OLG Frankfurt vom 12.06.2017 (3 UF 278/16)

Stichworte: Umgangsrecht, Großeltern; Großeltern; Kindeswohl; Gefährdung des Kindeswohls
Normenkette: BGB 1684; BGB 1685
Orientierungssatz:
  • Ist der Großelternumgang dem Kindeswohl nicht dienlich, so ist der Umgangsantrag der Großmutter nicht nur zurückzuweisen; es ist vielmehr deren Umgangsrecht in dem hierfür von § 1684 Abs. 4 S.1 und 2 BGB vorgegebenen Rahmen konkret auszuschließen. Eine Gefährdung des Kindeswohls durch den Umgang ist nicht erforderlich.
  • 469 F 15002/16
    AG Frankfurt a. M.

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    betreffend den Umgang mit N und S …

    pp.

    hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4 vom 27.10.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main vom 19.09.2016 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Fritz, Richter am Oberlandesgericht Reitzmann und Richterin am Oberlandesgericht Knauth

    am 12.06.2017

    beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die Großmutter ihren Enkelinnen S und N zu Ostern, Weihnachten und zu den jeweiligen Geburtstagen der Kinder Briefe schreiben und Geschenke übersenden darf.

    Im Übrigen wird der Umgang der Beteiligten zu 4 (Großmutter) mit S und N bis zum 30.06.2018 ausgeschlossen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten zu 4 auferlegt.

    Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.

    Gründe:

    Die Beteiligte zu 4 (im Folgenden: Großmutter) begehrt Umgang mit ihren Enkelinnen S und N.

    Alle Familienmitglieder haben die tschechische Staatsangehörigkeit. Die Großmutter lebt seit langem in Deutschland, früher zeitweise zusammen mit der Mutter. Die Eltern leben seit ca. 2012 überwiegend in Deutschland mit wechselnden Wohnorten. In der Vergangenheit wurden S und N häufig am Wochenende von der Großmutter betreut.

    Beide Kinder waren am 07.01.2014 durch das Jugendamt in Obhut genommen worden, nachdem sie zusammen mit ihrer verwirrten und unter Verfolgungswahn leidenden Mutter – der Tochter der Großmutter - auf einem Polizeirevier erschienen waren. Wegen der Umstände der Inobhutnahme wird auf den Bericht des Jugendamts … verwiesen.

    Sie kamen zunächst in das Kinderheim ...

    Die Eltern waren zu diesem Zeitpunkt getrennt, zogen dann wieder zusammen und sind jetzt nach Angaben des Kindesvaters in Tschechien geschieden worden.

    Den Beteiligten zu 5 und 6 (im Folgenden: Mutter, Vater oder Eltern) wurde im Wege der einstweiligen Anordnung am 10.04.2014 das Sorgerecht in den Teilbereichen „Aufenthaltsbestimmungsrecht“, „Gesundheitssorge“, „schulische Angelegenheiten“ und „Antragstellung nach dem SGB VIII“ entzogen und auf das Jugendamt … übertragen. Dieser Beschluss wurde zwischenzeitlich bestätigt und den Eltern das Sorgerecht in den genannten Teilbereichen auch in der Hauptsache entzogen. Diesbezüglich ist ein Beschwerdeverfahren beim Senat anhängig (Az. 3 UF 275/16), in dem zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Mutter und einer möglichen psychischen Erkrankung ein Sachverständigengutachten eingeholt wird.

    Nach der Inobhutnahme der Kinder fanden Umgangstermine mit der Mutter, dem Vater und vom Internationalen Familienzentrum (IFZ) begleitete Umgänge mit der Großmutter (einmal monatlich für eine Stunde) statt, allerdings nur mit S, da sich N den Kontakten – mit Ausnahme der Besuche des Vaters - verweigerte. Der Großmutter gelang es nicht, sich an die zuvor mit ihr vereinbarten Regeln (u.a. deutsch sprechen) zu halten; Elterngespräche waren nicht möglich, da sie nach dem Eindruck der Umgangsbegleiterin eine eigene Wahrnehmung hatte und alles so interpretierte, wie sie es gerne verstehen mochte/konnte.

    S wurde während der Kontakte mehrfach von der Großmutter auf die Umgangsverweigerung von N angesprochen und hierfür das Kinderheim verantwortlich gemacht, das die Kinder einer Gehirnwäsche unterziehe. Die Bedürfnisse von S seien von der Großmutter nicht wahrgenommen worden. Wegen des Verlaufs der Umgangskontakte wird auf den Bericht der Umgangsbegleiterin vom 01.07.2014, Bl. 89 ff. d. A., verwiesen.

    Das Jugendamt … empfahl daraufhin, die begleiteten Umgangskontakte auszusetzen, da S durch das Verhalten der Großmutter fortwährend in Loyalitätskonflikte gebracht werde.

    Dem schloss sich die Verfahrensbeiständin an.

    Im Sommer 2014 wurde die Verlegung beider Kinder in eine Pflegefamilie außerhalb … angebahnt.

    S´ Befinden hatte sich gegen Ende des Schuljahres verschlechtert; sie bekam Wutanfälle, wurde aggressiv gegen andere Kinder, hatte starke Ängste, dass jemand sie umbringen wolle, beschrieb Erinnerungen an Schläge durch die Mutter, sah überall Schlangen und erzählte, dass Blätter von Bäumen mit ihr sprächen und ihr sagten, wie hässlich sie sei.

    N – die sich schon sehr auf die neue Familie gefreut hatte – wechselte daher zunächst allein in die „Profifamilie“ (Erziehungsstelle) im ...

    S wurde in der Zeit 27.08.2014 bis zum 17.09.2014 in der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters … ambulant behandelt. Dort wurde der Verdacht auf eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert; „Verdacht“ deshalb, weil auf den Einsatz eines standardisierten Traumainterviews wegen der Befürchtung einer Verschlechterung der Symptomatik verzichtet wurde. Außerdem ergaben sich Hinweise auf eine Tendenz zur übermäßigen Verantwortungsübernahme S´ für ihre Mutter.

