OLG Frankfurt vom 03.03.2009 (3 UF 275/08)

Stichworte: Begrenzung, Aufstockungsunterhalt, ehebedingte Nachteile;
Normenkette: BGB 1578b
Orientierungssatz:
  • Es ist davon auszugehen, dass zwischen der jedenfalls seit 2006 deutlich geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der gesetzlichen Neuregelung keine inhaltliche Änderung zur Begrenzung von Aufstockungsunterhalt gegeben ist (vgl. BGH Urt. V. 12.04.2006 FamRZ 2006,1006; Palandt-Brudermüller, BGB 68 Aufl., Einf. II vor § 1569 Rdnr. 15; Dose FamRZ 2007, 1289).
  • Nach der neuen Rechtslage und der sich schon vorher entwickelnden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt allein die Annahme einer langen Ehe nicht dazu, dass eine Begrenzung der Unterhaltsansprüche ausgeschlossen wäre (vgl. BGH FamRZ 2006, 1006, BGH FamRZ 2008,134).
  • Die Dauer der Ehe ist aber gleichwohl von Bedeutung, da sich der (berufliche) Nachteil, der sich nach der Scheidung für den Ehegatten ergibt, der sich ganz der Kindererziehung und Haushaltsführung gewidmet hat, in aller Regel mit zunehmender Dauer der Ehe erhöht (BT-Drucksache 16/1830, Seite 19)
  • Eine Einkommensdifferenz der Ehegatten muss sich als ehebedingter Nachteil darstellen, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigt.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    U R T E I L

    In der Familiensache

    hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Grabowski,die Richterin am Oberlandesgericht Menz und die Richterin am Oberlandesgericht Kummer-Sicks im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzschluss am 26.02.2009am 03.03.2009 für Recht erkannt:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.08.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau, Aktenzeichen: 63 F 1699/07 UE, dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    Der Streitwert für die Rechtsmittelinstanz wird auf 6.764,52 EUR festgesetzt.

    Gründe:

    I.

    Die am 1. Juni 1973 geschlossene Ehe der Parteien ist seit dem 26.09.2000 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe der Parteien sind drei Töchter hervorgegangen, die 1974,1977 und 1981 geboren wurden.

    Die Beklagte hat nach ihrem Schulabschluss den Beruf der Erzieherin gelernt und diese Tätig-keit bis zum Mutterschutz der ersten Tochter im Mai 1974 ausgeübt. Die folgenden 24 Jahre war die Beklagte Hausfrau und Mutter ohne eigene Berufstätigkeit. Von 1998 bis Sommer 2000 hat die Beklagte im Bereich der Hausaufgabenbetreuung stundenweise gearbeitet. Im August 2000 hat sie eine Teilzeitbeschäftigung als Erzieherin aufgenommen, welche im Jahre 2001 auf eine Tätigkeit mit einer 35 Stundenwoche aufgestockt werden konnte. Aus betriebsbedingten Gründen erhielt sie zum 31.03.2007 die Kündigung, gegen die sie arbeitsgerichtlich vorgegangen ist. Vom 1. April 2007 bis 17. Oktober 2007 war sie befristet in Vollzeit als Erziehe-rin eingestellt. Derzeit arbeitet sie mit 87% befristet bis 31.08.2009.

    Im Rahmen eines Scheidungsfolgenvergleichs hat sich der Kläger zunächst verpflich-tet, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt in Höhe von 306,78 EUR zu zahlen. Mit Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 17.11.2004 wurde der Kläger verpflich-tet, monatlichen Unterhalt in Höhe von 563,71 EUR an die Beklagte zu zahlen. Diesem Urteil liegen die Renteneinkünfte des Klägers, der sich seit 2000 im Vor-ruhestand befindet, bereinigt mit 2.188,78 EUR und die damaligen Einnahmen der Beklagten mit um alle Positionen und Abschläge bereinigt - 1.061,37 EUR zu Grunde. Zu den Einzelheiten der Berechnung wird auf das Urteil des Amtsgerichts Duisburg (Bl. 18 ff d. A.) Bezug genommen.

