OLG Frankfurt vom 17.04.2001 (3 WF 261/99)

Stichworte: PKH Rückwirkung Ende Verhandlung Instanz
Normenkette: ZPO 114, 118 ff, 122 I 1a BRAGO 37 Nr. 7
Orientierungssatz: Ein Bedürfnis für PKH bsteht auch dann, wenn die rückwirkende Bewilligung vor Ende der Instanz, aber nach Verhandlungsschluß liegt.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt a.M., Abteilung Höchst, vom 13. 9. 1999 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 24. 9. 1999 am 17. 4. 2001 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht -Familiengericht- Frankfurt am Main, Abteilung Höchst, zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet ( § 127 IV ZPO ).

Gründe:

Der Beklagte hat zur Rechtsverteidigung in der vorliegenden, mit Urteil vom 2. 7. 1999 abgeschlossenen Unterhaltssache am 10. 3. 1999 Prozeßkostenhilfe beantragt und erklärt, die erforderliche PKH-Erklärung nachzureichen. Dies hat er erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung vom 6. 5. 1999 innerhalb der Frist für einen Schriftsatznachlaß nachgeholt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert, weil die Rückwirkung einer Bewilligung nur auf einen Zeitpunkt möglich sei, zu dem die Verhandlung schon abgeschlossen gewesen sei.

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung dieser Entscheidung. Die Erwägungen des Amtsgericht tragen die Ablehnung einer sachlichen Nachprüfung der Kostenarmut sowie der Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung nicht. Daß die PKH-Bewilligung erst mit Wirkung von einem Zeitpunkt nach Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz in Betracht kommt, hindert sie nicht vollumfäglich. Die Instanz ist nämlich mit Schluß der Verhandlung noch nicht beendet. So hat der Prozeßbevollmächtigte die Obliegenheit der Inempfangnahme der Entscheidung und ihrer Mitteilung an den Auftraggeber ( vgl. § 37 Nr. 7 BRAGO ). Eine Kostentragungspflicht des Beklagten, von der er gem. § 122 Abs. 1 Nr. 1 a ZPO bei Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ganz oder teilweise befreit wäre, kann auch erst später durch das Urteil begründet werden.

Der rechtzeitig mit Schriftsatz vom 10. 3. 1999 gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Rechtsverteidigung war wissentlich unvollständig. Damit hat sich der Beklagte selbst der Gefahr ausgesetzt, daß nach etwa inzwischen eingetretener Beendigung des Verfahrens in der Hauptsache eine Bewilligung überhaupt nicht mehr möglich sein würde. Zwar hat nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO das Gericht dem Hilfsbedürftigen zur Ergänzung und Glaubhaftmachung seiner Angaben zur Kostenarmut eine Frist zu setzen; erst nach deren fruchtlosem Ablauf ist regelmäßig ein Antrag abweisungsreif. Die Partei hat alsdann die Möglichkeit der Beschwerde, mit der auch eine Nachbesserung der bisherigen Angaben eröffnet ist ( § 570 ZPO). Diese Fürsorge des Gerichts ist aber entbehrlich, wenn die Partei - wie hier - die Ein- bzw. Nachreichung von Angaben und Unterlagen selbst ankündigt ( vgl. OLG Frankfurt, Beschluß vom 1. 7. 1999 - 1 WF 61/99 ). Bevor sie dies nicht getan hat, kann sie bei verständiger Würdigung nicht mit einer positiven Entscheidung über das Gesuch rechnen. Die Nichtbescheidung des Antrags bis zum Schluß der Verhandlung ( mit Ausschlußwirkung für die Verhandlungsgebühr ) ist danach nicht zu beanstanden.

Da das Amtsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig- weder die Kostenarmut noch die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung in der Sache geprüft hat, überläßt der Senat dies der Vorinstanz ( § 575 ZPO).

Remlinger Diehl Zeibig-Düngen