    Die Mutter wurde am 08.05.2014 durch Dr. …, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, untersucht. Seine Diagnose lautete „Verdacht auf paranoid-halluzinatorische Psychose [F20.0]“. Er empfahl eine stationäre psychiatrische Behandlung zur Abklärung des Krankheitsbildes einschließlich möglicher Differentialdiagnosen. Die Mutter begab sich im Herbst 2014 für mehrere Wochen zur ambulanten Behandlung in die Klinik …; eine Schweigepflichtentbindung der behandelnden Ärzte wurde im Sorgerechtsverfahren trotz Anforderung des Senats nicht vorgelegt.

    Aufgrund des unterschiedlichen Hilfebedarfs der Kinder und der häufigen Einflussnahme von S auf N, insbesondere bezüglich der Besuche der Familienmitglieder, wurde von der geplanten Unterbringung in derselben Familie Abstand genommen und S kam in eine andere Erziehungsstelle desselben Trägers, da der therapeutische und pädagogische Bedarf des Kindes in einer Pflegefamilie nicht gedeckt werden konnte. Beide Kinder befinden sich seitdem im …

    Mit den Kindeseltern fanden sporadisch Umgangskontakte statt, mit der Mutter im Jahr alle 6 Wochen bis zum 23.09.2015, danach noch am 22.12.2015 und am 16.03.2016; beim letzten Termin war N erstmals bereit, ihre Mutter zu sehen. Zusätzlich telefonierten S und ihre Mutter einmal wöchentlich. Den Vater sah S am 25.08.2015, N im Januar 2015 und im Juni 2016, da er über längere Zeiten nicht erreichbar war, sich nicht meldete und sich offenbar in Tschechien aufhielt.

    Der Amtsrichter hörte die Kinder in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin (zum zweiten Mal) am 06.05.2015 zum Umgangs- und Sorgerecht an. Den Antrag des Verfahrensbevollmächtigten der Großmutter (der bis Mai 2017 auch die Mutter im Sorgerechtsverfahren vertrat), ihm, den Kindeseltern und der Großmutter die Anwesenheit bei der Kindesanhörung zu gestatten, lehnte er ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde durch die Einzelrichterin des Senats am 23.06.2015 als unzulässig verworfen (Bl. 218 ff. d. A.). Hierbei wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass die Verfahrensweise des Amtsgerichts nicht zu beanstanden gewesen sei. Es sei häufig geboten, die Anhörung in Abwesenheit der Eltern und ihrer Bevollmächtigten durchzuführen, um die Unbefangenheit des Kindes nicht zu beeinträchtigen.

    Der erste Umgangskontakt mit der Großmutter nach der Übersiedlung der Kinder ins … fand am 06.08.2015 in … in einem Haus des Trägers statt.

    Der auf zwei Stunden angesetzte Termin wurde nach 65 Minuten beendet, weil S weinte und weg wollte. Vorausgegangen waren Vorwürfe der Großmutter an S, sie sei ein „Roboter“ und mache nur, was ihr die anderen (i.e. Erzieher) sagen. Außerdem sei ihre Mutter nicht mehr krank und die Kinder seien in einem halben Jahr oder Jahr zu Hause. Es stimme auch nicht, dass die Kinder früher geschlagen worden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte des Trägers … verwiesen. Eine Nachbesprechung des Besuchs mit der Großmutter konnte nicht erfolgen, da sie die vom Jugendamt … vorgeschlagenen Termine absagte oder nicht wahrnahm. Ihr Verfahrensbevollmächtigter reichte anschließend die Fahrkarten mit der Bitte um Erstattung beim Jugendamt ein und teilte mit, dass sich die Großmutter im Hinblick auf ihre Beschäftigungssituation weitere Fahrten dieser Art nicht leisten könne.

    Persönlicher Umgang der Großmutter mit den Kindern fand in der Folgezeit nicht mehr statt.

    Die Großmutter lehnte den zunächst zuständigen Amtsrichter wegen der langen Verfahrensdauer und der verzögerten Übersendung von Unterlagen ab.

    Der danach zuständige Amtsrichter beraumte einen Termin zur mündlichen Erörterung und Anhörung aller Beteiligten an. Zuvor sollten die Kinder in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin am 15.08.2016 angehört werden.

    Der Verfahrensbevollmächtigte der Großmutter kündigte daraufhin an, den Termin zusammen mit der Großmutter wahrzunehmen.

    Er wurde vor dem Eintreffen der Kinder vom Amtsrichter darauf hingewiesen, dass die Anhörung der Kinder ausschließlich in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin erfolgen werde.

    Bei der Ankunft der Kinder mit ihren Bezugsbetreuerinnen trafen sie auf die Großmutter und die Verfahrensbeiständin, worauf sich ein lautstarker – auch handgreiflicher – Tumult entwickelte, in dessen Verlauf die Großmutter die Kinder zu sich zog und beide Kinder weinten. Die Anhörung der Kinder erfolgte sodann einzeln, nachdem ein Wachtmeister vor dem Kinderspielzimmer postiert worden war. Wegen der Schilderungen über dieses Zusammentreffen wird auf Bl. 477 ff. d. A. … verwiesen.

    Der Anhörungstermin der übrigen Beteiligten am 19.08.2016, bei dem die Eltern und die Großmutter anwesend waren, konnte ebenfalls nur nach Hinzuziehung von zwei Wachtmeistern durchgeführt werden, da die Großmutter „eigentlich die ganze Zeit fortlaufend rumbrüllt“ und der Kindesvater „hier einfällt und wieder damit anfängt, dass Sex mit Kindern gemacht worden sei“ (vgl. die Sitzungsniederschrift Bl. 504 ff. d. A.).