    Nach dem unbestrittenen Vor-trag der Beklagten verfügt der Kläger inzwischen über bereinigt 2.316,28 EUR.

    Die Beklagte erzielt nach ihrem Vortrag bereinigt ein Einkommen in Höhe von 1.063,37 EUR, nach Abzug von Krankenkasse, berufsbedingten Auf-wendungen und Erwerbstätigenbonus. Der Kläger errechnet auf der Basis einer Vollzeitbeschäftigung ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.426,34.EUR. Weiter rechnet er fiktive Zinseinkünfte von 500 EUR zu, die sich aus der Anlage eines Geldbetrages in Höhe von rd. 121.000 EUR ergeben, den die Parteien anlässlich der Veräußerung des Eigenheims bei Scheidung jeweils erhalten haben.

    Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den Wegfall des nachehelichen Unterhalts. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte, wenn sie nicht ge-heiratet und drei Kinder geboren hätte, einen anderen beruflichen Weg einge-schlagen bzw. Erfolg hätte verzeichnen können.

    Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht die Unterhaltsansprüche der Beklagten bis 31.12. 2008 befristet.

    Das Amtsgericht führt in seiner Entscheidung dazu aus, dass der Kläger mit der jetzigen Befristung für seine Abänderungsklage nicht präkludiert sei, da zum Zeitpunkt der letzten Abänderung die für die Änderung maßgeblichen Gesichtspunkte noch nicht hinreichend voraussehbar gewesen seien.

    Der Bedarf der Beklagten sei durch ihre eigenen Einkünfte gesichert. Sie habe keine ehebedingten Nachteile in beruflicher Hinsicht erlitten. Der Vortrag zu der Auf-nahme eines Studiums im Alternativfall sei fiktiv und hypothetisch. Die Möglichkeit der Aufnahme des Studiums hätte auch noch nach Scheidung bestanden. Dass sie diesen Schritt seinerzeit nicht gegangen sei, gehe heute zu ihren Lasten. Nach dem neuen Unterhaltsrecht sei die Beklagte auf das Prinzip der Eigenverantwort-lichkeit zu verweisen. Die Übergangszeit von 8 Jahren seit der Scheidung sei aus-reichend, um sich auf die geänderte Situation einzustellen.

    Mit der hierge-gen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte die Klageabweisung und damit ei-nen unbefristeten Unterhaltsanspruch weiter. Die Beklagte ist der Auffassung, dass sich die Verhältnisse seit 2004 nicht geändert hätten, so dass der Kläger mit dem Einwand der Befristung präkludiert sei. Sie behauptet, ihr seien ehebedingte Nachteile entstanden. Sie ist der Auffassung, dass es in der Natur der Sache lie-ge, dass eine Berufspause von 26 Jahren Nachteile mit sich bringt. Die Vorstel-lung des Amtsgerichts zu einer Studienaufnahme bei Ende der Ehe sei im Hin-blick auf das damals gegebene Alter der Beklagten von fast 50 Jahren nicht realis-tisch.

    Selbst wenn sie nicht studiert, aber ununterbrochen als Erzieherin gearbeitet hätte, würde sich ihre heutige berufliche Situation günstiger gestalten. Sie wäre dann in der Lage, eine leitende Funktion in einem Kindergarten auszu-üben. Schon bei ihrem Ausscheiden sei sie mit der selbständigen Führung einer Kindergartengruppe betraut gewesen.

    Fiktive Zinseinkünfte könnten ihr nicht entgegengehalten werden.

    Die Berufungsklägerin bean-tragt,

    das am 14.08.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts-Familiengericht- Hanau zu Aktenzeichen 63 F 1699/07 UE aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

    Der Berufungsbeklagte beantragt,

    die Berufung abzuweisen.

