OLG Frankfurt vom 28.07.2021 (3 UF 55/21)

Stichworte: Abänderung, Übergangsrecht; Totalrevision; Tod Ausgleichsberechtigte; Hinterbliebene; Erben:Beschwerdeberechtigte
Normenkette: VersAusglG 31 Abs. 1 S. 2; VersAusglG 51 Abs. 1, 2; VersAusglG 52 Abs. 1; FamFG 225 Abs. 2, 3; FamFG 226 Abs. 1; FamFG 226 Abs. 4
Orientierungssatz:
  • Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG ist auch in Verfahren nach § 51 VersAusglG, wenn der überlebende Ehegatte insgesamt ausgleichspflichtig ist, uneingeschränkt anzuwenden.
  • Ein schutzwürdiges Vertrauen des Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten auf den Fortbestand seiner Hinterbliebenenversorgung besteht nicht.
  • 472 F 18083/20
    AG Frankfurt am Main

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache betreffend ein Versorgungsausgleichabänderungsverfahren

    hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 3. Familiensenat – auf die Beschwerde des Hinterbliebenen gegen den Beschuss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 11.03.2021 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Fritz sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Kummer-Sicks und Dr. Fink am 28.07.2021 beschlossen:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.

    Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Dem Beschwerdeführer wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt … beigeordnet.

    Gründe:

    I.

    Der Antragsteller und die am 15.05.2019 verstorbene … (im Folgenden: Ehefrau) waren seit dem 01.12.1961 verheiratet. Ihre Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main vom 03.11.1998, Az. 35 F 9123/94-60, geschieden. Im Rahmen des im Scheidungsverbundes durchgeführten Versorgungsausgleichs wurden vom Versicherungskonto des (jetzigen) Antragsstellers bei der Beteiligten zu 3 im Wege des Splittings monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 938,54 DM, bezogen auf den 31.05.1994, auf das Versicherungskoto der Ehefrau bei der Beteiligten zu 4 übertragen.

    Die Ehefrau war in zweiter Ehe mit dem Beteiligten zu 2 verheiratet, der neben seiner eigenen Altersrente nach deren Tod eine Hinterbliebenenversorgung bezieht. Erben der Ehefrau sind ihre Kinder aus erster Ehe.

    Der Antragsteller, der bereits eine Altersrente bezieht, hat am 31.03.2020 die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich gem. §§ 51, 31 VersAusglG und die Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich mit Wirkung ab dem 01.04.2020 nicht stattfinde, beantragt.

    Zur Begründung hat er vorgetragen, aufgrund der sog. Mütterrente habe sich der Ausgleichswert für die Anwartschaft der Ehefrau geändert, da sich die Bewertung der Kindererziehungszeiten für die beiden vor dem Jahr 1992 geborenen ehelichen Kinder verbessert habe.

    Die bei der Beteiligten zu 4 für die Ehefrau durch das Amtsgericht eingeholte Auskunft ergab einen Ehezeitanteil der Rente in Höhe von 8,1104 Entgeltpunkten, woraus sich ein Ausgleichswert von 4,0552 Entgeltpunkten (entsprechend einer Monatsrente von 92,25 €) errechnet (Auskunft vom 26.10.2020, Bl. 23 ff. d. A.).

    Die am 10.12.2020 durch die Beteiligte zu 3 für den Antragsteller erteilte Auskunft ergab einen Ehezeitanteil von 47,1873 Entgeltpunkten, woraus sich ein Ausgleichswert von 23,5937 Entgeltpunkten (entsprechend einer Monatsrente von 536,69 €) errechnet (Bl. 41 ff. d. A.).

    Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Ursprungsentscheidung zum Versorgungsausgleich abgeändert und festgestellt, dass mit Wirkung ab dem 01.04.2020 ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde.