    Das Amtsgericht hat sodann mit dem angefochtenen Beschluss das Umgangsrecht der Großmutter mit S und N bis zum Ablauf des Monats August 2017 ausgeschlossen.

    Umgang mit den Enkeln gehe nur, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegenstehe. Das sei hier aber zu befürchten. Dafür sprächen nicht nur die Äußerungen der Kinder, aus denen sich schließen lasse, dass es der Großmutter insbesondere darum gehe, ihre eigenen Vorstellungen bei Besuchen durchzusetzen und weniger darauf zu hören, was eigentlich die Kinder wünschten oder erwarteten.

    Die Großmutter zeige darüber hinaus ein unkontrolliertes impulsives Verhalten, was sich im Rahmen der Anhörung der Kinder und der mündlichen Verhandlung gezeigt habe. Selbst wenn ihr Kommen zur Kindesanhörung auf Anraten ihres Bevollmächtigten erfolgt sein sollte, habe sie sich nach dem Hinweis, dass die Anhörung ohne sie stattfinden würde – nachdem es dem Amtsrichter gelungen sei, sie akustisch zu erreichen – übergriffig der Kinder bemächtigt und sie von den Betreuerinnen getrennt. Dies zeige, dass sie nicht bereit sei, vom Gericht ausgesprochene Vorgaben zu befolgen und sich sachlich mit solchen Situationen auseinanderzusetzen. Hierdurch sei eine Situation entstanden, die auch die Kinder in der Anhörung als untragbar bezeichnet hätten.

    Auch in der Verhandlung sei es zu einem permanenten, immer mehr anschwellenden Beschimpfen des Gerichts mit Verschwörungstheorien und übelsten Beleidigungen (Nazijustiz) gekommen, sodass eine Verhandlungsführung nicht mehr möglich gewesen sei. Die Vertreterin des Jugendamts habe sich mit Recht bedroht gefühlt, sodass die Einsatzstelle zur Beruhigung der Situation hätte hinzugezogen werden müssen. Dieses Verhalten lasse befürchten, dass die Großmutter auch im Zusammensein mit den Kindern sich nicht zusammennehmen könne, sondern förmlich wieder „explodiere“. Ohne das Durchführen einer Verhaltenstherapie mit entsprechenden Erfolgen könne kein Umgang gewährt werden. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 516 ff. d. A. verwiesen.

    Gegen den ihrem Bevollmächtigen am 14.10.2016 zugestellten Beschluss wendet sich die Großmutter mit ihrer Beschwerde vom 27.10.2016, die am 01.11.2016 mit Begründung beim Amtsgericht einging.

    Durch die Anhörung der Kinder in Abwesenheit der Großmutter und ihres Bevollmächtigten sei ihr rechtliches Gehör verletzt worden. Der Anspruch auf ein faires Verfahren sei verletzt worden, weil seit der einstweiligen Anordnung vom April 2014 [zum Sorgerecht] keine Überprüfung stattgefunden habe.

    Die Kindesanhörungen durch den abgelehnten Amtsrichter seien nicht verwertbar. Die Unterbringung der Kinder in Norddeutschland verfolge das Ziel, die Kontakte der Kinder zu den Verwandten zu erschweren.

    Das emotionale Verhalten der Eltern und der Großmutter bei Gericht beruhe auf der langen Verfahrensdauer und lasse keine Rückschlüsse auf ein Verhalten bei Umgangskontakten zu. Das Umgangsrecht könne nicht von Aussagen der Kinder, die diese unter dem Einfluss wechselnder Stimmungen und beeinflusst durch nicht dokumentierte und geheime Fragestellungen gemacht haben, abhängig gemacht werden. Die Kinder hätten der Großmutter Briefe geschrieben, in denen sie den Wunsch geäußert hätten, die Großmutter zu sehen. Die Familie stamme aus Tschechien und habe Sprachschwierigkeiten.

    Es habe Besuchskontakte der Großmutter bei den Kindern gegeben, die keine negativen Auswirkungen gehabt hätten.

    Das Amtsgericht habe bei der Ladung zur zweiten Anhörung der Kinder einen Fehler gemacht, in dem es nicht darauf hingewiesen habe, dass auch die Großmutter von der Anhörung ausgeschlossen sei bzw. deren Anwesenheit nicht mit förmlichem Beschluss ausgeschlossen habe. Die dann entstehende Aufregung der Großmutter habe das Amtsgericht als mangelnde Beherrschung qualifiziert. Die Großmutter sei auch nicht „übergriffig“ gewesen, sondern habe den Kindern nur die mitgebrachten Geschenke übergeben wollen.

    Die für eine Fremdunterbringung erforderliche „konkrete Gefahr“ fehle, die Entscheidung im Sorgerechtsverfahren verletze die Antragstellerin und die Mutter in Art. 6 Abs. 3 GG.

    Außerdem sei die Rechtsmittelbelehrung falsch.

    Mildere Mittel als der Umgangsausschluss seien nicht geprüft worden, sodass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt sei.

    Die Verfahrensbeiständin, das Jugendamt … sowie das Jugendamt … [Ergänzungspfleger für S] und das Jugendamt Landkreis … [Ergänzungspfleger für N] verteidigen den angefochtenen Beschluss.

    S sei durch das Zusammentreffen mit der Großmutter und deren Verhalten im August 2016 bei Gericht psychisch so beeinträchtigt gewesen, dass sie sofortigen therapeutischen Handlungsbedarf gezeigt habe. Sie sei in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt und in ihrer Entwicklung zurückgeworfen worden. N habe einen Umgang mit der Großmutter deutlich abgelehnt. Eine Zusammenarbeit mit der Großmutter sei nicht möglich gewesen, da sie Ratschläge von Betreuungskräften als arrogante Einmischung rassistisch geprägter Deutscher, die alles besser wüssten, betrachte.