    Der Berufungsbeklagte ver-teidigt die angefochtene Entscheidung. Eine Präklusion seines Einwands der Be-fristung sei nicht gegeben. Nach dem neuen Unterhaltsrecht sei vorrangig das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit zu berücksichtigen. Die Beklagte habe auch keine ehebedingten Nachteile erlitten, da sie einen Anschluss an ihre vorherge-hende Berufstätigkeit gefunden habe.

    Von einem Studium der Beklagten sei nie die Rede gewesen; sie habe auch nicht über die entsprechenden Schulno-ten verfügt.

    Seit der Scheidung habe sie auch genügend Zeit gehabt, sich umzustellen. Mit Einnahmen in Höhe von 2.000 EUR monatlich könne sie ihren Bedarf selbst decken. Das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes im Zusammenhang mit der Befristung des derzeitigen Arbeitsverhältnisses liege allein in der Risiko-sphäre der Beklagten.

    II.

    Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet

    Die Beklagte hat gegen den Kläger nach wie vor einen An-spruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 BGB in der vom Amtsgericht Duisburg im Urteil vom 17.11.2004 titulierten Höhe.

    Eine Befristung oder Beschränkung dieses Anspruchs kommt unter Berücksichtigung der konkreten Umstände - auch nach neuem Unterhaltsrecht- nicht in Betracht. Das Abänderungsbegehren des Klägers ist unbegründet.

    Der Kläger ist nicht bereits mit dem Einwand der Befristung gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präklu-diert, wie das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt.

    Im Ausgangs-verfahren vor dem Amtsgericht Duisburg aus November 2004 bestand für den Kläger die Möglichkeit, den Einwand der Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten geltend zu machen, nicht in vergleichbarer Weise. Es ist davon auszu-gehen, dass zwischen der jedenfalls seit 2006 deutlich geänderten Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs und der gesetzlichen Neuregelung keine inhaltli-che Änderung zur Begrenzung von Aufstockungsunterhalt gegeben ist (vgl. BGH Urt. V. 12.04.2006 FamRZ 2006,1006; Palandt-Brudermüller, BGB 68 Aufl., Einf. II vor § 1569 Rdnr. 15; Dose FamRZ 2007, 1289). Für die Zeit davor kann dies, auch bei schon vorhandenen Tendenzen, nicht angenommen werden. Zugunsten des Klägers war daher anzunehmen, dass eine Änderung der Rechtlage seit der Ausgangsentscheidung eingetreten ist, die ihn dem Grunde nach zur Abänderung berechtigt.

    Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse ist seit der Entschei-dung des Amtsgerichts Duisburg keine wesentliche Änderung eingetreten. Soweit der Beklagten nach dem Vortrag des Klägers bei einer Vollbeschäftigung 1.426,34 EUR Nettoeinkommen zuzurechnen wären, verblieben nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen und dem Erwerbstätigenbonus mit 1/7 nur 1.161,42 EUR. Unter Berücksichtigung eines unbestrittenen Nettoeinkommens des Klägers von 2.316,28 EUR errechnet sich ein Aufstockungsunterhalt von 577,43 EUR. Dieser übersteigt sogar die titulierten 563,71 EUR.

    Zinseinkünfte sind der Beklagten nicht fiktiv zuzurechnen, da diese bereits bei der Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts Duisburg, trotz Einfüh-rung in den Prozess, keine Berücksichtigung gefunden haben. In den Entschei-dungsgründen ist dazu ausgeführt, dass eventuelle Zinseinnahmen aus dem Erlös des Verkaufs des ehemaligen gemeinsamen Eigenheims bei beiden Parteien bei der Unterhaltsberechnung nicht berücksichtigt wurden. Der Kläger hätte, wenn er die Anrechnung der Zinsen hätte weiterverfolgen wollen, dies seinerzeit mit dem Rechtsmittel der Berufung angreifen müssen; im Wege der Abänderung ist ihm dies heute verwehrt (§ 323 Abs. 2 ZPO).

