OLG Frankfurt vom 10.03.2003 (3 UF 298/02)

Stichworte: Versorgungsänderungsgesetz 2001, Höchstruhegehaltssatz, Absenkung, Ende der Ehezeit
Normenkette: BGB 1587a Abs. 2 Nr. 1
Orientierungssatz: Erreicht der Beamte die Altersgrenze zu einem Zeitpunkt, in dem die Abschmelzung des Höchstruhegehaltssatzes von bisher 75% auf 71,5% vollständig erfolgt sein wird, ist sein Anrecht auf Altersversorgung dauerhaft durch die Absenkung geprägt. Dies ist zu berücksichtigen, auch wenn zum Ende der Ehezeit die Vorschriften über die Absenkung noch nicht in Kraft waren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die befristete Beschwerde des Regierungspräsidiums Kassel vom 18.11.2002 gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Urteil des Amtsgerichts - Familien-gericht - Friedberg vom 05.11.2002 durch die Einzelrichterin am 10.03.2003 beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich abgeändert. Zu Lasten der Beamtenversorgung des Antragsgegners bei dem Regierungspräsidium in Kassel, Aktenzeichen: 15-A-EheRGX,Y-04061962, werden auf das Rentenversicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr. 12 290570 G 505, Rentenanwartschaften aus der Ehezeit, die am 31.03.2002 abgelaufen war, in Höhe von monatlich 131,42 EUR begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgelt punkte umzurechnen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 8 GKG). Die außergerichtlichen Kosten werden im Verhältnis der Parteien gegeneinander aufgehoben (§ 93 a ZPO).

Beschwerdewert: 500,-- EUR (§ 17a GKG).

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht aufgrund des am 11.04.2002 zugestellten Scheidungsantrages der Antragstellerin die am 29.10.1992 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat das Amtsgericht auf Seiten des Antragsgegners die Auskunft des Beschwerdeführers vom 25.07.2002, die ohne Berücksichtigung des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 erfolgt ist, zugrunde gelegt.

Gegen diese ihm am 14.11.2002 zugestellte Entscheidung hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18.11.2002, eingegangen beim Oberlandesgericht am 25.11.2002, befristete Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass das Versorgungsänderungsgesetz 2001 auf Seiten des Antragsgegners zu berücksichtigen ist. Der Beschwerdeführer hat eine neue Auskunft beigefügt, aus der sich ergibt, dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Neuregelung der Antragsgegner über ehezeitbezogene Anwartschaften aus Beamtenversorgung in Höhe von 471,94 EUR verfügt sowie dass im Hinblick auf die geringfügigen Anwartschaften des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung sich ein Ruhensbetrag nicht errechnet. Weder die Parteien noch die gesetzlichen Rentenversicherungsträger haben sich am Beschwerdeverfahren beteiligt.

Die befristete Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 629 a Abs. 2, 621 e Abs. 1 und 3 ZPO, 20 FGG). Sie hat auch in der Sache selbst Erfolg.

Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass bei der Ermittlung der Anwartschaften des Antragsgegners aus Beamtenversorgung das Versorgungsänderungsgesetz vom 20.12.2001 Berücksichtigung finden muss. Zwar sind die Vorschriften bezüglich der Absenkung des Ruhegehaltssatzes erst zum 01.01.2003 in Kraft getreten, so dass sie nicht zur Anwendung kämen, wenn ohne Ausnahme auf die Verhältnisse zum Ende der Ehezeit abzustellen wäre.

Die Auswirkungen der Gesetzesänderung sind jedoch zu berücksichtigen, da es der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht, dass Veränderungen, die nach Ende der Ehezeit eintreten, bereits im Erstverfahren zu berücksichtigen sind, wenn diese Umstände ein Abänderungsverfahren gemäß § 10 a VAHRG eröffnen können (BGH FamRZ 2002, 93 ff;OLG Celle FamRZ 2002, 823 ff).

Die gesetzliche Neuregelung der Beamtenversorung durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 führt zu einer Absenkung des Ruhegehaltssatzes auf 71,75 %. Der am 04.06.1962 geborene Antragsgegner wird die gesetzliche Altersgrenze erst am 30.06.2027 erreichen und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die Abschmelzung des Höchstruhegehaltssatzes von bisher 75 % auf 71,75 % vollständig erfolgt sein wird. Somit ist das Anrecht des Antragsgegners auf Beamtenversorgung aus heutiger Sicht bereits dauerhaft geprägt durch die Absenkung des Ruhegehaltssatzes auf 71,75 %, so dass nur dieser Ruhegehaltssatz bei der Berechnung der Anwartschaften zugrunde zu legen ist.

Selbst wenn der Versorgungsfall bei dem Antragsgegner wider Erwarten innerhalb der Übergangsphase, d.h. der Phase bis zur 8. Versorgungsanspassung nach dem 31. Dezember 2002 eintreten sollte, würde dies zu keiner Veränderung führen, da die Differenz zwischen der in der Übergangsphase zu zahlenden Pension und dem späteren Ruhegehalt, das nach neuem Recht zu zahlen ist, einen degressiver Bestandteil der Versorgung darstellt und damit nicht dem öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich unterfällt. Insoweit schließt sich das Beschwerdegericht der Entscheidung des 5. Senats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29.01.2003 (5 UF 156/97) sowie in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 30.04.2002 (a.a.O.) an.

Wie der Beschwerdeführer unter Zugrundelegung des Ruhegehaltssatzes von 71,75 % errechnet hat, ergibt sich auf Seiten des Antragsgegners eine ehezeitbezogene Anwartschaft auf Beamtenversorgung in Höhe von 471,94 EUR und einen Ruhensbetrag von 0. Des weiteren verfügt der Antragsgegner noch über Rentenanwartschaften aus der Ehezeit gegenüber der Landesversicherungsanstalt Hessen in Höhe von 4,98 EUR.

Diesen Anwartschaften des Antragsgegners stehen ehezeitbezogene Anwartschaften der Antragstellerin in Höhe von 214,08 EUR gegenüber. Damit ergibt sich eine Differenz zu Gunsten des Antragsgegners in Höhe von 262,84 EUR, wovon der Antragstellerin 1/2 und dem 131,42 EUR zustehen. Der Ausgleich erfolgt insgesamt zu Lasten der Beamtenversorgung des Antragsgegners (§ 1587 b Abs. 2 BGB).

Der Höchstbetrag nach § 1587 b Abs. 5 BGB ist nicht überschritten. Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB. Bei der Kostenentscheidung ist zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht die Neuregelung der Beamtenversorgung nicht beachtet hat.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung folgt der ständigen Rechtsprechung des BGH in bezug auf Änderungen, die nach Ende der Ehezeit eingetreten sind. Soweit auf den Fall der vorzeitigen Pensionierung gestellt wurde, handelt es sich hierbei um Hilfserwägungen, denen grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt.

Diehl