    Der Senat hat mit Beschluss vom 10.03.2017 die Anhörung von S und N auf die Berichterstatterin als beauftragter Richterin übertragen.

    Die Kinder wurden am 24.04.2017 durch die Berichterstatterin in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin einzeln in … in Räumlichkeiten des Trägers … angehört. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf den Vermerk Bl. 581 ff. d. A. verwiesen.

    Die übrigen Beteiligten wurden durch den Senat am 31.05.2017 angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bl. 605 ff. d. A., wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    II.

    Die Beschwerde ist statthaft (§ 58 FamFG) und zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt (§§ 63, 64 FamFG).

    Die Großmutter ist beschwerdeberechtigt, da durch den angefochtenen Beschluss in ihr Recht auf Umgang mit ihren Enkelinnen eingegriffen wird (§§ 1685 Abs. 1 BGB, 59 Abs. 1 FamFG).

    Die deutschen Gerichte sind international zuständig, Art. 8 Abs. 1, 2 Nr. 7 Brüssel II a-VO, da die Kinder hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

    Die Beschwerde hat aber nur in dem aus dem Beschusstenor ersichtlichen geringen Umfang Erfolg, da ein weitergehender Umgang nach der Überzeugung des Senats dem Wohl von S und N nicht dient (§ 1685 Abs. 1, 3 S. 1 iVm § 1684 Abs. 4 BGB).

    Nach § 1685 Abs. 1 BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

    Voraussetzung eines Umgangsrechts der Großmutter ist damit, dass der Umgang dem Wohl der Kinder dient (positive Kindeswohlverträglichkeit), d.h. für das Kindeswohl förderlich ist (Heilmann/Gottschalk, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, § 1685 BGB, Rn. 9; Palandt/Götz, BGB, 76. Auflage, § 1685 Rn. 3).

    Anhaltspunkt hierfür ist § 1626 Abs. 3 S. 2 BGB, nach dem in der Regel der Umgang mit anderen Personen (als den Eltern), zu denen das Kind Bindungen besitzt, dem Wohl des Kindes dient, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

    Zwar waren S und N vor der Inobhutnahme nach Angaben der Eltern und der Großmutter häufig bei ihrer Großmutter; von einer Beziehung zwischen ihnen kann damit ausgegangen werden. Ob es sich um eine „Bindung“ im psychologischen Sinn handelt (vgl. hierzu die Darstellung in Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, 3. Auflage, S. 37 ff.), kann hier offen bleiben. In den Kommentierungen zu § 1626 Abs. 3 S. 2 BGB wird auch von „Bezugspersonen“ gesprochen (Heilmann/Fink, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, § 1626 BGB, Rn. 23; Palandt/Götz, BGB, 76. Auflage, § 1626 Rn. 24) so dass der Begriff „Bindungen“ in § 1626 BGB offenbar nicht entsprechend der psychologischen Definition verwandt wird. Durch die nur sporadischen Umgangskontakte seit Januar 2014 hat sich die Beziehung gelockert, besteht aber wohl noch.

    Jedoch kann nicht festgestellt werden, dass die Aufrechterhaltung dieser Beziehung der Entwicklung der Kinder förderlich ist, weil S und N sich gegen persönliche Kontakte mit ihrer Großmutter ausgesprochen haben (Heilmann/Gottschalk, a.a.O. § 1685 BGB Rn. 11).

    Beide Kinder sind zur Frage von Umgangskontakten (sowohl mit den Eltern als auch der Großmutter) durch das Familiengericht, die Sachverständige im Sorgerechtsverfahren, die Verfahrensbeiständin sowie durch die zuständigen Jugendämter mehrfach angehört und befragt worden.

    Ihre Wünsche in Bezug auf Umgangskontakte waren zunächst unterschiedlich.

    Als nach der Inobhutnahme ein möglicher Wechsel vom Kinderheim zur Großmutter angesprochen wurde, freute sich N, weil es dort immer ihr Lieblingsessen gebe, während S einen Wechsel kategorisch ablehnte. Dort seien Kameras installiert; sie war dabei offensichtlich von den wahnhaften Schilderungen der Mutter beeinflusst.

    Nachdem die Großmutter (und die Eltern) die Kinder in der Schule aufgesucht hatten, äußerten sich diese in Bezug auf Besuche unterschiedlich.

    S wollte keine Besuche in der Schule, über Besuche im Kinderheim würde sie sich freuen (Bl. 66 b d. A.).

    N lehnte Besuche durch die Großmutter ab (Bl. 66 d. A.).

    Die Umgangskontakte fanden in der Folgezeit ohne N statt, da diese eine Teilnahme verweigerte.

    Nach der Übersiedlung in ihre jetzigen Pflegestellen wurden zunächst nur Umgänge mit der Mutter und S – N lehnte Kontakt mit der Mutter ab - und sehr sporadisch mit dem Vater – der keine Zeit hatte oder nicht erreichbar war – durchgeführt.

    Die Großmutter konnte beide Kinder im August 2015 sehen, nachdem sich auch N einen Besuch gewünscht hatte.

    Der Umgangskontakt fand in Räumen des Trägers in … statt und war auf zwei Stunden angesetzt. Er wurde nach 65 Minuten abgebrochen, weil S weinte.

    Die Großmutter hatte für die Kinder viele Geschenke mitgebracht und wollte sehr viel Körperkontakt mit den Kindern, was diese nicht zulassen wollten. Die Großmutter warf daraufhin S vor, sie sei ein Roboter und mache nur, was die im Heim ihr sagten. Als S – um die Situation zu retten – vorschlug, ein Spiel zu spielen, wurde das von der Großmutter abgelehnt, da sie nicht dort sei, um zu spielen, sondern um die Kinder zu umarmen und zu sprechen.

    N hatte ihr ein Bild gemalt, das sie der Großmutter überreichen durfte, nachdem alle Geschenke ausgepackt waren. Dieses Bild wurde durch die Großmutter mit einem Kugelschreiber „verbessert“.