    Das Amtsgericht hat der Beklag-ten daher den titulierten Anspruch auch für die angenommene Dauer in voller Hö-he zugesprochen.

    Die Berufung greift jedoch zu Recht an, dass das Amts-gericht in der angefochtenen Entscheidung den Unterhaltsanspruch bis zum 31.12.2008 begrenzt hat.

    Die Voraussetzungen des § 1578 b BGB für eine Herabsetzung oder zeitliche Befristung der Unterhaltsansprüche der Beklagten liegen nicht vor. Denn eine Herabsetzung von Unterhaltsansprüchen auf den an-gemessenen Lebensbedarf bzw. eine zeitliche Befristung kommt nur dann in Be-tracht, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtig-ten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wä-re, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sor-gen. Solche Nachteile können sich insbesondere aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung der Haushaltsfüh-rung und Erwerbstätigkeit während der Ehe, sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

    Zwar führt nach der neuen Rechtslage und der sich schon vorher entwickelnden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein die Annahme einer langen Ehe nicht dazu, dass eine Begrenzung der Unterhaltsansprüche ausge-schlossen wäre (vgl. BGH FamRZ 2006, 1006, BGH FamRZ 2008,134).

    Entscheidend ist vielmehr, inwieweit der nacheheliche Unterhalt ehebe-dingt entstandene Nachteile des unterhaltsberechtigten Ehegatten ausgleichen soll. Eine Einkommensdifferenz der Ehegatten muss sich danach als ein ehebe-dingter Nachteil darstellen, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigt. Der Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB bietet deswegen keine - von ehebedingten Nachteilen unab-hängige - Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwor-tung. Ist die Einkommensdifferenz darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebens-standard erreicht hatten, kann es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegat-ten nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte.

    Die Dauer der Ehe ist aber gleichwohl von Bedeutung, da sich der (berufliche) Nachteil, der sich nach der Scheidung für den Ehegatten ergibt, der sich ganz der Kindererziehung und Haushaltsführung gewidmet hat, in aller Regel mit zunehmender Dauer der Ehe erhöht (BT-Drucksache 16/1830, Seite 19).

    In den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 14.11.2007 und 16.04.2008 wird ausgeführt, dass die Ehedauer und die Verflechtung der gemeinsamen Verhältnisse lediglich Indizien für den ehebedingten Nachteil sind, hingegen schon der Umstand der Ausübung einer vollschichtigen Berufstätigkeit in dem erlernten Beruf gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile sprechen würde. Grundsätzlich trägt der Unterhaltsver-pflichtete die Darlegungs- und Beweislast für alle Tatsachen, die zu einer Befris-tung oder Beschränkung führen können, weil § 1578 b BGB als Ausnahmetatbe-stand konzipiert ist. Hat der Unterhaltsverpflichtete allerdings Tatsachen vorgetra-gen, die - wie z. B. die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem erlern-ten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf- einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des Anspruchs nahe legen, obliegt es dem Unter-haltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unter-haltsbegrenzung oder für eine längere " Schonfrist" sprechen (BGH FamRZ 2008, 1325; BGH FamRZ 2008, 134).

    Nach den weiteren Ausführungen in der Entscheidung vom 16.04.2008 können ehebedingte Nachteile in diesem Sinne nicht mit durch die Berufspause in der Ehe erworbenen niedrigeren Rentenan-wartschaften begründet werden; Nachteile aufgrund fehlender Teilnahme an Fort-bildungsveranstaltungen sind substantiiert darzulegen (BGH a.a.O.).

    Auch das Entfallen des Einsatzzeitpunkts für einen späteren Altersunterhaltsanspruch bei vorübergehender Unterbrechung der Erwerbstätigkeit stellt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keinen Ablehnungsgrund für eine Befris-tung dar (BGH Urt. v. 25.06.2008, FamRZ 2008, 1508).

