OLG Frankfurt vom 06.06.2002 (3 WF 223/01)

Stichworte: Unterhaltsfestsetzung, Beschwerde, Zulässigkeit
Normenkette: ZPO 652, 655 KindUG 5,3
Orientierungssatz: Änderung der Senatsrechtsprecung zur Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Antragstellers

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main-Höchst - vom 03. August 2001 (Az.: 401 FH 46/01) am 06.06.02 beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss vom 03. August 2001 des Amtsgerichts - Familiengerichts - Frankfurt am Main-Höchst abgeändert.

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin bereits ab dem 15.02.2001 100 % der ersten Alterstufe des jeweiligen Regelbetrages gemäß § 1 der Regelbetragsverordnung zu zahlen, wobei nach § 1612 b Abs. 5 BGB der Kindergeldanteil nicht anrechenbar ist, soweit der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrages unterschreitet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Gründe:

Mit dem am 15. Februar 2001 beim Amtsgericht - Familiengericht - eingegangenem Antrag vom 08. Februar 2001 hat die Antragstellerin beantragt, das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main-Höchst vom 24.06.1999 (402 F 2501/98), durch das der Antragsgegner verurteilt wurde, 100 % des jeweiligen Regelbetrages nach § 1 der Regelbetragsverordnung abzüglich hälftigem Kindergeld zu zahlen, dahingehend abzuändern, dass gemäß § 655 ZPO i.V.m. § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetzes das Kindergeld nicht angerechnet werden soll, soweit der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrages unterschreitet.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht - Familiengericht - das Urteil entsprechend abgeändert mit der Maßgabe, dass die Anrechnung des Kindergeldes ab 01.03.2001 entfällt. Der Beschluss wurde dem Beistand der Antragstellerin am 24. September 2001 zugestellt. Mit einem dem Oberlandesgericht am 24.10.2001 vorgelegten Schreiben vom 25.09.2001 hat die Antragstellerin ein als sofortige Erinnerung bezeichnetes Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 03. August 2001 eingelegt, in dem sie rügt, dass die Abänderung erst ab dem 01.03.2001 angeordnet worden ist und nicht schon ab dem Zeitpunkt des Eingangs am 15.02.2001.

Der Antragsgegner hat sich in dem Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Die 'sofortige Erinnerung' ist als sofortige Beschwerde grundsätzlich statthaft (Zöller, Kommentar zur ZPO, 23. Aufl., § 655 Rn. 22 m.w.N.). Nach der heute in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegenden Auffassung können die Einwendungen, auf die der Antragsgegner des vereinfachten Verfahrens bzw. des Änderungsverfahrens nach § 655 ZPO eine sofortige Beschwerde gemäß §§ 652 Abs. 2, 655 Abs. 5 ZPO stützen kann, auch vom Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde geltend gemacht werden. Die von Zöller-Philippi noch in der 21. Auflage (§ 655 Rn. 22) vertretenen Auffassung, der sich der Senat durch Beschlüsse vom 24.01.2000 (3 WF 253/99) und 27.01.2000 (3 WF 255/99) mit der Begründung angeschlossen hatte, die sofortige Beschwerde nach § 652 ZPO, auf die Artikel 5 § 3 des Kindesunterhaltsgesetzes Bezug nimmt, diene nur ausschließlich dem Schuldnerschutz, Einwendungen des Antragstellers seien nach § 11 Abs. 2 RpflG als Erinnerung zu behandeln, wird nicht mehr aufrecht erhalten. Der Senat schließt sich der überwiegend in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassung nunmehr an.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet.

Gemäß § 2 des Unterhaltstitelanpassungsgesetzes können Urteile, in denen Unterhaltsleistungen für ein minderjähriges Kind nach dem vor dem 01. Januar 2001 geltenden Recht zuerkannt wurden, auf Antrag im vereinfachten Verfahren nach § 655 ZPO für die Zeit nach der Antragstellung dahingehend abgeändert werden, dass die Anrechnung von kindbezogenen Leistungen im Sinne der §§ 1612 b und 1612 c BGB unterbleibt, soweit der Unterhalt 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag Verordnung nicht übersteigt. Entsprechend der Auffassung der Antragstellerin ist eine dahingehende Abänderung ab dem 15.02.2001 möglich, da das Schreiben vom 08.02.2001 am 15. Februar 2001 beim Amtsgericht - Familiengericht - eingegangen ist.

Dahingestellt bleiben kann, ob weiterhin Voraussetzung ist, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung der Unterhaltsverpflichtete gemäß § 1613 Abs. 1 BGB in Verzug gesetzt war. Die Antragstellerin hat nämlich vorgetragen, dass der Antragsgegner vor Antragstellung zur Anerkennung der geltend gemachten Ansprüche aufgefordert worden ist, was dieser nicht bestritten hat und somit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Parteien gemäß § 97 ZPO im Verhältnis ihres jeweiligen Unterliegens zu tragen.

Einer Wertfestsetzung bedarf es im Hinblick auf die im Kostenverzeichnis Nr. 1932 festgelegte Gebühr unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine anwaltliche Vertretung stattgefunden hat, nicht.

Remlinger Diehl Zeibig-Düngen