    Die Wertgrenzen der §§ 51 Abs. 2 VersAusglG, 225 Abs. 2, 3 FamFG – so das Amtsgericht zur Begründung - seien überschritten. In der Ursprungsentscheidung sei für die Ehefrau ein Ehezeitanteil von 222,29 DM = 113,66 € zu Grunde gelegt worden; der Ausgleichswert habe die Hälfte hiervon, also (umgerechnet) 56,83 € betragen. Ausweislich der nunmehr eingeholten Auskunft des Versorgungsträgers belaufe sich der Ausgleichswert auf monatlich 92,25 €.

    Diese Abweichung von 62,3% sei wesentlich, weil sie deutlich über der relativen Wertgrenze von 5% liege und auch die absolute Wertgrenze - den zum Ende der Ehezeit gemäß § 18 SGB IV maßgeblichen Wert von 39,20 DM (umgerechnet 20,04 €) - übersteige.

    Die grundsätzlich durchzuführende Abänderung der Ursprungsentscheidung zum Versorgungsausgleich in der Form, dass nunmehr ein völlig neuer Versorgungsausgleich nach dem seit dem 01.09.2009 geltenden Recht durchzuführen wäre, könne aber nicht stattfinden, da die Ehefrau inzwischen verstorben sei und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 31 VersAusglG auch in diesen Fällen Anwendung finde. Ausgleichsberechtigt sei nach Saldierung der beiderseits erworbene Ansprüche die Ehefrau. Dies habe zur Folge, dass kein Versorgungsausgleich mehr stattfinde, da die Erben keinen Anspruch auf Wertausgleich hätten. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung wird auf Bl. 66 ff. d. A. verwiesen.

    Die Erben der Ehefrau waren in das Rubrum des Beschlusses aufgenommen worden; ihnen wurde die Entscheidung auch zugestellt. Eine vorherige Beteiligung der Erben durch das Amtsgericht war nicht erfolgt.

    Gegen den ihm am 16.03.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der hinterbliebene Ehemann der verstorbenen Ehefrau mit seiner am 26.03.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde, mit der er in Abänderung des Beschlusses die Zurückweisung des Antrags begehrt.

    Er wendet ein, durch die Entscheidung des Amtsgerichts werde in unzulässiger Weise in sein geschütztes Recht auf die Hinterbliebenenversorgung eingegriffen. Falls seine Hinterbliebenenrente um ca. 420 € gekürzt würde, würde er sozialhilfeberechtigt. Eine Korrektur des Versorgungsausgleichs nach § 31 VersAusglG könne nur erfolgen, wenn die Verstorbene die Rente nicht mehr als 36 Monate bezogen habe. Die Ehefrau sei aber seit 20 Jahren Rentnerin gewesen. Soweit sich das Amtsgericht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beziehe, habe dieser die Sozialhilfebedürftigkeit von Hinterbliebenen aufgrund der Nichtdurchführung des Versorgungsausgleichs nicht in den Blick genommen, da dies insbesondere in der Entscheidung des BGH vom 16.05.2018, XII ZB 466/16, keine Rolle gespielt habe. Der Wegfall des Versorgungsausgleichs hätte zur Folge, dass der Antragsteller eine Erhöhung seiner Rente auf Kosten der Sozialhilfe erreichen könnte. Die dem Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs entsprechende gemeinsame Beteiligung der Eheleute an den Anwartschaften wirke durch die Beteiligung des Beschwerdeführers an der Hinterbliebenenversorgung fort. Er habe auch durch die Deutsche Rentenversicherung bestandskräftig einen Rentenanspruch zugesprochen bekommen; eine rückwirkende Änderung sei nicht möglich, da er dann rückwirkend sozialhilfebedürftig würde.

    Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

    Die Dauer des Rentenbezuges durch die Ehefrau spiele im Abänderungsverfahren keine Rolle. Die bisherige Begünstigung des Beschwerdeführers sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur mittelbare Folge des Versorgungsausgleichs, nicht dessen Zweck. Der Beschwerdeführer habe kein schützenswertes Interesse daran, weiter an den vom Antragsteller erworbenen Anwartschaften teilzuhaben. Die angebliche Sozialhilfebedürftigkeit des Beschwerdeführers sei irrelevant, deshalb habe der Bundesgerichtshof sie auch nicht in den Blick genommen.

    Der Senat hat mit Beschluss vom 10.06.2021 (Bl. 117 – 120 d. A.) auf die beabsichtigte Entscheidung gem. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG hingewiesen.

    II.

    Die Beschwerde ist statthaft (§§ 58, 228 FamFG) und zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt (§§ 63, 64 FamFG) worden.

    Die im Rubrum der erstinstanzlichen Entscheidung als weitere Beteiligte … aufgeführten Erben der Ehefrau waren nicht zu beteiligen, da sich die zu treffende Entscheidung mangels Bezugsberechtigung für eine Hinterbliebenenversorgung nicht auf eine ihnen zustehende Versorgung auswirken kann (Wick, Der Versorgungsausgleich, 4. Auflage Rn. 837).

    Die (bloße) Aufnahme der Erben in das Rubrum des angefochtenen Beschlusses und dessen Zustellung reichen für eine – möglicherweise in der zweiten Instanz fortwirkende (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 33. A., § 7 FamFG Rn. 8) – Beteiligung der Erben durch das Amtsgericht am Verfahren nicht aus, da sie zu diesem Zeitpunkt keinerlei Einfluss mehr auf das Verfahren in erster Instanz nehmen konnten (BGH, Beschluss vom 13.03.2019, XII ZB 523/18, Rn. 7 – juris). Dies wurde den Erben durch Verfügung des Vorsitzenden vom 09.04.2021 (Bl. 89 d. A.) auch mitgeteilt.

    Der Beschwerdeführer ist auch beschwerdeberechtigt gemäß § 59 Abs. 1 FamFG. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Beschwerde ist von seinem schlüssigen Vortrag, er sei durch die erstinstanzliche Entscheidung in eigenen Rechten unmittelbar betroffen, zugrunde zu legen (sog. doppelt relevante Tatsache; Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Auflage 2020, § 59 FamFG, Rn. 3). Außerdem sind die Hinterbliebenen in § 226 Abs. 1 FamFG ausdrücklich als für die Durchführung einer Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung antragsberechtigt benannt, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um den Hinterbliebenen des ausgleichspflichtigen oder des ausgleichsberechtigten Ehegatten handelt (Götsche in Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 3.A., § 226 FamFG Rn. 4). Auch wenn dies noch kein eindeutiges Indiz dafür ist, dass der Gesetzgeber den Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eine materiell-rechtliche Position einräumen wollte (BGH, FamRZ 2018, 1238 ff Rn. 27), wird man ihm aber verfahrensrechtlich ein Beschwerderecht zuerkennen müssen.

    In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht in Abänderung des Ausspruchs über den Versorgungsausgleich im Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/M. vom 03.11.1998, Az. 35 F 9123/94, mit Wirkung ab dem 01.04.2020 festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

    Das Abänderungsverfahren ist gemäß den §§ 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 VersAusglG, 225, 226 FamFG zulässig. Da gegen die grundsätzlichen Ausführungen des Amtsgerichts zur Zulässigkeit des Abänderungsverfahrens und die hierzu durchgeführten Berechnungen seitens des Beschwerdeführers und der anderen Beteiligten keine Einwendungen erhoben worden und auch nicht ersichtlich sind, erscheinen weitere Ausführungen hierzu nicht erforderlich.

