OLG Frankfurt vom 07.06.1999 (3 WF 129/99)

Stichworte: PKH, Vermögen, Einkünfte, Stufenklage, Arbeitsverweigerung, schuldhafte
Normenkette: ZPO 114, 115
Orientierungssatz: Maßgebend für die Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe sind allein die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partei und nicht ein etwaiges Familieneinkommen oder -vermögen. Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß sich die Prozeßkostenhilfebewilligung für eine Stufenklage im Hinblick auf die sofortige Anhängigkeit aller Stufen auch auf die Prozeßgebühr erstreckt (vgl. BGH FamRZ 1995, 797; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 415; 1993, 1241; OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 1281

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 14.4.1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelnhausen vom 16.3.1999 am 07. Juni 1999 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert:

Der Antragstellerin wird ratenfreie Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug für die Durchführung des Scheidungsverfahrens und der Stufenklage in der Folgesache Güterrecht unter dem Vorbehalt einer späteren Erfolgsprüfung nach Bezifferung des Zahlungantrages für die über die Prozeßgebühr hinausgehenden Gebühren einer streitigen Durchführung der Zahlungsstufe bewilligt.

Zur Wahrnehmung der Rechte in diesem Rechtszug wird ihr Rechtsanwalt XXX., Gelnhausen, beigeordnet.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten ( §§ 1 GKG, 127 Abs. 4 ZPO ).

G R Ü N D E

Durch den angefochtenen Beschluß vom 16.3.1999 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Gelnhausen den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Maßgebend für die Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe sind allein die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partei und nicht ein etwaiges Familieneinkommen oder -vermögen. Die Beschwerde weist deshalb zu Recht darauf hin, daß das Amtsgericht - Familiengericht - Gelnhausen in seiner Entscheidung ebenfalls davon ausgeht, daß die Antragstellerin persönlich über keine ausreichenden eigenen Einkünfte oder in zumutbarer Weise verwertbare Vermögensgegenstände zur Deckung der Prozeßkosten verfügt.

Ob die Antragstellerin sofort wieder beruflich tätig sein und damit ihre Bedürftigkeit beseitigen könnte, ist entgegen der Ansicht des Familiengerichts nicht entscheidend, denn eine fiktive Einkommenszurechnung kann im Rahmen des § 115 ZPO allenfalls bei schuldhafter Arbeitsverweigerung in Betracht gezogen werden. Für eine solche Annahme fehlt es schon aufgrund des Alters der Antragstellerin an hinreichenden Anhaltspunkten.

Soweit das Amtsgericht - Familiengericht - Gelnhausen in seiner Entscheidung auf Vermögen auf der Seite des Antragsgegners abstellt, kommt eine Verweigerung der Prozeßkostenhilfe nur in Betracht, wenn die Antragstellerin auf einen verwertbaren Zahlungsanspruch gegen den Antragsgegner verwiesen werden kann, sei es ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß, über ein Verfahren nach den Vorschriften des Gläubigeranfechtungsgesetzes oder aus anderem Rechtsgrund. Nach herrschender Rechtsprechung kann der hilfebedürftigen Partei, auch wenn sie sich eines solchen Anspruchs rühmt, nur ein alsbald realisierbarer Anspruch entgegengehalten werden, weil ihr anderenfalls gegenüber einer vermögenden Partei ungerechtfertigte Nachteile bei der Prozeßführung entstehen. Eine Realisierbarkeit ihrer Ansprüche erscheint aber nur mit großen Anstrengungen möglich, zumal die Frage einer Benachteiligungsabsicht bei der Schenkung an die Kinder keinesfalls unstreitig ist und der Antragsgegner in seiner Auskunft zum Endvermögen für die güterrechtliche Auseinandersetzung angegeben hat, daß den Aktiva erhebliche Passiva gegenüberstehen, so daß eine schnelle Klärung der etwaigen Zahlungsansprüche nicht zu erwarten ist. Sollte die Antragstellerin zukünftig solche Ansprüche realisieren, könnte diese Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eine Änderung der Bewilligung nach § 120 Abs 4 ZPO rechtfertigen. Eine Verweigerung der Prozeßkostenhilfe aus diesem Grunde scheidet allerdings im jetzigen Zeitpunkt aus.

Die Tatsache, daß die Antragstellerin im güterrechtlichen Sicherungsverfahren keine Prozeßkostenhilfe beantragt hat, hat für die Beschwerdeentscheidung keine präjudierende Bedeutung, zumal die Antragstellerin vorträgt, daß dieses Verhalten in dem eiligen Sicherungsverfahren darauf zurückzuführen war, daß das Familiengericht in den Parallelverfahren eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht in Aussicht stellte.

Da hinsichtlich der Erfolgsaussicht des Scheidungsverbundverfahrens und der Stufenklage in der Folgesache Güterrecht derzeit keine Bedenken bestehen, erstreckt sich die danach gebotene Bewilligung der Prozeßkostenhilfe über § 624 ZPO hinaus auch auf diese Stufenklage. Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß sich die Prozeßkostenhilfebewilligung für eine Stufenklage im Hinblick auf die sofortige Anhängigkeit aller Stufen auch auf die Prozeßgebühr erstreckt (vgl. BGH FamRZ 1995, 797; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 415; 1993, 1241; OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 1281); späterer Erfolgsprüfung vorbehalten bleibt lediglich die Entscheidung über die streitige Durchführung der noch zu beziffernden Zahlungsstufe, insbesondere hinsichtlich der erst dann fällig werdenden Verhandlungs- und gegebenenfalls Beweisgebühren.

Amthor Kirschbaum Ostermöller