    Die Großmutter wertete die Einrichtung, in der S untergebracht ist, ab, so wie sie es auch bereits mit dem Kinderheim … getan hatte. Außerdem teilte sie den Kindern mit, dass ihre Mutter nicht mehr krank sei und S und N bald nach Hause kämen. Es sei auch nicht richtig, dass die Kinder geschlagen worden seien. Hinweise der Begleitpersonen, ihre Wortwahl oder Themen zu ändern, drangen nicht durch.

    N wollte daraufhin ihre Großmutter nicht mehr sehen und erzählte in ihrer Pflegefamilie von Gewalt innerhalb der Familie.

    S war enttäuscht, dass ihre Oma lüge. Ihre Mutter sei krank und nach Hause komme sie (S) auch nicht. Davor habe sie auch Angst, weil sie dort immer geschlagen werde.

    Das nächste Mal trafen Großmutter und Enkelinnen anlässlich des Anhörungstermins beim Amtsgericht am 15.08.2016 aufeinander, als die Großmutter und ihr Bevollmächtigter an der Anhörung teilnehmen wollten. Hierbei entstand ein Tumult, in dem die Großmutter versuchte, die Kinder an sich zu ziehen, während die Verfahrensbeiständin versuchte, die Kinder in das Anhörungszimmer zu bringen. Beide Kinder weinten.

    In der anschließenden Anhörung durch den Amtsrichter erklärte S, sie habe gedacht, die Oma habe sich seit dem nicht so schönen Besuch in … geändert und jetzt habe sie sie eben wieder „in voller Fahrt“ gesehen. Sie wisse nicht, ob sie wolle, dass die Oma nach … komme.

    N sagte, dass sie sich eigentlich gefreut habe, die Oma zu sehen, dass sie nach der Situation eben aber eigentlich keinen Kontakt zur Oma wolle.

    Bei der Anhörung durch die Berichterstatterin im April 2017 war N in ihrer Ablehnung von Umgangskontakten mit der Großmutter eindeutig; S hatte sich über ein Geburtstagspaket von der Großmutter gefreut und suchte nach Erklärungen für das Verhalten der Oma bei den letzten Kontakten („Vielleicht war sie wütend auf die Erzieher“, „vielleicht wird es beim nächsten Mal besser“). Außerdem schlug sie Telefonate mit der Großmutter vor, statt persönlicher Kontakte.

    Beide Kinder lehnen derzeit Besuche der Großmutter ab.

    Aus den Erfahrungen bei den Kontakten nach der Inobhutnahme ist diese Haltung auch nachvollziehbar.

    S und N haben sich schon im Kinderheim … wohlgefühlt und möchten jetzt da bleiben, wo sie seit über 2 ½ Jahren leben. Insbesondere S erlebt aber jedes Mal, dass ihre Einrichtung von der Großmutter schlechtgemacht wird und gerät so in den Loyalitätskonflikt zwischen ihren jetzigen Betreuern und der Herkunftsfamilie. Die Großmutter hat zwar bei ihrer Anhörung durch den Senat zunächst erklärt, dass sie nunmehr verstanden habe, dass sie die Fremdunterbringung akzeptieren müsse, da die Mutter Probleme mit Drogen habe; im Verlauf der Anhörung wiederholte sie aber ihren Vorwurf an das Jugendamt, die „blonde“ N sei in einer Familie (also besser) untergebracht worden als die „dunkle“ S, die in einem Heim lebe.

    Hierbei wird nicht nur ausgeblendet, dass beide Kinder eigentlich in die Pflegefamilie wechseln sollten, S aber so großen Hilfebedarf zeigte, dass dies nicht möglich war. Überhaupt nicht gesehen wird aber auch, dass sich S in der Einrichtung wohl fühlt und dort bleiben will. Der einzig wirklich entspannte Moment bei der Anhörung durch die Berichterstatterin war das Strahlen von S, als ihr erklärt worden war, dass sie jedenfalls bis zum Abschluss des Sorgerechtsverfahrens in der Einrichtung bleiben werde.

    Soweit die Großmutter der Auffassung ist, dass die Aussagen ihrer Enkelinnen durch Dritte – Betreuer, Jugendamtsmitarbeiter, etc. – beeinflusst oder „vorgesagt“ wurden, verkennt sie, dass die Ablehnung persönlicher Kontakte immer dann erfolgt ist, wenn die Kinder ihre Großmutter bei Besuchen erlebt haben und die Sehnsucht nach der lieben Oma („kocht immer mein Lieblingsessen“) durch das Erleben der realen Oma konterkariert wurde .

    In sämtlichen Berichten über die begleiteten Umgangskontakte wird ausgeführt, dass die Großmutter ihr Bedürfnis nach Körperkontakt zu den Kindern und gebührende Akzeptanz ihrer mitgebrachten Geschenke und Lebensmittel an die erste Stelle setzt und nicht erkennen kann, dass S und N andere Wünsche oder Bedürfnisse haben. Sicher ist es schwer für eine Großmutter, ihre Enkelinnen selten zu sehen; auch der Wunsch, in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit so viel Emotion und Zuwendung wie möglich zu geben und zu bekommen, ist nachvollziehbar. Von Anfang an war aber mit der Großmutter kein Gespräch seitens der Umgangsbegleiter über den Verlauf der Kontakte und hieraus entstehende Probleme für die Kinder – insbesondere für S, da sich N schon in … den Umgängen verweigerte – möglich.