    Der Antragsteller als der überlebende Ehegatte erhält mit Wirkung ab dem 01.04.2020 (§ 52 Abs. 1 VersAusglG i. V. m. § 226 Abs. 4 FamFG) seine abgegebenen Anrechte zurück, weil ein Versorgungsausgleich gem. § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG nicht stattfindet. Diese Vorschrift ist – vom Amtsgericht zutreffend erkannt – auch in Verfahren nach § 51 VersAusglG, wenn der überlebende Ehegatte insgesamt ausgleichspflichtig ist, uneingeschränkt anzuwenden.

    Der Senat folgt dabei der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der hierzu im Beschluss vom 05.06.2013, XII ZB 635/12, Rn. 23, 27 – juris) Folgendes ausgeführt hat:

    „Betroffen sind auch die Hinterbliebenen eines ausgleichsberechtigten Ehegatten, deren Anrecht, aus dem sie die Hinterbliebenenrente beziehen, bei einem Abänderungsverfahren unter Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG insoweit entfallen würden. Ihnen wäre dadurch nicht nur versperrt, Wertveränderungen der übertragenen Anrechte zu ihren Gunsten geltend zu machen, sondern es stünde der Bezug der Hinterbliebenenrente, soweit sie durch den überlebenden Ehegatten erdient wurde, unter drohendem Wegfall, sobald einer der Beteiligten ein Abänderungsverfahren anstrengte. Die damit für die Hinterbliebenen entstehenden Versorgungsunsicherheiten sind allerdings dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der möglichen Begünstigung von Hinterbliebenen grundsätzlich nur um eine mittelbare Folge des Versorgungsausgleichs handelt (Senatsbeschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 64/06 - FamRZ 2007, 1804 Rn. 8; vgl. auch BT-Drucks. 16/10144 S. 75).“

    .....„Die dargestellten Auswirkungen einer möglichen Besserstellung des überlebenden Ehegatten und der Einschränkungen in der Hinterbliebenenversorgung sind Folge einer Gesetzeslage, welche einerseits eine Totalrevision des Versorgungsausgleichs im Abänderungsverfahren vorsieht, andererseits keine Neubegründung von Versorgungsanrechten zugunsten Verstorbener zulässt. Dies ist allerdings keine Besonderheit des Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG, sondern in den allgemeinen Regelungen des § 31 VersAusglG angelegt, und käme gleichermaßen zum Tragen, wenn ein Ehegatte zwischen der Rechtskraft der Scheidung und der (Erst-)Entscheidung über den Versorgungsausgleich stürbe.“

    Trotz der vielfachen kritischen Stimmen insbesondere aus der Literatur (MünchKommBGB/Dörr 7. A., § 51 VersAusglG Rn. 16; BeckOGK/Siede – Stand Mai 2018 – VersAusglG § 31 Rn. 65; Borth, Versorgungsausgleich, 8. A. Kap. 3 Rn. 198 ff; Götsche FamRB 2016, 303, 304) hat der Bundesgerichtshof „auch nach erneuter Überprüfung und unter Berücksichtigung der an seiner Rechtsprechung geäußerten Kritik“ in zwei nachfolgenden Entscheidungen (BGH, FamRZ 2018, 1238 ff, Rn. 17; BGH FamRZ 2018, 1496 ff, Rn. 13 – jeweils zitiert nach juris) an dieser Auffassung festgehalten und sich dabei eingehend mit den vorgebrachten einzelnen Einwendungen auseinandergesetzt. Zur Vermeidung von bloßen Wiederholungen wird auf dessen Ausführungen in der Entscheidung BGH FamRZ 2018, 1238 ff, Rn. 18 – 34 Bezug genommen.

    Dabei hat er hinsichtlich der Interessen etwaiger Hinterbliebener des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten (a.a.O. Rn. 30 – 34) ausgeführt:

    „(1) Die mit der Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG im Abänderungsverfahren zugunsten des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten einhergehenden Friktionen bei der Versorgung der Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten sind generell dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der möglichen Begünstigung von Hinterbliebenen grundsätzlich nur um eine mittelbare Folge des Versorgungsausgleichs handelt; am Zweck des Versorgungsausgleichs, der auf Versorgungsteilhabe nur unter den Ehegatten zielt, ändert auch die mittelbare Begünstigung von Hinterbliebenen nichts (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. Juni 2013 - XII ZB 635/12 - FamRZ 2013, 1287 Rn. 23 und vom 15. August 2007 - XII ZB 64/06 - FamRZ 2007, 1804 Rn. 8).

