OLG Frankfurt vom 12.12.2017 (3 UF 253/17)

Stichworte: Einstweilige Anordnung; Hauptsacheverfahren; Fristsetzung; Beschwerde; Endentscheidung
Normenkette: FamFG 38; FamFG 52 Abs. 2; FamFG 58; ZPO 567
Orientierungssatz:
  • Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Fristsetzung gem. § 52 Abs. 2 FamFG ist ein Rechtsmittel nicht statthaft.
  • 458 F 12068/17
    AG Frankfurt/Main

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    pp.

    hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 3. Familiensenat - auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 07.09.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Fritz, Richterin am Oberlandesgericht Kummer-Sicks und Richter am Oberlandesgericht Reitzmann

    am 12.12.2017 beschlossen:

    Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 1.000 €.

    Gründe:

    I.

    Der Antragsgegner wendet sich gegen einen Beschluss, mit dem sein Antrag zur Bestimmung einer Frist zur Einleitung eines Hauptverfahrens abgelehnt worden ist.

    Auf Antrag der Antragstellerin hat das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 22.03.2017 eine bis 30.09.2017 befristete Gewaltschutzanordnung erlassen, mit der dem Antragsgegner untersagt wurde, dort näher bezeichnete Handlungen vorzunehmen. Nach mündlicher Anhörung der Beteiligten hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 23.05.2017 die vorstehend genannte einstweilige Anordnung aufrechterhalten. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 08.12.2017 zurückgewiesen.

    Bereits mit Schriftsatz vom 08.06.2017 (Bl. 122 d. A.) hatte der Antragsgegner beantragt, der Antragstellerin eine Frist zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens zu setzen. Das Amtsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 07.09.2017 (Bl. 255 ff d. A.) zurückgewiesen, weil es im Hinblick auf das bevorstehende Auslaufen der Gewaltschutzanordnung am 30.09.2017 an einem Rechtsschutzinteresse an der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens fehle.

    Gegen diese ihm am 12.09.2017 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der am 13.09.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde, mit der er zunächst seinen ursprünglichen Antrag, der Antragstellerin eine Frist zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens zu bestimmen, weiter verfolgt hat.

    Der Senat hat sodann mit Verfügung des Vorsitzenden vom 22.09.2017 den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts nicht statthaft und beabsichtigt sei, die Beschwerde ohne mündliche Erörterung als unzulässig zu verwerfen. Der Antragsgegner hat hierauf mit Schriftsatz vom 04.10.2017 Stellung genommen und nunmehr beantragt

    festzustellen, dass der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt vom 07.09.2017 ihn in seinen Rechten verletzt hat.

    II.

    Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil gegen die Ablehnung eines Antrages auf Fristsetzung gem. § 52 Abs. 2 FamFG ein Rechtsmittel nicht statthaft ist.

    In Rechtsprechung und Literatur ist die Frage, ob gegen die Ablehnung des Antrags auf Bestimmung einer Frist zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens ein Rechtsmittel statthaft ist, streitig. Es werden hierzu drei Auffassungen vertreten:

    a) Nach einer Auffassung ist die Beschwerde nach § 567 ZPO der richtige Rechtsbehelf (OLG Karlsruhe, FamRZ 2011, 571). Dies ergebe sich daraus, dass der in § 52 Abs. 2 FamFG für Antragsverfahren angeordnete Mechanismus zur Herbeiführung eines Hauptsacheverfahrens weitgehend an die Vorschriften über den Arrest und die einstweilige Verfügung, also an § 926 ZPO, angelehnt sei. Für § 926 ZPO sei anerkannt, dass die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags zur Fristsetzung statthaft sei.

    b) Nach einer anderen Auffassung ist die Beschwerde gem. § 58 FamFG zulässig (OLG Stuttgart, FamRZ 2015, 2078 Rn. 6; Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 6. A., § 52 FamFG Rn. 7; Prütting/Helms/Stößer, FamFG, 3. A., § 52 Rn. 4; Keidel/Giers, FamFG, 19.A., § 52 Rn. 9). Bei der Ablehnung des Antrags auf Bestimmung einer Frist zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens handele es sich nicht um eine Zwischenverfügung. Vielmehr liege ein Beschluss i. S. d. § 38 Abs. 1 FamFG vor.

    c) Nach einer weiteren Auffassung ist der Beschluss unanfechtbar (Dürbeck in Prütting/Helms, FamFG, 4. A., § 52 Rn. 9; Zöller/Feskorn, ZPO, 31. A., § 52 FamFG Rn. 5; Thomas/Putzo, ZPO, § 52 FamFG Rn. 7; OLG Dresden, FamRZ 2016, 2141 f; OLG Brandenburg, FamRZ 2017, 1248; OLG Frankfurt, 6 UF 111/13, Beschluss vom 09.07.2013 – zitiert nach juris). Die Entscheidung über die Fristsetzung gem. § 52 Abs. 2 FamFG betreffe nicht den dem Verfahren zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Anspruch sondern nur die verfahrensrechtliche Frage, ob und wie die mit der einstweiligen Anordnung getroffene Regelung einer neuerlichen, gegebenenfalls abweichenden Entscheidung in der Hauptsache zugeführt werden könne.

    Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung.

