLG Frankfurt a.a.O.).

Die erstattungsfähigen Kosten berechnen sich demnach wie folgt:

Eine halbe Prozeßgebühr aus dem Streitwert von 10.085,40 DM = 432,25 DM. Eine Prozeßgebühr aus dem Kostenwert (bis 600,-- DM) = 65,-- DM sowie die Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO von 40,-- DM und damit insgesamt 537,25 DM. Hinzuzurechnen ist die 16%ige Mehrwertsteuer mit 85,96 DM so daß sich insgesamt die zu erstattenden Kosten auf 623,21 DM errechnen. Entsprechend war der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluß abzuändern. Die weitergehende Beschwerde war demgegenüber zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

Amthor Remlinger Diehl