OLG Frankfurt vom 20.04.2015 (3 WF 12/15)

Stichworte: Vereinfachtes Verfahren; Einwand der Leistungsunfähigkeit;
Normenkette: FamFG 256
Orientierungssatz:
  • Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Rechtsauffassung, eine Beschwerde sei gemäß § 256 FamFG unzulässig, wenn der Unterhaltspflichtige solche Einwendungen erhebt, mit denen er im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist, Senatsbeschluss vom 21.2.2011 - 3 UF 217/11, FamRZ 2012, 465; zuletzt Senatsbeschluss vom 10.9.2014 - 3 WF 228/14 - , nicht veröffentlicht; vgl. auch OLG Brandenburg vom 12.4.2012, FamRZ 2012, 1894; OLG Sachsen-Anhalt vom 31.5.2013, FamRZ 2014, 59, nicht mehr fest.
  • Der Senat schließt sich nunmehr der Auffassung an, wonach § 256 FamFG lediglich die Präklusion bestimmter Einwendungen im zweiten Rechtszug betrifft und nicht die Zulässigkeit der Beschwerde, vgl. 4. Familiensenat des OLG Brandenburg vom 31.7.2014 - 13 WF 136/14, Rechtspfleger 2015, 74 m.w.N.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 18.3.2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 8.11.2013 durch Richter am Oberlandesgericht Reitzmann, Richterin am Oberlandesgericht Knauth und Richterin am Amtsgericht (abg.) Dr. Kriewald am 20.04.2015 beschlossen:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

    Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.028,-- € festgesetzt.

    Gründe:

    Mit am 30.1.2013 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 25.1.2013 beantragte der Antragsteller für den Zeitraum ab dem 1.8.2012 die Festsetzung gegen den Antragsgegner von 100 % des Mindestunterhaltes abzüglich des Kindergeldes i.H.v. monatlich 184,-- € für die Kinder des Antragsgegners X, geboren am 28.5.2005, Y, geboren am 23.4.2014, und Z, geboren am 28.2.2007 im vereinfachten Unterhaltsverfahren. Der Antragsteller hat im streitgegenständlichen Zeitraum für die drei Kinder Unterhaltsvorschuss geleistet. Der Antrag wurde dem Antragsgegner am 28.9.2013 (Bl. 23 d.A.) zugestellt. Er erhielt den Hinweis, dass über den beantragten Unterhaltsbetrag ein Festsetzungsbeschluss ergehen könne, wenn er nicht innerhalb eines Monats seit der Zustellung des Antrags Einwendungen in der vorgeschriebenen Form erheben würde. Wegen der weitergehenden rechtlichen Hinweise wird auf den Antrag (Bl. 7 d.A.) verwiesen. Nachdem der Antragsgegner auf die Übersendung des Antrags nicht reagierte, erließ die Rechtspflegerin des Amtsgerichts am 8.11.2013 den angefochtenen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss im vereinfachten Verfahren.

    Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er macht geltend, dass die Antragsschrift unzutreffender Weise an die A-Straße 60 in B gesandt wurde, während er bei Rechtshängigkeit bereits in der C-Straße 6 in B gewohnt habe. Darüber hinaus sei er für die Zahlung von Mindestunterhalt für die drei Kinder nicht leistungsfähig. Der Antragsgegner beantragt zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Verfahrenskostenhilfe.

    Nach Auskunft der Stadt B vom 24.7.2014 hat der Antragsgegner bis zum 31.10.2013 in der A-Straße 60 in B gewohnt, nachdem er dort am 16.8.2013 eingezogen war. Ab dem 31.10.2013 war er in der C-Straße 6 in B gemeldet. Mit Beschluss vom 12.1.2015 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung vorgelegt.

    Mit Verfügung des Senats wurde der Antragsgegner auf die Präklusion der Einwendung der Leistungsunfähigkeit gemäß § 256 FamFG hingewiesen. Darüber hinaus wurde er darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner ausweislich der Einwohnermeldeamtsauskunft bis zum 31.10.2013 in der A-Straße 60 in B gemeldet war. Eine inhaltliche Stellungnahme hat der Antragsgegner hierauf nicht abgegeben.

    Die Beschwerde des Antragsgegners ist als Beschwerde nach § 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Beschwerdeverfahren nach § 58 FamFG sieht eine Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts nicht vor. Das gleichwohl durchgeführte Nichtabhilfeverfahren des Amtsgerichts war daher nicht statthaft, bleibt aber ohne weitere Rechtsfolgen.

    Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Rechtsauffassung, eine Beschwerde sei gemäß § 256 FamFG unzulässig, wenn der Unterhaltspflichtige solche Einwendungen erhebt, mit denen er im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist, Senatsbeschluss vom 21.2.2011 - 3 UF 217/11, FamRZ 2012, 465; zuletzt Senatsbeschluss vom 10.9.2014 - 3 WF 228/14 - , nicht veröffentlicht; vgl. auch OLG Brandenburg vom 12.4.2012, FamRZ 2012, 1894; OLG Sachsen-Anhalt vom 31.5.2013, FamRZ 2014, 59, nicht mehr fest. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 28.5.2008, XII ZB 104/06) sah der Senat in diesen Fällen die Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG als statthaft an und verwies die Verfahren an den Rechtspfleger des zuständigen Amtsgerichts zur weiteren Entscheidung zurück.

    Andere Oberlandesgerichte sehen in diesen Fällen ebenfalls die Beschwerde nach § 58 FamFG als unzulässig an, verwerfen diese jedoch als unzulässig, da eine Rechtspflegererinnerung insoweit nicht stattfinde, vgl. zuletzt OLG Thüringen vom 22.1.2015 - 4 WF 699/14 -, juris m.w.N.

    Der Senat schließt sich nunmehr der Auffassung an, wonach § 256 FamFG lediglich die Präklusion bestimmter Einwendungen im zweiten Rechtszug betrifft und nicht die Zulässigkeit der Beschwerde, vgl. 4. Familiensenat des OLG Brandenburg vom 31.7.2014 - 13 WF 136/14, Rechtspfleger 2015, 74 m.w.N. Zutreffend weist der 4. Familiensenat des OLG Brandenburg darauf hin, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde abschließend in §§ 58 ff FamFG geregelt sind. § 256 FamFG bestimmt dagegen, was Gegenstand der Prüfung im Beschwerdeverfahren sein kann und mit welchen Einwendungen der Beschwerdeführer im zweiten Rechtszug gehört wird, so auch Maurer, Anm. zu OLG Naumburg, Beschluss vom 5.6.2013 - 3 WF 132/13, FamRZ 2014, 1053; Beschluss des 5. Familiensenats des OLG Frankfurt am Main vom 13.10.2014 - 5 WF 169/14 -, nicht veröffentlicht. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 31.7.2014 verwiesen, der sich der erkennende Senat anschließt.

    Die mithin als zulässig anzusehende Beschwerde ist nicht begründet. Der Antragsgegner hat erstmals in zweiter Instanz den Einwand fehlender Leistungsfähigkeit erhoben und ist mit diesem nach Erlass des angefochtenen Beschlusses gemäß § 256 S. 2 FamFG ausgeschlossen. Ausweislich der Zustellungsurkunde vom 28.9.2013 (Bl. 23 d.A.) hat er den Festsetzungsantrag nebst Einwendungsformularen und Hinweisen zur Stellungnahme binnen eines Monats zugestellt bekommen. Mit dem Einwand, er habe an der Zustelladresse A-Straße 60, B, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gewohnt, kann der Antragsgegner nicht gehört werden. Ausweislich der Auskunft des Einwohnermeldeamts war der Antragsgegner bis zum 30.10.2013 unter dieser Anschrift gemeldet. Auf den Hinweis des Senats hat er hierzu keine Stellung genommen. Es ist daher von einer ordnungsgemäßen Zustellung des Antrages nebst Hinweisen auf die Rechtsfolgen der Nichtäußerung auszugehen. Der Einwand der fehlenden Leistungsfähigkeit ist daher im Beschwerdeverfahren nicht mehr zu prüfen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 S. 2, 243 S. 2 Nr. 1 FamFG. Der Beschwerdewert beruht auf § 51 FamGKG und berücksichtigt, dass auch die beantragten Beträge für Januar 2013 zu den Rückständen zu zählen sind, da der Antrag des Antragstellers am 30.1.2013 beim Amtsgericht eingegangen war und die Beträge für Januar 2013 bereits fällig waren.

    Gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG wird die Rechtsbeschwerde zugelassen zu der Frage, ob eine Beschwerde, die allein auf Einwendungen gestützt ist, die nach § 256 FamFG präkludiert sind, zulässig ist. Der Senat weicht hier von der Rechtsansicht von anderen Oberlandesgerichten ab. Die Frage hat grundsätzliche Bedeutung, da sie Einfluss darauf hat, ob in Fällen wie dem hier vorliegenden die Erinnerung nach § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG eröffnet sein kann, vgl. OLG Sachsen-Anhalt vom 31.05.2013, FamRZ 2014, 1053 und juris.

    Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen.

    Rechtsbehelfsbelehrung Gegen die Entscheidung zur Verwerfung der Beschwerde ist die Rechtsbeschwerde statthaft (§ 117 Abs. 1 S. 4 FamFG, § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht - Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe - einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

    1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, 2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde. 3. die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben.

    Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 S. 5 und 6 der ZPO gilt entsprechend.

    Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt (§ 114 Abs. 2 FamFG) oder unter den Voraussetzungen des § 114 Abs. 3 FamFG durch eine zur Vertretung berechtigte Person, die die Befähigung zum Richteramt hat, vertreten lassen.

    Reitzmann Knauth Dr. Kriewald