OLG Frankfurt vom 11.08.2017 (3 UF 8/14)

Stichworte: Externe Teilung; Wahlrecht, Zielversorgung; Willenserklärung; Zielversorgung
Normenkette: VersAusglG 15; FamFG 222
Orientierungssatz:
  • Hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte eines extern zu teilenden Anrechts bereits in 1. Instanz wirksam einen Zielversorgungsträger gewählt (§§ 15 VersAusglG, 222 FamFG), kann er mit der Beschwerde keine andere Wahl treffen.
  • 53 F 393/95-27
    AG Wiesbaden

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    pp.

    hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 23.12.2013 und die Beschwerde der Antragstellerin vom 27.12.2013 gegen den Schlussbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Wiesbaden vom 21.11.2013 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Fritz, Richter am Amtsgericht (abg.) Köhler und Richterin am Oberlandesgericht Kummer-Sicks

    am 11.08.2017 beschlossen:

    Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der übrigen Beteiligten werden nicht erstattet.

    Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 1.380,- Euro.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Die am 13.09.1979 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde auf den am 02.10.1995 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Wiesbaden vom 21.12.2000, rechtskräftig seit demselben Tage, unter Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens geschieden.

    Mit Teilbeschluss vom 11.08.2011, rechtskräftig seit dem 20.09.2011, hat das Amtsgericht über die Anrechte der Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung … entschieden.

    Neben den Versorgungsanrechten bei der Deutschen Rentenversicherung … hat der Antragsgegner ein betriebliches Anrecht bei der X GmbH mit einem Kapitalwert von 30.030,- Euro und ein Anrecht bei der Y Lebensversicherung mit einem Kapitalwert von 1.422,84 Euro erworben.

    Die X GmbH, auf deren Auskunft vom 16.09.2011, Bl. 214 ff., Bezug genommen wird, hat die externe Teilung verlangt.

    Das Amtsgericht hat der Antragstellerin mit Verfügung vom 18.04.2012 eine Frist zur Ausübung des Wahlrechts für die Zielversorgung bis zum 31.05.2012 gesetzt.

    In dieser Frist hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass das Wahlrecht noch nicht ausgeübt werden könne, weil die Auskunft hinsichtlich des Anrechts bei der X GmbH nicht korrekt sei.

    Daraufhin hat das Amtsgericht ein Gutachten zu dem Wert dieses Anrechts eingeholt. Auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens vom 05.03.2013, Bl. 270 ff. d. A. wird Bezug genommen.

    Mit Schriftsatz vom 11.09.2013 teilte die Antragstellerin dem Amtsgericht mit, dass sie ihr Wahlrecht dahingehend ausübe, dass Zielversorgungsträger die A Lebensversicherungs-AG werden solle und übergab zugleich das von ihr eingeholte Vertragsangebot zur Prüfung an das Amtsgericht.

    Mit dem angefochtenen Schlussbeschluss, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, führte das Amtsgericht die externe Teilung hinsichtlich des Anrechts des Antragsgegners bei der X GmbH zugunsten der Antragstellerin durch und bestimmte die A Lebensversicherungs-AG als Zielversorgungsträger. Hinsichtlich des Anrechts des Antragsgegners bei der Y Lebensversicherung AG führte das Amtsgericht wegen Geringfügigkeit keinen Versorgungsausgleich durch.

    Die Zustellung an den Antragsgegner erfolgte am 25.11.2013, die Zustellung an Antragstellerin erfolgte am 27.11.2013.

    Der Antragsgegner legte am 23.12.2013 Beschwerde gegen den Schlussbeschluss ein. Auch auf mehrfache Nachfrage wurde diese Beschwerde nicht begründet.

    Die Antragstellerin legte am 27.12.2013 Beschwerde gegen den Schlussbeschluss ein und begründete ihre Beschwerde damit, dass sie die Wahl des Zielversorgungsträgers ändern möchte und nunmehr dahingehend ausübe, dass Zielversorgungsträger der externen Teilung die B Lebensversicherung AG werden solle.

    Der Senat wies am 06.01.2017 darauf hin, dass die Antragstellerin ihr Wahlrecht als Gestaltungsrecht nur einmal ausüben könne und dies nicht widerruflich sei, weshalb beabsichtigt sei, die Beschwerden zurückzuweisen.

    II.

    Die Beschwerden sind statthaft (§ 58 FamFG) und zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt (§§ 63, 64 FamFG). Die Antragstellerin ist auch insoweit durch die amtsgerichtliche Entscheidung beschwert, dass sie mit der Beschwerde eine nach ihren Angaben wirtschaftlich günstigere externe Teilung des Anrechts des Antragsgegners erreichen möchte.

    Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 5 FGG-RG, § 48 Abs. 3 VersAusglG das seit 01.09.2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden, weil die erstinstanzliche Entscheidung nach dem 31.08.2010 erging.

    In der Sache haben beide Beschwerden keinen Erfolg und waren zurückzuweisen.

