OLG Frankfurt vom 19.05.2006 (3 UF 385/05)

Stichworte: Feststellungsinteresse, Ehevertrag, Nichtigkeit, vorgezogener Zugwinnausgleich
Normenkette: BGB 1408,1396 ZPO 256
Orientierungssatz: Zur Frage des Feststellungsintzeresses bezüglich der Nichtigkeit des Ehevertrags

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Kirschbaum als Einzelrichter gemäß § 526 ZPO aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.5.2006 für Recht erkannt:

Das angefochtene Urteil wird teilweise abgeändert und in seiner Ziffer 1- zur Klarstellung - wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft a)über sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Jahre 2002, 2003 und 2004 b)über sein Einkommen aus Kapitalvermögen in 2002, 2003 und 2004 c)über eine Steuererstattung in 2004 zu erteilen und diese Auskunft zu belegen durch A)Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen zu 1a) für 2002, 2003 und 2004 sowie Umsatzsteuererklärungen B) Einkommensteuererklärungen und -bescheide für 2002, 2003 und 2004 C)Bankbestätigungen zu 1b).

Im Übrigen wird die Klage auf Auskunft sowie auf Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrages vom 5.5.1994, Urkundenrolle Nr. 100/94 des Notars X. sowie auf Beendigung des Güterstandes als unzulässig verworfen.

Von der Erhebung gerichtlicher Gebühren für das Berufungsverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 GKG n.F.), die gerichtlichen Kosten des Verfahrens einer einstweiligen Anordnung zum Prozesskostenvorschuss trägt die Klägerin. Die gesamten außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens der einstweiligen Anordnung trägt die Klägerin (§ 97 ZPO).

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungswert wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt, der Wert des EA-Verfahrens auf 5.276,79 EUR.

Gründe:

Auf das angefochtene Urteil vom 27.10.2005 wird Bezug genommen, ebenso auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.5.2006 und den notariellen Ehevertrag der Parteien vom 5.5.1994 (vgl. Bl. 33 ff d.A.).

Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter, das festgestellt werden soll, dass der Ehevertrag vom 5.5.1994 "unwirksam" ist und das weiter festgestellt werden soll, dass der Güterstand zwischen den Parteien mit Zustellung der Klage in erster Instanz beendet ist. Das Familiengericht hatte im angefochtenen Urteil diese Anträge als unbegründet zurückgewiesen.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist im wesentlichen unbegründet, es führt lediglich zur Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass die Feststellungsanträge der Klägerin als unzulässig verworfen werden mussten.

Dem Klagebegehren fehlt das Feststellungsinteresse, das Ziel, die Wirksamkeit der notariellen Urkunde zu überprüfen bzw. einen vorzeitigen Zugewinnausgleich zu erhalten, muss im Rahmen von Leistungsanträgen verfolgt werden. Die Rechtswirksamkeit des notariellen Ehevertrages ist z.b. im Rahmen einer Stufenklage zum Nachehelichenunterhalt oder zum Zugewinn überprüfbar; einen Antrag auf vorgezogenen Zugewinnausgleich i.S.v. 1386 BGB kann die Klägerin jederzeit stellen, im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen eines solchen Anspruchs ist dann inzidenter der Zugewinnausgleichszeitpunkt festzustellen.

Soweit das OLG Düsseldorf (FamRz 2005, 282 ff. ausnahmsweise ein Feststellungsinteresse bezüglich der Frage der Rechtsgültigkeit eines Ehevertrages bejaht hat, liegt ein derartiger Ausnahmefall hier nicht vor. Im Ehevertrag vom 05.05.1994 hatten die Parteien auch eine Regelung zum Getrenntlebendunterhalt getroffen. Unstreitig ist diese Regelung zwischen den Parteien unwirksam, das heißt streitig sehen die Parteien lediglich die Gültigkeit des Vertrages bezogen auf die Fragen des Nachehelichenunterhalts und Zugewinnausgleichs an. Beide Streitgegenstände können jederzeit im Rahmen eines Verbundverfahrens neben einander rechtshängig werden, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ist dann nicht gegeben. Aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit wäre die Klägerin auch gehalten beide Anträge im Verbundverfahren zu verfolgen. Gerade im Hinblick auf die Frage der Ausübungskontrolle, für die entscheidend aus den Zeitpunkt der Ausübung eventueller Rechte abzustellen ist, empfiehlt sich eine derartige Überprüfung erst im Rahmen des Verbundverfahrens; Im Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich könnte die Klägerin bereits jetzt - stufig - geltend machen. -

Nach allem konnte die Berufung der Klägerin nur den aus dem Tenor ersichtlichen eingeschränkten Erfolg haben, dass statt einer Zurückweisung ihrer Anträge als unbegründet nur die Verwerfung als unzulässig auszusprechen war. - Der Senat weist darauf hin, dass der Ehevertrag der Parteien vom 5.5.1994 wohl nicht als von Anfang an nichtig angesehen werden kann, jedenfalls aus dem bisherigen Akteninhalt ergibt sich weder eine einseitige Übervorteilung der Klägerin noch die Ausnutzung ihrer Unerfahrenheit; eine Ausübungskontrolle bzgl. des Ehevertrags ist jeweils nur bezogen auf den konkreten Zeitpunkt der Rechtsausübung möglich. - Zur Art und dem Umfang der im Rahmen einer solchen Prüfung anzulegenden Maßstäbe verweist der Senat auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in FamRZ 2001, 343 ff und FamRZ 2001 985.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 21 GKG i.V.m. § 97 ZPO.

Kirschbaum