    Abgelehnt wird eine Befristung in der Rechtsprechung einheitlich dann, wenn weder die Dauer der ehebedingten Nachteile noch deren Umfang konkret zu bemessen ist, etwa bei noch andauernder Kinderbetreuung (vgl. nur BGH Urt. V. 17.12.2008, Az XII ZR 9/07).

    Das Oberlandesgericht Celle hat in seiner Entscheidung vom 02.06.2008 ausgeführt, dass sich gerade bei Ehegatten ohne Berufsausbildung oder einer geringen beruflichen Qualifikation in den meisten Fällen nur schwer die Feststellung treffen lassen wird, dass ihnen nach Scheitern der Ehe Erwerbsmög-lichkeiten und damit Einkommensquellen verschlossen bleiben, die sich ihnen oh-ne die in der Ehezeit eingelegte Berufspause tatsächlich eröffnet hätten (FamRZ 2008, 1956).

    Demgegenüber hat das Brandenburgische Oberlandesge-richt ausgeführt, dass bei einem Ehegatten mit gehobener beruflicher Qualifikation und einer ausgeübten Leitungsposition eine Vermutung streitet, dass durch eine ehebedingte langjährige Unterbrechung der Berufstätigkeit berufliche Nachteile entstehen (Urt. v. 22.04.2008, FamRZ 2008, 1952).

    Das Oberlandesge-richt Düsseldorf hat in einem Fall eine Befristung bei 30 Jahren Ehe und 10 Jahren Unterbrechung im Berufsleben abgelehnt, da es angenommen hat, dass die Ehe-frau, die den Beruf der Näherin gelernt hatte, sich ohne die Ehe und die Betreu-ung der Tochter, beruflich umorientiert hätte, da es für den erlernten Beruf schon länger in Deutschland keinen Arbeitsmarkt gibt (OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1950).

    Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine Befristung eines Unterhaltsanspruchs im Hinblick darauf abgelehnt, dass die Unterhaltsberechtigte die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder betreut und auf jegliche berufliche Wei-terbildung oder Eingliederung verzichtet hat, während der Unterhaltsberechtigte seine berufliche Tätigkeit ungehindert und erfolgreich fortführen konnte (FamRZ 2008, 2206).

    Dass auf Seiten der Beklagten solche ehebedingten Nachtei-le eingetreten sind, steht zur Überzeugung des Senats fest. In diesem Zusam-menhang hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte bereits ein Jahr nach Abschluss ihrer Ausbildung anlässlich der Geburt der ersten Tochter ihren erlern-ten Beruf aufgegeben und sich die folgenden 26 Jahre der Pflege und Erziehung der drei Töchter der Parteien und der Haushaltsführung gewidmet hat. Die 27 Jah-re bestehende Ehe der Parteien war geprägt durch die klassische Aufteilung in einen haushaltsführenden und einen erwerbstätigen Teil.

    Hieran ändert auch der Umstand, dass die Beklagte nach der Scheidung wieder eine Anstellun-ge als Erzieherin und zum Teil auch in Vollzeit finden konnte, was unter Berück-sichtigung der konkreten Arbeitsmarktsituation und des Alters der Beklagten be-achtlich ist, nichts.

    In Bezug auf die konkrete Berufsausübung liegt in der Befristung der Arbeitsverhältnisse ein erheblicher Nachteil.

    Die Beklagte hat anlässlich der persönlichen Anhörung nachvollziehbar ausgeführt, dass sie sich die Arbeitsbedingungen insoweit diktieren lassen muss. Ihre letzten beiden Verträge sind nur befristet, da sie für eine Kollegin eingestellt wurde, die wegen Mutterschutz und Erziehungszeit eine Berufspause einlegt. Die Stundenzahl habe sie reduzieren müssen, da die Kollegin wieder stundenweise angefangen habe. Ihr derzeitiger Vertrag ist bis Ende August 2009 befristet, eine nachhaltige Sicherung ihres Einkommens aus Berufstätigkeit kann damit nicht angenommen werden. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die ehebedingten Nachteile noch andauern. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte einen gesicherten Arbeitsplatz hätte, wenn sie durchgängig berufstätig gewesen wäre.