    Die Großmutter konnte von Anfang an nicht akzeptieren, dass die Kinder fremdplatziert wurden und sich dort wohlfühlten und -fühlen. Sie brachte die Kinder immer wieder in Loyalitätskonflikte, indem sie ihren Pflegezustand kritisierte, wollte, dass sie bei den Besuchen die von ihr mitgebrachte Kleidung anziehen („die anderen Sachen sind dreckig. Das Kinderheim bekommt 3.500 €, dann können die Sachen auch sauber sein“) und von „Gehirnwäsche“ durch die Betreuer sprach (s. Bericht des IFZ Bl. 89 ff. d. A.). Mitteilungen von S nahm sie nicht wahr. Sie bezeichnete S als „Roboter“, weil sich das Kind während des Besuchs im August 2015 emotional zurückzog; als S und N, um die Situation zu entspannen, vorschlugen, zusammen mit ihr etwas zu spielen, lehnte sie das ab, weil sie nicht zum Spielen gekommen sei. Das von N für die Großmutter sorgfältig gemalte Bild „verbesserte“ sie, ohne ein Gefühl dafür zu haben, dass das Kind das als Zurückweisung empfinden musste.

    Der Großmutter fehlt jegliche Feinfühligkeit im Umgang mit ihren Enkelinnen (zur Definition des Begriffs wird auf Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, 3. Auflage, S. 41 verwiesen); sie verleugnet die von beiden Kindern geschilderte Gewalt in der Familie und die Erkrankung der Mutter. S und N werden damit in ihrer Selbstwahrnehmung und in ihrem eigenen Erleben verunsichert, was für ihre Persönlichkeitsentwicklung problematisch ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie das psychotische und realitätsverkennende Verhalten ihrer Mutter intensiv miterlebt haben, was bei S im Herbst 2014 bereits zu Wahnvorstellungen geführt hatte.

    S und N haben vor der Inobhutnahme bereits eine Vielzahl von Umbrüchen erlebt.

    Schon in Tschechien war im Jahr 2008 im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens der Mutter die Obsorge unter Aufsicht der Behörden zugesprochen worden. Nachdem die tschechischen Behörden Kenntnis über den Umzug der Familie nach Deutschland hatten, wandte sich das tschechische Gericht über das Bundesamt für Justiz an die deutschen Behörden, damit diese die häuslichen Verhältnisse der Familie überprüfen, weil es Mängel in der Pflege der Kinder gegeben habe. Im Ersuchen heißt es „Die Kindesmutter (wahrscheinlich auch der Kindesvater) hat Alkohol genossen, vielleicht auch andere psychotrope Mittel. Die Mutter hat oft den Haushalt in der Nacht verlassen und die Kinder allein zu Hause gelassen. Die Eltern haben sich gestritten und in der Familie musste Polizei mehrmals wegen Hausgewalt eingegriffen. Die Eltern haben sich gegenseitig auch von den Kindern angegriffen“ (Bl. 17 d. A.). In Deutschland erfolgten ebenfalls mehrfache Umzüge, Trennungen der Eltern, deren Versöhnung und erneute Trennung.

    Das Leben von S und N war damit von einer großen Instabilität geprägt, dem Miterleben und Erfahren von Gewalt, dem Fehlen von verlässlichen Bezugspersonen.

    Beide Kinder befinden sich in psychotherapeutischer Behandlung, um diese frühkindlichen Defizite aufzuarbeiten. Wenn die Großmutter in ihrer Anhörung durch den Senat behauptet, das Erfordernis der jahrelangen Therapie resultiere aus der Fremdunterbringung, vorher wäre hierfür keine Notwendigkeit gegeben gewesen, ignoriert sie vollkommen die hochproblematische Kindheit ihrer Enkelinnen und zeigt, dass sie immer noch nicht bereit ist, sich hiermit und dem jetzigen Leben der Kinder auseinanderzusetzen. Hierdurch werden die Kinder immer wieder in ihrer therapeutischen Arbeit zurückgeworfen und destabilisiert. Besonders S fühlt sich schlecht und gegenüber der Großmutter und ihren Eltern illoyal, wenn sie gegenüber der Großmutter ihr derzeitiges und die Erinnerung an ihr früheres Leben verteidigt.

    Beide Mädchen wollten bereits im Kinderheim … (einem Übergangsheim) bleiben, weil es ihnen dort so gut gefallen hat. Für beide steht es auch außer Frage, dass sie in ihrer jetzigen Umgebung bleiben wollen. S und N brauchen weiterhin viel Kraft, um die Defizite und Erlebnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten. Ihre Willensäußerungen sind als Ausdruck ihres Wunsches, nicht erneut mit diesen Konflikten konfrontiert zu werden, ernst zu nehmen.

    Damit kann nicht festgestellt werden, dass der persönliche Umgang mit der Großmutter dem Wohl der Kinder dient (§ 1685 Abs. 1 BGB).

    Damit war der Umgang auszuschließen (§§ 1685 Abs. 3, 1684 Abs. 4 BGB).

    Entgegen der in Heilmann/Gottschalk, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, § 1685, Rn. 21 und MüKo/Hennemann, BGB, 6. Auflage 2012, § 1685 Rn. 15 vertretenen Auffassung, dass dann, wenn der Umgang nicht dem Kindeswohl dient, lediglich festzustellen ist, dass es einer Regelung des Umgangs nicht bedarf und ein Ausschluss des Umgangs nur erfolgen kann und muss, wenn darüber hinaus noch eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt bzw. es dann keines Ausschlusses bedarf, ist der Senat der Auffassung, dass es sich bei der Verweisung in § 1685 Abs. 3 BGB auf die Regelungsmöglichkeiten des § 1684 Abs. 4 BGB um eine Rechtsfolgenverweisung handelt. Damit ist der Umgang einer anderen Bezugsperson auszuschließen, wenn nicht festgestellt werden kann, dass er dem Wohl des Kindes dient (so auch OLG Frankfurt, 4. Familiensenat, Beschluss vom 19.03.2013, 4 UF 261/12 - zitiert nach beck-online), eine Gefährdung des Kindeswohls durch den Umgang ist nicht erforderlich (MüKo/Hennemann a.a.O.). Wenn lediglich festgestellt würde, dass es einer Regelung des Umgangs nicht bedarf, wäre es für keinen Beteiligten ersichtlich, wann die Großmutter die erneute Prüfung des Umgangsrechts verlangen kann (s. BVerfG, FamRZ 2006,1005 ff. – zitiert nach beck-online).

