OLG Frankfurt vom 15.11.1999 (3 UF 85/99)

Stichworte: Eheaufhebung Scheidung Klageänderung, Berufung Umdeutung, Jahresfrist
Normenkette: BGB 1317 Abs. 1, 1314, 611
Orientierungssatz: Mit seiner Berufungsbegründung verfolgt der Antragsteller das Ziel, daß seine Ehe mit der Antragsgegnerin nicht geschieden, sondern aufgehoben wird. Das Berufungsziel des Antragstellers wäre eine Klageänderung; eine Berufung zum Zwecke einer solchen Klageänderung ist jedoch unzulässig, der Antragsteller hatte in erster Instanz das Ziel seiner Klage erreicht, er ist somit durch das Urteil nicht beschwert.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oaberlandesgerichts Frankfurt am Main am 15.11.1999 beschlossen:

Der Antragsgegnerin wird ratenfreie Prozeßkostenhilfe gemäß §§ 114 ff ZPO gewährt, und zwar sowohl zur Durchführung ihrer Berufung als auch zur Verteidigung gegen das gegnerische Rechtsmittel.

Im Rahmen der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe wird ihr Rechtsanwalt R., Frankfurt und als Korrespondenzanwältin M. XXX., Regensburg, beigeordnet.

Dem Antragsteller wird gemäß §§ 114 ff (119 Abs. 1) ZPO Prozeßkostenhilfe zur Verteidigung gegen das gegnerische Rechtsmittel bewilligt. Der Prozeßkostenhilfeantrag des Antragstellers vom 25.08.1999 wird, soweit er die von ihm selbst eingelegte Berufung betrifft, wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen.

Im Rahmen der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe wird dem Antragsteller Rechtsanwalt Dr. XXX., Offenbach,beigeordnet. Gleichzeitig wird die Entrichtung von monatlichen Raten in Höhe von 120,-- DM angeordnet, und zwar im Anschluß an die für das erstinstanzliche Verfahren zu zahlenden Raten; über die Zahlungsmodalitäten ergeht besondere Mitteilung durch den Kostenbeamten.

G r ü n d e :

Soweit den Parteien jeweils zur Verteidigung gegen das gegnerische Rechtsmittel Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde, folgt dies aus § 119 Abs. 1 ZPO. Im Rahmen der nur summarischen Prüfung des Berufungsbegehrens der Antragsgegnerin konnte diesem die Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Dem Hauptverfahren bleibt es vorbehalten, die Rechtsfragen und die Höhe eines eventuell der Antragsgegnerin zustehenden nachehelichen Unterhaltes im einzelnen zu prüfen.

Die Berufung des Antragstellers gegen das Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Königstein vom 17.02.1999 hat keine Aussicht auf Erfolg.
BR Ihr fehlt die Berufungsbeschwer. Das Amtsgericht - Familiengericht - Königstein hat mit dem hier angefochtenen Urteil allen rechtshängigen Anträgen des Antragstellers entsprochen.

Mit Schriftsatz vom 16.05.1997 hatte der Antragsteller Scheidungsantrag eingereicht. Dieser wurde mit der Zustellung am 13.06.1997 rechtshängig. Im Zuge des somit rechtshängigen Eheverfahrens hat der Antragsteller dann mit Schriftsatz vom 27.01.1999 eine Antragsänderung dahin angekündigt, daß er nunmehr die Eheaufhebung beantragen wolle (vergl. Bl. 85 ff d.A.). Diesen Antrag hat der Antragsteller im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.02.1999 ausweislich des Protokolls ausdrücklich zurückgenommen (vergl. Bl. 104 ff d.A.). Der Antragsteller hat im vorgenannten Termin vom 17.02.1999 nur den Scheidungsantrag gestellt und im übrigen die Zurückweisung der Unterhaltsanträge der Antragsgegnerin beantragt. Beiden Anträgen wurde mit dem Urteil vom 17.02.1999 entsprochen.

Mit seiner Berufungsbegründung vom 06.07.1999 verfolgt der Antragsteller das Ziel, daß seine Ehe mit der Antragsgegnerin nicht geschieden, sondern aufgehoben wird.
BR Das Berufungsziel des Antragstellers wäre eine Klageänderung; eine Berufung zum Zwecke einer solchen Klageänderung ist jedoch unzulässig, der Antragsteller hatte in erster Instanz das Ziel seiner Klage erreicht, er ist somit durch das Urteil nicht beschwert (vergl. Zöller ZPO 21. Auflage § 611 RdN. 5; Baumbach u.a. ZPO 51. Auflage § 611 RdN. 2; Stein-Jonas u.a. 21. Auflage § 611 RdN. 9 m.w.N. Münchner Kommentar ZPO § 611 RdN.2 m.w.N.).

Eine Umdeutung des Rechtsmittels in eine Anschlußberufung führt ebenfalls nicht zum Erfolg.
BR Sowohl der Antrag des Antragstellers vom 27.01.1999 (er hat ihn anschließend zurückgenommen, s.o.) als auch der nunmehr mit seiner Berufung angekündigte Eheaufhebungsantrag ist auch wegen "Verspätung" unzulässig, er ist nicht binnen Jahresfrist erfolgt (§ 1317 Abs. 1 BGB; vergl. § 35 EheG in der bis zum 30.06.1998 geltenden Fassung). Nach seinen eigenen Angaben hat der Antragsteller bereits im Herbst 1994 von der Erkrankung der Antragsgegnerin erfahren, aufgrund deren diese ihren Heilungsprozeß "verzögert". Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat der Antragsteller somit Kenntnis von der von ihm behaupteten "arglistigen Täuschung" der Antragsgegnerin erfahren, d.h. ab diesem Zeitpunkt begann die Klagefrist des §§ 35 EheG alter Fassung bzw. die nunmehr in § 1317 Abs. 1 BGB geregelte einjährige Klagefrist (diese ist auch bezogen auf den 07.06.1996 nicht gewahrt).

Der Senat weist abschließend noch darauf hin, daß seit dem 01.07.1998 die Grundsätze einer Eheaufhebung neu geregelt wurden, und zwar nunmehr in § 1314 BGB. Die Anfechtung einer Ehe wegen arglistiger Täuschung ist noch zulässig; fraglich ist jedoch, ob der Antragsteller eine derartige Täuschung überhaupt substantiiert vorgetragen hat. Seit dem 01.07.1998 ist jedenfalls die Aufhebung einer Ehe wegen Irrtums über die persönlichen Eigenschaften des Ehepartners nicht mehr möglich; der Gesetzgeber hat auf diese Möglichkeit verzichtet (vergl. Palandt BGB 58. Auflage § 1314 RdN. 10; Jauernig BGB 9. Auflage Anm. zu §§ 1313-1318 RnN. 2; Bäumel u.a. FamRechtsreformkommentar Einführung 2. Teil A - Seite 8 -).

Nach allem war der Prozeßkostenhilfeantrag des Antragstellers bezogen auf seine eigene Berufung zurückzuweisen.

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