    Ein ehebedingter Nach-teil ist aber auch darin zu sehen, dass der berufliche Werdegang der Beklagten anders verlaufen wäre, wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht über mehrere Jahrzehn-te unterbrochen hätte. Die Beklagte befindet sich beruflich in einer schlechteren Position - unter Berücksichtigung dieser konkreten Bedingungen-, als dies vor Aufgabe der Berufstätigkeit zu Beginn der Ehe war.

    Gemäß dem Zeugnis aus dem Jahre 1974 (Bl. 175 d.A.) wurde die Beklagte seinerzeit nach ihrer Aus-bildung übernommen und erhielt bereits eine Untergruppe des Kindergar-tens/Tagesstätte zur Leitung. Der Vortrag der Beklagten, dass sie bei fortgesetzter Tätigkeit Aufstiegschancen gehabt hätte, ist damit schlüssig und nachvollziehbar.

    Bei einer derart langen Berufspause wie im vorliegenden Fall dürfen auch keine überspitzten Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtig-ten gestellt werden. Wenn wie hier die Ehegatten jung heiraten und die Berufstä-tigkeit lange unterbrochen wird, gestaltet es sich für beide Parteien außerordent-lich schwierig die für und gegen die Annahme eines ehebedingten Nachteils erfor-derlichen Tatsachen und Indizien darzulegen und zu beweisen. Es liegt in der Na-tur der Sache, dass bestimmte Weichenstellungen im familiären und beruflichen Leben bestimmte weitere Entwicklungen eröffnen oder verschließen. Die Beklagte hat versucht darzustellen, dass sich ihr berufliches Leben anders gestaltet hätte, wenn sie nicht vor 35 Jahren gemeinsam mit dem Kläger die Rollenverteilung, wie gelebt, gewählt hätte und in den kommenden Jahren die drei Kinder der Parteien, ohne eigenes berufliches Fortkommen, aufgezogen hätte.

    Sie hat dabei substantiiert dargelegt, welche Aufstiegschancen ihr dies ermöglicht hätte und ü-ber welches Einkommen sie dann verfügen könnte. Der titulierte Unterhalt ent-spricht danach auch in der Höhe dem erlittenen Nachteil.

    In solchen Fällen kann es sich immer nur um hypothetische Geschehensabläufe mit eingeschränk-ten Darlegungsmöglichkeiten handeln. So kann die Beklagte auch nicht beweisen, dass sie bei einem Alternativverlauf studiert hätte. Soweit das Amtsgericht aus-führt, dass der Umstand, dass das Studium nicht nach Trennung aufgenommen wurde, gegen die Annahme sprechen würde, dass die Beklagte früher studiert hät-te, kann dem nicht gefolgt werden. Berufliche Entscheidungen werden mit 25 ver-nünftigerweise andere sein als mit 49 Jahren. Der Beginn des Studiums bei Tren-nung der Parteien hätte einen Abschluss und damit neuerlichen Start ins Berufsle-ben - allerdings als Berufsanfängerin - mit über 50 Jahren bedeu-tet.

    Weitergehender Vortrag kann unter den gegebenen Umständen nicht von der Beklagten erwartet werden.

    Dem Senat kommt es aber zur Ent-scheidung auch nicht auf die Frage an, ob die Beklagte ein Studium der Sozialpä-dagogik an ihre Ausbildung angeschlossen hätte, da bereits hinsichtlich des er-lernten Berufs von ehebedingten Nachteilen auszugehen ist.