    Die erstgenannte Auffassung (vorstehend Ziff. a.) überzeugt nicht, weil die als wesentliches Begründungselement angeführte Parallelität mit dem Verfahren gem. § 926 ZPO verkennt, dass im vorliegenden Verfahren für die beantragte Anordnung gem. § 52 Abs. 2 FamFG der Richter und nicht der Rechtspfleger zuständig ist. Die in § 20 Nr. 14 RPflG ausdrücklich geregelte Übertragung der Kompetenz für die Anordnung der Klageerhebung gem. § 926 ZPO auf den Rechtspfleger ist auf den vorliegenden Fall der Anordnung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach dem FamFG nicht analog anwendbar (Keidel/Giers, a.a.O., § 52 Rn. 5). Daher ist die bei einer Entscheidung durch den Rechtspfleger gem. § 11 Abs. 1 RPflG gegebene Beschwerde hier nicht eröffnet.

    Die an die Ausführungen der Entscheidung des OLG Dresden, FamRZ 2016, 2141 f, Rn. 5 anknüpfende Argumentation des Antragsgegners in seiner Stellungnahme zum Hinweis des Senats vom 22.09.2017, die Interessenlagen der Verfahrensbeteiligten im zivilprozessualen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes seien mit der im einstweiligen Anordnungsverfahren nach dem FamFG im Rahmen eines Gewaltschutzverfahrens vergleichbar, ignoriert den vorstehend herausgearbeiteten Unterschied in der gesetzlich angeordneten Entscheidungsbefugnis und die sich daraus ergebenden Folgen für den Rechtsschutz. Da – wie im Rahmen des § 926 ZPO – Entscheidungen des Rechtspflegers zwar Teil der Rechtspflege sind, jedoch nicht zur öffentlichen Gewalt i. S. d. Art. 19 Abs. 4 GG gehören, müssen sie, soweit sie in Rechte des Bürgers eingreifen, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht der richterlichen Prüfung unterstellt werden (BGH, XII ZB 391/16, Beschluss vom 22.03.2017, Rn. 12 – zitiert nach juris – mit weiteren Nachweisen zur st. Rspr. des BVerfG). Liegt indessen – wie hier – eine richterliche Entscheidung vor, ist aus Gründe:n des effektiven Rechtsschutzes eine Überprüfungsmöglichkeit nicht in gleichem Maße gefordert.

    Außerdem gilt die Generalklausel nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, wonach eine sofortige Beschwerde dann statthaft ist, wenn durch die Entscheidung „ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist“, lediglich für Verfahren nach der ZPO, nicht jedoch im Anwendungsbereich des FamFG. Die §§ 567 ff ZPO können hier nur im Einzelfall nach besonderer gesetzlicher Verweisung herangezogen werden.

    Die Auffassung, die eine Beschwerde nach § 58 FamFG für statthaft erachtet (vorstehend Ziff. b.) überzeugt ebenfalls nicht. Zum einen wird sie der Besonderheit der in § 57 FamFG geregelten – nur eingeschränkten – Statthaftigkeit der Beschwerde gegen Entscheidungen im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht gerecht. Zum anderen handelt es sich bei der Ablehnung des Antrags auf Bestimmung einer Frist zur Einleitung eines Hauptsacheverfahrens nicht um eine Endentscheidung i. S. d. § 38 FamFG. Durch die beantragte Entscheidung nach § 52 Abs. 2 FamFG wird der Verfahrensgegenstand gerade nicht „ganz oder teilweise erledigt“ (§ 38 Abs. 1 S. 1 FamFG). Die begehrte Anordnung betrifft weder den von der Antragstellerin geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch, zu dessen Durchsetzung oder Sicherung die einstweilige Anordnung erwirkt wurde, noch berührt sie den Bestand oder auch nur die Vollstreckbarkeit der einstweiligen Anordnung (OLG Brandenburg FamRZ 2017, 1248 Rn. 16 – zitiert nach juris). Die Entscheidung über die Fristsetzung gem. § 52 Abs. 2 FamFG betrifft allein die verfahrensrechtliche Frage, ob und wie die mit der einstweiligen Anordnung getroffene Regelung einer neuerlichen, gegebenenfalls abweichenden Entscheidung in der Hauptsache zugeführt werden kann. Dies fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 57 S. 2 FamFG, so dass es bei der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit der Eilentscheidung bleibt.

    Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die im Hinweis vom 22.09.2017 angeführte Entscheidung des OLG Brandenburg durchaus einschlägig und es handelt sich dabei nicht um ein „Redaktionsversehen“. Zwar hatte sich in dem dort zugrundeliegenden Fall - anders als hier - der Antragsteller gegen die ihn zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens verpflichtende Anordnung gewandt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, aus welchen Gründe:n hinsichtlich der Rechtsmittel danach unterschieden werden soll, ob der Antragsteller die Anordnung einer entsprechenden Verpflichtung angreift oder der Antragsgegner sich gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Bestimmung einer Frist zur Einleitung des Hauptsacheverfahrens wendet.

    Es liegt auch keine planwidrige Regelungslücke vor. Zwar betont der Antragsgegner zu Recht den zwingenden Charakter des § 52 Abs. 2 FamFG, wonach das Gericht auf Antrag „anzuordnen hat“, dass der Beteiligte, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist den Antrag auf Einleitung eines Hauptsacheverfahrens stellt. Dies entbindet das Gericht jedoch nicht von der von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens (Zöller/Greger, ZPO, a.a.O., vor § 253 Rn. 9, 13) vorzunehmenden Prüfung des Vorliegens eines Rechtschutzinteresses für den Antrag gem. § 52 Abs. 2 FamFG als sachlicher Verfahrensvoraussetzung.

    Die Beschwerde ist auch nicht im Hinblick auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung statthaft, weil diese keinen gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsweg eröffnen kann (OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 2).

    Die Kosten des nicht statthaften Rechtsmittels hat der Antragsgegner zu tragen (§ 84 FamFG).

    Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus den §§ 40, 41, 49 Abs. 1 FamGKG.

    Dr. Fritz Kummer-Sicks Reitzmann