OLG Frankfurt vom 08.08.2011 (3 WF 215/11)

Stichworte: Verfahrenspfleger; Prozesspfleger; Gewaltschutz;
Normenkette: FamFG 9 Abs 5; ZPO 57; FamFG 9 Abs 5; ZPO 57;
Orientierungssatz: Bestellung eines Verfahrenspflegers (Prozesspflegers) durch das Beschwerdegericht; hier: Gewaltschutz

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wiesbaden vom 28.07.2011 - Nichtabhilfebeschluss vom 01.08.2011 - am 08. August .2011 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller war der Hausarzt des Antragsgegners. Mit dem vorliegenden Verfahren wollte der Antragsteller Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz gegen den Antragsgegner erreichen. Ein vom Amtsgericht eingeholtes Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner nicht verfahrensfähig ist. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt wurde dem Antragsgegner Herr Rechtsanwalt G als Prozesspfleger bestellt. Zu den Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 02.12.2010 (Bl. 244 ff d. A.) Bezug genommen.

Mit weiterem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 01.03.2011 wurde auf die Beschwerde des Antragstellers der Beschluss des Amtsgerichts vom 29.09.2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Mit Schreiben vom 15.04.2011 hat der Antragsteller seine Anträge in der Hauptsache zurückgenommen.

Im Anschluss daran haben die Parteien verschiedene Eingaben zu der Kostenentscheidung und Kostenfestsetzung gemacht und der Antragsgegner hat einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt, den das Amtsgericht mit der Begründung, dass der Antrag erst nach Beendigung des Verfahrens gestellt worden sei, zurückgewiesen hat.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Das Amtsgericht ist erneut verfahrensfehlerhaft vorgegangen, indem es die Verfahrensunfähigkeit des Antragsgegners nicht hinreichend beachtet hat.

Die Bestellung des Prozesspflegers gemäß Beschluss des Oberlandesgerichts vom 02.12.2010 erfolgte ohne Einschränkung und gilt damit bis zum Abschluss des Verfahrens bzw. Eintritt der im Gesetz genannten Gründe, wie etwa die Wiedererlangung der Prozessfähigkeit oder die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters.

Insofern erfolgte auch keine Beschränkung der Bestellung nur für die Beschwerdeinstanz. Demgemäß ist der Senat der Auffassung, dass der Verfahrenspfleger auch für das erstinstanzliche Verfahren bestellt war. Danach hätte das Amtsgericht den Verfahrenspfleger nach Rückkehr der Akten und Fortsetzung des Verfahrens beteiligen müssen. Zustellungen wären auch an den Verfahrenspfleger zu richten gewesen.

Selbst wenn jedoch der Auffassung des Amtsgerichts zu folgen wäre, dass es einer gesonderten Bestellung für das erstinstanzliche Verfahren bedurft hätte, dann wäre die gesetzliche Vertretung des Antragsgegners jedenfalls aufgrund der positiven Kenntnis von der Verfahrensunfähigkeit zu klären gewesen, bevor Entscheidungen zu den Kosten, Verfahrenshilfe usw. ergehen. Soweit der Antragsgegner für das Verfahren selbst nicht verfahrensfähig ist, ist er es auch nicht für die Nebenentscheidungen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

Kummer-Sicks