    Der Antragsgegner hat die von ihm eingelegte Beschwerde nicht begründet. Auch sind keine Fehler des amtsgerichtlichen Beschlusses ersichtlich, die im Rahmen einer amtswegigen Überprüfung zu einer Abänderung führen würden.

    Die Antragstellerin hat nur aus dem Grund Beschwerde eingelegt, um ihr in der ersten Instanz ausgeübtes Wahlrecht hinsichtlich des Zielversorgungsträgers zu ändern.

    Ein einmal ausgeübtes Wahlrecht kann als Willenserklärung aber nach Zugang der Willenserklärung beim Erklärungsempfänger nicht mehr geändert werden.

    Der Antragsgegner hat in der Ehezeit bei dem Versorgungsträger X GmbH (Holding) eine betriebliche Versorgungsanwartschaft erworben.

    Der Versorgungsträger hat gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG die externe Teilung verlangt und der Ausgleichswert als Kapitalwert am Ende der Ehezeit unterschreitet mit 30.030,- Euro die Grenze von 93.600,- DM (= 47.856,92 Euro), welche als Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 1995 maßgeblich ist.

    Die Antragstellerin hat nach Fristsetzung durch das Amtsgericht außerhalb der gesetzten Frist, aber vor der Entscheidung durch das Amtsgericht ihr gemäß § 15 Abs. 1 VersAusglG bestehendes Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass bei der A Lebensversicherungs-AG ein neues Anrecht begründet werden soll. Die Zielversorgung gewährleistet auch eine angemessene Versorgung nach § 15 Abs. 2 VersAusglG.

    An die Ausübung ihres Wahlrechts ist die Antragstellerin gebunden.

    Die Ausübung des Wahlrechts stellt eine Willenserklärung im Sinne des § 130 Abs. 1, Abs. 3 BGB dar, die zu dem Zeitpunkt wirksam wird, zu dem sie zugeht. Mit dem Zugang ist die Willenserklärung bindend und kann nicht frei widerrufen werden (allgemeine Meinung, vgl. Borth, Versorgungsausgleich in anwaltlicher und familiengerichtlicher Praxis, 8. Auflage 2017, Kap. 3, Rn. 103; Wick, Der Versorgungsausgleich, 4. Auflage 2017, Rn. 500; Johannsen/Henrich – Holzwarth, Familienrecht, 6. Auflage 2015, § 15 VersAusglG Rn. 7; Götsche/Rehbein/Breuers – Götsche, Versorgungsausgleichsrecht, 2. Auflage 2015, § 15 VersAusglG Rn. 6).

    Die Erklärung der Antragstellerin vom 11.09.2013 ging am 16.09.2013 dem Amtsgericht als Erklärungsempfänger zu.

    Mit dieser Ausübung des Wahlrechts und der Zustimmung der A Lebensversicherungs-AG als Zielversorgungsträger wird die Form des externen Ausgleichs bindend festgelegt und löst die Zahlungspflicht nach § 14 Abs. 4 VersAusglG aus (vgl. Borth, Versorgungsausgleich in anwaltlicher und familiengerichtlicher Praxis, 8. Auflage 2017, Kap. 3, Rn. 103).

    Mangels Vorliegen von Anfechtungsgründen dieser Erklärung, etwa nach § 119 BGB, blieb die Antragstellerin an diese Erklärung gebunden.

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Rechtsnatur der Frist nach § 222 Abs. 1 FamFG. Soweit in der gerichtlich gesetzten Frist nach § 222 Abs. 1 FamFG kein Wahlrecht ausgeübt wurde und das Gericht daraufhin gemäß § 15 Abs. 5 S. 1, S. 2 VersAusglG das extern zu teilende Anrecht in die gesetzliche Rentenversicherung bzw. Versorgungsausgleichskasse geteilt hat, ist überwiegend anerkannt, dass der Ausgleichsberechtigte im Beschwerdeverfahren die Ausübung des Wahlrechts nachholen kann (vgl. KG, Beschluss vom 12.02.2014 – 17 UF 155/13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.08.2015 – 16 UF 130/15).

    Diese Fälle unterscheiden sich jedoch wesentlich von der vorliegenden Konstellation, weil in den dortigen Fällen das Wahlrecht nicht wirksam ausgeübt wurde. Hier hat die Antragstellerin aber ihr Wahlrecht wirksam und bindend ausgeübt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 3 bis 5 FamFG.

    Die Entscheidung über den Beschwerdewert beruht auf §§ 40, 50 Abs. 1 Var. 1 FamGKG. Dabei war von einem gemeinsamen Nettoeinkommen bei Antragstellung von 4.500,- DM, d.h. ca. 2.300,- Euro, und zwei Versorgungsausgleichsanrechten auszugehen.

    Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG. Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Änderung eines einmal ausgeübten Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG zuzulassen.

    Dr. Fritz Köhler Kummer-Sicks