OLG Frankfurt vom 07.08.2000 (3 WF 132/00)

Stichworte: begrenztes Realsplitting, steuerliches "Inprinzip" fiktive Einkommenszurechnung
Normenkette: EStG 10 Abs. 1 Nr. 1
Orientierungssatz:
  • Die Vorteile des steuerlichen Realsplittings zeigen sich regelmäßig erst auf der Grundlage des Jahressteuerbescheids. Die danach zu ermittelnden Steuerersparnisse sind nach Abzug der Nachteile des Unterhaltsberechtigten dem Einkommen des Jahres zuzurechnen, in dem die Steuererstattung erfolgt
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  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Klägerin vom 6.7.2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Friedberg vom 26.05.2000 am 07. August 2000 beschlossen:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt (§ 97 ZPO, § l GKG i. V. m. Nr. 1908 v KV)

    Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten ( § 127 Abs. 4 ZPO ).

    Gründe:

    Durch den angefochtenen Beschluß vom 26.05.2000 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Friedberg den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe teilweise- zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen.

    Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig, aber in der Sache selbst aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit der Nichtabhilfeentscheidung zurückzuweisen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

    Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde allein dagegen, daß es das Amtsgericht - Familiengericht - Friedberg unterlassen hat, dem Beklagten ein fiktives Einkommen wegen der Nichtdurchführung des begrenzten steuerlichen Realsplittings zuzurechnen. Dabei stützt sich das Vorbringen der Klägerin für den ab April 2000 mit Schriftsatz vom 13.3.2000 geltend gemachten erhöhten Unterhalt von 1.755,- DM auf eine fiktive Ermittlung des Jahreseinkommens 1999.

    Der Senat schließt sich dieser fiktiven Einkommensberechnung nicht an. Bei der Ermittlung des Unterhalts sind grundsätzlich die tatsächlich erzielten Einkommensverhältnisse und demgemäß auch die tatsächlich geschuldete Steuerlast maßgebend. Die Vorteile des steuerlichen Realsplittings zeigen sich regelmäßig erst auf der Grundlage des Jahressteuerbescheides. Die danach zu ermittelnden Steuerersparnisse sind nach Abzug eventuell entstandener Nachteile des Unterhaltsberechtigten dem Einkommen des Jahres zuzurechnen, in dem die Steuererstattung erfolgt.

    Von diesem Inprinzip abzuweichen, gibt der Sachverhalt keine Veranlassung. Fiktive Einkommensermittlungen setzen eine unterhaltsrechtliche Obliegenheitsverletzung voraus, d.h. der Unterhaltspflichtige müßte es in vorwerfbarer Weise unterlassen haben, sich schon für den laufenden monatlichen Einkommensbezug des Jahres 1999 einen Steuerfreibetrag auf der Steuerkarte eintragen zu lassen. Angesichts der Tatsache, daß die Unterhaltsklage erst im November 1999 eingereicht wurde, kann dies nicht angenommen werden. Darüber hinaus müßte aber auch sichergestellt sein, daß durch das Realsplitting keine ersatzpflichtigen Nachteile bei der Unterhaltsberechtigten entstehen werden, um eine verläßliche Unterhaltsermittlung durchführen zu können. Auch dies kann für das Jahr 1999 angesichts des Auseinandersetzung der Parteien über das steuerliche Realsplitting und die beiderseitige Einkommensituation nicht ohne weiteres angenommen werden.

    Eine Berücksichtigung der Vorteile des Steuersplittings aus dem Einkommen des Jahres 1999 kann deshalb erst auf der Grundlage des Jahressteuerbescheides 1999 und nach Feststellung der Ausgleichsansprüche der Klägerin in Betracht kommen. Ob hieraus für die Zukunft ein höherer Unterhalt geschuldet wird, ist noch nicht absehbar. Es bleibt der Klägerin unbenommen, zu gegebener Zeit - möglicherweise unter Erweiterung der Klage - einen ergänzenden Prozeßkostenhilfeantrag zu stellen (vgl OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.1.1989, 6 UF 35/89; OLG Bamberg FamRZ 88, 727).

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