OLG Frankfurt vom 02.05.2000 (3 UF 314/99)

Stichworte: Ehezeitende, Scheidungsantrag, Zustellung Rechtsanwalt, postulationsfähiger
Normenkette: BGB 1587 Abs. 2
Orientierungssatz: Zur Berechnung des Ehezeitendes im Versorgungsausgleich, wenn der Scheidungsantrag von einem nicht postulationsfähigen Anwalt eingereicht worden ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 17.11.1999 gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Wiesbaden vom 16.9.1999 am 2.5.2000 beschlossen:

Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Wiesbaden vom 16.9.1999 wird abgeändert.

Von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, VSNR. 12 070563 M 053 werden auf das Versicherungskonto für die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, VSNR. 52 081066 D 508, Rentenanwartschaften aus der Ehezeit, die am 31.1.1999 abgelaufen war, in Höhe von monatlich 23,42 DM übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden im Verhältnis der Parteien gegeneinander aufgehoben (§ 91a ZPO).

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben (§ 8 GKG).

Beschwerdewert: 1.000,- DM (§ 17a GKG).

Gründe

Mit Verbundurteil vom 16.9.1999 hat das Amtsgericht -Familiengericht- Wiesbaden die am 29.9.1994 geschlossene Ehe der Parteien auf Antrag des Antragstellers geschieden und zugleich den Versorgungsausgleich durchgeführt. Der Antragsteller hatte zunächst mit Schriftsatz eines nicht beim Amtsgericht Wiesbaden postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten die Ehescheidung beantragt. Dieser Antrag wurde am 15.1.1999 zugestellt und führte zu einer Ehezeitberechnung durch das Amtsgericht vom 1.9.1994 bis 31.12.1998. Der Antragsteller ließ sodann durch eine beim Landgericht Wiesbaden zugelassene Rechtsanwältin mit Schriftsatz vom 1.2.1999 erneut Scheidungsantrag stellen. Dieser Schriftsatz wurde der Antragsgegnerin am 9.2.1999 zugestellt.

Bei seiner Entscheidung legte das Amtsgericht auf Seiten des Antragstellers die Auskunft der BfA vom 14.7.1999 zu Grunde, die die Ehezeit 1.9.1994 bis 31.12.1998 betraf. Auf Seiten der Antragsgegnerin wurde die Auskunft der BfA vom 2.6.1999 berücksichtigt, die von einer Ehezeit vom 1.9.1994 bis 31.1.1999 ausgeht.

Gegen das ihr am 28.10.1999 zugestellte Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Wiesbaden hat die Beschwerdeführerin mit Fax vom 17.11.1999, eingegangen am gleichen Tag, befristete Beschwerde eingelegt unter Hinweis auf die unterschiedlichen Ehezeiten in den der Entscheidung zu Grunde gelegten Auskünften.

Die Parteien haben sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 629a, 621e Abs. 1 u. 3 ZPO, 20 FGG) und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts berechnet sich die für den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 Abs. 2 BGB zu Grunde zu legende Ehezeit vom 1.9.1994 bis 31.1.1999. Soweit die Zustellung der von einem nicht postulationsfähigen Anwalt verfaßten Antragsschrift bereits am 15.1.1999 erfolgte, ist diese nicht geeignet, als Grundlage für die Berechnung des Endes der Ehezeit zu dienen. Mit dieser Zustellung wurde der Eintritt der Rechtshängigkeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB nicht herbeigeführt, da die fehlende Postulationsfähigkeit zur Unwirksamkeit der vorgenommenen Prozeßhandlung führt. Dies hat zur Folge, daß der Scheidungsantrag des nicht postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten als unzulässig abzuweisen wäre. Die Ehezeit wird aber nur durch einen Scheidungsantrag beendet, auf dessen verfahrensauslösende Wirkung hin die Ehescheidung erfolgt (OLG Celle, FamRZ 1996, 297). Unter Berücksichtigung der bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung des § 78 ZPO erfordert die wirksame Zustellung des Scheidungsantrages daher die Zustellung einer Antragsschrift eines bei dem Prozeßgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten, wobei eine Heilung nach § 187 ZPO nicht in Betracht kommt (Brudermüller in Palandt, Kom. zum BGB Rndnr. zu 28 § 1587 mit weiteren Nachweisen).

Eine wirksame Zustellung des Scheidungsantrages ist damit erstmals zum 9.2.1999 erfolgt, als der Schriftsatz der postulationsfähigen Antragstellervertreterin vom 1.2.1999 dem Antragsgegnervertreter zugestellt wurde. Daraus folgt, daß sich die Ehezeit berechnet auf den Zeitraum 1.9.1994 bis 31.1.1999.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Ehezeit ergibt sich, daß der Antragsteller ausgehend von der Auskunft der Beschwerdeführerin vom 16.3.2000 Anwartschaften aus der Ehezeit in Höhe von monatlich 231,34 DM und die Antragsgegnerin ausgehend von der Auskunft der Beschwerdeführerin vom 2.6.1999 Anwartschaften aus der Ehezeit in Höhe von 184,51 DM monatlich erworben hat. Der Ausgleich ist somit dergestalt durchzuführen, daß von dem Versicherungskonto des Antragsgegners auf das Versicherungskonto der Antragstellerin Anwartschaften in Höhe von monatlich 23,42 DM (231,34 - 184,51 : 2) zu übertragen sind.

Der Höchstbetrag nach § 1587b Abs. 5 BGB ist nicht überschritten. Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587b Abs. 6 BGB.

Bezüglich der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, daß seitens des Amtsgerichts von einer falschen Ehezeit ausgegangen wurde.

Remlinger Kirschbaum Diehl