    (2) In diesem Zusammenhang hat der Senat auch in Erwägung gezogen, dass § 52 Abs. 1 VersAusglG iVm § 226 Abs. 1 FamFG den Hinterbliebenen der Ehegatten ein Antragsrecht für das Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG zubilligt. Insoweit hat der Senat ausgeführt, dass diese Vorschrift in Ansehung der Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG nicht ins Leere laufe, weil die Hinterbliebenen eines verstorbenen (insgesamt) ausgleichspflichtigen Ehegatten ohne weiteres von einer Abänderung profitieren können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. Juni 2013 - XII ZB 635/12 - FamRZ 2013, 1287 Rn. 28).

    Allerdings entsprach es der Rechtsprechung des Senats zu § 10 a Abs. 4 VAHRG, dass die dem Hinterbliebenen eines Ausgleichsberechtigten eingeräumte Möglichkeit zur Antragstellung im Abänderungsverfahren nicht nur eine Verfahrensbefugnis beinhaltete, sondern die dem verstorbenen Ausgleichsberechtigten zustehende materiell-rechtliche Befugnis zur Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs im Abänderungsverfahren auf die Hinterbliebenen ausgedehnt wurde, so dass der nach früherem Recht aus § 1587 e Abs. 2 BGB hergeleitete Grundsatz, wonach zugunsten eines Verstorbenen keine Versorgungsanrechte begründet werden können, eine vom Gesetz gewollte Einschränkung erfuhr (vgl. Senatsbeschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 64/06 - FamRZ 2007, 1804 Rn. 12). Der Senat teilt indessen nicht die darauf gegründete Schlussfolgerung, wonach in der (undifferenzierten) Zuerkennung eines Antragsrechts für die Hinterbliebenen der Ehegatten in § 52 Abs. 1 VersAusglG iVm § 226 Abs. 1 FamFG ein eindeutiges Indiz dafür zu sehen sei, dass der Gesetzgeber den Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten auch im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eine materiell-rechtliche Position einräumen wollte (so aber MünchKommBGB/Dörr 7. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 16; Borth Versorgungsausgleich 8. Aufl. Kap. 3 Rn. 200).

    Denn das Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG unterscheidet sich - indem es eine zum früheren Recht getroffene Entscheidung zum Einmalausgleich in einen Hin-und-Her-Ausgleich nach neuem Recht transformiert - in seinen Wirkungen deutlich vom Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG, weil dem Gericht im Verfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG erstmals ein unmittelbarer rechtsgestaltender Eingriff in solche Versorgungsverhältnisse eröffnet wird, deren Anrechte in die Ausgangsentscheidung lediglich als Rechenposten einbezogen worden sind. Es ist durchaus zweifelhaft, ob der Gesetzgeber den Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten - als lediglich mittelbar Begünstigte des Versorgungsausgleichs - tatsächlich derart weitreichende und über die bloße Korrektur eines Ausgleichssaldos hinausgehende Befugnisse zum Eingriff in die Versorgungslage des überlebenden Ehegatten zuerkennen wollte. Dazu kommt, dass ein zugunsten der Hinterbliebenen eines insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten durchgeführter Hin-und-Her-Ausgleich bei einigen Versorgungsträgern zur Begründung von Versorgungsanrechten führen könnte, aus denen - wie es bei der internen Teilung von betrieblichen Versorgungsanrechten häufig der Fall sein dürfte (arg. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VersAusglG) - keine Hinterbliebenenversorgung gewährt wird

    (3) Letztlich bedarf dies unter den hier obwaltenden Umständen auch keiner weiteren Erörterung mehr, weil versorgungsberechtigte Hinterbliebene der verstorbenen Ehefrau offensichtlich nicht vorhanden sind. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob und gegebenenfalls inwieweit dem Vertrauen der Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten auf den Fortbestand ihrer Versorgung durch Besitzschutzvorschriften des Sozialversicherungsrechts Rechnung getragen werden kann (vgl. dazu BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] VersAusglG § 31 Rn. 68)“.