    Die 1951 ge-borene Beklagte war bei Aufgabe ihrer Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf gerade einmal 23 Jahre alt. Dieses Alter lässt Entwicklungsmöglichkeiten in beruflicher Hinsicht offen. Dass sie bei einer durchgängigen weiteren Berufstätigkeit von 26 Jahren keinerlei Veränderung, auch nicht im Sinne von üblichen Beförderungen und Verbesserungen, erreicht hätte, kann nicht zu Lasten der Beklagten ange-nommen werden. Hierfür bieten sich keinerlei Anhaltspunkte.

    Spätestens mit dem neuen Unterhaltsrecht ist zu erwarten, dass die Parteien Indizien für das Vorliegen bzw. Fehlen ehebedingter Nachteile vortragen, die realistische Anknüp-fungspunkte haben. Ungewöhnliche Karriereverläufe dürften damit schwer nach-weisbar sein. Wenn aber wie im vorliegenden Fall eine abgeschlossene Schul-ausbildung und eine abgeschlossene Berufsausbildung mit anschließender Über-nahme zur weiteren Beschäftigung gegeben ist, dann indiziert eine Berufspause von über 25 Jahren auch den ehebedingten Nachteil im beruflichen Fortkom-men.

    Dass sich die Beklagte in ihrem erlernten Beruf weiterentwickelt hät-te und damit über Einkommen aus einer höheren Lohngruppe verfügen würde, steht zur Überzeugung des Senats fest. Die Beklagte hat ohne Probleme ihre Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen. Sie hat den angestrebten Beruf durch Übernahme seitens ihres damaligen Arbeitgebers weiter ausgeübt und bin-nen kürzester Zeit eigenverantwortlich die Leitung einer Gruppe übernommen. Sie hat sich dann engagiert der Versorgung ihrer Familie und der Erziehung der drei kurz hintereinander geborenen Töchter gewidmet. Dass ihr dann nach dieser lan-gen Berufspause der Einstieg in ihrem erlernten Beruf, trotz ihres fortgeschritte-nen Alters, gelungen ist, spricht dafür, dass sie engagiert, zielstrebig und leis-tungsbereit ist. Diese Eigenschaften hätten der Beklagten zu einem beruflichen Aufstieg verholfen. Dies zeigt sich auch darin, dass ihr nach der Kündigung der ersten Tätigkeit noch eine Anstellung bei einer anderen Einrichtung in einer völlig anderen Region gelungen ist.

    Zudem ergib sich aus dem Rechtsgedanken des § 36 EGZPO ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten auf den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs. Eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung kann ihr danach nicht zugemutet werden.

    Für die Bemessung der " Schonfrist" im Sinne dieser Vorschrift kann nicht auf die Scheidung im Jahre 2000 abgestellt werden. Insofern wäre zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits zwei unbe-fristete Unterhaltstitel seit der Trennung erstritten hat und ihre Einkünfte bis zur Rente nicht mehr steigern kann. Die Beklagte arbeitet nahezu vollschichtig; Auf-stiegschancen hat sie realistisch nicht. Aufgrund ihres Alters und der aufgrund der langen Ehe und bisher geleisteten Unterhaltszahlungen ist eine derartige wirt-schaftliche Verflechtung eingetreten, dass der Beklagten eine Änderung nicht zumutbar erscheint.

    Ein unbefristeter Unterhalt widerspricht damit nicht der Billigkeit.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Die Wertfestsetzung folgt aus § 42 Abs. 1 ZPO,

    Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Frage, unter welchen Voraussetzun-gen bei langen Ehen mit mehreren Kindern und damit einhergehenden Berufspau-sen der Unterhaltsanspruch nach neuem Recht zu begrenzen ist, insbesondere zu dem Gesichtspunkt, welche Maßstäbe für die Prognose beim ehebedingten Nach-teil anzulegen sind, ist nach der neuen Rechtslage und den bisher ergangenen Entscheidungen noch offen.

    Grabowski Menz Kummer-Sicks