OLG Frankfurt vom 24.01.2000 (3 WF 253/99)

Stichworte: Verfahren, vereinfachtes Einwendungen, Beschwerderecht, Antragsteller Erinnerung, Korrekturklage
Normenkette: KindUG Art. 5 Par 3 ZPO 648, 652
Orientierungssatz: Art. 5 § 3 Abs. 2 KindU verweist wegen des Verfahrens u.a. auf § 652 ZPO, der die Anfechtbarkeit von Beschlüssen im Vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger regelt. Nach Absatz 1 dieser Bestimmung ist zwar die sofortige Beschwerde eröffnet, die aber nach Abs. 2 der Bestimmung auf die Geltendmachung von Einwendungen beschränkt wird, wie sie dem Antragsgegner in § 648 ZPO eröffnet werden; keine sofortige Beschwerde für den Antragsteller.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Usingen vom 1. 9. 1999 am 24. 1. 2000 beschlossen:

Die Vorlageverfügung vom 16. 9. 1999 wird aufgehoben.

G r ü n d e :

Die Antragstellerin betreibt die Dynamisierung ihres durch Jugendamtsurkunden - zuletzt vom 27. 12. 1988 - "bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" titulierten Unterhalts ab 1. 7. 1999 nach Art. 5 § 3 KindUG auf 130 % des Regelbetrages der dritten Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Der Antragsgegner hat sich nicht beteiligt.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht dem Antrag stattgegeben, den Anspruch indessen auf die Zeit bis zur Volljährigkeit der Antragstellerin begrenzt und zu berücksichtigende anteilige kindbezogene Leistungen mit 125 DM angegeben. Im Beschluß ist offen, ob der Betrag den Unterhalt vermindert oder erhöht.

Gegen die dem Beistand der Antragstellerin am 13. 9. 1999 zugestellte Entscheidung hat dieser am 14. 9. 1999 Erinnerung eingelegt, mit der er die Befristung und die starre Festlegung des Kindergeldes rügt. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Usingen hat das Rechtsmittel als sofortige Beschwerde angesehen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Vorlageverfügung unterliegt der Aufhebung, weil sie verfahrensfehlerhaft ist. Die Erinnerung der Antragstellerin ist nicht als sofortige Beschwerde aufzufassen, weil ihr eine solche im Anpassungsverfahren nicht eröffnet ist. Damit hat das Amtsgericht abschließend selbst zu entscheiden ( § 11 II RPflG n.F. ).

Art. 5 § 3 Abs. 2 KindU verweist wegen des Verfahrens u.a. auf § 652 ZPO, der die Anfechtbarkeit von Beschlüssen im Vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger regelt. Nach Absatz 1 dieser Bestimmung ist zwar die sofortige Beschwerde eröffnet, die aber nach Abs. 2 der Bestimmung auf die Geltendmachung von Einwendungen beschränkt wird, wie sie dem Antragsgegner in § 648 ZPO eröffnet werden.

Zutreffend stellt das Amtsgericht mit dem OLG Stuttgart ( DAV 1999, 251 ) darauf ab, daß die von der Antragstellerin gerügten Punkte zu dem Regelungs-kreis der in § 648 ZPO aufgeführten Einwendungen gehört.

Der Senat vermag sich jedoch nicht der daraus abgeleiteten Folgerung anzuschließen, daß auch den Antragstellern in Festsetzungs- und Abänderungs-verfahren der vorliegenden Art die sofortige Beschwerde nach § 652 ZPO eröffnet ist ( so aber OLG Stuttgart a.a.O., Schumacher/ Grün, Das neue Unterhaltsrecht minderjähriger Kinder, FamRZ 1998, 778, 793 ). Dieses Rechtsmittel ist ausdrücklich auf die Einwendungen beschränkt, die ein Antragsgegner geltend macht. Solche können notwendig nur rechtshindernde, rechtshemmende oder gar rechtsvernichtende Umstände sein, keinesfalls aber rechtsbegründende oder -erweiternde. Ein Antragsteller macht keine Einwendungen geltend. Aufgrund dieser nach dem Wortlaut des Gesetzes getroffenen Festlegung dient die sofortige Beschwerde nach § 652 ZPO also ausschließlich dem Schuldnerschutz.

Der Senat ist der Auffassung, daß es nicht angängig ist, kurzerhand von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers auszugehen. Je nach Parteistellung unterschiedliche Rechtsmittelmöglichkeiten nach § 11 RPflG einerseits und nach der ZPO sind dem Gesetz auch sonst nicht fremd ( vgl. BGH FamRZ 1998, 1447 zu § 732 ZPO bei der Vollstreckungsklausel ). Schließlich ist die gänzliche Zurückweisung des Antrags, der den formellen Anforderungen des verein-fachten Verfahrens nicht entspricht, gem. § 646 II 3 ZPO sogar unanfechtbar.

Zumal dies im Abänderungsverfahren nach Art. 5 § 3 KindUG mangels Verweisung auf diese Bestimmung nicht gilt, ist das von der Antragstellerin mithin zu Recht als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel demzufolge nunmehr nach § 11 II RPflG zu behandeln, weil ihr nach den allgemeinen verfahrens-rechtlichen Vorschriften im vereinfachten Verfahren ein anderes Rechtsmittel nicht eröffnet ist. Diese "Verkürzung" des Rechtsmittelzugs wird dadurch ausgeglichen, daß der Antragstellerin die Korrekturklage nach § 654 ZPO bleibt ( vgl. Zöller-Philippi, a.a.O., § 652 ZPO, Rz. 3 a.E. ).

Remlinger Kirschbaum Diehl