    Mildere Mittel als der Ausschluss des persönlichen Umgangs der Großmutter stehen nicht zur Verfügung.

    Die bisherigen Umgangskontakte haben bereits in begleiteter Form stattgefunden und haben wegen des Verhaltens und der Beratungsresistenz der Großmutter dazu geführt, dass die Umgangskontakte vorzeitig abgebrochen wurden und die Kinder den Umgang ablehnen.

    Solange die Großmutter nicht an ihrer Feinfühligkeit arbeitet und bereit ist, Hinweise der Umgangsbegleiter aufzunehmen, können persönliche Kontakte – in welcher Form auch immer – nicht durchgeführt werden.

    Da entsprechende Bemühungen weder vorgetragen noch ersichtlich sind, hat der Senat die Dauer des Umgangsausschlusses verlängert (keine reformatio in peius in Umgangsverfahren, s. Keidel/Sternal, FamFG, 19 Auflage, § 69 Rn. 21). Hierdurch erhält die Großmutter Gelegenheit, sich zumindest entsprechend beraten zu lassen, wenn nicht sogar, sich zur Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte therapeutisch helfen zu lassen.

    S und N können sich damit für ein Jahr auf sich und ihre Entwicklung konzentrieren, ohne durch eine Vielzahl von Anhörungen immer wieder mit der Vergangenheit konfrontiert zu werden.

    Um den Kontakt zwischen Großmutter und Enkelinnen nicht vollständig abreißen zu lassen, hat der Senat eingeschränkte schriftliche Kontakte zugelassen. Der Großmutter scheint es brieflich besser zu gelingen, auf die Kinder zuzugehen, jedenfalls wurde dem Senat nicht berichtet, dass das Geburtstagspaket für S zu Verhaltensauffälligkeiten oder Retraumatisierungen geführt hat.

    Gegenüber der Berichterstatterin hat sich S erfreut über das Paket und die beigelegte Karte gezeigt und dies auch gegenüber der Großmutter zum Ausdruck gebracht (Bl. 592 d. A.)

    Soweit S im Brief schreibt „Ich hab dich ganz dol lieb“, widerspricht dies nicht den obigen Feststellungen. Die Großmutter war für die Kinder in ihrer frühen Kindheit, die geprägt war von Vernachlässigung und streitenden, gewalttätigen Eltern, sicherlich eine (wenn nicht die einzige) Konstante. Beide Kinder haben angegeben, dass sie von der Oma, im Gegensatz zu ihren Eltern, nicht geschlagen worden seien. In beiden Kindern steckt sicherlich die Sehnsucht nach der lieben Oma, die sie verwöhnt und sie schützt. Dass dieses Bild der Konfrontation mit der Realität bei den Besuchen nicht standgehalten hat, wurde oben ausgeführt.

    Vielleicht gelingt es der Großmutter schriftlich, den Kindern zu vermitteln, dass sie deren jetziges Leben akzeptiert, dass sie versteht, warum die Kinder nicht mehr in der Familie leben und dass sie sich für ihr Leben interessiert. Nur auf diesem Weg besteht die Chance, dass sich an der Einstellung der Kinder irgendwann etwas ändern könnte.

    Da der briefliche Kontakt es den Kindern ermöglicht, selbst zu entscheiden, ob, wann und wie sie hierauf reagieren wollen, ist er auch Telefonaten vorzuziehen.

    Soweit mit der Beschwerde weitere Rügen erhoben worden sind, führen diese ebenfalls nicht zu einer anderen Entscheidung.

    Sowohl der Großmutter als auch ihrem Bevollmächtigten wurde erstinstanzlich rechtliches Gehör gewährt, wenn auch die verspätete Übersendung mancher Schriftsätze erstinstanzlich zu Recht gerügt worden war.

    Weder die Großmutter noch ihr Anwalt haben einen Anspruch auf Teilnahme an der Kindesanhörung. Die Gestaltung der Anhörung steht im Ermessen des Gerichts, § 159 Abs. 4 S. 4 FamFG, das im vorliegenden Fall auch zutreffend ausgeübt wurde. Die Möglichkeit der Beeinflussung der Kinder durch die Begleitpersonen lässt sich nie ausschließen; es obliegt dem Gericht, die Anhörung der Kinder so durchzuführen, dass mögliche zuvor erfolgte Einflussnahmen entweder deutlich oder relativiert werden.

    In der Ladung zur Anhörung (Bl. 467 d. A.) wurde auch darauf hingewiesen, dass das Gericht grundsätzlich nur dem Verfahrensbeistand die Anwesenheit zu gestatten hat. In Anbetracht des Hinweises des Senats in der WF-Beschwerde (Bl. 220 ff. d. A.) ist es auch kaum nachvollziehbar, dass sich der Bevollmächtigte der Großmutter darauf beruft, die Anwesenheit der Großmutter sei nicht ausdrücklich ausgeschlossen gewesen.

    Die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss ist in der Tat völlig unzureichend („Gst, bitte wie Eureka 3470216 einsetzen!! Beschwerde binnen Monatsfrist“); allerdings ist die Großmutter anwaltlich vertreten und die Beschwerde auch form- und fristgemäß eingelegt worden.

    Warum die Anhörungen des abgelehnten Amtsrichters nicht verwertbar sein sollen, erschließt sich dem Senat nicht. Die Ablehnung erfolgte aufgrund der verzögerten Behandlung des Verfahrens. Im Übrigen haben die Kinder sich vor dem danach zuständigen Amtsrichter und bei der Anhörung durch die Berichterstatterin geäußert und sich ganz ähnlich positioniert.