    Der Senat folgt dieser - bereits im Hinweis vom 10.06.2021 geäußerten - Auffassung auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom 05.07.2021. Insbesondere kann kein schutzwürdiges Vertrauen des Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten auf den Fortbestand dieser Versorgung erkannt werden.

    Zwar ist die Zuerkennung einer Antragsberechtigung im Rahmen des § 226 FamFG ein deutliches Indiz, dass der Gesetzgeber den Hinterbliebenen eine Rechtsposition zugemessen hat. Allerdings leitet sich die Rechtstellung der Hinterbliebenen immer von der Rechtstellung des primär Berechtigten, dem das Stammrecht zusteht, ab. Fällt dessen Berechtigung weg, endet auch der daraus abgeleitete Hinterbliebenenschutz. Leitet sich im Fall des Versorgungsausgleichs der Hinterbliebenenschutz von der Rechtstellung des Ausgleichsberechtigten ab, die dieser im Versorgungsausgleich erworben hat, und ist diese von vorneherein mit dem Risiko behaftet, dass sie im Fall des Vorversterbens der Ausgleichsberechtigten und einer wesentlichen Änderung eines in den Ausgleich einbezogenen Anrechts wegfallen kann, hat der Hinterbliebene dies hinzunehmen. Dass die Rechtstellung der Hinterbliebenen aufgrund des früheren Rechts besser geschützt war, kann dieses Ergebnis nicht ändern (MünchKomm/Siede, BGB, 8.A., § 51 VersAusglG Rn. 29).

    Durch die nach hier vertretener Auffassung eintretende Rechtsfolge wird entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch keineswegs der sozialpolitische Sinn der Hinterbliebenenversorgung grundsätzlich in Frage gestellt. Es entfällt nämlich keineswegs der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung in Gänze, dieser berechnet sich nunmehr aber lediglich aus dem um den Versorgungsausgleich aus der ersten Ehe gekürzten Anrechte der verstorbenen Ehefrau.

    Eine möglicherweise eintretende Belastung der Allgemeinheit durch eine Sozialhilfebedürftigkeit des Beschwerdeführers ist hierbei – wie bei der vorzunehmenden Abwägung im Rahmen des § 27 VersAusglG (Palandt/Siede, BGB, 80. Auflage, § 27 VersAusglG, Rn. 17) – unbeachtlich.

    Nach alledem hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass der Versorgungsaugleich mit Wirkung ab dem 01.04.2020 (§ 226 Abs. 4 FamFG) nicht stattfindet, sodass die Beschwerde zurückzuweisen war.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf §§ 50 Abs. 1, 40 FamGKG.

    Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen. Zwar hat der Bundesgerichtshof ausweislich der vorstehenden Ausführungen die Frage der Anwendung des § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG im Abänderungsverfahren zugunsten des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten bereits beantwortet. Dabei hat er zu der Berücksichtigung von Interessen und möglicherweise vorhandenen Rechtspositionen von Hinterbliebenen aber nur im Rahmen allgemeiner Ausführungen Stellung genommen, mangels versorgungsberechtigter Hinterbliebener – anders als vorliegend – in den bisher entschiedenen Verfahren sich aber hierzu nicht festlegen müssen.

    Rechtsmittelbelehrung: …

    Dr. Fritz Kummer-Sicks Dr. Fink