OLG Frankfurt vom 14.06.2012 (3 WF 119/12)

Stichworte: einstweilige Anordnung, mündliche Erörterung, Beschwerde, Kostenentscheidung; Kostenentscheidung, Anfechtbarkeit, einstweilige Anordnung;
Normenkette: FamFG 57 S 1; FamFG 57 S 2 Nr 5;
Orientierungssatz: Hat das Amtsgericht im einstweiligen Anordnungsverfahren (hier: über die Zuweisung der Ehewohnung in der Trennungszeit) ohne mündliche Verhandlung entschieden und (hier: auf entsprechenden Antrag) anschließend nur über die Kosten mündlich verhandelt, ist die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung gemäß § 57 FamFG unzulässig.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Hanau vom 16.02.2012 am 14.06.2012 beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Hanau vom 13.12.2011 wird der Verfahrenswert des ersten Rechtszuges auf 1500 € festgesetzt. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 600 €.

Gründe:

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Kostenentscheidung in einem abgeschlossenen einstweiligen Wohnungszuweisungsverfahren.

Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Ein Scheidungs-, ein Sorgerechts- und ein Wohnungszuweisungsverfahren sind anhängig. Die Beteiligten hatten nach der im April 2010 erfolgten Trennung mit ihren gemeinsamen, 9 und 10 Jahre alten Kindern zunächst ein Wechselmodell dergestalt praktiziert, dass sie sich abwechselnd für jeweils eine Woche mit den Kindern in dem bis dahin von der Familie gemeinsam bewohnten Hause ... aufhielten. Durch einstweilige Anordnung vom 18.11.2011 (63 F 1460/11 EASO Amtsgericht Hanau) wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder vorläufig dem Antragsteller übertragen. Daraufhin leitete der Antragsteller das vorliegende Verfahren ein mit dem Ziel, dass ihm die Ehewohnung durch einstweilige Anordnung für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung zugewiesen werde. Mit Beschluss vom 30.11.2011 wies das Amtsgericht antragsgemäß dem Antragsteller die Ehewohnung längstens bis 31.07.2012 vorläufig zu und erlegte der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auf. Nachdem die Antragsgegnerin beantragt hatte, aufgrund mündlicher Verhandlung erneut über die Kosten zu entscheiden, beraumte das Amtsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung an und wies mit der Terminsladung darauf hin, dass es nur noch um die Kosten gehe. Im Erörterungstermin vom 16.02.2012 stellte die Antragsgegnerin zusätzlich klar, dass sie mit ihrer Beschwerde nur die Kostenentscheidung angreife.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 16.02.2012 bestätigte das Amtsgericht den Beschluss vom 30.11.2011 in der Kostenentscheidung und erlegte der Antragsgegnerin die (weiteren) Kosten des Verfahrens auf. Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde erstrebt die Antragsgegnerin die Abänderung der Kostenentscheidung im Sinne einer Kostenaufhebung und macht geltend, dass die Beschwerde zulässig sei, weil die angefochtene Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen sei.

Die Beschwerde ist gemäß § 57 FamFG unzulässig. Nach dieser Vorschrift sind Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen nicht anfechtbar (§ 57 S. 1 FamFG). Die Nichtanfechtbarkeit gilt nach Satz 2 Nr. 5 der Vorschrift dann nicht, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges aufgrund mündlicher Erörterung in einer Ehewohnungssache über einen Antrag auf Zuweisung der Wohnung entschieden hat.

Die Beschwerde richtet sich gegen eine im Verfahren der einstweiligen Anordnung ergangene und somit nicht anfechtbare (Kosten-) Entscheidung. Die Voraussetzung für die nach § 57 S. 2 Nr. 5 FamFG ausnahmsweise gegebene Anfechtbarkeit liegt nicht vor. Denn das Amtsgericht hat aufgrund mündlicher Erörterung nicht über einen Antrag auf Zuweisung der Wohnung, sondern nur über die Kosten des Verfahrens entschieden. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 20.12.2011 und im Erörterungstermin vom 16.02.2012 ausdrücklich erklärt bzw. klargestellt, dass sie mit ihrer Beschwerde nur die Kostenentscheidung angreife. Das Amtsgericht hat dementsprechend in seiner Terminsbestimmung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im Erörterungstermin nur noch um die Kosten gehe und hat in der Beschlussformel sowie in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Entsprechendes deutlich zum Ausdruck gebracht.

Es ist kein Anlass gegeben, über den Wortlaut des § 57 FamFG hinaus in Fällen der vorliegenden Art die (isolierte) Anfechtung der Kostenentscheidung zuzulassen. Zwar ist im Gegensatz zum früheren Recht (§ 20a Abs. 1 Satz 1 FGG) und anders als in der Zivilprozessordnung (§ 99 Abs. 1 ZPO) im Bereich des FamFG die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen zugelassen (BT-Drucks. Nr. 16/6308, Seiten 168 und 216). § 57 FamFG ist jedoch, wie im Beschluss des Kammergerichts vom 06.12.2010 (16 UF 151/10, FamRZ 2011, 577 = MDR 2011, 232) zutreffend ausgeführt, gegenüber der allgemeinen Regelung des § 58 FamFG eine Sondervorschrift für den Bereich der einstweiligen Anordnung und als solche restriktiv auszulegen. Allgemein gilt der Grundsatz - der beispielsweise in § 127 Abs. 2 S. 2, 2. HS ZPO seinen Ausdruck findet -, dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren nicht über den Rechtsweg in der Hauptsache hinausgehen kann (BGHZ 162, 230 = FamRZ 2005, 790 = NJW 2005, 1659 - Rdnr. 13 m.w.N. -, BGH NJW-RR 2003, 1075 = MDR 2003, 1195 = JurBüro 2003, 489, OLG Ham¬burg MDR 2011, 104 = FamRZ 2011, 752). Dies hat seinen Grund darin, dass einander widersprechende Entscheidungen in Haupt- und Nebenverfahren vermieden werden sollen sowie dass das Rechtsmittelgericht in Verfahren, in denen die Hauptsache bei ihm nicht zur Entscheidung anfallen kann, nicht gezwungen sein soll, sich auf dem Umweg über die Nebensache inhaltlich mit der Hauptsache zu befassen. Letzteres wäre aber die Konsequenz, ließe man im vorliegenden Fall die isolierte Beschwerde gegen die Kostenentscheidung zu.

Im Übrigen ist, wie aus nachstehenden Ausführungen zum Verfahrenswert ersichtlich, auch der Beschwerdewert des § 61 Abs. 1 FamFG nicht erreicht, da die Beschwer der Antragsgegnerin 600 € nicht übersteigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Gemäß § 57 Abs. 3 FamGKG ist der vom Amtsgericht festgesetzte Verfahrenswert für den ersten Rechtszug zu korrigieren. Dieser beträgt gemäß §§ 48 Abs. 1 i.V.m. 41 S. 2 FamGKG für Ehewohnungssachen im Sinne des § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG 1500 €. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens orientiert sich an der Höhe der Kostenlast, gegen die die Antragsgegnerin sich mit der Beschwerde wendet.

Grabowski Kummer-Sicks Reitzmann