    Soweit in der Beschwerde Ausführungen zur „fehlerhaften“ Fremdunterbringung der Kinder gemacht werden, betreffen sie das Sorgerechtsverfahren und nicht den Umgang. Dass die entfernte Unterbringung möglicherweise – auch – den Zweck hatte, Distanz zwischen die Familie und die Kinder zu bringen, ist ein Reflex und führt nicht dazu, dass die Angemessenheit der Unterbringung im Rahmen des Umgangsverfahrens geprüft werden muss. Gleiches gilt für die Rüge, die einstweilige Anordnung aus dem April 2014 – die im Sorgerechtsverfahren erging - sei nicht früher überprüft worden. Im Übrigen haben alle Familienangehörigen grundsätzlich die Möglichkeit, die Kinder an ihrem jetzigen Aufenthaltsort zu besuchen, soweit dies dem Wohl der Kinder nicht widerspricht. Auch die Möglichkeit der Übernachtung wird vom Träger der Einrichtung bereitgestellt, sodass die lange Fahrtzeit auf zwei Tage verteilt werden kann.

    Umgangskontakte mit der Großmutter, die problemlos verlaufen sind, können der Akte nicht entnommen werden. In der Beschwerdebegründung werden hierzu auch keine konkreten Angaben gemacht. Sicher waren sowohl die Eltern als auch die Großmutter durch die lange Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens und die restriktive Umgangsgestaltung aufgebracht. Das hochemotionale und nicht angemessene Verhalten begann aber schon kurz nach der Inobhutnahme, als noch gar nicht klar war, wie die Perspektive der Kinder sein würde.

    So hatte die Großmutter am 14.01.2014 im Kinderheim angerufen, weil sie die Kinder zu sich holen wollte. Als dies abgelehnt wurde, habe sie die Mitarbeiterinnen so heftig beschimpft, dass das Telefonat abgebrochen werden musste. Am 20.01.2014 kam sie in die Schule der Kinder, obwohl das Jugendamt sie gebeten hatte, dies nicht zu tun. Als sie S und N nicht sehen konnte, habe sie erklärt, die Kinder würden behandelt „wie Vieh“, „typisch deutsch“ (s. den Bericht des Jugendamts vom 07.02.2014, Bl. 7 ff. d. A.). In einem Schreiben vom 27.01.2014 an die damals zuständige Mitarbeiterin des Jugendamts wirft sie den Betreuerinnen im Kinderheim „Hirnwäsche“ vor, „man habe das Gefühl ist in ein Konzentrationslager“, die Erzieherinnen seien „brutal“ (s. Bl. 21 ff. d. A.).

    Im Übrigen ist es Aufgabe der Erwachsenen, sich so unter Kontrolle zu haben, dass mit den Kindern eine für diese angenehme Zeit verbracht werden kann. Das ist der Großmutter nach allen Beschreibungen von Anfang an nicht gelungen. Auch die völlig unangemessene Wortwahl „die Blonde zu Pflegefamilie, die Dunkelhaarige muss im Kinderheim bleiben, weil mit ihrem Aussehen, passt nicht zur Germanisierung“ (s. Bl. 558 d. A., Schreiben an den Senat), „Wie vor mehr als ziebzig Jahre hat das die Nazi gemacht“ (ebenda), „Verlogene Bestien“ (Bl. 56 Rs. d. A., über die Mitarbeiterinnen des JA bzw. Heims), „das ist wie Mengele“ (s. Bl. 205 d. A., in der gerichtlichen Anhörung am 24.04.2015), „Drecksau“ (s. Bl. 504 Rs. d. A., zu der Verfahrensbeiständin in der Anhörung am 19.08.2016) wird dadurch nicht gerechtfertigt.

    Ob man – wie das Amtsgericht – aus diesem Verhalten auch auf eine zu befürchtende mangelnde Beherrschung bei Umgangskontakten mit den Kindern schließen kann, kann hier dahinstehen. Unbegleitete Umgangskontakte scheiden aus, da schon die begleiteten problematisch für die Kinder verlaufen sind.

    Über die von der Großmutter am 26.08.2016 beim Amtsgericht erhobene „sofortige Beschwerde“ gegen die Entlassung des Jugendamts … als Pfleger für S und die Übertragung auf das Jugendamt der Stadt … ist nicht im vorliegenden Verfahren zu entscheiden, da es sich bei dem durch den Rechtspfleger vorgenommenen Pflegerwechsel nicht um ein Umgangsverfahren handelt und nur dieses dem Senat vorliegend angefallen ist.

    Dass durch den Aufenthalt der Kinder im … höhere Umgangskosten anfallen, macht das Verfahren noch nicht zu einem Umgangsverfahren. Der Wechsel in der Pflegschaft geht auch nicht mit einem Wechsel des Aufenthaltsortes der Kinder zusammen; S und N sind lange vorher durch das Jugendamt …, gegen dessen Entlassung sich die Großmutter wendet, im … untergebracht worden.

    In Bezug auf die Beschwerde wird allerdings darauf hingewiesen, dass die angefochtene Entscheidung des Rechtspflegers durch den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Frankfurt am Main vom 23.09.2016 (Az. 469 F 15001/16 SO, 3 UF 275/16 OLG Frankfurt), mit dem die Pflegschaft für beide Kinder auf das Jugendamt der Stadt … übertragen wurde (für N ist inzwischen das Jugendamt des Landkreises … bestellt worden), überholt bzw. ersetzt wurde und dieser Beschluss durch die eingelegte Beschwerde der Mutter dem Senat angefallen ist (3 UF 275/16); im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens ist auch zu überprüfen, ob Ergänzungspflegschaft anzuordnen und wer ggfls. als Pfleger einzusetzen ist.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Verfahrenswerts auf § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

    Dr. Fritz Reitzmann Knauth